Glossen des Kaisers

Nach einigen Minuten sagte der Kaiser: „Erzählen Sie mir ausführlich, was und wie alles vor sich gegangen.“

Ich begann meinen Bericht in der Weise, wie ich es schon des näheren auseinandergesetzt. Als ich bis zu der Stelle gekommen war, wo Balaschow nach der Mütze, den Pelzstiefeln und dem Gelde für Magnitzki abfuhr, fiel mir der Kaiser ins Wort: „Das hat mir Balaschow nicht erzählt, wahrscheinlich will er dieses Geld von mir zurückerhalten, denn er schilderte mir in sehr rührenden Ausdrücken die Lage Magnitzkis; ich machte aber so, als verstünde ich nichts.“ Als ich wiederum auf Magnitzki zu sprechen kam, wie er sich vor den Spiegel stellte und mit der Mütze auf dem Kopf zu seiner Frau sagte: „Suis je bien coiffé par la police? Eh?“ fing der Kaiser laut zu lachen an, indem er hinzufügte: ,,Er ist witzig, klug aber schrecklich leichtfertig.“ Ferner schien der Kaiser sehr verwundert darüber, daß Balaschow mich allein bei Magnitzki zurückgelassen hatte, selbst aber zu Ssperanski gefahren war. „Auch davon hat mir Balaschow nichts gesagt,“ bemerkte er. Bei Erwähnung dessen, daß ich auf die Frage Magnitzkis, ob Wojejkow mit ihnen reist, die Antwort gab: nicht Wojejkow, sondern Bologowskoi, und daß Magnitzki sich von mir die Erlaubnis erbat, einige Worte an Ssperanski schreiben zu dürfen, — unterbrach der Kaiser meine Erzählung und sagte ärgerlich: „Wenn das aus Mitleid geschehen, so war letzteres in diesem Falle nicht am Platz, ja es war sogar ein Verbrechen und hat mich in eine äußerst schwierige Lage versetzt; denn als Ssperanski bei mir eingetreten war und sich anschickte, seine Mappe zu öffnen, ich aber zu ihm sagte: ,Lassen Sie das, Michael Michailowitsch, ich habe eine andre Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen,‘ erwiderte er zu meinem größten Erstaunen kaltblütig: ,Majestät! Ich weiß alles; wenn ich Sie heute verlassen haben werde, muß ich nach Nischni Nowgorod abreisen. Gestatten Sie mir aber von dem letzten Augenblick Gebrauch zu machen, wo ich das Glück habe, vor Ihnen zu stehen, und Ihnen dadurch meine treu untertänigste Ergebenheit zu bezeugen.‘ Hierauf begann er mir Balaschow in solchen Farben zu schildern, welche mir Entsetzen einflößten. Sie sind es, der ihm die Augen geöffnet hat.“


„Ich konnte, Majestät, unmöglich Magnitzki mitteilen, er solle sich zu Balaschow begeben, um sich die Reiseroute zu erbitten; ebensowenig konnte ich Ssperanski davon Mitteilung machen, daß er nach Nischni Nowgorod reisen wird, denn ich wußte das nicht und konnte es nicht wissen; ich wußte es sogar dann noch nicht, als Balaschow mir am Abend erklärte, ich müsse mit ihm zusammen fahren, um einige Freunde zu expedieren. Man müsste in Erfahrung bringen, auf wessen Befehl die Leute Ssperanskis Reisekleidung angelegt hatten und woher sie es wußten, daß ihr Herr sich nach Nischni Nowgorod begibt. Dazu kommt, daß Balaschow, nachdem er mich bei Magnitzki angeschwärzt, sich das Märchen mit Wojejkow ausgedacht hat. Als ich Zeuge von der Verzweiflung Magnitzkis und seiner Familie wurde und ihn von Verleumdung umgarnt sah, habe ich, durch die Tränen der Seinigen gerührt, die volle Wahrheit gesagt, um die Verleumdung Balaschows von mir abzuwälzen.“