Wyk auf Föhr (mit Büsum u. St. Peter)
Wyk auf Föhr
(mit den Küstenbädern Büsum und St. Peter).
Seebad, auch Warmbadeaustalt. Eigentümer: G. C. Weigelt in Wyk. Badearzt: Dr. med. Gerber daselbst. Jährliche Frequenz: 1500 bis 1700.
Literatur: Kohl, Die Marschen und Inseln der Herzogtümer Schleswig und Holstein. 3 Bände. Band 1 und 2: Föhr. Dresden und Leipzig 1846. Aruoldi, — Penike, Notizen über die Insel Föhr und ihr Seebad. Itzehoe 1848. Schönfeld. — Schiödte, Die Nordseeinsel Föhr und ihr Seebad. Hamburg 1866. Meissner. 1 Mk. 50 Pfg. — Sylt und Föhr. Führer für Touristen. Hamburg 1880. Seelig. 1 Mk. 80 Pfg. —
v. Warnstedt, Die Insel Föhr und das Wilhelminen-Seebad. Schleswig 1824. Taubstummenanstalt. — Veigclt, Die nordfries. Inseln vormals und jetzt. Eine Skizze des Landes und seiner Bewohner. Mit Karte. Hamburg 1873. Meissner & Behre. 3 Mk.
Reise. Um das Seebad in Wyk auf der schleswigschen Insel Föhr zu erreichen, fahren die Badegäste aus dem Innern Deutschlands entweder mit dem in dieser Saison in Dienst gestellten Dampfer „Vorwärts“ von Altona (wöchentlich 1 — 2 Mal, Fahrpreise noch unbekannt) und laufen dabei Cuxhaven und Helgoland an, oder sie reisen über Hamburg, Altona, Neumünster nach Lübeck, wo sich die Bahn in westlicher Richtung nach der Hafenstadt Husum abzweigt. Nach letzterer Stadt kann man ausserdem von Neumünster über Heide und Tönningen auf der Eisenbahn fahren.
Bei dieser Gelegenheit mögen zwei kleine Küstenbadeorte an der Nordsee nicht unerwähnt bleiben. Von Heide führt eine Zweigbahn nach Wesselburen, von wo man auf der Bahn weiter nach Büsum gelangt. Letzteres ist ein freundliches Kirchdorf mit ca. 1.000 Einwohnern. Bei dem Badehotel „Zur Stadt Hamburg“ ist ein grosser hübscher Garten mit schattigen Bäumen und Lauben, Veranda und Kegelbahn. Wöchentlich findet hier einmal Konzert statt. Pensions-Preis für Erwachsene 30 Mk., für Kinder 15 — 21 Mk. wöchentlich. Einzelner Mittagstisch 2 Mk., im Abonnement 1 Mk. 80 Pfg. Abendessen 1 Mk., im Abonnement 90 Pfg. Frequenz im Jahre 1883: 520 Badegäste. Badearzt : Herr Dr. Honemann. Am Herrenstrande stehen 14 Badehäuschen und ebensoviel am Damenstrande. Vom diesen Badekarren muss man über den Deich steigen, um in das Wasser zu gelangen. Gebadet wird nur bei Flut, weil Büsum an einer Bucht liegt, vor welcher sich grosse Sandbänke weit hinaus erstrecken, die bei Ebbe zum Teil trocken liegen, so dass sich beim Verdunsten des Wassers Salzteile ablagern und der Boden des Meeres erwärmt wird. Der Wellenschlag ist nur bedeutend, wenn südliche oder südwestliche Winde das Meer gegen die Küste treiben. Der Strand besteht nicht wie auf den Nordseeinseln aus Sand, sondern ist wie das Ufer eines Flusses mit grünem Rasen bedeckt. Dieser grüne Strand wird durch einen Steindamm von der See abgesperrt, so dass sich derselbe als Spielplatz für Kinder eignet.
Preise der Bäder: für Damen pr. Dutzend 5 Mk. 40 Pfg.. ein einzelnes Bad 50 Pfg., für Kinder 4 Mk. 20 Pfg. bezw. 40 Pfg. für Herren pr. Dutzend 4 Mk. 20 Pfg., ein einzelnes Billet 40 Pfg. für Knaben 3 Mk. bzw. 30 Pfg. Ein warmes Bad 1 Mk. 50 Pfg.
Abends brennt an der Küste ein Leuchtfeuer; das tiefere Fahrwasser wird durch Strauchbaken bezeichnet. Auf dem Blauortsand ist in ziemlich weiter Entfernung von der Küste eine Bake errichtet; auch befindet sich eine Rettungsstation in Büsum.
Von der Stadt Tönningen an der Eidermündung gelangt man in westlicher Richtung über Tating nach dem Kirchdorf St. Peter, welches in ziemlicher Ausdehnung am westlichen Deiche entlang angebaut ist. Der Ort zählt in 191 Häusern 854 Einwohner und finden die Badegäste, deren Zahl sich im Jahre 1883 auf über 200 belief, in dem Strandhotel und Jensens Gasthause ein Unterkommen. Für den Mittagstisch wird 2 Mk. a` Kouvert bezahlt. Die Badeanstalt liegt ausserhalb des Deiches auf angeschwemmtem Vorlande am nördlichen Ende des Dorfes. Am Badeplatze für Herren stehen 6 Badekarren und ebensoviel am Damenstrande. Ein einzelnes Bad kostet 1 50 Pfg. — Als Seezeichen befindet sich bei St. Peter eine aus Querbalken turmartig gebaute Bake. Zwischen der in westlicher Richtung liegenden Insel Helgoland und
der Küste bei St. Peter ist das Eiderfeuerschiff stationiert, um die Einfahrt in die Eider zu bezeichnen, die sich südlich von St. Peter in die Nordsee ergiesst. Auch diese Küste ist mit den vom Meere bedeckten ehemaligen Teilen des Landes, welche jetzt die Sandbänke bilden, durchzogen. Die über Heide Reisenden müssen bei Karolinenkoog mit einem Dampfer über die Eider setzen und fahren dann in nördlicher Richtung nach Husum an der Hever. Diese Stadt ist für den Verkehr der Insulaner und Halligbewohner sehr wichtig, so dass hier dreissig bis vierzig kleine Gasthäuser existieren, von denen jedoch nur etwa 6 zur Aufnahme von Badegästen eingerichtet sind; besonders sind die Gasthäuser von Thoma und Bydekarken zu empfehlen. In der Nähe Husums befinden sich grosse Austernbassins zur künstlichen Zucht, welche an ein Hamburger Haus verpachtet sind.
Von Husum gelangte man in früheren Jahren über das westschleswigsche Marschland zu Wagen in etwa sechs Stunden nach dem Hafenorte Dagebüll und von dort auf einem Fährschiffe bei günstigem Winde in einer Stunde nach dem gegenüber liegenden Badeorte Wyk auf Föhr. Jetzt gelangt man nach Dagebüll, von wo man täglich mit dem Dampfer „Föhr-Dagebüll“ in ca. ¾ Stunden nach Wyk fahren kann (Fahrpreis I. Kaj. 2 Mk., II. Kaj. 1,50 Mk.) entweder von Flensburg oder von Tondern ab per Post in 7— 8 Stunden. Seit dem Jahre 1855 ist eine Dampfschiffverbindung zwischen Husum und Föhr hergestellt, welche vorzugsweise benutzt wird. Die Fahrpläne der von Husum nach Föhr und Sylt fahrenden Dampfboote werden jährlich bekannt gemacht; aus ihnen ist zu ersehen, wann die Reisenden in Husum eintreffen müssen. Einige Stunden, nachdem das Wasser zu fluten begonnen hat, fahren die Dampfer von Husum ab, so dass also auch hier die Zeit der Überfahrt von Ebbe und Flut abhängt und täglich wechselt. Wenn man beispielsweise den Hamburger Frühzug um 6 Uhr morgens benutzt und in Husum um 11 Uhr eintrifft, so haben die Reisenden dort oftmals einige Zeit zu warten; an anderen Tagen schliesst sich jedoch der Abgang des Schiffes an die Ankunft des Bahnzuges in Husum an, so dass man also entweder früh am Nachmittage oder gegen Abend in Wyk anlangt. Die wenigen Tage, an denen das Schiff den Frühzug nicht abwarten kann, sind im Fahrplane bemerklich gemacht; für diesen Fall reist man mittags von Hamburg ab und übernachtet in Husum.
Die beiden für die Route bestimmten Dampfschiffe „Wyk-Föhr“ und „Nordsee“, von denen das erstere
Eigentum des Badeortes ist, das letztere einer Aktiengesellschaft gehört, fahren vom Husumer Hafen in der Nähe des Bahnhofes ab, und zwar abwechselnd täglich mit Ausnahme des Sonntags. Die Fahrt dauert 3 bis 4 Stunden. Direkte Billets bis Wyk werden ausgegeben in Altona, Berlin, Charlottenburg , Braunschweig, Dresden, Halle, Hamburg, Kiel, Leipzig, Lübeck und Magdeburg, sowie auf den Hauptstationen der schleswig-holsteinischen Eisenbahnen.
