Helgoland (mit Cuxhaven)

Helgoland

(mit Küstenbadeort Cuxhaven).
Seebad, auch Warmbadeanstalt. Königl. Landes- und Badearzt: Dr. Schwarz.
Jährliche Frequenz: 6—7000 Kurgäste.


Literatur: Dühren, Nachricht v. d. Badeanstalt auf der Insel Helgoland, Hamburg 1833, Meissner. — Hallier, Helgoland (Nordseestudien), Hamburg 1869, Meissner. 3 Mk. — Oetker, Helgoland, Schilderungen und Erörterungen. Berlin 1855, Besser, 8Mk. — Seelig's Führer Nr. 1: Hamburg, Altona mit Umgegend, Hamburg 1880, Seelig 1 Mk. 50 Pfg. — Wallace, Der unentbehrliche Begleiter nach Helgoland. Mit Taxen, Reglements etc. 4. Auflage, Hamburg 1877, Gassmann, 1 Mk. 20 Pfg. — Wehl, Ganz Helgoland für 10 Silbergroschen, Hamburg 1861, Berendsohn. 1 Mk. — Wehl, Fremdenführer auf Helgoland. Hamburg, Berendsohn. 1 Mk. 50 Pfg.

Reise. Die zu den grossbritannischen Besitzungen gehörende Insel Helgoland liegt etwa 8 Meilen von den Mündungen der Weser und Elbe entfernt in der offenen Nordsee.

Für die aus Westen Kommenden ist die Insel von Bremerhaven Geestemünde und aus östlicher Richtung von Hamburg bzw. Altona und Cuxhaven zu erreichen.

Von den erstgenannten Orten, die bereits in dem Artikel über Norderney beschrieben wurden, fährt das seetüchtige Doppelschraubendampfschiff des Norddeutschen Lloyd, die „Nordsee“, in etwa 4 Stunden nach Helgoland. Dieser stark gebaute Dampfer hat eine Länge von 48 Metern, eine Breite von 6,3 M., eine Höhe von 4,6 M., mit 1,15 M. hohem Deckgeländer und 2,56 M. Tiefgang. Derselbe besitzt 2 Schrauben, deren jede durch eine besondere Maschine von 75 Pferdekräften bewegt wird. Da die Fahrt
nach der Insel grösstenteils im tiefen Seewasser zurückgelegt wird und die starken Maschinen des Schiffes eine rasche Fahrt ermöglichen, ist der Abgang des Dampfers, welcher in der Geeste neben den nach Norderney fahrenden Dampfbooten liegt, auf die Zeit nach Ankunft des ersten Bremer Personenzuges angesetzt. Die Fahrpläne werden jährlich in allen grösseren Zeitungen Deutschlands bekannt gemacht, da jedoch die Frequenz von hier aus nach Helgoland nicht so stark ist, wie von Hamburg und Cuxhaven, so fährt das Schiff nur jeden Sonnabend nach Ankunft des ersten Frühzuges nach der Insel und eben so oft Montags nach Geestemünde zurück, so dass die Passagiere rechtzeitig zum Abendzuge nach dem Inlande eintreffen.

Ausserdem wird die Gesellschaft „Union“ in Bremerhaven jeden Mittwochmorgen von Geestemünde aus einen Dampfer nach Helgoland fahren lassen, der am selben Tage zurück kehrt.

Die Passagepreise einschliesslich freier Bootbeförderung an das Land betragen für die einfache Fahrt 11 Mk. und 7 Mk. für ein Kind unter 10 Jahren und Dienstboten. Die Hin- und Rückfahrt kostet 17 Mk. für einen Erwachsenen und 11 Mk. für Kinder und Dienstboten. Jeder Passagier hat 25 Kilo Freigepäck, für weitere 50 Kilo ist 1 Mk. zu bezahlen.

Die Fahrt geht aus der Geeste in die Weser, der Dampfer passiert die Festungswerke auf Langlütjensand, den Turm von Imsum, die Sandbänke Barre und Robbenplate, ferner Meyer's Legde mit der Jungfernbake, dann den Eversand mit den 3 Baken, welche wegen ihrer Form Stundenglas-, Mühlen- und Becherbake genannt werden, ferner den Leuchtturm auf dem Hohen Wege und das Mellum, sowie die Tegelerplate, die wegen des losen Triebsandes, in welchen gestrandete Schiffe einsinken, sehr gefährlich ist. Bald zeigen sich auf der weiten Wasserfläche, auf der schon seit längerer Zeit nichts mehr von dem Festlande sichtbar ist, die beiden, von einander entfernt liegenden Bremer Leuchtschiffe an der Mündung der Weser, welche sich durch das Riff „Der rote Sand , in die alte und neue Weser trennt. Die Fahrt geht am Ostrande dieser Sandbank entlang, auf welcher zwei spitze schwarze Tonnen die äussersten Marken der alten Weser bilden. Die Grenze zwischen dem Ausflusse der Weser und der Elbe wird durch die Wester „Till“ Boje bezeichnet, welche drei über einander befestigte, schwarz angestrichene Korbballons trägt, die aus dem Wasser hervorragen und bei klarer Luft 8 Seemeilen weit sichtbar sind. Erst jetzt ist der Dampfer in See ! Die grossen blaugrünen Wogen, welche von der frischen Brise getrieben werden, tragen keine Spur mehr von erdigen Beimischungen der Ströme und des Festlandes. Der Dampfer nimmt nun seinen Lauf in nördlicher Richtung und erreicht nach kurzer Fahrt die Insel.

Der grössere Teil der nach Helgoland Reisenden kommt jedoch aus östlicher Richtung und wählt die Tour über Hamburg-Cuxhaven.

