Herstellung der Ordnung

Wir traten in die Bauernhütte, in welcher die Luft entsetzlich dumpf war, denn schon seit drei Wochen lagen diese Unglücklichen auf Stroh nebeneinander. „Gib mir den Schlüssel,“ sagte ich. Er zögerte. „Gib ihn her,“ rief ich, „oder es geht dir schlecht,“ und klopfte mit dem Degen auf die Diele. Er reichte mir den Schlüssel. „Öffne ihre Fesseln.“ Er tat es. Nachdem allen die Fesseln abgenommen waren, befahl ich dem früheren Schulzen, den neuen zu fesseln und trat, nach Beendigung dieser Prozedur, mit allen Befreiten vor das Volk, zu dem ich in freundlichem Tone sagte: „Ihr habt wider das Gesetz gehandelt, denn ihr habt eigenmächtig eure Vorgesetzten abgesetzt, welche Kraft des allerhöchsten Willens durch Ukas der Verwaltung bestätigt waren. Ich habe jetzt die Sache wieder gut gemacht und bringe sie zu euch, damit sie Rechenschaft ablegen.“ — „Wir wollen sie nicht haben, gib uns den neuen!“ schrie das Volk. — „Ich gebe sie euch auch gar nicht zurück,“ sagte ich, „sie sind nötig, um mit ihnen Abrechnung zu halten. Kinder! Ordnung muß sein, tut, was ich befehle; euer neuer Schulze ist gefesselt;“ dabei zeigte ich ihnen den Schlüssel. „Im entgegengesetzten Falle“ — hierbei wies ich auf die von mir aus Brelj mitgenommenen Vertrauensmänner hin — „werde ich den ersten, welcher redet, ohne gefragt zu sein, binden lassen. Tretet nach den Dörfern in Häuflein zusammen um den Tisch herum und wählt aus jedem Dorf je einen Mann, zu dem ihr Vertrauen habt, damit ich ihn ausfragen kann.“ Sie begannen untereinander Blicke auszutauschen. „Was steht ihr?“ rief ich, „tut, was man euch befohlen.“ Ich fragte den befreiten Schulzen, wie die einzelnen Dörfer heißen. Er fing sie mir an aufzuzählen und ordnete die Bauern um den Tisch herum. Darauf wählten sie je einen Sprecher aus jedem Dorf; ein jeder trat näher an den Tisch heran. Ich stellte ihnen Fragen und überzeugte mich davon, daß die Quelle ihrer Unzufriedenheit die großen Zahlungen waren, welche außer der Kopfsteuer und dem Landzins von ihnen beigetrieben worden waren.

„Gib mir eine genaue Zusammenstellung der Ausgaben,“ sagte ich zum Schulzen.


„So ist es recht!“ rief die Masse.

„Still!“ rief ich meinerseits, und der Schulze begann laut jeden einzelnen Posten vorzulesen, wieviel in jedem Falle gezahlt worden war; ich selbst schrieb die einzelnen Ausgaben an, zog das Fazit daraus und war ganz entsetzt! In drei Jahren waren, abgesehen von der Kopfsteuer, dem Landzins, dem Wegegeld und andern regelmäßigen Abgaben, 30000 Rubel Banko eingetrieben und verausgabt worden. Wenn etwas zur Rechtfertigung des früheren Schulzen dienen konnte, so war es der Umstand, daß er den Staatsbeamten das Geld in Gegenwart eines von der Dorfgemeinde gewählten besonderen „Rechners“ und des Gemeindeschreibers übergeben hatte. Als ich damit fertig war, legte ich alle diese Erpressungszeugnisse zusammen und erklärte der Menge, daß ich sie der Verwaltungsbehörde vorstellen würde, hierauf machte ich mich zufolge der mir erteilten Weisung daran, die Anstifter der Revolte ausfindig zu machen. Diese Untersuchung dauerte sehr lange, blieb aber erfolglos. Schließlich verlor ich die Geduld und stürzte auf einen aus der Menge los, welcher am meisten geschrieen hatte. „Du bist es,“ sagte ich und befahl ihn zu binden. „Woher weiß er das?“ hörte man von allen Seiten unter die Leute rufen. Das genügte vollständig, um meine Annahme zu bestätigen. Ich nahm ihn in Verhör, und er nannte mir acht Rädelsführer, unter denen sich auch der Schulze befand, den ich hatte fesseln lassen. Alle diese ließ ich sofort nach Moskau in die Verwaltungsbehörde abführen. Das übrige Volk lud ich ins Dorf ein, spendete ihnen auf unsre neue Bekanntschaft hin ein Tönnchen Branntwein, und es begann ein Gelage.