Malerei
Auf diesem Wege, der sie aus freiester Ungebundenheit in Malerei die Enge akademischer Bevormundung führte, wird die Architektur von den Schwesterkünsten Malerei und Bildhauerei getreulich begleitet.
Das Jahrhundert, welches die Malerei mit Watteau beginnt, beendet sie mit David. Antoine Watteau ! Klingt der weiche Schmeichellaut des Namens nicht wie ein Zauberwort, ein „Sesam, öffne dich!“, das den Eintritt in selige Gefilde erschließt, wie ein Wegweiser nach Cythere? Bei seinem Klang erstehen vor unserem Auge alle jene anmutvollen Bilder ungetrübten Glücks, wo unter ewig blauem Himmel Schäfer und Schäferinnen kosen, wo holde Unschuld und verführerische Sinnlichkeit miteinander tändeln, wo die murmelnde Quelle und der leise Zephyr wie in der gleichen süßen Melodie die Sprache der Liebe reden.
Eine Welt der Schönheit und der Freude, die Heimat der Sehnsucht, jeder Atemzug ist Heiterkeit und Lust, unter dem Lächeln ihrer Sonne erblüht dem Wunsch auch die Erfüllung, denn die rohe Wirklichkeit ist verbannt und die hässliche Wahrheit! Eine schmeichelnde Kunst, Zufluchtsort für die von allen Genüssen überreizten Sinne einer ermüdeten Gesellschaft, deren raffinierter Kultur sie eine ebenso verfeinerte Natur entgegenstellt, Bauern und Bäuerinnen, Schäfer und Schäferinnen, aber in Seide und Spitzen mit Puder und Parfüm. Zeigt uns Watteau den Geist seiner Zeit im heiteren Gleichmaß eines Genusses, den eine schönheitsdurstige Ästhetik im Zaume hält, so malt ihn Boucher im Chanipagnerrausch der Lust unter dem Stachel zügelloser Sinnlichkeit. Er male Götter oder Sterbliche, Wesen der Erde oder der Fabel, Menschen oder Tiere, immer geilt die Wolllust durch ihre Adern und buhlt aus ihren Blicken. Seinen Göttinnen und Menschen ist die Nacktheit nur ein kokettes Spiel der Entkleidung, ihre Haltung ist schmachtend, ihr Lächeln zweideutig, sie stammen aus Paphos und wollen eben dahin zurück. Boucher ist der Maler der lüsternen Grazien, die Wirkung, auf die er ausgeht, der Kitzel der Sinne.
Dadurch ward er zum Abgott seiner blasierten Zeitgenossen. Ebenso fruchtbar wie vielseitig hat er allem, was mit der Kunst der Zeit zusammenhing, seinen Stempel aufgedrückt. Mit ihm ging die frivole Zeit zu Grabe, denn als er starb, war die Tugend in der Mode, anständig zu sein war guter Ton und die Schwelgereien Bouchers wurden durch die programmatische Tugendlangweilerei eines Greuze verdrängt. Wie in Boucher das übersteigerte Glücksgefühl des Rausches zum Ausdruck kommt, so stimmt der Engländer Hogarth sein Werk auf die Ernüchterung. In langen Bilderfolgen schildert er die Ehe nach der Mode, den Lebenslauf einer Dirne und andere Vorwürfe von der Schattenseite der Gesellschaft.
Wo die Gegensätze von Gut und Böse in der sozialen Welt so unvermittelt neben einander lagen, bedurfte es für einen Künstler wie Hogarth nur einer unmerklichen Korrektur der Wirklichkeit, um aus ihren barocken äußeren Formen die Karikatur zu machen, um die Lüge ihrer Zustände mit grellem Hohn zu beantworten. Hogarth entstellt seine Zeit wie im Zerrspiegel, eine bittere Simplizissimusstimmung spricht aus allen seinen Bildern. Wahr, aber mit Liebe gesehen, erscheint uns dagegen das 18. Jahrhundert, betrachten wir es in den Werken von Chardin oder Chodowiecki.
Da wird die ganze putzige Gegenständlichkeit der Perückenzeit wieder lebendig, jugendlicher Ungestüm im Haarbeutel und zarte Tugend im Reifrock, der gravitätische Ernst einer Zeit, die gar zu gern klassisch sein wollte und der der Zopf doch hinten hing! Zumal ist uns Chodowiecki, der bis in sein hohes Alter rastlos fleißig war und die Lebensäußerungen mehrerer Generationen mit seinem Stift begleitet hat, nichts von alledem schuldig geblieben, was die Urgroßväterzeit interessant machen kann. Er zeigt uns nicht nur ihre Wesenheit in der äußeren Erscheinung, er schildert uns auch die Form ihres Verkehrs, den Ausdruck ihrer Gefühle und die Anschauungen, in denen sich ihr Geist bewegte.
Chodowiecki ist kein großer, aber ein überaus sympathischer Künstler, einer von den guten Beobachtern mit scharfem Blick. Er weiß die trockene Anmut des Lebens und der Sitten seiner Zeit mit einer hausbackenen Ehrlichkeit aufzufassen und wiederzugeben, die etwas Rührendes hat. Sein Oeuvre, das mehr als 2000 Blätter umfasst, vermittelt eine Kenntnis der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die man von den Schöpfungen der großen Kunst damaliger Zeit nicht erwarten darf. Während Chodowiecki seine Blättchen schuf, kommandierte ja in der großen Kunst die Antike und überschrie den matten Widerspruch der eingeschüchterten Naturalisten, die sich mit ihrer Freude an Leben und Wirklichkeit auf die bescheidene Enklave des Porträts beschränkt fanden.