Unter den vielen in Hamburg existierenden Hotels mögen hier nur die bedeutendsten hervorgehoben werden, weil eine ausführlicheBeschreibung dieser grössten deutschen Handelsstadt, welche jetzt mit Vorstädten über 400.000 Einwohner zählt, den Zweck und den Raum des vorliegenden Werkes weit überschreiten würde. Gasthöfe am Alsterbassin und Jungfernstieg: Hamburger Hof, Hotel de l`Europe, Streifs Hotel, Viktoria Hotel, Hotel St. Petersburg, Kronprinz, Hotel Belvedere und AlsterHotel etc. — Kaffeehäuser: Alsterpavillon, Wiener Kaffee, Zingg's Kaffeehaus u.s.w. Restaurationenr: Wilkens, Börsenbierhaus, London Tavern mit hübschem Überblick über den Aussenhafen, Neale u.a. m. — Theater: Stadttheater, Thalia-Theater u s.w. — Die städtische Gemälde-Gallerie in der Kunst halle, geöffnet täglich, mit Ausnahme des Montags, von 10—17 Uhr, — Kunstausstellung daselbst und in Stettcnheim's Salon; sowie bei L. Bock & Sohn. — Pferdebahnen gehen von den verschiedensten Punkten durch die Stadt nach den ausserhalb gelegenen Ortschaften. — Auf der Alster fahren kleine Schraubendampfer nach den Ortschaften Uhlenhorst. und Winterhude. In unmittelbarer Nähe, an der nördlichen Seite Hamburgs, von letzterem kaum zu unterscheiden, liegt die holsteinsche Stadt A 1 t o n a mit beinahe 100.000 Einwohnern.

Sehr lohnend an landschaftlichen Genüssen ist ein Ausflug zu Wagen von Hamburg nach Blankenese, wohin man ebenfalls per Eisenbahn oder Dampfschiff gelangen kann, doch ist der Weg zu Wagen oder zu Fuss vorzuziehen. Am Westende von Altona, beim Bahnhof, beginnt Ottensen mit über 15.000 Einwohnern. Auf dem. Kirchhofe ruhen der Dichter Klopstock und Schmidt von Lübeck. In der neu restaurierten Kirche befindet sich ein lebensgrosses Bildnis Martin Luthers. Zwischen den zahlreichen, schönen Villen führt der Weg über Nienstetten und Dockenhuden nach dem interessanten Fischerdorfe Blankenese.

Die Reisenden, welche nach Helgoland fahren, können bis Cuxhaven zwischen der Fahrt mit dem Dampfschiff (nur montags, mittwochs und freitags 8 Uhr morgens; Fahrzeit 6—7 Stunden; I. Kaj. 5 Mk., II. Kaj. 3 Mk.,) oder der Eisenbahn wählen.

Der Anlegeplatz des Dampfschiffes befindet sich in der Nähe der Elbhöhe oder des Stintfanges am Hafen der grossen Welthandelsstadt Hamburg, welcher für Binnenländer wegen der vielen grossen, tiefgehenden Seeschiffe aller Nationen ganz besonders interessant ist. Sodann bilden die Promenaden des Jungfernstieges und des Alsterdamms an den beiden Seen, der grossen- und der Binnen-Alster, den schönsten und elegantesten Teil Hamburgs.

Auch vom Dampfboote aus gesehen, gehört die Partie bis Blankenese zu den schönsten auf der ganzen Fahrt, während das gegenüberliegende Ufer, wegen des flachen Marschlandes, wenig Abwechslung bietet. Zwischen Hamburg und Glückstadt liegen in der Elbe eine Anzahl kleiner Inseln, z. B. Pagensand, Asseler Sand, Krautsand etc., an welchen der Dampfer vorüber fährt. An der holsteinschen Stadt und ehemaligen Festung Glückstadt werden Passagiere aufgenommen; dann folgt Brunsbüttel auf demselben Ufer. Von hier wendet sich das Dampfboot in nordwestlicher Richtung, dem Strome folgend, bis dasselbe Cuxhaven erreicht.

Wer die Tour auf der unterelbischen Eisenbahn abzukürzen wünscht, fährt vom Pariser Bahnhof in Hamburg über die Insel Wilhelmsburg nach Harburg und von dort in nördlicher Richtung über Stade und einige kleinere Ortschaften in den Marschländern Kehdingen und Hadeln bis Cuxhaven, wo die Schnellzüge unmittelbar bis zum Landungsplatze fahren.

Cuxhaven ist seit 1872 mit dem in unmittelbarer Nähe liegenden Amte Ritzebüttel vereinigt. An der Mündung des bei Cuxhaven sich in die Elbe ergiessenden kleinen Flusses Wetterung ist ein guter und sicherer Hafen angelegt, in welchem über 200 Schiffe Platz finden. Derselbe hat für Hamburg eine ähnliche Bedeutung wie Bremerhaven für Bremen. Auf der nördlichen Seite des Ortes erhebt sich der Leuchtturm, dessen nächtliches Feuer nach dem Meere hin in jeder Minute einmal durch einen herabsinkenden Blechschirm verdunkelt wird. Es ist hier zugleich ein Telegraphenbüreau eingerichtet. Der Strom der Elbe hat eine Breite von etwa 2 bis 3 Meilen und eine ziemlich bedeutende Tiefe, obwohl die Mündung der Elbe ähnlich wie die der Weser von vielen Sandbänken durchzogen ist. Das Cuxhavener Bad, im Jahre 1816 durch den Hamburger Senator Abendroth gegründet, ist kaum als ein Seebad zu betrachten, indem das salzige Wasser der See mit dem Elbwasser vermischt ist. Die Badestelle befindet sich etwa eine halbe Stunde weiter nördlich bei Grimmershörn. Wohnungen erhält man in Cuxhaven in verschiedenen Hotels, z. B. Bellevue, Belvedere und Babers Hotel, sowie in den Privathäusern. Neben dem Leuchtturm befindet sich die Restauration „Seepavillon“. Da auch bei Cuxhaven in der stürmischen Jahreszeit häufig Schiffbrüche vorkommen, ist hier sowohl wie in dem nahe gelegenen Küstenorte Duhnen eine Rettungsstation angelegt.