Die Reise verläuft folgendermassen. Gegen Westen steuernd, passiert das Dampfboot zuerst die Husumer Aue, den schmalen Meeresstrom, der die Stadt mit der See verbindet, und wendet sich alsdann in der Nähe der eingedeichten Insel Pellworm und an der davor gelegenen Pohnshallig vorbei gegen Norden. Bald darauf erblickt man östlich vom Schiff die Hallig Nordstrandischmoor, während weiter nach Westen die Insel Pellworm, durch Deiche und kostspielige Steinwälle geschützt, nur schwach sichtbar wird. Wenn das Schiff in das Fahrwasser Behnsley kommt, erblickt man in östlicher Richtung die Hamburger Hallig, die durch einen Damm mit dem Festlande verbunden ist, um durch allmählige Anschlickung fruchtbares Land zu gewinnen. Diese sowie die Hallig Habel werden jede nur von einer Familie bewohnt, ebenso wie die im Süden voll Pellworm und Nordstrand liegenden Hallige Süderoog und Südfall. Auf der völlig unbewohnten Hallig Norderoog brüten jährlich Tausende von Seevögeln. Nachdem sodann die grosse, am meisten bevölkerte Hallig Hooge am westlichen Horizonte erschienen ist und näher östlich die kleine Behnshallig, passiert das Schiff die Hallig Gröde oder fährt bei günstigem Wasserstande zwischen den beiden Teilen derselben hindurch, indem vor kurzem die westliche Spitze durch eine Sturmflut von der Insel losgerissen ist. Die nun folgende Hallig, welche sich weithin in westlicher Richtung erstreckt, ist Langeness; zwischen dieser und der Hallig Oland steuert der Dampfer im Fahrwasser der Schlütt auf die grosse Insel Föhr. Letztere, sowie die Inseln Pellworm und Nordstrand haben ganz das Ansehen der Festlandsmarsch und unterscheiden sich sowohl durch ihre Grösse, wie auch durch die Seedeiche von den Halligen. Jede der Inseln Nordstrand und Pellworm hat ca. 1 Quadratmeile Flächenraum und zählt etwa 2.000 Einwohner, die sich fast ausschliesslich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigen. Die Häuser auf diesen beiden Inseln sind in derselben Weise wie die Gebäude auf den Halligen angelegt. Die Hallige, kleine, unbedeichte Inseln, welche vom Meere überschwemmt werden, bestehen aus einem fetten Schlickboden, der sich etwa einen halben bis einen Meter über die Meeresfläche erhebt und mit vortrefflichem Grase bewachsen ist, welches den Kühen und Schafen der Halligbewohner zur Nahrung dient. Diese ebene Fläche wird bei stürmischer Witterung unter Wasser gesetzt und kommt es dann häufig vor, dass der ganze Ertrag der Wiesen von den Fluten fortgespült wird. Infolge davon gibt es auch keine Brunnen auf diesen kleinen Erdschollen; nur Regenwasser und im Winter das aus geschmolzenen Eisschollen gewonnene Wasser wird für den Bedarf der Menschen und Tiere gesammelt. Trotz aller Entbehrungen und Gefahren, in denen sich die Halligbewohner befinden, hängen dieselben mit grosser Liebe an ihrem heimatlichen Boden. Gewöhnlich gehen die jüngeren Männer der Halligen zur See und erreichen ganz einträgliche Stellungen, doch auch dann kehren sie fast stets auf ihr kleines Fleckchen Erde zurück, um hier ihre Tage zu beschliessen. Um die kleinen Wohngebäude vor den zerstörenden Wogen sicher zu stellen, sind dieselben auf starken Balken, die in künstlich errichtete, etwa 5 Meter hohe Erdhügel eingerammt worden, erbaut. Wenn aussergewöhnlich hohe Sturmfluten die Insel überschwemmen und in das Gebäude eindringen, bildet der Giebel des Hauses schliesslich den letzten Zufluchtsort der Halligbewohner. Die Erdhügel, auf welchen die Gebäude errichtet sind, werden Werfte genannt, weil die Erde dazu künstlich aufgeworfen ist; dieselben sind mit den darauf liegenden Häusern aus der Ferne oft nur allein sichtbar und erscheinen bei leichtem Nebel, wo die Farben des Himmels und der See am Horizonte in einander verschmelzen, gleichsam in der Luft zu schweben.
Alle diese eben genannten Inseln und Hallige tragen die unverkennbarsten Spuren, dass das Meer die ursprünglich zusammengehörenden Erdstücke getrennt hat. Noch bis zum Jahre 1634 bildete Nordstrand eine fruchtbare, stark bevölkerte und grosse Insel, doch zerrissen die Sturmfluten des genannten Jahres dieses Land und bildeten die jetzigen Inseln Pellworm und Nordstrand mit den daneben befindlichen Halligen. Eine ergreifende und sehr anschauliche Schilderung dieser furchtbaren Sturmflut, welche zu den schrecklichsten gehört, die jemals diese Gegenden verwüsteten, gibt C. P. Hansen in der Chronik der friesischen Uthlande. S. 119 u. ff.:
Endlich, so erzählt er, kam der jüngste, der schrecklichste Tag des alten Nordstrand, und ich möchte sagen, des alten Nordfriesland. Noch am 10. Oktober lag es da, das grüne, von Fett und Fruchtbarkeit erfüllte Tiefland, inmitten der finsteren, grollenden See, die Freude, die Kraft, der Stolz und der Mittelpunkt derUthlande, nicht ahnend, was ihm bevorstand, nach hundert trüben Erfahrungen noch fest bauend auf den Schutz seiner erst vor kurzem wieder errichteten Deiche. Ringsum lag ein Kranz von Halligen und Hallighütten, die wie seltsam gestaltete und gruppierte Felsen aus der Wasser- und Wattenwüste hervorragten; weiterhin, jenseits derselben, glänzte ein Schaumgürtel der sich brechenden Wellen an den äussersten Sandbänken und Inseln. Im Westen und Süden zogen finstere Wolkenmasscn am Himmel herauf, obgleich der Wind noch ruhte. Es war die Todenstille, die oft dem Sturme vorhergeht. Im fernen Westen blitzte es, und als es Abend wurde, die finstere Nacht heranschlich, da flüchtete ahnungsvoll der Schiffer wie die Seemöve ans Ufer, die vorsichtige Krähe aber aufs Festland. Die Nacht verging, der Morgen des 11. Oktober kam, der letzte, welchen das altberühmte Nordstrand erlebte. Blutrot stieg die Sonne im Südosten hinter Eiderstädt herauf, beschaute noch einmal das schöne, fruchtbare Eiland mit seinem goldenen Ring, seinen grünen Wiesen und weidenden Viehherden, mit seinen gesegneten Äckern, seinen Kirchen und Mühlen, seinen stillen Dörfern und zerstreuten Bauernhöfen, seiner emsigen, tüchtigen, Gott und sich selbst vertrauenden Bevölkerung; dann verbarg sie sich wie weinend hinter die dichten Wolken, die für den Tag ihr ihre Herrschaft stahlen. Noch einmal läuteten die Kirchenglocken die gläubigen Christen zum Gottesdienst in die Kirchen — denn es war eben Sonntag. Noch einmal scharten sich die Schlachtopfer betend in den heimatlichen Gotteshäusern, stimmten noch einmal ein Loblied dem Herrn an, während der Donner schon über ihren Häuptern rollte, und der Regen in Strömen sich ergoss. Noch einmal sammelten sich die Familien an ihrem freien Eigentumsherd um den gefüllten Tisch in Frieden, nicht ahnend, dass es das letzte Mal sein würde. Da brach er los aus Südwest, der unglückliche Sturm, der Tausende vernichten und anderen Tausenden alles, nur nicht das arme, nackte Leben rauben sollte. Ich will nicht versuchen zu schildern das Gebrause des gegen den Abend und namentlich um 9 Uhr abends wie ein wütendes Ungetüm durch die Luft fahrenden Orkans, noch das donnerähnliche Getöse der gegen das Eiland rollenden, brechenden und endlich über die Deiche und durch dieselben stürzenden, die Erde weitaufreissenden Wellen, noch das Zittern der Werften und Heuberge im Wogendrange, noch das Gestöhn und Geächze der wankenden und fallenden Mauern und Balken oder das Schwirren und Pfeifen des mit dem Sturme fortfliegenden Daches, noch das Zischen und Leuchten des hier und da in diesem Weltuntergang ausbrechenden Feuers oder das Heulen der Sturmglocken, das Grabgeläute bei dieser grossen Beerdigung, noch das Angstgebrüll der sterbenden Tiere und am allerwenigsten die stillen Seufzer und Gebete der ertrinkenden Menschen. — Nach einer kleinen Stunde, um 10 Uhr abends, schreibt ein Augenzeuge, war alles vorbei; da hatte Nordstrand aufgehört zu sein; da waren mehr als 6.200 Menschen und 50.000 Stück Vieh dort ertrunken, da waren die Deiche der Insel an 44 Stellen durchbrochen, da lagen 30 Mühlen und mehr als 1.300 Häuser zertrümmert darnieder, da war vernichtet die Heimat und das Glück von mehr als 8.000 Menschen. Nur die festeren Kirchtürme ragten, obgleich auch beschädigt, aus diesem wilden Chaos, aus diesem grossen Kirchhofe wie kolossale Grabsteine hervor. Der kalte Nordwest hatte unterdes in der Nacht über die Trauerszene geweht, jedoch der Sturm sich allmählich gelegt. Nur 2.633 Menschen hatten diese Schreckensnacht, hatten den Untergang ihrer Heimatinsel überlebt, blickten aber jetzt trostlos auf die verödeten Land- und Häusertrümmer, auf die zerrissenen Deiche und das frei ein- und ausströmende erbarmungslose Meer, auf die im Wasser und Schlamm umherliegenden Menschen- und Tierleichen, auf die zerstörten oder verdorbenen Geräte und Vorräte, und vor allem auf den nahen Winter mit seinem Frost und Schnee, mit neuen Stürmen und Fluten und neuem Elend und auf ihr eigenes, nacktes Dasein inmitten dieser Wasserwüste und dieser wilden Elemente.
