Das Porträt

Die Porträtkunst als solche hat vielleicht nie größere Triumphe gefeiert als im 18. Jahrhundert. Das Erbe der großen Meister des 16. und 17. Jahrhunderts trug ihr Wucherzinsen in der glänzenden Vollendung der malerischen Technik.

Dazu in beiden Geschlechtern Objekte, die nicht bedeutend, sondern schön sein wollten, wo die Alten sich rosig schminkten, um jung, und die Jungen sich weiß puderten, um alt zu scheinen, wo Herren und Damen in der Sorgfalt der Toilette, im Reichtum der Kleidung sich selbst wie Kunstwerke zurechtmachten.


Der Erscheinung dieser überfeinerten Gesellschaft, deren Raffinement für ein so ganz anders geartetes Geschlecht wie das unsere immer einen Beigeschmack des Perversen behält, hat die Bildniskunst um so größeren Charme zu leihen gewusst, als sie den größten Wert auf die Wiedergabe der Kleidung legte. Die Menschen jener Zeit waren weit entfernt von jener blöden Biedermeiermeinung, die das Äußere gering schätzt, um das Wissen zu überschätzen.

Sie wussten recht wohl, dass viel Lernen reine Popo-Arbeit sei, die jeder Esel auch leisten kann, dass aber nur ein kultivierter Mensch imstande ist, sich gut anzuziehen. Sie verlangten daher mit Recht, sorgfältig gemalt zu werden. Sie waren überzeugt, dass Kleider nicht nur einen wesentlichen, sondern in den meisten Fällen auch den besten Teil der Menschen ausmachen. So sehen wir denn, dass in den Gemälden wie in den Stichen ein fabelhaftes Können verschwendet wird, um den Glanz von Atlas und Seide, den Schimmer des Sammets, die Wärme des Pelzwerks, die zarte Musterung der Spitzen, das Feuer der Juwelen in einer stupenden Weise wiederzugeben. Und zu dem Aufwand, den die Malerei in Öl- und Wasserfarben, den Miniaturen, Schwarzkunstblätter und Farbstiche treiben, tritt, eine neue Technik, das Pastell.
088. L. Tocqtie, Kaiserin Elisabeth von Russland

088. L. Tocqtie, Kaiserin Elisabeth von Russland

089. William Hogarth, Selbstbildnis, 1738

089. William Hogarth, Selbstbildnis, 1738

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