Von Cuxhaven fährt morgens 10 Uhr im Anschluss an die Unterelbe'sche Eisenbahn vom 1. bis 20. Juni jeden Sonntag und Mittwoch, und vom 20. Juni ab täglich der grosse, mit eleganten Salons und jeglichem weitern Komfort ausgestattete Postdampfer „Cuxhaven“ nach Helgoland.

Retourbillets von Hamburg nach Helgoland kosten I. Kl. 20 Mk., II. Kl. 17 Mk., III. Kl. 14 Mk. Die Gepäckbeförderung zwischen Bahnhof und Schiff erfolgt für die Inhaber von Retourbillets durch die Bahnverwaltung. Retour-(Saison)-Billets, 30 bis 35 Tage gültig, werden mit 20 % Ermässigung in Barmen, Berlin, Braunschweig, Bremen, Bromberg, Danzig, Eisenach, Elberfeld, Ellsing, Erfurt, Frankfurt a. M., Gotha, Hagen i. W., Halle, Hamburg, Hanau, Hannover, Harburg, Königsberg, Kassel, Koblenz, Leipzig, Magdeburg, Offenbach, Weimar und Wiesbaden, sowie auf den grösseren Stationen der Unter-Elbe'schen Bahn ausgegeben.

Von Altona aus wird man, wie wir im Augenblick, wo dieser Bogen zum Druck geht, erfahren, künftig auch direkt nach Helgoland gelangen können. Es wird dort eine neue Dampferlinie nach Wyk durch den Dampfer „Vorwärts“ eingerichtet. Dieser Dampfer wird zweimal wöchentlich fahren und soll dabei regelmässig in Helgoland anlegen, Fahrpreise etc. sind noch nicht bekannt.

Die im Ganzen etwa 3 Stunden währende Fahrt geht zuerst die Elbe hinunter, immer der mit Tonnen bezeichneten Richtung folgend. Auf der letzten Spitze des Festlandes erblickt man die Kugelbake, dann folgt das Hamburger Leuchtschiff Nro. IV und bald darauf Nro. III, während in westlicher Richtung das kleine Eiland Neuwerk mit dem grossen und kleinen Leuchtturm, sowie mit der Nord- und Ostbake sichtbar wird. Der grosse Leuchtturm wurde an Stelle des 1372 abgebrannten Feuerturms von den Hamburgern erbaut und ist dessen Feuer 15 Seemeilen sichtbar, während das vom kleinen, etwas nördlicher gelegenen Leuchtturme, 8 — 10 Seemeilen weit gesehen werden kann. Später folgen dann die Scharhömbake auf der Sandbank gleichen Namens, sowie die Leuchtschiffe Nr. II und Nr. I am Ausfluss der Elbe in das Meer. — Auf der Steuerbordseite des Schiffes, oder vom Heck nach dem Vorderteil des Schiffes gesehen zur Rechten, ziehen sich die Sandbänke Gelbsand und Vogelsand neben dem Fahrwasser des Schiffes hin, während das holsteinsche Festland immer weniger sichtbar geworden ist. — Die weltbekannte „Rote Tonne“ zeigt den Eintritt in die Nordsee an.

Die Fahrt auf See wird durch die vielen aus- und einfahrenden grossen Schiffe, welche an den Flussmündungen Lootsen an Bord nehmen bzw. wieder absetzen, sehr interessant. Bei gutem Wetter erblickt man im Meere die Tümmler mit possierlichen, radschlagenden Bewegungen, oder Seehunde, von denen jedoch nur die Köpfe sichtbar werden. Oftmals kann die wilde Nordsee in der schönen Jahreszeit so spiegelglatt sein, dass man glaubt, auf einem Binnensee zu fahren, dann geht die Reise ohne Kranke an Bord vorüber: weht jedoch nur ein einigermassen scharfer Wind, so bleiben nur die seefesten Passagiere verschont.

Bald kann die rote Klippe, wie Helgoland genannt wird, am Horizonte gesehen werden. Die obere Fläche des rötlichen Felsens ist bewachsen, während die daneben liegende Düne weiss erscheint, so dass die drei Farben des Helgolander Wappens vereinigt sind. Ein alter Spruch sagt nämlich: „Grön is dat Land, Rhod de Kand end Witt de Sand, dat is dat Wapen von Helgoland.“ Sobald der Dampfer in die Nähe der Insel kommt, wird derselbe mit drei Salutschüssen begrüsst.

Die Passagiere werden in grossen Booten an das Land gesetzt und müssen bei den fröhlichen Klängen der Badekapelle die sogen. Lästerallee passieren, welche durch das mit Tauen abgesperrte Spalier der auf Helgoland befindlichen Badegäste gebildet wird. Wer noch keine Wohnung im Voraus bestellt hat, kann sich an die hier wartenden Insulaner wenden, um sich ein passendes Logis auszusuchen. Das Gepäck lässt man alsdann von dem am Strande gelegenen Gepäckschuppen nach der Wohnung holen. Für die Beförderung eines Stückes auf dem Unterlande erhält der Träger 20 Pfg., nach dem Oberlande 50 Pfg.