So vernichtend und zerstörend das Meer während der stürmischen Jahreszeit werden kann, so verläuft im Sommer die Fahrt in diesem durch Inseln und Sandbänke eingeschlossenen Wattenmeer gewöhnlich sehr ruhig und völlig gefahrlos. Hat das Dampfboot sich nun zwischen den Halligen durchgewunden, so erscheint die östliche Küste der Insel Föhr mit dem dicht auf dem erhöhten Ufer angebauten Flecken Wyk. Das Schiff kann hier bis unmittelbar an die Landungsbrücke fahren und brauchen die Passagiere nicht in einem Boote oder einem Wagen an das Land befördert zu werden. Die Möglichkeit an einer frei am Ufer gelegenen Brücke zu landen, ist sowohl ein Zeichen für das tiefe Fahrwasser als auch für die geschützte Lage und die hier im Ganzen herrschende Ruhe des Wattenmeeres. Bereits aus einiger Entfernung können die Reisenden eine hübsche Baumallee wahrnehmen, welche sich fast unmittelbar am Ufer hinzieht und durch den an der Wetterseite liegenden Ort Wyk geschützt ist. Am Ufer erblicken die Reisenden eine Menge Zelte, welche den Badegästen zum Aufenthalt dienen, deren Kinder am Strande spielen.
Mit wenigen Schritten erreicht man vom Schiffe aus das Land, begibt sich die kleine Treppe hinauf und befindet sich unmittelbar in Wyk.
Hotels: Das an der Strandallee schattig und hübsch gelegene Kurhaus, weiches an einen tüchtigen Wirt verpachtet ist, enthält im Parterre Säle zum Frühstück, Mittags- und Abendessen, Billard und Lesezimmer. Vor demselben spielt ein böhmisches Musikkorps zu bestimmten Tagesstunden; an einigen Abenden auch im Saale zum Tanze. Der erste Stock enthält komfortable Logierzimmer mit geräumigen Veranden. Weiter nördlich in der Nähe des Strandes, durch Terrassen und Gärten mit demselben verbunden, liegen die Gasthäuser von Redlefsen und Thomas. Die gut eingerichteten Logierzimmer bieten einen weiten Überblick über die See nach den Halligen und dem in der Ferne sich am Horizonte erstreckenden Festlande.
Wohnungen: Die Preise für Zimmer in den Privathäusern variieren je nach der Lage und Einrichtung zwischen 9 bis 21 Mk. wöchentlich. Der mittlere Preis in bester Lage, also am Strande, ist 15 Mk. In Privathäusern ist volle Beköstigung nicht zu erhalten, aber die Wirtsleute liefern gegen Erstattung der Auslagen das zum Frühstück und Abendbrot Erforderliche oder auch dieses selbst nach getroffener Übereinkunft.
Der Abonnementspreis der Table d'hote im Kurhause und den Hotels ist 2 Mk. 50 Pf., für Kinder die Hälfte, für Mittagsessen, in die Wohnung geliefert, bis 2 Mk. die Portion. In Witwe Hansens „Erholung“, wo auch Frühstück und Abendessen zu erhalten ist kostet der Mittagstisch 1 Mk. 80 Pfg., für Kinder
1 Mk., in Nanns „Schweizerhalle“ 1 Mk. 50 Pfg., für Kinder 1 Mk..
Kurtaxe. Von der Königl. Regierung ist eine Kurtaxe zur Bestreitung der erforderlichen Ausgaben festgesetzt, welche durch die Badekommission erhoben wird. Der einzelne Badegast hat 8 Mk., eine Familie von 2 oder 3 Personen 12 Mk., von 4 bis 5 Personen 16 Mk., von mehr als 5 Personen 20 Mk. zu bezahlen, nach dem 15. Septbr. ist nur die Hälfte dieser Taxe und nach dem Fortgange des Musikkorps keine mehr zu entrichten.
Bäder. Die im Jahre 1819 entstandene Seebadeanstalt, das Wilhelminenbad, liegt ungefähr 15 Minuten vom Badeorte entfernt, am südlichen Ufer der Insel und zwar östlich für Damen, westlich für Herren. Ein auf der Hälfte des Weges erbauter Pavillon gewährt Schutz gegen schlechtes Wetter. Die Badezeit ist unabhängig von Ebbe und Flut und dauert von morgens 6 Uhr bis nachmittags 1 Uhr. Die grossen und bequem eingerichteten Badekutschen werden durch Pferde in das Meer gezogen und nach beendigtem Bad, welches durch Aufziehen einer kleinen Fahne an der Badekarre angezeigt wird, wieder herausgefahren. Durch diese Einrichtung sind die Badenden so wenig wie möglich der rauhen Luft ausgesetzt und können schon in einer Entfernung von wenigen Schritten die nötige Tiefe finden. Da die Wellen meistens keine grosse Höhe erreichen, sind die im Wasser stehenden Badekutschen nicht der Gefahr ausgesetzt, umgeworfen zu werden. Die vom Westen und Norden täglich zwischen Amrum und Sylt in das Wattmeer einströmende Flut, welche sich durch die Wasserstrasse hindurchzieht, die Föhr von den gegenüber liegenden Halligen scheidet, bewirkt eine starke ab- und zuflutende Bewegung des Wassers am Föhrer Badestrande. Bei den kälteren Nord- und Nordwestwinden hemmen die benachbarten Inseln die Gewalt der eindringenden Wassermassen, während die wärmeren, südlichen Winde einen mässigen Wellenschlag erzeugen.
Preise der Bäder: Ein Billet zu den Seebädern kostet 1 M. Kinder bezahlen, wenn sie mit Erwachsenen oder zusammen baden, die Hälfte. Handtücher kann man für 10 Pf. täglich von dem Badepersonal am Strande erhalten.
Warme Bäder: In einem am Strandwall gelegenen Badehause werden während des ganzen Tages in sehr zweckmässig und elegant eingerichteten Badestuben warme Seebäder verabreicht.
Für ein warmes Bad bezahlt man 1 M. 50 Pf., für Regen-, Sturz- und Douchebäder, für jedes 75 Pf. und für ein Sitzbad 30 Pf.
Das Bad steht unter Aufsicht der Königl. Regierung. Eine Badekommission hat die Interessen der Kurgäste wahrzunehmen und die Kurtaxen zu verwenden. Bei dem Eigentümer der Badeanstalt, G. C. Weigelt, sind die Billets zu den Bädern zu erhalten; derselbe erteilt schriftliche Auskunft, versendet Prospekte des Bades und reserviert im Voraus Wohnungen. Badearzt ist Dr. Gerber in Wyk. Landschaftsarzt Dr. Hitscher in Nieblum auf Föhr ist täglich zu bestimmten Stunden in Wyk zu sprechen. Eine Apotheke ist im Orte.
Kinderhospiz. Da Wyk auf Föhr den Ruf besitzt, ein Nordseebad für Familien mit Kindern zu sein, hat der Verein für Gründung von Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten unter dem Protektorate I. I. K. K. Hoheiten des Kronprinzen und der Frau Kronprinzessin hier mit dem Bau eines Kinderhospizes begonnen und ein solches für 60 Kinder unbemittelter Eltern eingerichtet. Ausserdem finden Kinder, welchen krankheitshalber ein längerer Aufenthalt an der See verordnet ist, bei dem Badearzte, Dr. Gerber, Aufnahme und Behandlung. Für schwächliche Kinder hat die Institutsvorsteherin, Fräulein Sophie Stuhr, ein Pensionat errichtet, in welchem die Kinder unter der ärztlichen Aufsicht des Dr. Gerber stehen und auf Wunsch in allen Schulfächern, Handarbeiten und Musik unterrichtet werden. Die zu diesem Zwecke besonders gebaute und eingerichtete Anstalt liegt am Sandwall nahe am Strande und an der zu den Bädern führenden Promenade. Die Kinder werden im Strandzelte und beim Baden von der Vorsteherin und einer Kindergärtnerin beaufsichtigt. Der Pensionspreis beträgt exkl. Wein, Bädern und ärztlichem Honorar von Anfang Mai bis Ende Oktbr. 125 Mk., im Winter 140 Mk. pro Monat.
Ein Vorzug des Badeortes Wyk ist, dass die Wohnungen dem Strande unmittelbar nahe liegen. Die Beaufsichtigung der am Ufer spielenden Kinder kann daher von den Wohnungen oder von den Zelten aus geschehen, die hier aufgestellt sind und Schutz vor Wind und Sonne bieten.
Ortsbeschreibung. Durch den in früheren Jahren häufigen Aufenthalt des Königs von Dänemark ist Wyk verhältnismässig sehr in Aufnahme gekommen, so dass der Ort mit den nach den Bränden von 1857 und 1869 ganz neu erbauten Häusern einen sehr freundlichen Eindruck macht. Die Bewohner, deren Zahl sich auf über 1.000 in 200 Gebäuden beläuft, treiben Handel, Schifffahrt und Ackerbau. Eine telegraphische Verbindung ist seit 1865 mit dem Festlande hergestellt.
Die Gelegenheit zu längeren oder kürzeren Segelfahrten ist hier sehr günstig, indem an der Schiffbrücke, wo die Reisenden gelandet sind, eine Anzahl hübscher und gut geführter Ruder- und Segelboote liegen, mit welchen die Badegäste Fahrten nach den Halligen oder Jagdpartieen machen.
Das an manchen Stellen mit feinem Geröll bedeckte südliche Ufer der Insel Föhr, hinter dessen oberen, schroff abfallendem Rande des hoch gelegenen Geestlandes die Gersten- und Buchweizenfelder sichtbar sind, wird am Nachmittage, wenn das Baden beendigt ist, wenig besucht, indem sich das gesellige Leben auf den Strand unmittelbar vor den Häusern konzentriert. Ausserdem werden Spaziergänge in die Umgegend, z. B. nach den Restaurationsgärten in Boldixum oder Nieblum gemacht. Bei einem solchen Gange durch die freundlichen Dörfer würde man glauben, sich auf dem Festlande zu befinden, wenn nicht der gelegentliche Blick auf das Meer, welches jedoch nur von kleinen Küstenfahrzeugen belebt ist, an die Insel erinnerte.
