Memoiren von Jacob Iwanowitsch de Sanglen. 1776-1831.

Bibliothek Russischer Denkwürdigkeiten. Band 1
Autor: Sanglen, Jacob Iwanowitsch de (1776-1864) hoher russischer Beamter, Erscheinungsjahr: 1894
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Memoiren, Balaschow, Nikolai I., Feldjäger, Speranski, russische Literatur, Alexander I., Barkley, Borodino, 1812,
Aus dem Russischen übersetzt von
Ludwig von Marnitz, Oberlehrer und Dozent für russische Sprache an der Königlichen Kriegsakademie zu Berlin.
Bibliothek Russischer Denkwürdigkeiten.
Herausgegeben von
Schiemann, Theodor Prof. Dr. (1847-1921) deutscher Historiker, Archivar, politischer Schriftsteller. Der gebürtige Kurländer galt als der Russlandkenner Deutschlands und war der Begründer der Osteuropaforschung in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
  1. Erste Erziehung
  2. Charakter
  3. Anlagen und Neigungen
  4. Sspiridow
  5. Von Reval nach Moskau
  6. Die Mutter
  7. Nestorow
  8. Moskauer Gastfreundschaft
  9. Anna Matwejewna
  10. Die gute alte Zeit
  11. Geselligkeit
  12. Sitten
  13. Moskauer Aristokratie
  14. Abschied
  15. St. Petersburg
  16. Katharina II.
  17. Anekdoten
  18. Feste in der Eremitage
  19. Reval
  20. Tod der Kaiserin
  21. Letzte Stunden
  22. Das Zeitalter Katharinas
  23. Schattenseiten ihres Regiments
  24. Für und wider
  25. Allgemeine Würdigung
  26. Ergebnisse
  27. Paul I.
  28. Von Gatschina nach Petersburg
  29. Der Regierungsantritt
  30. Geheime Verfügungen Katharinas
  31. Ein Staatsgefangener in Reval
  32. Sein Ende
  33. Eindruck des Regierungswechsels in Reval
  34. Neuerungen
  35. Admiral Sspiridow
  36. Ein Abschied
  37. Abermals Moskau
  38. Unsicherheit
  39. Graf Pahlen
  40. Golenischtschew Kutusow
  41. Bestattung Peters III.
  42. Kosciuszko
  43. Potocki, Graf Orlow
  44. Major Brand
  45. Pauls Herzensgüte
  46. Charakterzüge
  47. Tschitschagow
  48. Akimow
  49. Graf Pahlen
  50. Tollheiten
  51. Pauls Entwickelung
  52. Wechsel der Zeiten
  53. Paul und Napoleon
  54. Das Ende
  55. Selbstherrschaft
  56. II. Teil. Alexander I. und Nikolaus.
  57. Irrungen
  58. Vor der Leiche des Kaisers
  59. Persönliche Erlebnisse
  60. Dreifaltigkeitskloster in Kostroma
  61. Allerlei Missgeschick
  62. Das Gewissensgericht
  63. Das Apanagenbureau
  64. Rechtsverhältnisse
  65. Bäuerliche Zustände
  66. Karpowo
  67. Herstellung der Ordnung
  68. Der Ausgang
  69. Wechselnde Stellungen
  70. Fürst Wolkonski
  71. Unter Araktschejew
  72. Balaschow
  73. Das Polizeiministerium
  74. Vernegues
  75. Intrigen
  76. Befürchtungen
  77. Der Kaiser
  78. Ssperanski
  79. Misstrauen Alexanders
  80. Graf Armfeld
  81. Grundsätze und Carriere
  82. Besucher
  83. Das Ziel der Intrige
  84. Balaschow in Sorgen
  85. Nochmals der Kaiser
  86. Freimaurer und Illuminaten
  87. Misstrauen
  88. Bologowskoi
  89. Spionage
  90. Weitere Intrigen
  91. Chitrowo
  92. Beim Kaiser
  93. Die angebliche Bestechung Ssperanskis
  94. Die Freimaurer
  95. Belohnung
  96. Wiederum beim Kaiser
  97. Abschiedsgesuch
  98. Die Gehilfen des Kaisers
  99. Praktische Philosophie
  100. Weshalb Ssperanski schuldig sein mußte
  101. Die Entscheidung
  102. Doppelspiel Balaschows
  103. Ausführung der Befehle des Kaisers
  104. Bei Magnitzki
  105. Ein falscher Freund
  106. Magnitzkis Verbannung
  107. Bei Ssperanski
  108. Verbrennung von Papieren.
  109. Betrachtungen
  110. Letzte Augenblicke
  111. Bruch zwischen Sanglen und Balaschow
  112. Alexander I.
  113. Glossen des Kaisers
  114. Die Unterredung
  115. Schluß der Zwiesprache
  116. Sanglens Urteil
  117. Alexander und seine Werkzeuge
  118. Barklay de Tolly
  119. Die Männer um Barklay
  120. Das Spiel Alexanders
  121. Französische Spione
  122. Balaschow
  123. Narbonne in Wilna
  124. Benningsens Ball
  125. Vor Napoleons Einrücken
  126. Der Krieg
  127. Der Rückzug
  128. Ssmolensk
  129. Barklay
  130. Intrigen gegen Barkley
  131. Borodino
  132. Sanglen und Barklay
  133. Ein gefährlicher Auftrag
  134. Schlechter Empfang in Petersburg
  135. Die Audienz beim Kaiser
  136. Magnitzki
  137. Neue Aufklärungen
  138. Ausscheidung aus dem Polizeidienst
  139. Ein Brief an den Kaiser Nikolai I.
  140. Die Antwort des Kaisers
  141. Die Reise nach Petersburg
  142. In Petersburg
  143. General Potapow
  144. Haft
  145. Das Verhör
  146. Appell an den Kaiser Nikolai I.
  147. Der zweite Brief an Nicolaus
  148. Zur Audienz befohlen
  149. Formalitäten
  150. Der Empfang
  151. Gelegenheit zur Rechtfertigung
  152. Sanglens Feinde
  153. Die Denkschrift
  154. Glücklicher Ausgang
  155. Schluss
Die „Bibliothek russischer Denkwürdigkeiten“ stellt sich die Aufgabe, der deutsch lesenden Welt ein treues Bild des gesellschaftlichen und politischen Lebens unsrer russischen Nachbarn zu geben.