Wie die Reisenden bereits vom Schiffe aus beobachtet haben, erhebt sich der Felsen von Helgoland überall senkrecht und steil aus dem Meere, ausgenommen an der südöstlichen Seite, wo ein flaches Vorland in beinahe dreieckiger Form im Schutz des Felsens vorspringt. Dieses sowohl wie der obere Teil des Felsens sind bewohnt, ersteres wird das Unterland, letzteres das Oberland genannt. Eine bequeme Treppe führt an der steilen Wand vom Unterlande nach dem oberen Teile des Felsens, auf welchem sich die meisten Wohnhäuser befinden.

Die Vorzüge des Unterlandes bestehen darin, dass sich hier der Mittelpunkt des geselligen Lehens für die Helgolander Badegäste befindet und letztere nicht bei jeder Gelegenheit die Treppe nach dem Oberlande zu steigen brauchen. Die Vorzüge des letzteren sind in der herrlichen Aussicht, in der reinen Seeluft und in dem grösseren Terrain für Spaziergänge zu erblicken. Auf dem Unterlande findet man an der „Jütlandterrasse“, früher Gesundheitsallee genannt — und auf dem Oberlande „Am Falm“ die schönsten Wohnungen.
Gasthöfe und Restaurationen auf dem Unterlande. Das nächste am Landungsplatze ist Mohrs Hotel und auf der anderen Seite der Hauptstrasse „Queen Victoria Hotel“, das darauf folgende grosse Eckgebäude ist das Konversationshaus mit grossem Speise- und Tanzsaal für 500 Personen, nebst Lese- und Billardzimmer. In der nach Westen führenden Strasse, die S i e m e n s-T e r r a s s e nach dem Gründer der Helgolander Badeanstalt benannt, liegt das F r e m d e n -W i 1 1 k o m m mit guter Restauration. Ausserdem befinden sich auf dem Unterlande Hotel zum Prinzen von Wales, Prinzess Alexandra, Deutsches Haus, Strandpavillon am Landungsplatze u.m.a.

Gasthöfe und Restaurationen auf dem Oberlande. Falm: Hotel Victoria, Stadt London, Queen of England, Hotel Belvedere, Schweizerhaus, J. Payens, unmittelbar an der Treppe mit weiter Aussicht auch nach der Ostseite der Insel. Bei Maier in der Leuchtturmstrasse speist man nach der Karte.

Mittagstafel ist um 2 und um 5 Uhr, im Konversationshause um 3 Uhr nachmittags. Preis pro Kouvert
2 Mk. 50 Pfg. bis 3 Mk., im Abonnement billiger.

Ortsbeschreibung. Auf dem Unterlande befindet sich die Wohnung des Königl. Landes- und Badearztes, Herrn Dr. Schwarz, ferner die Apotheke, die Post, das Telegraphenbureau, das Theater und das Gericht der Insel; dagegen liegt die Wohnung des Herrn Gouverneurs O'Brien, sowie dessen Bureau auf dem südwestlichen Teile des Oberlandes.

Der Umfang des Unterlandes beträgt ungefähr 1.200 Schritt bei einer Höhe von 3 bis 3½ Meter über dem Meeresspiegel. Auf dem vorspringenden Teile der Insel liegen ungefähr 60 Wohnhäuser. Unmittelbar hinter diesem Vorlandc erhebt sich der Felsen, dessen Plateau auf der Westseite höher ist als auf der Ostseite, indem sich die Felsschichten in dieser Richtung abdachen. Erstere hat eine Höhe von ca. 55 Meter, letztere von ungefähr 30 Meter über dem Meeresspiegel bei mittlerer Fluthöhe. Die obere Fläche dieses Plateaus hat einen Umfang von ca. 4.200 Schritt, so dass sich der ganze obere Klippenrand in einer kleinen Stunde umgehen lassen würde, wenn eine solche Wanderung durch das fortwährende Abbröckeln des Gesteins nicht gefährlich werden könnte.

Eine mit 190 Stufen versehene, elegante Treppe steigt in vier Abteilungen, mit Ruhebänken und gusseisernem Geländer versehen, an der Felswand breit und flach im Zickzack hinan. Links an der untersten Stufe kommt aus dem Felsen eine Quelle mit schwach salzhaltigem Wasser. Der unterste Treppenabsatz ist von Lindenbäumen überschattet, weiter hinauf schmücken Syringen, Rosen und wilder Wein das Geländer, bis zuletzt ein mächtiges Strebewerk zum oberen Thore führt. Die Treppe verbindet das Unterland mit dem Oberlande, auf welchem sich der grösste Teil des Ortes, ungefähr 360 Häuser, die Kirche und der Leuchtturm befindet. Von. dieser Höhe bietet sich die herrlichste Aussicht auf dasMeer mit den vielen vorüber segelnden und dampfenden Schiffen, den übrigen Teil der Insel und der Düne; ausserdem sind die Wohnungen am Falm die gesündesten, indem die Seeluft hier frei von allen den Dünsten ist, die oftmalsdurch Zersetzungsstoffe oder andere schädliche Einflüsse entstehen.

Die Wohnungen an dieser Strasse sind am teuersten und zahlt man für ein Zimmer mit der Aussicht auf die See 15—30 Mk. wöchentlich; hilliger sind sie auf dem Untcrlande, wo man für 12—20 Mk.. ein Zimmer erhält, und am wenigsten teuer in den Seitengässchen des Oberlandes.