Den Hauptteil des Ortes bildet die auf etwas erhöhtem Ufer sich hinziehende Häuserreihe hart am Strande, zum Teil hinter einer doppelten Baumreihe gelegen, zum Teil durch kleine Gärten unmittelbar mit dem Strande verbunden. Die übrigen, durchgehends breiten Strassen münden meist in diese Allee, den sogen. Sandwall, so dass die Entfernung von der See überall nur eine geringe ist. Dieser Baumwuchs ist hier möglich, weil sich das Ufer gegen Südosten kehrt, also den Seewinden nicht ausgesetzt ist.
In nördlicher Richtung vom Sandwall gelangt man zu dem 1806 angelegten Hafen Wyks. Derselbe ist einer der sichersten und besten Häfen für kleine Fahrzeuge. Hier beginnen die Seedeiche, welche zum Schutz der nördlichen Hälfte Föhrs, die aus tief gelegenem Marschlande besteht, aufgeführt sind. Letzteres ist reiches Wiesen- und fettes Weideland, mit Gräben durchzogen, an welchen sich Strand- und Brachvögel aufhalten. In westlicher Richtung vom Hafen befinden sich hübsche Parkanlagen.
Geht man auf dem Deiche in nordöstlicher Richtung weiter, so kommt man zu den sogen. Entenkojen, in welchen verschiedene Arten wilder Enten auf ihren Zügen im Spätsommer gefangen werden. In dieser Zeit, welche gegen Mitte August beginnt, ist der Besuch der Vogelkojen nicht mehr gestattet, indem die Enten durch die Nähe der Menschen verscheucht werden. Eine solche Koje wird an einem Teiche, welcher mit dichtem Buschwerk umpflanzt und mit Wall und Graben umgeben ist, angelegt. Von dem Mittelpunkte dieses Teiches erstrecken sich nach verschiedenen Richtungen Kanäle, an deren Seiten Holzwände koulissenartig aufgestellt sind, hinter welchen Futter gestreut ist. Die Kanäle sind zum grössten Teil mit Netzen überdeckt und werden gegen das Ende hin schmaler. Schliesslich laufen sie in eine Spitze aus, welche durch ein langes, mit hölzernen Ringen offen gehaltenes Fischnetz gebildet wird. Die wilden Enten werden auf ihren Wanderungen durch das freundliche Grün des Buschwerks herbeigezogen und von zahmen Lockenten, welche in diesen Kojen gehalten werden, in die Kanäle gelockt. Sind die Enten in einen Kanal hineingeschwommen, so nähert sich der Wärter dieser Stelle mit dem. Rauchfass, in welchem Torf gebrannt wird, um dadurch den Enten seine Annäherung zu verbergen; dann tritt er rasch hinter der Koulisse hervor und treibt die Enten, welche des darüber gespannten Netzes wegen nicht in die Höhe fliegen können, in das enge Netz hinein, wo sie nicht mehr zu entweichen vermögen. Wird nun das Netz zugezogen, so ist der ganze Schwarm darin gefangen. Die zahmen Enten sind derartig abgerichtet, dass sie beim Beginn des Treibens ruhig aus dem Kanale nach dem offenen Teiche schwimmen, um demnächst neue Opfer herbeizulocken. Die in den Netzen gefangenen Enten, unter denen sich auch manche andere Zugvögel befinden, werden getötet und meistens frisch per Post verschickt, ausnahmsweise auch in Essig gekocht und in Tonnen verpackt und weithin exportiert. In einer solchen Koje sind schon etwa 15.000 Enten während eines Jahres gefangen, so dass der Jahresertrag der fünf Entenkojen, welche jetzt auf Föhr existieren, durchschnittlich 60 bis 75.000 Stück beträgt.
Von Wyk führt ein Fahrweg nach dem westlichen Teile der Insel, der sich so ziemlich auf der Grenze des Marsch- und Geestlandes hält. Ersteres bildet die nördliche, letzteres die südliche Hälfte Föhrs. Die Ortschaften, deren 16 auf der Insel existieren (Wyk, Boldixum, Wrixum, Oevenum, Midlum, Alkersum, Nieblum, Mittelberg, Goting, Borgsum, Witzum, Heddehusum, Uettersum, Duntzum, Süderende und Klintum, zusammen mit über 5.000 Einwohnern), liegen zum Teil dicht neben einander und erscheinen alsdann wie eine fortlaufende Reihe mit Buschwerk und Bäumen umgebener Höfe. Die Felder auf dem von der Mitte der Insel in sanfter Steigung nach dem südlichen Strande höher werdenden Geestlande sind nicht wie in Schleswig und Holstein mit Wällen und Knicken eingefasst, sondern werden wie im Innern Deutschlands, durch schmale Raine und Feldwege von einander getrennt. Eigentümlich ist die Tracht der Frauen, wenn sie auf den Feldern arbeiten, indem sie das Gesicht fast ganz mit Tüchern verhüllen, so dass nur die Augen sichtbar bleiben. Sämtliche Ortschaften sind in drei Kirchspiele, St. Nicolai, St. Johannis und St. Laurentii eingepfarrt, doch liegen die im altenglischen Stile erbauten Kirchen nicht im Dorfe, sondern eine kurze Strecke davon entfernt. Von der See aus gesehen dienen die drei Türme der Insel Föhr durch die Stellung derselben zu einander den Schiffern als Zeichen für den Kurs. Die St. Johanniskirche bei Nieblum besitzt mehrere Altertümer. In der Nähe dieser Ortschaft, nicht weit vom südlichen Strande, liegen Hünengräber, die meist noch ungeöffnet sind. Nordwestlich von Nieblum bei Borgsum erhebt sich ein Erdwall oder eine Schanze, die Burg genannt. Ganz am westlichen Ende Föhrs ist der am Meere aufgeführte Deich durch ein Mauerwerk von Steinen geschützt, weshalb derselbe den Namen Steindamm erhalten hat. Von hier aus sind die Dünen der Südspitze Sylts, sowie die.der Insel Amrum deutlich zu erkennen.
Im mittleren Durchmesser hat Föhr von Süden nach Norden ungefähr eine geographische Meile und von Osten nach Westen etwas über 1½ geogr. Meilen.
Die Insel wird an der Südküste von dem Seegat Norderaue begrenzt, welches durch die Reuter- und Schmaltiefe mit der Nordsee in Verbindung steht. In östlicher Richtung beträgt die Entfernung von der äussersten Spitze der Insel, Näshörn genannt, bis zur gegenüber liegenden Kooge des Festlandes nicht ganz eine geogr. Meile. Zwischen der Nordostküste Föhrs und dem Festlande erstreckt sich das Fahrwasser der Föhrerlei, welches sich in nordwestlicher Richtung bis zur Föhrertiefe hinzieht und ungefähr in der Entfernung einer halben geogr. Meile an der Nordküste Föhrs sich westlich bis zur Vortrapptiefe ausdehnt. Im Westen und Südwesten wird Föhr durch die Amrumertiefe von der Insel Amrum getrennt, welche man bei Ebbezeit von Föhr aus zu Wagen erreichen kann. Ausserdem werden häufig Segelpartien nach dieser Insel gemacht und der dort erbaute Leuchtturm besichtigt. Derselbe liegt an dem südlichen Teile der Insel auf einer Düne, so dass dessen Blinkfeuer aus einer Höhe von 63 Meter auf 21 Seemeilen Entfernung sichtbar ist. Der Turm allein ist 42 Meter hoch. Auf Amrum leben in drei Ortschaften: Norddorf, Nebel mit der Kirche und Süddorf etwa 800 Einwohner, die sich vielfach mit dem Austernfange beschäftigen und oftmals einen Ertrag von 8.000 Tonnen a` 1.000 Stück erzielen. Die Frauen haben eine kleidsame Nationaltracht. Die Insel hat eine Länge von beinahe 1½ Meilen bei einer Breite von fast einer halben Meile; sie besteht an der Ostseite aus magerem Geestlande und einigen sumpfigen Wiesen. Der grösste Teil der Insel an der Westseite wird von Sanddünen bedeckt, vor denen sich der Strand weit hinaus erstreckt. Die Fortsetzung des Strandes an der Westküste wird der Kniepsand genannt. Wegen der vielen Riffe und Sandbänke, die sich bis zur Insel Sylt ausdehnen, ist das Fahrwasser hier nicht ohne Gefahren und sind deshalb auf Amrum an zwei verschiedenen Stellen Rettungsstationen angelegt.
Nachdem die 1869 errichtete Rettungsstation Steenodde aufgegeben worden ist, ist 1881 als Ersatz dafür die Südstation etabliert. Der Schuppen ist ein Rohbau aus Backsteinen, hat Hellingvorrichtung und steht am Fusse der weissen Düne auf dem Südende der Insel. Ausgerüstet ist diese Station mit einem 8,4 m langen, 2,55 m breiten und 0,83 m tiefen deutschen Normal-Rettungsboot aus kanelliertem Eisenblech (Francis Patent), weiches, mit Stechschwert versehen, sowohl zum Segeln als zum Rudern eingerichtet ist.
Nördlich von der Station Kniephaven ist 1876 noch eine Bootsstation errichtet worden: die Station Amrum-Nord. Der Schuppen ist ebenfalls massiv gebaut und enthält wie Station Amrum-Süd ein heizbares Zimmer für gerettete Schiffbrüchige. Das hier stationierte Boot ist gleichfalls aus kanelliertem Eisenblech gebaut, 6,7 m lang und 2,00 m breit und steht auf einem leichten Transportwagen, auf welchem es am Strande entlang in die Nähe der Strandungsstelle gefahren werden kann.
Wenn die Ebbe und Flut richtig benutzt wird, kann eine Fahrt nach Amrum in einem Tage ausgeführt werden, sonst muss man in einem der Dörfer auf der Insel übernachten. Die Sandbänke auf den Wattenfeldern in der Nähe Föhrs bieten Gelegenheit zur Seehundsjagd, welche hier oftmals mit günstigem Erfolge unternommen ist.
