c) Nahrung, Feinde, künstliche Versetzung.

Die Heringe nähren sich von Fischrogen, von Seegewürme, von kleineren Fischen, besonders von einer kleinen Art Krebse (Astacus Harengum), die in Norwegen Aat, Rod-Aat genannt wird. Diese Krebse, oder, wie sie von älteren Schriftstellern genannt werden, roten Würmer, füllen die Buchten von Norwegen dermaßen an, dass das Wasser rot gefärbt zu sein scheint. Nach PONTOPPIDAN sind sie so klein als eine halbe Stecknadel, und so dünne als die feinste Seide. Dieses Insekt soll, nach älteren Nachrichten, in den Eingeweiden des Herings eine Fäulnis und gänzliche Auflösung verursachen; allein nach neueren Beobachtungen sollen diese Krebse unschädlich sein, und die Därme der Heringe mit einer roten Materie anfüllen, die von den roten Augen des Krebses herrührt, und welche, wenn man den Bauch derselben drückt, wieder von ihnen geht. In diesem Zustande sind die Heringe nicht krank, wie man sonst glaubte, sondern sie nehmen bloß beim Einsalzen das Salz nicht gut an, weil diese kleinen Tierchen eher in Fäulnis übergehen, als die Heringe vom Salz durchdrungen werden.

Wegen des ansehnlichen Verlustes, welchen diese Würmer dem Heringsfang zufügen, müssen, nach dem Inhalt einer königl. dänischen Verordnung, die rotbauchigen Heringe (Aal-Sild) ein paar Tage nachdem sie gefangen worden sind im Garn bleiben, um, wie es heißt, in der Zwischenzeit die Würmer von sich zu geben; indem sich alsdann das Aat von selbst verzehrt, und der Fisch durch Hunger wieder rein wird. Die Fischer behaupten, dass die Heringe auf ihren Heerzügen einen eigenen König hätten, welcher fast drei Viertels-Ellen lang, am Kopfe goldfarbig; an den Floßfedern und am Schwanz blutrot sei, einen glänzend rötlichen Körper und auf dem Rücken schwarze Flecken habe, aber nicht gefangen, noch weniger getötet werden dürfe, wenn nicht ihr Heringsfang den größten Schaden leiden sollte. Man nennet diesen Heringskönig Roddes Harengs; im Holsteinischen, den Stuem oder Sturmfisch; und ANDERSON und MARTIUS halten dafür, dass sich diese Meinung auf Tradition gründe; PONTOPPIDAN aber hält sie für Aberglauben. Nach neueren bessern Erfahrungen ist der Heringskönig eine bloße Abart von den gewöhnlichen Heringen, von denen er sich weniger durch seine Größe als vielmehr dadurch unterscheidet, dass er einen goldfarbenen Körper hat, welcher in den Augen und an den Kiefern ins Hochrote spielt; der Rücken ist hochblau, der Bauch silberfarben, und der After rot und hervorstehend. Die Flossen sind, bei dem Männchen, orange- oder goldfarben; bei dem Weibchen aber, blässer, und die Schwanzflosse ist grau.


Der größte Feind, welcher den Hering verfolgt, ist der Eiswalfisch oder Nordkaper, welcher sie zu tausenden verschlingt, und die Vögel, welche auf sie herabschießen, worunter die Herings-Meve (Larus fuscus) der vorzüglichste ist, welche daher auch den Fischern zum Zeichen dient, wo die Heringe sich aufhalten, und wo sie ihre Netze auszustellen haben. Denn ist ihr Flug hoch, so steht der Hering tief; im entgegengesetzten Falle schwärmen sie nahe an der Oberfläche des Wassers hin. Bei heißer Witterung hält sich der Hering in der Tiefe auf, und dann können diese Vögel nicht als Kundschafter gebraucht werden; daher denn auch der Fang schlecht ist.

Der Hering lässt sich in süße Gewässer versetzen, wie dieses schon die erwähnten Versuche in Schweden hinlänglich bekräftigen.*) Auch kann er durch den Rogen fortgepflanzt werden, wovon KALM **) ein merkwürdiges Beispiel erzählet, das FRANKLIN ihm selbst mitteilte. Dieser hatte unweit Cambridge in Massachusets einen Fluss mit Heringen besetzt, indem er Blätter, worauf sich ihr Laich befand, hineinwarf, und dadurch bewies, was Naturkundige immer bezweifelten, dass der Hering auch im frischen Wasser gedeihe.***)

*) Abhandl. der schwed. Akad. 10ter B.
**) PETER KALMS Reise, 2ter Teil, S. 432.
***) Jüngsthin hatte NOEL in der philomatischen Gesellschaft in Paris eine interessante Abhandlung über die Ansiedelung der Heringe in der Seine vorgelesen, wo man einen künstlichen See zwischen zwei Inseln anbringen, und auf Kähnen, wie die Holländer für den Transport der frischen Kabeljaue brauchen, die junge Brut einführen sollte. Er zeigt bei dieser Gelegenheit, dass sich ähnliche Verpflanzungen mit der Brasse, der Sardelle und dem Stint versuchen, und die besten Erfolge davon versprechen ließen. Schon Lacepède hat über die Wanderungen und Verpflanzungen der Fische ein treffliches Mémoire geschrieben, das auch unsern Ökonomen bekannt zu werden verdiente.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Natur- und Handelsgeschichte des Herings.