Ein grosser Teil des Plateaus ist mit Kartoffeln bepflanzt, zwischen welchen ein Weg von Süden nach Norden führt, der den Namen „Kartoffelallee“ erhalten hat. Dieser bildet den Hauptspazierweg für die Badegäste, indem man namentlich am Nordwestende desselben den Sonnenuntergang bei gutem Wetter zu bewundern Gelegenheit hat. Auf der kleinen Grasweide werden von den Insulanern Schafe gehalten. Das Trinkwasser wird gewöhnlich in Zisternen auf dem Obcrlande und auf der Düne gesammelt, doch kann man sich solches sowohl aus einem guten Brunnen im Konversationshause, als auch in der Bierbrauerei für 30 Pfg. wöchentlich verschaffen. Das aus den Quellen im Felsen des Unterlandes hervor-kommende Wasser ist salzig und daher unbrauchbar.

Den grossartigsten Überblick über das Meer nach allen Himmelsrichtungen hat man von dem auf dem Oberlande im Jahre 1810 nur aus Stein, Kupfer und Eisen aufgeführten, ca. 18 Meter hohen Leuchtturm, dessen Feuer nach Sonnenuntergang angezündet wird und mit stetiger Flamme etwa 7 Meilen weit in See sichtbar ist. Dieses Licht wird durch einen Linsenapparat erster Ordnung unterhalten. Als Trinkgeld zahlt jeder Besucher 20 Pfg. In der Nähe des Leuchtturms steht die jetzt nicht mehr benutzte alte Feuerbake.

Auf Helgoland befinden sich ausserdem eine Rettungs- und eine Semaphoren-Station. Auf dem Nordwestende der Insel wird bei Nebel alle 10 Minuten eine Knallrakete abgefeuert.

Geschichte und Verwaltung der Insel. Helgoland, welches früher zu Schleswig gehörte, wurde 1807 von den Engländern besetzt und denselben im Kieler Frieden 1814 von Dänemark abgetreten. Seit dieser Zeit wird die Insel von einem Gouverneur verwaltet, welcher seit dem Jahre 1868 unumschränkte Vollmacht hat, indem die frühere Verfassung Helgolands aufgehoben wurde. Die Helgoländer sind frei von Abgaben und Militärdienst; der Erwerb derselben besteht in dem, was ihnen die Badezeit, die Lootsendienste, der Hummer- und der Fischfang einbringt. Der Gottesdienst und Sprachunterricht werden in hochdeutscher Sprache gehalten, obwohl die friesische Sprache sich bei den Bewohnern als Volkssprache erhalten hat.

Bäder. Die Seebäder werden am Strande der dem Felsen in südöstlicher Richtung gegenüber liegenden Dünen genommen und müssen die Badegäste mit grossen Segelbooten übergesetzt werden. Um von dem Boote an das Ufer zu gelangen, ist am Strande eine kleine Brücke gebaut, auf welcher man trockenen Fusses hinübergelangen kann. Wenn jedoch Sturmwind oder Gewitter toben, wird in dem grossen überdachten Schwimmbassin gebadet, welches auf dem Unterlande am neuen Badehause eingerichtet ist und immerwährend von einem fortlaufenden Strome frischen Seewassers gespeist wird.

Die Ueberfahrt nach der Düne, welche für Hin- und Rückfahrt a` Person 60 Pfg. kostet, dauert mit den Booten gewöhnlich nur 10 Minuten, zuweilen jedoch auch längere Zeit. Bei schlechtem Wetter kann es vorkommen, dass die Rückfahrt verzögert werden muss, für welchen Fall ausser zwei Pavillons mit vollständiger Restauration, zwei grosse Schuppen, mit Matratzen und wollenen Decken versehen, auf der Düne angelegt sind. Ausserdem befindet sich dort ein besonderer Krankenschuppen mit Signalstock, um nötigenfalls einen Arzt herbeirufen zu können. Die Fahrt mit den Booten ist für die Badegäste, welche keine Neigung zur Seekrankheit haben, schon an sich eine herrliche Erfrischung, wobei dieselben das vollständig durchsichtige Wasser, in welchem man bei gutem Wetter den Grund in ziemlicher Tiefe sehen kann, zu bewundem Gelegenheit finden. Den Kurgästen jedoch, die sehr leicht und stark zu gedachtem Übel neigen, wird gerade bei lebhaftem Winde, wo die Wellen am schönsten sind, der Erfolg des Bades durch dieses Unwohlsein vollständig verdorben, indem das Bad alsdann mehr Schaden als Nutzen bringt. Für solche Badegäste eignen sich besser die übrigen Seebadeanstalten an der deutschen Küste, wo keine Überfahrten erforderlich sind; es sei denn, dass die Seeluftkur die Hauptsache bilden soll.

Sind die Badegäste am Strande der Düne angelangt, gehen die Herren südlich, die Damen nördlich zu ihren Badeplätzen; doch kann bei der geringen Grösse der Düne und der leichten Beweglichkeit der kleinen, auf zwei Rädern ruhenden Badekutschen der Badeplatz für Herren wegen Wind und Wetter auf die Ostseite der Düne verlegt werden, falls an einzelnen Tagen letztere hier besser sein sollten. Die Badezeit dauert von 6 Uhr morgens bis 2 Uhr nachmittags; doch pflegt man die Zeit des Hochwassers vorzuziehen. Auch die Landungsplätze der Boote auf der Düne werden oftmals nach den verschiedenen Windrichtungen verändert.

Eine Badeordnungr wie in Nordemey existiert in Helgoland nicht. Jeder Gast sucht sich eine Badekutsche aus und legt seine Badewäsche auf die Deichsel der nächsten Badekutsche, falls alle besetzt sein sollten und hat dann das nächste Anrecht darauf. Die Badekarten gibt man ab, wenn man den Badewagen verlässt. Ein einzelnes Bad kostet 60 Pfg., für ein Kind 80 Pfg. Von den Badewärtern kann man ein Laken für 20 Pfg. und ein Handtuch für 10 Pfg. täglich erhalten.