(mit den Küstenbädern Büsum und St. Peter).
Seebad, auch Warmbadeaustalt. Eigentümer: G. C. Weigelt in Wyk. Badearzt: Dr. med. Gerber daselbst. Jährliche Frequenz: 1500 bis 1700.
Literatur: Kohl, Die Marschen und Inseln der Herzogtümer Schleswig und Holstein. 3 Bände. Band 1 und 2: Föhr. Dresden und Leipzig 1846. Aruoldi, — Penike, Notizen über die Insel Föhr und ihr Seebad. Itzehoe 1848. Schönfeld. — Schiödte, Die Nordseeinsel Föhr und ihr Seebad. Hamburg 1866. Meissner. 1 Mk. 50 Pfg. — Sylt und Föhr. Führer für Touristen. Hamburg 1880. Seelig. 1 Mk. 80 Pfg. —
v. Warnstedt, Die Insel Föhr und das Wilhelminen-Seebad. Schleswig 1824. Taubstummenanstalt. — Veigclt, Die nordfries. Inseln vormals und jetzt. Eine Skizze des Landes und seiner Bewohner. Mit Karte. Hamburg 1873. Meissner & Behre. 3 Mk.
Reise. Um das Seebad in Wyk auf der schleswigschen Insel Föhr zu erreichen, fahren die Badegäste aus dem Innern Deutschlands entweder mit dem in dieser Saison in Dienst gestellten Dampfer „Vorwärts“ von Altona (wöchentlich 1 — 2 Mal, Fahrpreise noch unbekannt) und laufen dabei Cuxhaven und Helgoland an, oder sie reisen über Hamburg, Altona, Neumünster nach Lübeck, wo sich die Bahn in westlicher Richtung nach der Hafenstadt Husum abzweigt. Nach letzterer Stadt kann man ausserdem von Neumünster über Heide und Tönningen auf der Eisenbahn fahren.
Bei dieser Gelegenheit mögen zwei kleine Küstenbadeorte an der Nordsee nicht unerwähnt bleiben. Von Heide führt eine Zweigbahn nach Wesselburen, von wo man auf der Bahn weiter nach Büsum gelangt. Letzteres ist ein freundliches Kirchdorf mit ca. 1.000 Einwohnern. Bei dem Badehotel „Zur Stadt Hamburg“ ist ein grosser hübscher Garten mit schattigen Bäumen und Lauben, Veranda und Kegelbahn. Wöchentlich findet hier einmal Konzert statt. Pensions-Preis für Erwachsene 30 Mk., für Kinder 15 — 21 Mk. wöchentlich. Einzelner Mittagstisch 2 Mk., im Abonnement 1 Mk. 80 Pfg. Abendessen 1 Mk., im Abonnement 90 Pfg. Frequenz im Jahre 1883: 520 Badegäste. Badearzt : Herr Dr. Honemann. Am Herrenstrande stehen 14 Badehäuschen und ebensoviel am Damenstrande. Vom diesen Badekarren muss man über den Deich steigen, um in das Wasser zu gelangen. Gebadet wird nur bei Flut, weil Büsum an einer Bucht liegt, vor welcher sich grosse Sandbänke weit hinaus erstrecken, die bei Ebbe zum Teil trocken liegen, so dass sich beim Verdunsten des Wassers Salzteile ablagern und der Boden des Meeres erwärmt wird. Der Wellenschlag ist nur bedeutend, wenn südliche oder südwestliche Winde das Meer gegen die Küste treiben. Der Strand besteht nicht wie auf den Nordseeinseln aus Sand, sondern ist wie das Ufer eines Flusses mit grünem Rasen bedeckt. Dieser grüne Strand wird durch einen Steindamm von der See abgesperrt, so dass sich derselbe als Spielplatz für Kinder eignet.
Preise der Bäder: für Damen pr. Dutzend 5 Mk. 40 Pfg.. ein einzelnes Bad 50 Pfg., für Kinder 4 Mk. 20 Pfg. bezw. 40 Pfg. für Herren pr. Dutzend 4 Mk. 20 Pfg., ein einzelnes Billet 40 Pfg. für Knaben 3 Mk. bzw. 30 Pfg. Ein warmes Bad 1 Mk. 50 Pfg.
Abends brennt an der Küste ein Leuchtfeuer; das tiefere Fahrwasser wird durch Strauchbaken bezeichnet. Auf dem Blauortsand ist in ziemlich weiter Entfernung von der Küste eine Bake errichtet; auch befindet sich eine Rettungsstation in Büsum.
Von der Stadt Tönningen an der Eidermündung gelangt man in westlicher Richtung über Tating nach dem Kirchdorf St. Peter, welches in ziemlicher Ausdehnung am westlichen Deiche entlang angebaut ist. Der Ort zählt in 191 Häusern 854 Einwohner und finden die Badegäste, deren Zahl sich im Jahre 1883 auf über 200 belief, in dem Strandhotel und Jensens Gasthause ein Unterkommen. Für den Mittagstisch wird 2 Mk. a` Kouvert bezahlt. Die Badeanstalt liegt ausserhalb des Deiches auf angeschwemmtem Vorlande am nördlichen Ende des Dorfes. Am Badeplatze für Herren stehen 6 Badekarren und ebensoviel am Damenstrande. Ein einzelnes Bad kostet 1 50 Pfg. — Als Seezeichen befindet sich bei St. Peter eine aus Querbalken turmartig gebaute Bake. Zwischen der in westlicher Richtung liegenden Insel Helgoland und
der Küste bei St. Peter ist das Eiderfeuerschiff stationiert, um die Einfahrt in die Eider zu bezeichnen, die sich südlich von St. Peter in die Nordsee ergiesst. Auch diese Küste ist mit den vom Meere bedeckten ehemaligen Teilen des Landes, welche jetzt die Sandbänke bilden, durchzogen. Die über Heide Reisenden müssen bei Karolinenkoog mit einem Dampfer über die Eider setzen und fahren dann in nördlicher Richtung nach Husum an der Hever. Diese Stadt ist für den Verkehr der Insulaner und Halligbewohner sehr wichtig, so dass hier dreissig bis vierzig kleine Gasthäuser existieren, von denen jedoch nur etwa 6 zur Aufnahme von Badegästen eingerichtet sind; besonders sind die Gasthäuser von Thoma und Bydekarken zu empfehlen. In der Nähe Husums befinden sich grosse Austernbassins zur künstlichen Zucht, welche an ein Hamburger Haus verpachtet sind.
Von Husum gelangte man in früheren Jahren über das westschleswigsche Marschland zu Wagen in etwa sechs Stunden nach dem Hafenorte Dagebüll und von dort auf einem Fährschiffe bei günstigem Winde in einer Stunde nach dem gegenüber liegenden Badeorte Wyk auf Föhr. Jetzt gelangt man nach Dagebüll, von wo man täglich mit dem Dampfer „Föhr-Dagebüll“ in ca. ¾ Stunden nach Wyk fahren kann (Fahrpreis I. Kaj. 2 Mk., II. Kaj. 1,50 Mk.) entweder von Flensburg oder von Tondern ab per Post in 7— 8 Stunden. Seit dem Jahre 1855 ist eine Dampfschiffverbindung zwischen Husum und Föhr hergestellt, welche vorzugsweise benutzt wird. Die Fahrpläne der von Husum nach Föhr und Sylt fahrenden Dampfboote werden jährlich bekannt gemacht; aus ihnen ist zu ersehen, wann die Reisenden in Husum eintreffen müssen. Einige Stunden, nachdem das Wasser zu fluten begonnen hat, fahren die Dampfer von Husum ab, so dass also auch hier die Zeit der Überfahrt von Ebbe und Flut abhängt und täglich wechselt. Wenn man beispielsweise den Hamburger Frühzug um 6 Uhr morgens benutzt und in Husum um 11 Uhr eintrifft, so haben die Reisenden dort oftmals einige Zeit zu warten; an anderen Tagen schliesst sich jedoch der Abgang des Schiffes an die Ankunft des Bahnzuges in Husum an, so dass man also entweder früh am Nachmittage oder gegen Abend in Wyk anlangt. Die wenigen Tage, an denen das Schiff den Frühzug nicht abwarten kann, sind im Fahrplane bemerklich gemacht; für diesen Fall reist man mittags von Hamburg ab und übernachtet in Husum.
Die beiden für die Route bestimmten Dampfschiffe „Wyk-Föhr“ und „Nordsee“, von denen das erstere
Eigentum des Badeortes ist, das letztere einer Aktiengesellschaft gehört, fahren vom Husumer Hafen in der Nähe des Bahnhofes ab, und zwar abwechselnd täglich mit Ausnahme des Sonntags. Die Fahrt dauert 3 bis 4 Stunden. Direkte Billets bis Wyk werden ausgegeben in Altona, Berlin, Charlottenburg , Braunschweig, Dresden, Halle, Hamburg, Kiel, Leipzig, Lübeck und Magdeburg, sowie auf den Hauptstationen der schleswig-holsteinischen Eisenbahnen.