Das Jahrhundert, welches die Malerei mit Watteau beginnt, beendet sie mit David. Antoine Watteau ! Klingt der weiche Schmeichellaut des Namens nicht wie ein Zauberwort, ein „Sesam, öffne dich!“, das den Eintritt in selige Gefilde erschließt, wie ein Wegweiser nach Cythere? Bei seinem Klang erstehen vor unserem Auge alle jene anmutvollen Bilder ungetrübten Glücks, wo unter ewig blauem Himmel Schäfer und Schäferinnen kosen, wo holde Unschuld und verführerische Sinnlichkeit miteinander tändeln, wo die murmelnde Quelle und der leise Zephyr wie in der gleichen süßen Melodie die Sprache der Liebe reden.
Eine Welt der Schönheit und der Freude, die Heimat der Sehnsucht, jeder Atemzug ist Heiterkeit und Lust, unter dem Lächeln ihrer Sonne erblüht dem Wunsch auch die Erfüllung, denn die rohe Wirklichkeit ist verbannt und die hässliche Wahrheit! Eine schmeichelnde Kunst, Zufluchtsort für die von allen Genüssen überreizten Sinne einer ermüdeten Gesellschaft, deren raffinierter Kultur sie eine ebenso verfeinerte Natur entgegenstellt, Bauern und Bäuerinnen, Schäfer und Schäferinnen, aber in Seide und Spitzen mit Puder und Parfüm. Zeigt uns Watteau den Geist seiner Zeit im heiteren Gleichmaß eines Genusses, den eine schönheitsdurstige Ästhetik im Zaume hält, so malt ihn Boucher im Chanipagnerrausch der Lust unter dem Stachel zügelloser Sinnlichkeit. Er male Götter oder Sterbliche, Wesen der Erde oder der Fabel, Menschen oder Tiere, immer geilt die Wolllust durch ihre Adern und buhlt aus ihren Blicken. Seinen Göttinnen und Menschen ist die Nacktheit nur ein kokettes Spiel der Entkleidung, ihre Haltung ist schmachtend, ihr Lächeln zweideutig, sie stammen aus Paphos und wollen eben dahin zurück. Boucher ist der Maler der lüsternen Grazien, die Wirkung, auf die er ausgeht, der Kitzel der Sinne.
Dadurch ward er zum Abgott seiner blasierten Zeitgenossen. Ebenso fruchtbar wie vielseitig hat er allem, was mit der Kunst der Zeit zusammenhing, seinen Stempel aufgedrückt. Mit ihm ging die frivole Zeit zu Grabe, denn als er starb, war die Tugend in der Mode, anständig zu sein war guter Ton und die Schwelgereien Bouchers wurden durch die programmatische Tugendlangweilerei eines Greuze verdrängt. Wie in Boucher das übersteigerte Glücksgefühl des Rausches zum Ausdruck kommt, so stimmt der Engländer Hogarth sein Werk auf die Ernüchterung. In langen Bilderfolgen schildert er die Ehe nach der Mode, den Lebenslauf einer Dirne und andere Vorwürfe von der Schattenseite der Gesellschaft.
Wo die Gegensätze von Gut und Böse in der sozialen Welt so unvermittelt neben einander lagen, bedurfte es für einen Künstler wie Hogarth nur einer unmerklichen Korrektur der Wirklichkeit, um aus ihren barocken äußeren Formen die Karikatur zu machen, um die Lüge ihrer Zustände mit grellem Hohn zu beantworten. Hogarth entstellt seine Zeit wie im Zerrspiegel, eine bittere Simplizissimusstimmung spricht aus allen seinen Bildern. Wahr, aber mit Liebe gesehen, erscheint uns dagegen das 18. Jahrhundert, betrachten wir es in den Werken von Chardin oder Chodowiecki.
Da wird die ganze putzige Gegenständlichkeit der Perückenzeit wieder lebendig, jugendlicher Ungestüm im Haarbeutel und zarte Tugend im Reifrock, der gravitätische Ernst einer Zeit, die gar zu gern klassisch sein wollte und der der Zopf doch hinten hing! Zumal ist uns Chodowiecki, der bis in sein hohes Alter rastlos fleißig war und die Lebensäußerungen mehrerer Generationen mit seinem Stift begleitet hat, nichts von alledem schuldig geblieben, was die Urgroßväterzeit interessant machen kann. Er zeigt uns nicht nur ihre Wesenheit in der äußeren Erscheinung, er schildert uns auch die Form ihres Verkehrs, den Ausdruck ihrer Gefühle und die Anschauungen, in denen sich ihr Geist bewegte.
Chodowiecki ist kein großer, aber ein überaus sympathischer Künstler, einer von den guten Beobachtern mit scharfem Blick. Er weiß die trockene Anmut des Lebens und der Sitten seiner Zeit mit einer hausbackenen Ehrlichkeit aufzufassen und wiederzugeben, die etwas Rührendes hat. Sein Oeuvre, das mehr als 2000 Blätter umfasst, vermittelt eine Kenntnis der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die man von den Schöpfungen der großen Kunst damaliger Zeit nicht erwarten darf. Während Chodowiecki seine Blättchen schuf, kommandierte ja in der großen Kunst die Antike und überschrie den matten Widerspruch der eingeschüchterten Naturalisten, die sich mit ihrer Freude an Leben und Wirklichkeit auf die bescheidene Enklave des Porträts beschränkt fanden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Mode - Menschen und Moden im achtzehnten Jahrhundert
084. Pietro Longhi, Carneval, Pal. Grassi, Venedig
085. Pietro Longhi, Carneval, Pal. Grassi, Venedig
086. De Troy, Toilette pour le Bal, gest. von Beauvarlet
087. De Troy, Retour du Bal, gest. von Beauvarlet
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