Warme Seebäder werden in dem neu umgebauten und verschönerten Badehause auf dem Unterlande zu jeder Tageszelt verabreicht, ebenso Regen- und Sturzbäder, sowie Mineral- und russische Dampfbäder, letztere jedoch nur mit Genehmigung des Königl. Badearztes Herrn Dr. Schwarz. Ein warmes Bad kostet 1 Mk. 20 Pfg.,. für Kinder 60 Pfg., ein Regenbad 50 Pfg., ein Sturzbad oder kleine Douche 50 Pfg., ein Sitzbad 40 Pfg., ein russisches Dampfbad 2 Mk.; ein Bad im neuen Schwimmbassin 80 Pfg.

Für das Aufbewahren und Reinigen der den Badegästen gehörenden Wäsche wird bezahlt a) für jedes grosse leinene oder wollene Badelaken, Badekleid oder Betttuch pro Woche 60 Pfg.; b) für jedes Handtuch desgl. 30 Pfg.; für kürzere Zeit nach Verhältnis. Im Badehause besorgt dies der Bademeister für dieselben Preise.

Die Billets für sämtliche Bäder, sowohl in offener See als auch im Badehause, werden im Kontor der Badeanstalt im Warmbadehaus, auf dem Unterlande ausgegeben, und zwar von 6 Uhr früh bis mittags und von 3 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends.

Kurtaxe. Die von den Badegästen zu zahlende Kurtaxe ist folgendermassen festgestellt: Eine Familie von 3 Personen zahlt pro Woche oder deren Teil 7 Mk., desgl. von 4 oder mehr Personen 9 Mk., eine einzelne Person desgl. 4 Mk. Bei längerem Aufenthalt als 4 Wochen wird keine weitere Kurtaxe erhoben, ebenfalls ist ein dreitägiger Aufenthalt frei.

Aus dem Reglement der Badeanstalt ist besonders beachtenswert, dass in den Booten, welche die Kurgäste zum Baden nach der Düne überfahren, nicht geraucht und keine Schusswaffe mitgebracht werden darf. Die Jagd auf der Düne ist nur nach beendeter Badezeit gestattet.

Mit den fortwährend am Strande bereit liegenden kleinen Booten werden Segelpartieen oder Fahrten auf den Fischfang gemacht. Um die Badegäste gegen Übervorteilung zu schützen, sind die Fahrpreise normiert. Eine Schaluppe zum Fischfang oder zur Segelpartie kostet 12 Mk., ein grösseres Ruderboot zu demselben Zweck 9 Mk. Die Zahl von 12 Teilnehmern darf nicht überschritten werden. Ein Mittelboot zu einer Segelpartie kostet 6 Mk. für 8 Personen, zum Fischfang in der Nähe der Insel 7 Mk. 50 Pfg. Ein kleines Boot für 4 Personen und 2 Bootsleute zu einer Segelpartie in der Nähe der Insel 3 Mk., zum Dorschfang 4 Mk. — Eine Fahrt um die Insel oder nachmittags zur Düne für 1—4 Personen 3 Mk., für 5—6 Personen 4 Mk. Wöchentlicher Preis für ein kleines Boot 30 Mk.

Bei den Ausfahrten nach dem Hammerfange bezahlen die Mitfahrenden den Fischern ein Trinkgeld, wird aber eine solche Ausfahrt besonders bestellt, tritt der Preis wie der für den Fischfang oben angegebene ein.

Für die Ausfahrt zur Jagd wird die Stunde für ein Boot mit einem Ruderer mit 2 Mk. 50 Pfg. und für 2 Ruderer mit 3 Mk. bezahlt. Jedes Angelgerät nebst Köder, welches dazu nötig ist, kostet 1 Mk.. Auf die Lummen, welche bei Helgoland brüten, darf nur geschossen werden, wenn dies besonders durch öffentliche Bekanntmachung gestattet wird.

Ein oder zwei Mal im Jahre findet die Grottenbeleuchtung statt und zwar gewöhnlich in der Mitte und in der letzten Hälfte der Saison. Die Badegäste fahren dann mit den Booten, in denen eine beliebige Anzahl Personen Platz nehmen kann, auf das Meer, um von hier aus unter den Klängen der Musik das wunderbare Schauspiel der durch bengalische Flammen und Feuerwerk erleuchteten Felspartieen und deren Wiederschein im Meere zu betrachten. Die Schatten der um die angezündete Pechtonne tanzenden Insulaner erscheinen an den steilen Felswänden riesengross, ebenfalls ist das Echo hier sehr schön und klar. Der Zug der Boote geht vom Landungsplatze an der Ostseite der Insel bis zur Nordwestspitze und von hier an der zerklüfteten Westküste entlang, wo die Grotten und Schluchten erleuchtet werden, bis die Südspitze der Insel erreicht ist, wo eine allgemeine Illumination der Ortschaft auf dem Ober- und Unterlande den Beschluss des Festes bildet.