Die Reise verläuft folgendermassen. Gegen Westen steuernd, passiert das Dampfboot zuerst die Husumer Aue, den schmalen Meeresstrom, der die Stadt mit der See verbindet, und wendet sich alsdann in der Nähe der eingedeichten Insel Pellworm und an der davor gelegenen Pohnshallig vorbei gegen Norden. Bald darauf erblickt man östlich vom Schiff die Hallig Nordstrandischmoor, während weiter nach Westen die Insel Pellworm, durch Deiche und kostspielige Steinwälle geschützt, nur schwach sichtbar wird. Wenn das Schiff in das Fahrwasser Behnsley kommt, erblickt man in östlicher Richtung die Hamburger Hallig, die durch einen Damm mit dem Festlande verbunden ist, um durch allmählige Anschlickung fruchtbares Land zu gewinnen. Diese sowie die Hallig Habel werden jede nur von einer Familie bewohnt, ebenso wie die im Süden voll Pellworm und Nordstrand liegenden Hallige Süderoog und Südfall. Auf der völlig unbewohnten Hallig Norderoog brüten jährlich Tausende von Seevögeln. Nachdem sodann die grosse, am meisten bevölkerte Hallig Hooge am westlichen Horizonte erschienen ist und näher östlich die kleine Behnshallig, passiert das Schiff die Hallig Gröde oder fährt bei günstigem Wasserstande zwischen den beiden Teilen derselben hindurch, indem vor kurzem die westliche Spitze durch eine Sturmflut von der Insel losgerissen ist. Die nun folgende Hallig, welche sich weithin in westlicher Richtung erstreckt, ist Langeness; zwischen dieser und der Hallig Oland steuert der Dampfer im Fahrwasser der Schlütt auf die grosse Insel Föhr. Letztere, sowie die Inseln Pellworm und Nordstrand haben ganz das Ansehen der Festlandsmarsch und unterscheiden sich sowohl durch ihre Grösse, wie auch durch die Seedeiche von den Halligen. Jede der Inseln Nordstrand und Pellworm hat ca. 1 Quadratmeile Flächenraum und zählt etwa 2.000 Einwohner, die sich fast ausschliesslich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigen. Die Häuser auf diesen beiden Inseln sind in derselben Weise wie die Gebäude auf den Halligen angelegt. Die Hallige, kleine, unbedeichte Inseln, welche vom Meere überschwemmt werden, bestehen aus einem fetten Schlickboden, der sich etwa einen halben bis einen Meter über die Meeresfläche erhebt und mit vortrefflichem Grase bewachsen ist, welches den Kühen und Schafen der Halligbewohner zur Nahrung dient. Diese ebene Fläche wird bei stürmischer Witterung unter Wasser gesetzt und kommt es dann häufig vor, dass der ganze Ertrag der Wiesen von den Fluten fortgespült wird. Infolge davon gibt es auch keine Brunnen auf diesen kleinen Erdschollen; nur Regenwasser und im Winter das aus geschmolzenen Eisschollen gewonnene Wasser wird für den Bedarf der Menschen und Tiere gesammelt. Trotz aller Entbehrungen und Gefahren, in denen sich die Halligbewohner befinden, hängen dieselben mit grosser Liebe an ihrem heimatlichen Boden. Gewöhnlich gehen die jüngeren Männer der Halligen zur See und erreichen ganz einträgliche Stellungen, doch auch dann kehren sie fast stets auf ihr kleines Fleckchen Erde zurück, um hier ihre Tage zu beschliessen. Um die kleinen Wohngebäude vor den zerstörenden Wogen sicher zu stellen, sind dieselben auf starken Balken, die in künstlich errichtete, etwa 5 Meter hohe Erdhügel eingerammt worden, erbaut. Wenn aussergewöhnlich hohe Sturmfluten die Insel überschwemmen und in das Gebäude eindringen, bildet der Giebel des Hauses schliesslich den letzten Zufluchtsort der Halligbewohner. Die Erdhügel, auf welchen die Gebäude errichtet sind, werden Werfte genannt, weil die Erde dazu künstlich aufgeworfen ist; dieselben sind mit den darauf liegenden Häusern aus der Ferne oft nur allein sichtbar und erscheinen bei leichtem Nebel, wo die Farben des Himmels und der See am Horizonte in einander verschmelzen, gleichsam in der Luft zu schweben.
Alle diese eben genannten Inseln und Hallige tragen die unverkennbarsten Spuren, dass das Meer die ursprünglich zusammengehörenden Erdstücke getrennt hat. Noch bis zum Jahre 1634 bildete Nordstrand eine fruchtbare, stark bevölkerte und grosse Insel, doch zerrissen die Sturmfluten des genannten Jahres dieses Land und bildeten die jetzigen Inseln Pellworm und Nordstrand mit den daneben befindlichen Halligen. Eine ergreifende und sehr anschauliche Schilderung dieser furchtbaren Sturmflut, welche zu den schrecklichsten gehört, die jemals diese Gegenden verwüsteten, gibt C. P. Hansen in der Chronik der friesischen Uthlande. S. 119 u. ff.:
Endlich, so erzählt er, kam der jüngste, der schrecklichste Tag des alten Nordstrand, und ich möchte sagen, des alten Nordfriesland. Noch am 10. Oktober lag es da, das grüne, von Fett und Fruchtbarkeit erfüllte Tiefland, inmitten der finsteren, grollenden See, die Freude, die Kraft, der Stolz und der Mittelpunkt derUthlande, nicht ahnend, was ihm bevorstand, nach hundert trüben Erfahrungen noch fest bauend auf den Schutz seiner erst vor kurzem wieder errichteten Deiche. Ringsum lag ein Kranz von Halligen und Hallighütten, die wie seltsam gestaltete und gruppierte Felsen aus der Wasser- und Wattenwüste hervorragten; weiterhin, jenseits derselben, glänzte ein Schaumgürtel der sich brechenden Wellen an den äussersten Sandbänken und Inseln. Im Westen und Süden zogen finstere Wolkenmasscn am Himmel herauf, obgleich der Wind noch ruhte. Es war die Todenstille, die oft dem Sturme vorhergeht. Im fernen Westen blitzte es, und als es Abend wurde, die finstere Nacht heranschlich, da flüchtete ahnungsvoll der Schiffer wie die Seemöve ans Ufer, die vorsichtige Krähe aber aufs Festland. Die Nacht verging, der Morgen des 11. Oktober kam, der letzte, welchen das altberühmte Nordstrand erlebte. Blutrot stieg die Sonne im Südosten hinter Eiderstädt herauf, beschaute noch einmal das schöne, fruchtbare Eiland mit seinem goldenen Ring, seinen grünen Wiesen und weidenden Viehherden, mit seinen gesegneten Äckern, seinen Kirchen und Mühlen, seinen stillen Dörfern und zerstreuten Bauernhöfen, seiner emsigen, tüchtigen, Gott und sich selbst vertrauenden Bevölkerung; dann verbarg sie sich wie weinend hinter die dichten Wolken, die für den Tag ihr ihre Herrschaft stahlen. Noch einmal läuteten die Kirchenglocken die gläubigen Christen zum Gottesdienst in die Kirchen — denn es war eben Sonntag. Noch einmal scharten sich die Schlachtopfer betend in den heimatlichen Gotteshäusern, stimmten noch einmal ein Loblied dem Herrn an, während der Donner schon über ihren Häuptern rollte, und der Regen in Strömen sich ergoss. Noch einmal sammelten sich die Familien an ihrem freien Eigentumsherd um den gefüllten Tisch in Frieden, nicht ahnend, dass es das letzte Mal sein würde. Da brach er los aus Südwest, der unglückliche Sturm, der Tausende vernichten und anderen Tausenden alles, nur nicht das arme, nackte Leben rauben sollte. Ich will nicht versuchen zu schildern das Gebrause des gegen den Abend und namentlich um 9 Uhr abends wie ein wütendes Ungetüm durch die Luft fahrenden Orkans, noch das donnerähnliche Getöse der gegen das Eiland rollenden, brechenden und endlich über die Deiche und durch dieselben stürzenden, die Erde weitaufreissenden Wellen, noch das Zittern der Werften und Heuberge im Wogendrange, noch das Gestöhn und Geächze der wankenden und fallenden Mauern und Balken oder das Schwirren und Pfeifen des mit dem Sturme fortfliegenden Daches, noch das Zischen und Leuchten des hier und da in diesem Weltuntergang ausbrechenden Feuers oder das Heulen der Sturmglocken, das Grabgeläute bei dieser grossen Beerdigung, noch das Angstgebrüll der sterbenden Tiere und am allerwenigsten die stillen Seufzer und Gebete der ertrinkenden Menschen. — Nach einer kleinen Stunde, um 10 Uhr abends, schreibt ein Augenzeuge, war alles vorbei; da hatte Nordstrand aufgehört zu sein; da waren mehr als 6.200 Menschen und 50.000 Stück Vieh dort ertrunken, da waren die Deiche der Insel an 44 Stellen durchbrochen, da lagen 30 Mühlen und mehr als 1.300 Häuser zertrümmert darnieder, da war vernichtet die Heimat und das Glück von mehr als 8.000 Menschen. Nur die festeren Kirchtürme ragten, obgleich auch beschädigt, aus diesem wilden Chaos, aus diesem grossen Kirchhofe wie kolossale Grabsteine hervor. Der kalte Nordwest hatte unterdes in der Nacht über die Trauerszene geweht, jedoch der Sturm sich allmählich gelegt. Nur 2.633 Menschen hatten diese Schreckensnacht, hatten den Untergang ihrer Heimatinsel überlebt, blickten aber jetzt trostlos auf die verödeten Land- und Häusertrümmer, auf die zerrissenen Deiche und das frei ein- und ausströmende erbarmungslose Meer, auf die im Wasser und Schlamm umherliegenden Menschen- und Tierleichen, auf die zerstörten oder verdorbenen Geräte und Vorräte, und vor allem auf den nahen Winter mit seinem Frost und Schnee, mit neuen Stürmen und Fluten und neuem Elend und auf ihr eigenes, nacktes Dasein inmitten dieser Wasserwüste und dieser wilden Elemente.
