Die Spitzen und Wäsche

Der Luxus in der Wäsche erstreckte sich nicht, wie heutzutage, auf den häufigen Wechsel derselben. Der Kurfürst von der Pfalz z. B. gab seiner Tochter, die den Bruder Ludwigs XIV., den Herzog von Orleans, heiratete, nur sechs Tag- und sechs Nachthemden in ihren Trousseau, genug, wenn man, wie Scarron von den Damen seiner Zeit sagt, gewohnt ist, nur einmal im Monat das Hemd zu wechseln.

Die achtzigjährige Marquise von Coislin äußerte sich einmal sehr ungehalten zu Chateaubriand über ihre Kammerjungfer, die ihre Wäsche so oft wechsle. „Was hat das für einen Sinn“, sagte sie, „zu meiner Zeit hatten wir nur 2 Hemden, die man erneuerte, wenn sie verbraucht waren. Aber wir trugen dafür seidene Roben.“


Fürst Khevenhüller stellte fest, dass sich in der Ausstattung der Erzherzogin Josepha 1767 zwar 90 seidene Kleider befanden, aber nur wenige und schlechte Wäsche. „Ich war sehr schlecht ausgestattet nach Russland gekommen“, schreibt Katharina II. in ihren Memoiren, „ein Dutzend Hemden war meine ganze Wäsche.“ Man legte mehr Wert darauf, dass die Wäsche kostbar ausgestattet, als dass sie sauber war. Kaum eine Zeit war z. B. in der Verwendung von Spitzen so verschwenderisch wie das 18. Jahrhundert. Man trug sie nicht nur als Besatz an Kleidern und Leibwäsche, man garnierte auch die Bettwäsche damit Madame de Crequy besucht einmal die Herzogin de la Ferte und findet sie in einem Bett, dessen Spitzengarnitur 40.000 Taler gekostet hatte.

Die Marquise von Pompadour besaß ein Spitzenkleid von points d' Angleterre, das ihr 22.500 Francs (etwa 60.000 M.) gekostet hatte. Die Spitzenmantillen, mit denen man den Ausschnitt bedeckte, waren ebenfalls kostspielige Artikel, man bezahlte sie mit 100 Dukaten und mehr. Im Trousseau der französischen Prinzessin, die 1739 den Infanten von Spanien heiratete, befanden sich für 625.000 Francs Spitzen und noch 1786 schreibt Swinburne aus Paris, dass man im Trousseau jeder vornehmen Braut allein an Spitzen für etwa £ 5.000 finden könne. In Baden war es 1739 guter Ton, für beide Geschlechter die spitzenbesetzte nasse Wäsche zum Trocknen vor seinem Fenster aufzuhängen, dazwischen promenierte dann die elegante Welt und bewunderte die ausgebreiteten Herrlichkeiten. Viele konnten sich von ihren Spitzen nicht trennen. Aurora v. Königsmarck nahm ein Vermögen an Spitzen in den Sarg mit, ebenso wie der Herzog von Alba, der 1739 in Paris mit allen seinen Spitzen begraben wurde.

In England war man nicht weniger toll auf Spitzen wie in Frankreich und anderswo. Die Königin Anna gab z. B. im Jahr 1712 für Spitzen £ 1.418 aus. Ein Kopfputz aus Points de Bruxelles kostete 1719 £ 30-40. Auf zwei Millionen Pfund Sterling berechnete man im Durchschnitt die jährliche Einfuhr an flandrischen, französischen und italienischen Spitzen. Aus patriotischen Rücksichten begann man unter der Regierung Georgs II. die englischen Spitzen zu bevorzugen. Bei der Hochzeit des Prinzen von Wales 1736 trug die ganze Hofgesellschaft ausschließlich Spitzen englischen Ursprungs, nur der Herzog von Malborough machte eine Ausnahme, er trug Brüsseler Kanten.

Eine der berühmt schönen Misses Gunning, Anna Herzogin von Hamilton, seit 1759 Herzogin von Argyll, führte in den vierziger Jahren die Spitzenfabrikation in Schottland ein. Regierung und Private wetteiferten darin, die heimische Produktion in Flor zu bringen. Unnachsichtlich wurden ausländische Spitzen konfisziert. So revidierte die Steuerbehörde drei Tage vor der Hochzeit der Prinzessin Auguste mit dem Herzog von Braunschweig die Werkstätte der Hofmodistin und nahm ohne Barmherzigkeit die fertigen Galakleider fort, soweit sie mit ausländischen Spitzen oder anderen geschmuggelten Artikeln besetzt waren. Auf der Straße riss man den Frauen aller Stände Hauben und Besätze weg.

In Dublin verbanden sich 1755 die jungen Herren zu einem Verein, welcher alle Damen, die französische Spitzen tragen würden, boykottieren wollte. Seit 1756 die Blonde auftauchte, 1768 Hammond in Nottingham eine Maschine erfand, welche den Tüll — den man zuerst Fond de Bruxelles nannte — auf mechanischem Wege herstellte, kommt die Spitze allmählich außer Mode. Die indischen Musseline verdrängen sie wenigstens aus der Toilette, denn als Besatz der Bettwäsche bleibt sie in Ehren. Als 1778 Georg III. und die Königin Charlotte das Töchterchen des Herzogs von Chandos aus der Taufe hoben, da war der kleine Täufling so in Spitzen eingehüllt, dass er während der Zeremonie in seinem Tragkissen erstickte. Die Ehre der königlichen Patenschaft hatte „Georgiana Carolina“ das Leben gekostet.
169. Gallerie des Modes

169. Gallerie des Modes

170. Chodowiecki, Friedrich der Große, die Parade abnehmend, 1777

170. Chodowiecki, Friedrich der Große, die Parade abnehmend, 1777

alle Kapitel sehen