Die Helgolander Badegäste sind wegen der geringen Grösse des Felsens auf Seefahrten angewiesen, wodurch der Nutzen der Seeluftkur bedeutend erhöht wird. Zu den interessantesten Ausflügen auf das Meer gehört eine Fahrt an der zerklüfteten Westkante der Insel, die sich bei nicht zu stark bewegter See in einem Helgolander Boote sehr gut ausführen lässt. Diese Einschnitte, Felsenthore und isolierten Blöcke oder Stacks, wie die Helgolander sie nennen, enstehen durch den zerstörenden Einfluss von Feuchtigkeit, welche durch Regen und Schnee sowohl wie durch das Meer auf die eigentümliche Schichtung des Gesteins einwirkt. Auf diese Weise bilden sich allmählich an den Stellen, welche weit in das Meer vorspringen, ausgehöhlte Bogen, denn aus den feucht gewordenen. Schichten bröckeln bald grössere, bald kleinere Stücke los und rollen in die Tiefe hinunter. In ähnlicher Weise, ohne Beihilfe des Meeres hat sich zum Beispiel das Prebischthor auf der böhmischen Seite der sächsischen Schweiz gebildet. Ist nun ein solcher ausgehöhlter Bogen bis auf das Niveau des Meeres herabgekommen, so spülen die Fluten hindurch und beschleunigen das Zerstörungswerk. Der brückenartige Felsenbau stürzt dann mit der Zeit zusammen, indem die Pfeiler bei fortdauernder Zerbröckelung des Gesteins die obere Last nicht mehr tragen können und die Massen auseinander brechen. Diese fortwährende Vernichtungsarbeit der Natur ist schon sehr lange tätig gewesen, doch lassen sich die Folgen erst erkennen, seitdem genaue Karten von der Insel existieren. Darnach ist der in früheren Zeiten häufig erwähnte und den Seeleuten als Merkzeichen dienende „Mönch von Helgoland“ in einem furchtbaren Herbststurme des Jahres 1839 zusammengebrochen (cf. Helgoland von Friedrich Oetker p. 183.

Der jetzt von den Fremden als „Mönch“ bezeichnete Felsen ist ein neueres Gebilde, welches die Helgoländer „Nei Stack“ nennen. Seit dem Ende der vierziger Jahre ist ferner die äusserste Wand des nördlicher gelegenen „Insunken Gatt“ in's Meer hinabgestürzt. Ebenso wurde im Jahre 1856 das unter dem Namen „Hengist“ bekannte grosse Felsentor, welches auf mehreren Pfeilern ruhte, von den Fluten des Meeres begraben. Auch das grosse Nadhurn-Gatt brach im Jahre 1861 zusammen und 1865 wurde das bekannte Mörmers-Gatt in einen Trümmerhaufen verwandelt, welcher ebenfalls allmählich von dem Meere verschlungen wird.

Anders verhält es sich mit der Ostseite der Insel, indem hier die Steimnassen nicht so sehr dem scharfen Winde ausgesetzt sind. Es werden daher weniger grosse Teile abgerissen und die eben beschriebenen Formationen von Stöcken und Felstoren kommen hier nicht vor.

Zur Ebbezeit kann man auch eine Wanderung am Fusse des Felsens machen, wobei jedoch Vorsicht wegen der zurückkehrenden Flut ganz notwendig ist. Sobald die Ebbe eintrifft, werden die Buchten allmählich wasserleer, die Felsentore und Stöcke zugänglich und ein oftmals zerklüfteter, breiter Felsensaum lässt die submarinen Fortsetzungen des eigentlichen Zentralplateaus erkennen. Dieser Klippenrand am Felsen läuft gegen Südost, besonders aber gegen Nordwest weit in die See hinaus und bildet vor der Südwestküste einen breiten, zerrissenen Saum, einen schmaleren, gleichmässigeren an der Nordostküste.

Von der Südwestspitze, dem Sadhurn, wo der Nei-Stack sich erhebt und der Sockel des ehemaligen Mönches bei Ebbe sichtbar ist, gelangt man weiter zur Kanzel und zum Hoishörn, sodann zum Jung-Gatt oder dunklen Thor und etwa unterhalb des Leuchtturms zum zerfallenen Mörmers-Gatt. Ungefähr in der Mitte der Westküste liegt dann Hans Prale's Gatt oder Lettje Kark. Die hiervon nördlich auf den Riffen des Ufers hervorragenden beiden Felsstöcke sind unter dem Namen „Pastor und seine Frau“ bekannt. Später kommt man zum Insunken-Gatt und endlich an der Nordspitze zum Nadhurn Stack.

Nadhurn Stack.

Nicht weit hiervon entfernt erhob sich ehemals das seltsam geformte Felsentor, welches der „Hengist“ benannt war.