So vernichtend und zerstörend das Meer während der stürmischen Jahreszeit werden kann, so verläuft im Sommer die Fahrt in diesem durch Inseln und Sandbänke eingeschlossenen Wattenmeer gewöhnlich sehr ruhig und völlig gefahrlos. Hat das Dampfboot sich nun zwischen den Halligen durchgewunden, so erscheint die östliche Küste der Insel Föhr mit dem dicht auf dem erhöhten Ufer angebauten Flecken Wyk. Das Schiff kann hier bis unmittelbar an die Landungsbrücke fahren und brauchen die Passagiere nicht in einem Boote oder einem Wagen an das Land befördert zu werden. Die Möglichkeit an einer frei am Ufer gelegenen Brücke zu landen, ist sowohl ein Zeichen für das tiefe Fahrwasser als auch für die geschützte Lage und die hier im Ganzen herrschende Ruhe des Wattenmeeres. Bereits aus einiger Entfernung können die Reisenden eine hübsche Baumallee wahrnehmen, welche sich fast unmittelbar am Ufer hinzieht und durch den an der Wetterseite liegenden Ort Wyk geschützt ist. Am Ufer erblicken die Reisenden eine Menge Zelte, welche den Badegästen zum Aufenthalt dienen, deren Kinder am Strande spielen.
Mit wenigen Schritten erreicht man vom Schiffe aus das Land, begibt sich die kleine Treppe hinauf und befindet sich unmittelbar in Wyk.
Hotels: Das an der Strandallee schattig und hübsch gelegene Kurhaus, weiches an einen tüchtigen Wirt verpachtet ist, enthält im Parterre Säle zum Frühstück, Mittags- und Abendessen, Billard und Lesezimmer. Vor demselben spielt ein böhmisches Musikkorps zu bestimmten Tagesstunden; an einigen Abenden auch im Saale zum Tanze. Der erste Stock enthält komfortable Logierzimmer mit geräumigen Veranden. Weiter nördlich in der Nähe des Strandes, durch Terrassen und Gärten mit demselben verbunden, liegen die Gasthäuser von Redlefsen und Thomas. Die gut eingerichteten Logierzimmer bieten einen weiten Überblick über die See nach den Halligen und dem in der Ferne sich am Horizonte erstreckenden Festlande.
Wohnungen: Die Preise für Zimmer in den Privathäusern variieren je nach der Lage und Einrichtung zwischen 9 bis 21 Mk. wöchentlich. Der mittlere Preis in bester Lage, also am Strande, ist 15 Mk. In Privathäusern ist volle Beköstigung nicht zu erhalten, aber die Wirtsleute liefern gegen Erstattung der Auslagen das zum Frühstück und Abendbrot Erforderliche oder auch dieses selbst nach getroffener Übereinkunft.
Der Abonnementspreis der Table d'hote im Kurhause und den Hotels ist 2 Mk. 50 Pf., für Kinder die Hälfte, für Mittagsessen, in die Wohnung geliefert, bis 2 Mk. die Portion. In Witwe Hansens „Erholung“, wo auch Frühstück und Abendessen zu erhalten ist kostet der Mittagstisch 1 Mk. 80 Pfg., für Kinder
1 Mk., in Nanns „Schweizerhalle“ 1 Mk. 50 Pfg., für Kinder 1 Mk..
Kurtaxe. Von der Königl. Regierung ist eine Kurtaxe zur Bestreitung der erforderlichen Ausgaben festgesetzt, welche durch die Badekommission erhoben wird. Der einzelne Badegast hat 8 Mk., eine Familie von 2 oder 3 Personen 12 Mk., von 4 bis 5 Personen 16 Mk., von mehr als 5 Personen 20 Mk. zu bezahlen, nach dem 15. Septbr. ist nur die Hälfte dieser Taxe und nach dem Fortgange des Musikkorps keine mehr zu entrichten.
Bäder. Die im Jahre 1819 entstandene Seebadeanstalt, das Wilhelminenbad, liegt ungefähr 15 Minuten vom Badeorte entfernt, am südlichen Ufer der Insel und zwar östlich für Damen, westlich für Herren. Ein auf der Hälfte des Weges erbauter Pavillon gewährt Schutz gegen schlechtes Wetter. Die Badezeit ist unabhängig von Ebbe und Flut und dauert von morgens 6 Uhr bis nachmittags 1 Uhr. Die grossen und bequem eingerichteten Badekutschen werden durch Pferde in das Meer gezogen und nach beendigtem Bad, welches durch Aufziehen einer kleinen Fahne an der Badekarre angezeigt wird, wieder herausgefahren. Durch diese Einrichtung sind die Badenden so wenig wie möglich der rauhen Luft ausgesetzt und können schon in einer Entfernung von wenigen Schritten die nötige Tiefe finden. Da die Wellen meistens keine grosse Höhe erreichen, sind die im Wasser stehenden Badekutschen nicht der Gefahr ausgesetzt, umgeworfen zu werden. Die vom Westen und Norden täglich zwischen Amrum und Sylt in das Wattmeer einströmende Flut, welche sich durch die Wasserstrasse hindurchzieht, die Föhr von den gegenüber liegenden Halligen scheidet, bewirkt eine starke ab- und zuflutende Bewegung des Wassers am Föhrer Badestrande. Bei den kälteren Nord- und Nordwestwinden hemmen die benachbarten Inseln die Gewalt der eindringenden Wassermassen, während die wärmeren, südlichen Winde einen mässigen Wellenschlag erzeugen.
Preise der Bäder: Ein Billet zu den Seebädern kostet 1 M. Kinder bezahlen, wenn sie mit Erwachsenen oder zusammen baden, die Hälfte. Handtücher kann man für 10 Pf. täglich von dem Badepersonal am Strande erhalten.
Warme Bäder: In einem am Strandwall gelegenen Badehause werden während des ganzen Tages in sehr zweckmässig und elegant eingerichteten Badestuben warme Seebäder verabreicht.
Für ein warmes Bad bezahlt man 1 M. 50 Pf., für Regen-, Sturz- und Douchebäder, für jedes 75 Pf. und für ein Sitzbad 30 Pf.
Das Bad steht unter Aufsicht der Königl. Regierung. Eine Badekommission hat die Interessen der Kurgäste wahrzunehmen und die Kurtaxen zu verwenden. Bei dem Eigentümer der Badeanstalt, G. C. Weigelt, sind die Billets zu den Bädern zu erhalten; derselbe erteilt schriftliche Auskunft, versendet Prospekte des Bades und reserviert im Voraus Wohnungen. Badearzt ist Dr. Gerber in Wyk. Landschaftsarzt Dr. Hitscher in Nieblum auf Föhr ist täglich zu bestimmten Stunden in Wyk zu sprechen. Eine Apotheke ist im Orte.
Kinderhospiz. Da Wyk auf Föhr den Ruf besitzt, ein Nordseebad für Familien mit Kindern zu sein, hat der Verein für Gründung von Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten unter dem Protektorate I. I. K. K. Hoheiten des Kronprinzen und der Frau Kronprinzessin hier mit dem Bau eines Kinderhospizes begonnen und ein solches für 60 Kinder unbemittelter Eltern eingerichtet. Ausserdem finden Kinder, welchen krankheitshalber ein längerer Aufenthalt an der See verordnet ist, bei dem Badearzte, Dr. Gerber, Aufnahme und Behandlung. Für schwächliche Kinder hat die Institutsvorsteherin, Fräulein Sophie Stuhr, ein Pensionat errichtet, in welchem die Kinder unter der ärztlichen Aufsicht des Dr. Gerber stehen und auf Wunsch in allen Schulfächern, Handarbeiten und Musik unterrichtet werden. Die zu diesem Zwecke besonders gebaute und eingerichtete Anstalt liegt am Sandwall nahe am Strande und an der zu den Bädern führenden Promenade. Die Kinder werden im Strandzelte und beim Baden von der Vorsteherin und einer Kindergärtnerin beaufsichtigt. Der Pensionspreis beträgt exkl. Wein, Bädern und ärztlichem Honorar von Anfang Mai bis Ende Oktbr. 125 Mk., im Winter 140 Mk. pro Monat.
Ein Vorzug des Badeortes Wyk ist, dass die Wohnungen dem Strande unmittelbar nahe liegen. Die Beaufsichtigung der am Ufer spielenden Kinder kann daher von den Wohnungen oder von den Zelten aus geschehen, die hier aufgestellt sind und Schutz vor Wind und Sonne bieten.
Ortsbeschreibung. Durch den in früheren Jahren häufigen Aufenthalt des Königs von Dänemark ist Wyk verhältnismässig sehr in Aufnahme gekommen, so dass der Ort mit den nach den Bränden von 1857 und 1869 ganz neu erbauten Häusern einen sehr freundlichen Eindruck macht. Die Bewohner, deren Zahl sich auf über 1.000 in 200 Gebäuden beläuft, treiben Handel, Schifffahrt und Ackerbau. Eine telegraphische Verbindung ist seit 1865 mit dem Festlande hergestellt.
Die Gelegenheit zu längeren oder kürzeren Segelfahrten ist hier sehr günstig, indem an der Schiffbrücke, wo die Reisenden gelandet sind, eine Anzahl hübscher und gut geführter Ruder- und Segelboote liegen, mit welchen die Badegäste Fahrten nach den Halligen oder Jagdpartieen machen.
Das an manchen Stellen mit feinem Geröll bedeckte südliche Ufer der Insel Föhr, hinter dessen oberen, schroff abfallendem Rande des hoch gelegenen Geestlandes die Gersten- und Buchweizenfelder sichtbar sind, wird am Nachmittage, wenn das Baden beendigt ist, wenig besucht, indem sich das gesellige Leben auf den Strand unmittelbar vor den Häusern konzentriert. Ausserdem werden Spaziergänge in die Umgegend, z. B. nach den Restaurationsgärten in Boldixum oder Nieblum gemacht. Bei einem solchen Gange durch die freundlichen Dörfer würde man glauben, sich auf dem Festlande zu befinden, wenn nicht der gelegentliche Blick auf das Meer, welches jedoch nur von kleinen Küstenfahrzeugen belebt ist, an die Insel erinnerte.
