Das Interieur
Wie das Rokoko in erster Linie Gesellschaftskunst ist, so entfaltet es auch seine feinsten Reize in der Ausstattung der Innenräume, da hat es seine intimsten Wirkungen zur Geltung gebracht. Die Zeit beanspruchte keinen Komfort, man kannte den Begriff gar nicht, aber man forderte Kunst, Kunst bis in den unscheinbarsten Gebrauchsgegenstand hinein.
Man war der prunkenden Staatsräume des Barock ebenso müde, wie der steifen Etikettenformen des Verkehrs und flüchtete aus der stilisierten Pracht der Säle und Galerien in die Traulichkeit der kleinen Salons, in kosige Winkel des Behagens und der Intimität. Im Schmuck und in der Ausstattung derartiger Privatzimmer haben die Stile des 18. Jahrhunderts wohl das Höchste geleistet, was der Kunst in dieser Beziehung überhaupt erreichbar ist. Ähnliches haben frühere Zeiten nicht erstrebt, spätere nicht erreicht. Mit der Freiheit des Stils, dessen phantastische Laune an Wänden und Plafonds einen Zierat von unbeschreiblicher Grazie erblühen lässt, vereint sich die unermüdlich Neues schaffende Phantasie der Künstler und die vollendete Technik des Handwerkers, um Räume zu schaffen und einzurichten, deren Geschmack das ganze Raffinement einer hochkultivierten Gesellschaft atmet.
Das Kunstbedürfnis der Zeit, das sich bis auf das geringste Blättchen Gebrauchspapier erstreckte — Boucher, Cochin, Saint Aubin, Bartolozzi u. a. haben Geschäftspapiere, Visitenkarten, Billetts, Annoncen, Rechnungen entworfen, Watteau, Chardin u. a. Ladenschilder gemalt — stellte die bedeutendsten Künstler in den Dienst der Dekoration, und befruchtete ihren Geist mit immer neuen, originellen Ideen. Man sparte weder die kostbarsten Hölzer noch die seltensten Marmorsorten, das überreich verwendete Gold wusste man durch die verschiedenartigste Tönung unaufdringlich zu machen, jedem Material verstand man durch eigenartige Verwendung noch neue Reize abzugewinnen. Seitdem der Architekt Leblond durch die Einfügung großer Spiegel ein völlig neues Element in die Ausstattung gebracht hatte, fasste man eine Vorliebe für sie, kein Raum, den nicht Spiegel belebten und erhellten. Die Markgräfin von Bayreuth berichtet mit Stolz von der Menge derselben in den Zimmern ihrer Mutter.
Der Architekt Mique war der erste, der bei der Einrichtung des Boudoirs in Petit Trianon auch die Fensterverkleidung durch Spiegel bewerkstelligte. Man hat Kabinette hergestellt, deren Wände und Decke ganz mit Spiegeln belegt waren, in den römischen Palästen wurden dem kostbaren Material zuliebe Flecken und Sprünge mit Blumen übermalt. An anderen Orten, z. B. in der Würzburger Residenz, gab man den Spiegelgläsern durch Eglomisemalereien ein noch reicheres Ansehen. Tändelndes Rankenwerk, aus dem Vollen geschnitzt, überspielt die Wände und rahmt um Spiegel und Bilder wie in dem köstlichen Bibliothekraum Knobelsdorffs in Sanssouci, wie in der Amalienburg Cuvilliés, „der künstlerisch reichsten Anlage, welche dieser Stil überhaupt zur Durchführung gebracht hat“. Man spannt reich gemusterte Seidenstoffe über die Mauern oder Gobelins nach Boucher und Watteau, Goya entwirft neue Serien von Hautelisse-Tapeten für den Escorial. Olavides ließ in Lyon eine Tapete für sein spanisches Palais weben, dessen Muster in Gold auf silbernem Grunde ausgeführt war.
Der Pfalzgraf von Zweibrücken hatte für Schloss Karlsberg eine Atlastapete mit Darstellungen von Vögeln ausführen lassen, die aus den richtigen Federn dieser Tiere gebildet waren. Er hatte eigens zu diesem Zwecke die kostbarsten ornithologischen Sammlungen gekauft. Man führt nicht nur das Parkett der Fußböden, sondern die ganzen Wände in Marketterie aus, wie in dem Kabinett der Casa del Labrador in Aranjuez, das mit Piatina eingelegt ist und Millionen gekostet haben soll. In Tsarskoje Selo befand sich ein Zimmer, dessen Wände ganz mit Bernstein belegt waren, ein Geschenk Friedrich II. an die Kaiserin Katharina. Schließlich wird es Mode, die Zimmer von Künstlerhand ausmalen zu lassen. Von dem berühmten Tiermaler Huet stammte die Mode der Affenkabinette, deren bekanntestes sich wohl in Chantilly befindet. Van Spaendonck hat das Boudoir der Tänzerin Duthé mit einer Dekoration von Blumengirlanden versehen, deren leichte Grazie von unvergleichlichem Reiz ist. Fragonard malte das Boudoir einer anderen Theaterprinzessin, der Guimard, Boucher ein Zimmer für seinen Freund Desmarteau. Später, als der erste Vorstoß der Antike erfolgte, war in Frankreich Rousseau de la Rottiere berühmt für seine Zimmer im pompejanischen Stil.