Memoiren russischer Zeitgenossen, wie sie neuerdings in großer Zahl in den russischen historischen Zeitschriften veröffentlicht worden sind, führen wohl am besten in das Tun und Leiden, in das Denken und Empfinden jener so vielfach anders gearteten Welt ein. Sie sind ein Stück der Wirklichkeit, und wenn auch keineswegs der subjektive Charakter unterschätzt werden soll, der aller Memoirenliteratur anhaftet, bietet doch die Summe der uns gebotenen Auszeichnungen die Möglichkeit, sich ein eigenes Urteil über Land und Leute zu bilden. Das Korrektiv des Subjektiven liegt eben in der Verschiedenheit der Subjekte und der von ihnen vertretenen Interessen.

Die Auswahl der „Denkwürdigkeiten“ hat außerdem von dem Gesichtspunkte aus stattgefunden, möglichst allseitig in das russische Leben einzuführen. So bieten uns die Memoiren de Sanglens einen hoch bedeutsamen Beitrag zur Charakteristik der politischen Geschichte unter den Kaisern Paul und Alexander I., wobei zumal die Persönlichkeit Alexanders von einer ganz neuen Seite her beleuchtet wird.

Die Aufzeichnungen Pirogows zeigen uns das geistige Leben Russlands besonders unter Nikolai, wie es sich in den besten Köpfen der Zeit widerspiegelte, während Seeland ein wahrhaft plastisches Bild der polnischen Revolution von 1831 entwirft.

Die Jugendgeschichte des Professors Nikitenko bringt uns die Erlebnisse eines kleinrussischen Bauern, der sich aus dürftigsten Verhältnissen zu einer bedeutenden Stellung empor rang, und zugleich eine Schilderung der bäuerlichen Zustände und des russischen Schulwesens, der wir nichts Ähnliches an die Seite zu stellen wüssten; die Aufzeichnungen eines Dorfgeistlichen endlich sind ein Unikum nicht nur in der russischen Literatur: dass unverhüllte Bild von Zuständen, wie sie eben nur auf russischem Boden möglich sind und bei deren Schilderung nur dasjenige übertrieben sein dürfte, was uns die völlige Makellosigkeit des Verfassers dieser Aufzeichnungen beweisen soll.

Alle diese „Denkwürdigkeiten“ dürfen aber auch den Ansprach erheben, literarische Bedeutung zu haben. Die sorgfältige Übersetzung, für deren Korrektheit der Herausgeber die volle Verantwortung übernimmt, ist bemüht gewesen, soweit möglich, das Fremdartige der Sprache und des Satzbaues abzustreifen, sie ist unbedingt getreu und weist nur gelegentlich (bei den Aufzeichnungen eines Dorfgeistlichen) Kürzungen auf, wo Wiederholungen stattgefunden hatten.

Die Orthographie der russischen Namen ist die allgemein übliche und einheitlich durchgeführt, sie sucht der Aussprache des Russischen gerecht zu werden, ohne in Künsteleien zu verfallen, über welche die Zunge des Lesers stolpert.

Der Herausgeber kennt sehr wohl die Einwendungen, welche gegen diese Transskription erhoben werden, und auch die vorgeschlagenen, streng wissenschaftlichen Transskriptionen. Er hat es nach reiflicher Erwägung vorgezogen, sich ihnen nicht anzuschließen.

Die fünf Werke, mit denen die „Denkwürdigkeiten“ eröffnet werden, sind als erste Serie gedacht. Die zweite soll nach Jahresfrist folgen.

Berlin, im Oktober 1893.

Theodor Schiemann.