Den Hauptteil des Ortes bildet die auf etwas erhöhtem Ufer sich hinziehende Häuserreihe hart am Strande, zum Teil hinter einer doppelten Baumreihe gelegen, zum Teil durch kleine Gärten unmittelbar mit dem Strande verbunden. Die übrigen, durchgehends breiten Strassen münden meist in diese Allee, den sogen. Sandwall, so dass die Entfernung von der See überall nur eine geringe ist. Dieser Baumwuchs ist hier möglich, weil sich das Ufer gegen Südosten kehrt, also den Seewinden nicht ausgesetzt ist.
In nördlicher Richtung vom Sandwall gelangt man zu dem 1806 angelegten Hafen Wyks. Derselbe ist einer der sichersten und besten Häfen für kleine Fahrzeuge. Hier beginnen die Seedeiche, welche zum Schutz der nördlichen Hälfte Föhrs, die aus tief gelegenem Marschlande besteht, aufgeführt sind. Letzteres ist reiches Wiesen- und fettes Weideland, mit Gräben durchzogen, an welchen sich Strand- und Brachvögel aufhalten. In westlicher Richtung vom Hafen befinden sich hübsche Parkanlagen.
Geht man auf dem Deiche in nordöstlicher Richtung weiter, so kommt man zu den sogen. Entenkojen, in welchen verschiedene Arten wilder Enten auf ihren Zügen im Spätsommer gefangen werden. In dieser Zeit, welche gegen Mitte August beginnt, ist der Besuch der Vogelkojen nicht mehr gestattet, indem die Enten durch die Nähe der Menschen verscheucht werden. Eine solche Koje wird an einem Teiche, welcher mit dichtem Buschwerk umpflanzt und mit Wall und Graben umgeben ist, angelegt. Von dem Mittelpunkte dieses Teiches erstrecken sich nach verschiedenen Richtungen Kanäle, an deren Seiten Holzwände koulissenartig aufgestellt sind, hinter welchen Futter gestreut ist. Die Kanäle sind zum grössten Teil mit Netzen überdeckt und werden gegen das Ende hin schmaler. Schliesslich laufen sie in eine Spitze aus, welche durch ein langes, mit hölzernen Ringen offen gehaltenes Fischnetz gebildet wird. Die wilden Enten werden auf ihren Wanderungen durch das freundliche Grün des Buschwerks herbeigezogen und von zahmen Lockenten, welche in diesen Kojen gehalten werden, in die Kanäle gelockt. Sind die Enten in einen Kanal hineingeschwommen, so nähert sich der Wärter dieser Stelle mit dem. Rauchfass, in welchem Torf gebrannt wird, um dadurch den Enten seine Annäherung zu verbergen; dann tritt er rasch hinter der Koulisse hervor und treibt die Enten, welche des darüber gespannten Netzes wegen nicht in die Höhe fliegen können, in das enge Netz hinein, wo sie nicht mehr zu entweichen vermögen. Wird nun das Netz zugezogen, so ist der ganze Schwarm darin gefangen. Die zahmen Enten sind derartig abgerichtet, dass sie beim Beginn des Treibens ruhig aus dem Kanale nach dem offenen Teiche schwimmen, um demnächst neue Opfer herbeizulocken. Die in den Netzen gefangenen Enten, unter denen sich auch manche andere Zugvögel befinden, werden getötet und meistens frisch per Post verschickt, ausnahmsweise auch in Essig gekocht und in Tonnen verpackt und weithin exportiert. In einer solchen Koje sind schon etwa 15.000 Enten während eines Jahres gefangen, so dass der Jahresertrag der fünf Entenkojen, welche jetzt auf Föhr existieren, durchschnittlich 60 bis 75.000 Stück beträgt.
Von Wyk führt ein Fahrweg nach dem westlichen Teile der Insel, der sich so ziemlich auf der Grenze des Marsch- und Geestlandes hält. Ersteres bildet die nördliche, letzteres die südliche Hälfte Föhrs. Die Ortschaften, deren 16 auf der Insel existieren (Wyk, Boldixum, Wrixum, Oevenum, Midlum, Alkersum, Nieblum, Mittelberg, Goting, Borgsum, Witzum, Heddehusum, Uettersum, Duntzum, Süderende und Klintum, zusammen mit über 5.000 Einwohnern), liegen zum Teil dicht neben einander und erscheinen alsdann wie eine fortlaufende Reihe mit Buschwerk und Bäumen umgebener Höfe. Die Felder auf dem von der Mitte der Insel in sanfter Steigung nach dem südlichen Strande höher werdenden Geestlande sind nicht wie in Schleswig und Holstein mit Wällen und Knicken eingefasst, sondern werden wie im Innern Deutschlands, durch schmale Raine und Feldwege von einander getrennt. Eigentümlich ist die Tracht der Frauen, wenn sie auf den Feldern arbeiten, indem sie das Gesicht fast ganz mit Tüchern verhüllen, so dass nur die Augen sichtbar bleiben. Sämtliche Ortschaften sind in drei Kirchspiele, St. Nicolai, St. Johannis und St. Laurentii eingepfarrt, doch liegen die im altenglischen Stile erbauten Kirchen nicht im Dorfe, sondern eine kurze Strecke davon entfernt. Von der See aus gesehen dienen die drei Türme der Insel Föhr durch die Stellung derselben zu einander den Schiffern als Zeichen für den Kurs. Die St. Johanniskirche bei Nieblum besitzt mehrere Altertümer. In der Nähe dieser Ortschaft, nicht weit vom südlichen Strande, liegen Hünengräber, die meist noch ungeöffnet sind. Nordwestlich von Nieblum bei Borgsum erhebt sich ein Erdwall oder eine Schanze, die Burg genannt. Ganz am westlichen Ende Föhrs ist der am Meere aufgeführte Deich durch ein Mauerwerk von Steinen geschützt, weshalb derselbe den Namen Steindamm erhalten hat. Von hier aus sind die Dünen der Südspitze Sylts, sowie die.der Insel Amrum deutlich zu erkennen.
Im mittleren Durchmesser hat Föhr von Süden nach Norden ungefähr eine geographische Meile und von Osten nach Westen etwas über 1½ geogr. Meilen.
Die Insel wird an der Südküste von dem Seegat Norderaue begrenzt, welches durch die Reuter- und Schmaltiefe mit der Nordsee in Verbindung steht. In östlicher Richtung beträgt die Entfernung von der äussersten Spitze der Insel, Näshörn genannt, bis zur gegenüber liegenden Kooge des Festlandes nicht ganz eine geogr. Meile. Zwischen der Nordostküste Föhrs und dem Festlande erstreckt sich das Fahrwasser der Föhrerlei, welches sich in nordwestlicher Richtung bis zur Föhrertiefe hinzieht und ungefähr in der Entfernung einer halben geogr. Meile an der Nordküste Föhrs sich westlich bis zur Vortrapptiefe ausdehnt. Im Westen und Südwesten wird Föhr durch die Amrumertiefe von der Insel Amrum getrennt, welche man bei Ebbezeit von Föhr aus zu Wagen erreichen kann. Ausserdem werden häufig Segelpartien nach dieser Insel gemacht und der dort erbaute Leuchtturm besichtigt. Derselbe liegt an dem südlichen Teile der Insel auf einer Düne, so dass dessen Blinkfeuer aus einer Höhe von 63 Meter auf 21 Seemeilen Entfernung sichtbar ist. Der Turm allein ist 42 Meter hoch. Auf Amrum leben in drei Ortschaften: Norddorf, Nebel mit der Kirche und Süddorf etwa 800 Einwohner, die sich vielfach mit dem Austernfange beschäftigen und oftmals einen Ertrag von 8.000 Tonnen a` 1.000 Stück erzielen. Die Frauen haben eine kleidsame Nationaltracht. Die Insel hat eine Länge von beinahe 1½ Meilen bei einer Breite von fast einer halben Meile; sie besteht an der Ostseite aus magerem Geestlande und einigen sumpfigen Wiesen. Der grösste Teil der Insel an der Westseite wird von Sanddünen bedeckt, vor denen sich der Strand weit hinaus erstreckt. Die Fortsetzung des Strandes an der Westküste wird der Kniepsand genannt. Wegen der vielen Riffe und Sandbänke, die sich bis zur Insel Sylt ausdehnen, ist das Fahrwasser hier nicht ohne Gefahren und sind deshalb auf Amrum an zwei verschiedenen Stellen Rettungsstationen angelegt.
Nachdem die 1869 errichtete Rettungsstation Steenodde aufgegeben worden ist, ist 1881 als Ersatz dafür die Südstation etabliert. Der Schuppen ist ein Rohbau aus Backsteinen, hat Hellingvorrichtung und steht am Fusse der weissen Düne auf dem Südende der Insel. Ausgerüstet ist diese Station mit einem 8,4 m langen, 2,55 m breiten und 0,83 m tiefen deutschen Normal-Rettungsboot aus kanelliertem Eisenblech (Francis Patent), weiches, mit Stechschwert versehen, sowohl zum Segeln als zum Rudern eingerichtet ist.
Nördlich von der Station Kniephaven ist 1876 noch eine Bootsstation errichtet worden: die Station Amrum-Nord. Der Schuppen ist ebenfalls massiv gebaut und enthält wie Station Amrum-Süd ein heizbares Zimmer für gerettete Schiffbrüchige. Das hier stationierte Boot ist gleichfalls aus kanelliertem Eisenblech gebaut, 6,7 m lang und 2,00 m breit und steht auf einem leichten Transportwagen, auf welchem es am Strande entlang in die Nähe der Strandungsstelle gefahren werden kann.
Wenn die Ebbe und Flut richtig benutzt wird, kann eine Fahrt nach Amrum in einem Tage ausgeführt werden, sonst muss man in einem der Dörfer auf der Insel übernachten. Die Sandbänke auf den Wattenfeldern in der Nähe Föhrs bieten Gelegenheit zur Seehundsjagd, welche hier oftmals mit günstigem Erfolge unternommen ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Nordsee-Inseln an der deutschen Küste nebst ihren Seebade-Anstalten