Gelegenheit zur Rechtfertigung

„Wenn Sie befehlen, so muß ich als treuer Untertan Eurer Majestät gestehen, daß mir, sowie ganz Russland diese Einrichtung nicht nach dem Geschmack ist.“

„Warum nicht?“


„Einerseits deshalb, weil Eurer Majestät Untertanen sich in ihren treuuntertänigen Gefühlen verletzt glauben, wenn ihnen gewissermaßen ein Misstrauensvotum ausgesprochen wird, andrerseits auch, weil die Denunziationen, welche diese Einrichtung notwendigerweise zur Folge haben muß, den Zorn des Kaisers wachrufen und damit das enge Band zwischen Volk und Kaiser zerstören können.“

„Ihre Offenheit gefällt mir. Ich bin selbst bereit, für die Wahrheit zu sterben.“

„Erbarmen Sie sich, Majestät, das kann wohl in unsrer Lage notwendig sein, aber nicht in der Ihrigen. Wir beten alle um die Erhaltung Ihres Lebens.“

„Das ist gescheit und gewandt,“ antwortete der Kaiser lächelnd. „,Ich will Ihre Offenheit auf die Probe stellen; ich habe vom Fürsten A. N. Golitzyn ein Schriftstück, das eine Anschuldigung gegen ganz Russland enthält; er hat mich geradezu entsetzt. Niemand findet vor ihm Gnade; seiner Meinung nach bin ich von Verrätern umgeben, sogar Fürst Alexander Nikolajewitsch Golitzyn, den ich liebe, ist nicht verschont geblieben. Ihm vertraue ich Frau und Kinder an, wenn ich auf Reisen gehe; enfin nous nous convenons“, fügte der Kaiser hinzu, „und ich soll an ihm zweifeln. Sie haben damals selbst eine Rolle gespielt, auch Ihrer ist Erwähnung getan. Sie können über alle Verhältnisse dieser Zeit Aufklärung geben. Ich werde Ihnen diese Papiere geben, erläutern Sie dieselben und lassen Sie sich durch meine mit Blei gemachten Notizen nicht beeinträchtigen. Wenn Sie damit fertig sind, so schicken Sie mir alles in einem dreifach versiegelten Paket zu.“

Bei diesen Worten entfernte sich der Kaiser, kehrte aber bald darauf mit einem ungeheuren Folianten zurück, nebst einem großen Bogen zum Einschlagen, Lack und Petschaft. Er befahl, den Folianten einzuschlagen und mit drei Siegeln zu versehen.

Es war das ein kleines Staatspetschaft. Als ich den Befehl vollzogen hatte, übergab mir der Kaiser das Paket mit den Worten: „Ich werde Ihrer Antwort auf diesen großen Stoß von Papieren entgegensehen. A propos,“ fügte er hinzu, „warum ist der moskausche Golitzyn so wütend auf Sie?“

„Ich begreife das nicht, Majestät! Wahrscheinlich bin ich von seiner Umgebung verleumdet und angeschwärzt worden.“