Man war der prunkenden Staatsräume des Barock ebenso müde, wie der steifen Etikettenformen des Verkehrs und flüchtete aus der stilisierten Pracht der Säle und Galerien in die Traulichkeit der kleinen Salons, in kosige Winkel des Behagens und der Intimität. Im Schmuck und in der Ausstattung derartiger Privatzimmer haben die Stile des 18. Jahrhunderts wohl das Höchste geleistet, was der Kunst in dieser Beziehung überhaupt erreichbar ist. Ähnliches haben frühere Zeiten nicht erstrebt, spätere nicht erreicht. Mit der Freiheit des Stils, dessen phantastische Laune an Wänden und Plafonds einen Zierat von unbeschreiblicher Grazie erblühen lässt, vereint sich die unermüdlich Neues schaffende Phantasie der Künstler und die vollendete Technik des Handwerkers, um Räume zu schaffen und einzurichten, deren Geschmack das ganze Raffinement einer hochkultivierten Gesellschaft atmet.
Das Kunstbedürfnis der Zeit, das sich bis auf das geringste Blättchen Gebrauchspapier erstreckte — Boucher, Cochin, Saint Aubin, Bartolozzi u. a. haben Geschäftspapiere, Visitenkarten, Billetts, Annoncen, Rechnungen entworfen, Watteau, Chardin u. a. Ladenschilder gemalt — stellte die bedeutendsten Künstler in den Dienst der Dekoration, und befruchtete ihren Geist mit immer neuen, originellen Ideen. Man sparte weder die kostbarsten Hölzer noch die seltensten Marmorsorten, das überreich verwendete Gold wusste man durch die verschiedenartigste Tönung unaufdringlich zu machen, jedem Material verstand man durch eigenartige Verwendung noch neue Reize abzugewinnen. Seitdem der Architekt Leblond durch die Einfügung großer Spiegel ein völlig neues Element in die Ausstattung gebracht hatte, fasste man eine Vorliebe für sie, kein Raum, den nicht Spiegel belebten und erhellten. Die Markgräfin von Bayreuth berichtet mit Stolz von der Menge derselben in den Zimmern ihrer Mutter.
Der Architekt Mique war der erste, der bei der Einrichtung des Boudoirs in Petit Trianon auch die Fensterverkleidung durch Spiegel bewerkstelligte. Man hat Kabinette hergestellt, deren Wände und Decke ganz mit Spiegeln belegt waren, in den römischen Palästen wurden dem kostbaren Material zuliebe Flecken und Sprünge mit Blumen übermalt. An anderen Orten, z. B. in der Würzburger Residenz, gab man den Spiegelgläsern durch Eglomisemalereien ein noch reicheres Ansehen. Tändelndes Rankenwerk, aus dem Vollen geschnitzt, überspielt die Wände und rahmt um Spiegel und Bilder wie in dem köstlichen Bibliothekraum Knobelsdorffs in Sanssouci, wie in der Amalienburg Cuvilliés, „der künstlerisch reichsten Anlage, welche dieser Stil überhaupt zur Durchführung gebracht hat“. Man spannt reich gemusterte Seidenstoffe über die Mauern oder Gobelins nach Boucher und Watteau, Goya entwirft neue Serien von Hautelisse-Tapeten für den Escorial. Olavides ließ in Lyon eine Tapete für sein spanisches Palais weben, dessen Muster in Gold auf silbernem Grunde ausgeführt war.
Der Pfalzgraf von Zweibrücken hatte für Schloss Karlsberg eine Atlastapete mit Darstellungen von Vögeln ausführen lassen, die aus den richtigen Federn dieser Tiere gebildet waren. Er hatte eigens zu diesem Zwecke die kostbarsten ornithologischen Sammlungen gekauft. Man führt nicht nur das Parkett der Fußböden, sondern die ganzen Wände in Marketterie aus, wie in dem Kabinett der Casa del Labrador in Aranjuez, das mit Piatina eingelegt ist und Millionen gekostet haben soll. In Tsarskoje Selo befand sich ein Zimmer, dessen Wände ganz mit Bernstein belegt waren, ein Geschenk Friedrich II. an die Kaiserin Katharina. Schließlich wird es Mode, die Zimmer von Künstlerhand ausmalen zu lassen. Von dem berühmten Tiermaler Huet stammte die Mode der Affenkabinette, deren bekanntestes sich wohl in Chantilly befindet. Van Spaendonck hat das Boudoir der Tänzerin Duthé mit einer Dekoration von Blumengirlanden versehen, deren leichte Grazie von unvergleichlichem Reiz ist. Fragonard malte das Boudoir einer anderen Theaterprinzessin, der Guimard, Boucher ein Zimmer für seinen Freund Desmarteau. Später, als der erste Vorstoß der Antike erfolgte, war in Frankreich Rousseau de la Rottiere berühmt für seine Zimmer im pompejanischen Stil.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Mode - Menschen und Moden im achtzehnten Jahrhundert
096. Cornelis Troost, Holländische Wochenstube
097. Cornelis Troost, Holländische Villa mit Lustboot
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