Das Beinkleid

Am geringsten war die Veränderung, welche das Beinkleid durchgemacht hat. Man schloss es vorn durch einen Latz, was man in Frankreich „au pont“ oder „à la Bavaroise“ nannte. Die beiden Schlitze rechts und links suchte man durch zwei Uhrketten zu verstecken, an denen viele Berlocks hingen. Beim Gehen hatte der Träger darauf zu achten, dass Ketten und Anhänger ein liebliches Klingeln hören ließen.

Man konnte im Hervorbringen desselben in Paris eigenen Unterricht nehmen. Gleichzeitig versuchte man, an Stelle dieser zweischlitzigen Klappe einen Schlitz einzuführen, eine Form, die in Spanien zum Gegenstand der Verfolgung von selten der Inquisition gemacht wurde. Man verbot solche Beinkleider, bestrafte nicht nur die Träger, sondern auch die Schneider, die sie machten. Als alles nichts half, bediente sich der Großinquisitor von Spanien desselben drastischen Mittels, welches einst ein Pariser Kürschner mit Erfolg angewendet hatte, um den Herren das Tragen von Muffen aus Stoff statt solcher aus Pelzwerk zu verleiden. Dieser hatte eine prachtvolle, reich besetzte Muffe aus Sammet anfertigen lassen und schenkte sie dem Henker mit der Bedingung, sie bei der nächsten Hinrichtung auch öffentlich zu tragen. „Monsieur de Paris“ tat das mit Vergnügen und da kein anständiger Mensch das tragen konnte, was der Henker trug, waren die Stoffmuffen von dem Tage an für die Pariser eleganten Herren erledigt.


Man griff, wie gesagt, in Spanien zu dem gleichen Mittel und ließ einen Erlass an die Kirchtüren anschlagen, der das Tragen von Hosen mit Schlitz dem — Henker — erlaubte! Friedrich der Große griff zu nicht minder drastischen Mitteln, wenn er den Herren vom Hofe eine Mode verleiden wollte. 1770, als die großen Herrenmuffen Mode waren, sah er in seinem Vorzimmer ein schönes Exemplar liegen, das einem Herrn von Kameke gehörte. Er nahm die Muffe und warf sie in das Kaminfeuer, damit waren sie bei Hofe aus der Mode.

Die Kniehose blieb dabei halbweit. Erst nach 1780 wurde es Mode, sie ganz enganliegend zu tragen, so dass sie die Schenkel deutlich modellierte. „Der Herr steckt darin wie in einem Handschuh“, schreibt Mercier. „Adam war mit einem Feigenblatt bedeutend anständiger gekleidet.“ Dies war eine Mode, welche der Papst im Gebiete seiner weltlichen Macht alsbald verbot. Der Herzog von Artois trug sie so eng, dass er sie nur anlegen konnte, wenn er in das Kleidungsstück, das mehrere Bediente halten mussten, von oben hineinsprang. Von dem Herzog von Guines erzählt der Herzog von Levis, dass er sich zu jedem Anzug zwei Paar Beinkleider machen ließ, eins, in dem er sitzen konnte, ein anderes, in dem das nicht möglich war. Kaiser Alexander I. von Russland konnte sich, wie die Gräfin Potocka erzählt, nicht setzen aus Furcht, die Hosen zu zerplatzen. Hosenträger, wie die Herren sie heute tragen, kamen erst 1792 allgemein auf. Vorher bedienten sich nur Greise und Kinder derselben.
203. Magasin des Modes 1787

203. Magasin des Modes 1787

204. Heideloff-Stadler, Carl Eugen, Herzog von Württemberg

204. Heideloff-Stadler, Carl Eugen, Herzog von Württemberg

205. André Vincent, Kreidezeichnung

205. André Vincent, Kreidezeichnung

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