Vor diesem zerklüfteten und verwitterten westlichen Ufer liegen in parallel laufenden Linien jenseit der sogen. Kante drei Kreideriffe: Letj-Roig, Binnen-Roig und Büterst-Roig, welche bei halber Flut in einer Tiefe von 7 — 17 Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Als Fortsetzung der das Zentral-Plateau rings einschliessenden Riffe erheben sich nordwestlich vom Felsen zwei Kreide Stöcke, welche Nordhafen-Knoll und Drück genannt werden und die Einfahrt in den breiten Meeresarm nördlich vom Felsen gefährlich machen. Nordwestlich von den eben genannten Stöcken beginnen die langen Riffe, die sich in parallel laufenden Kurven, deren konvexe Seite nach Nordosten gerichtet ist, nach Südosten erstrecken, und an einigen Stellen bei sehr niedrigem Wasserstande aus der Oberfläche der See hervorragen. Die Helgolander nennen solche Riffe „Brunnen“ und die tieferen Stellen oder Rillen zwischen denselben „Gotteler.“ Die erste der erwähnten Brunnen, welche der Nordostküste des Felsens gegenüber liegt; ist die Witte-Kliffs-Brunne; dann folgen die damit parallel laufenden, aber weit längeren Selle- oder Seehunds-Brunnen, welche der Seehundjagden wegen besucht werden. Zwischen beiden Riffen liegt das Skitt Gatt, eine mehrere hundert Klafter breite, gegen 12—15 Meter tiefe Meerenge. Dieses Gatt wird im Südosten durch die Olhöv- und Kreide-Brunne an der Nordspitze der Düne geschlossen. Das dritte parallel laufende Riff heisst die Hohe Braue, welche von den Selle-Brunnen durch das 9 bis 15 Meter tiefe Adrians-Gottel getrennt ist. An der Düne führt das nordöstlich auf die Kreide-Brunne folgende Riff den Namen Kalverdans. — Auch die südliche Landzunge der Düne ruht auf einem Riff, welches Aade-Brunne genannt wird. Zu beiden Seiten desselben fällt der Grund steil ab, so dass sich hier grosse Wellen bilden können, die ihren Schaum hoch in die Luft sprühen. Westlich von den Aade-Brunnen schliessen sich die Kreideriffe den zuerst genannten westlichen Klippenreihen oder Roigs wieder an, doch kommen die südlich vom Zentral-Plateau liegenden Klippen nur an zwei Stellen bis dicht unter die Oberfläche des niedrigsten Wasserstandes. Es sind dies die unter dem Namen Hoog Stean und Danskermann sin Hörn bekannten Kreidestöcke. Letzterer ist für den Eingang in den sogen. Süderhafen von Helgoland sehr gefahrvoll und schon in alten Lootsenbüchern angegeben. Bis zum Jahre 1720 war die Düne mit der Ostspitze des Felsens von Helgoland durch ein Riff verbunden, welches die Insulaner „de Wall“ nannten. Nach der Zerstörung des Wittekliff im Jahre 1711, welches 1570 fast eben so hoch war wie die Insel selbst, und teils Gips, teils Kalkstein enthielt, den die Helgölander hier brachen und verkauften, wurde dieser Steinwall von den Fluten zertrümmert. Der seitdem sich darüber ergiessende Meeresarm ist mit zahlreichen Algen durchzogen, so dass man hier bei Ebbe eine reiche Ausbeute von Seegewächsen und Seetieren findet.

Wie bereits erwähnt, liegt auf einer der Klippen in südöstlicher Richtung vom Helgolander Felsen die Düne oder Halem, wie die Helgolander sie nennen, welche sich von Südosten nach Nordwesten erstreckt. Die Nordspitze wird Olhöv, die Südspitze Aade genannt. Zur Sicherung dieses für Helgoland sehr wichtigen Eilandes hat man dasselbe mit einem Bollwerk von dicken, mit Querbalken verbundenen Ständern und mit langen Zäunen von abgehauenem Buschwerk versehen, welches um so notwendiger ist, da die Düne jetzt nur noch etwa 300 Meter lang und ca. 90 Meter breit ist. Bei niedrigem Wasserstande hat jedoch diese Sandinsel eine Ausdehnung, welche dem Flächenraume des Helgoländer Felsens ziemlich gleich kommt. — Die einzelnen Dünenhügel erreichen eine Höhe von 6 — 9 Meter und werden durch angepflanzten Seekreuzdorn, welcher sich mit seinem dichten Gestrüpp von ca. ½ bis 1 Meter Höhe auf dem südlichen Teile der Düne ausbreitet, ferner durch Sandhafer und Sandroggen vor dem Zerstäuben des Sandes geschützt.

Auf dem Strande kommen Kalkspat- und Kreidestückchen des ehemaligen Wittekliffs mit Nieren von Feuerstein, ausserdem in Bruchstücken von Hilsthon Belemniten und seltener, in Schwefelkies verwandelt, mehrere Arten von Ammoniten, ferner kleinere Geschiebe von Granit und anderen Gesteinen, oftmals in glatt geschliffenen, runden und ovalen Formen vor. Auf dem Plateau des Oberlandes finden sich einige erratische Blöcke, wie solche häufig auf der norddeutschen Ebene angetroffen werden. Die Pflanzenwelt auf dem Felsen und auf der Düne gleicht so ziemlich der der übrigen Nordseeinscln, doch ist dieselbe des kleinen Raumes wegen nicht so reichhaltig. Auffallend ist die grosse Menge Zuckertang, Laminaria saccharina, welcher sich am Ufer des Felsens und der Düne findet In ornithologischer Beziehung bildet Helgoland im Frühjahr und Herbst den Ruhepunkt für die Wanderungen vieler Arten von Zugvögeln, die alsdann in grossen Schwärmen ihren Weg über die Insel nehmen.

Dieser interessante und eigentümliche, aus den Wogen des Meeres sich hoch erhebende Felsen geht sowohl seiner Beschaffenheit nach, als auch durch den zerstörenden Einfluss der Feuchtigkeit langsam seinem Untergange entgegen. Bis jedoch die letzten Steinmassen in Felsthore und Stöcke zerfallen, können — falls die Zerstörung keine grösseren Fortschritte macht wie bisher — noch viele Tausende von Erdumdrehungen um die Sonne vergehen. Es ist hierbei jedoch nicht ausser acht zu lassen, dass die Sturmfluten oftmals aussergewöhnliche Vernichtungen herbeiführen und dass die Felsstückc, welche hier in die See stürzen, nicht wie bei ähnlichen Erscheinungen in den Gebirgen auf der Oberfläche erhalten bleiben, sondern von den Wogen in die Tiefe des Meeres hinabgerissen werden. In einer noch grösseren Gefahr befindet sich die Existenz der kleinen Sanddüne, welche von den Stürmen (z. B. Dezbr. 1883) viel zu leiden hat. Sollten dereinst die Fluten dies kleine Eiland zerstören, so wird Helgoland keine Bäder im offenen Meere mehr bieten können, immerhin aber als Luftkurort und durch seine Einrichtungen im Warmbadehause eine nicht zu unterschätzende Bedeutung behalten!