Der Empfang

Plötzlich hielten die Pferde neben dem ehemaligen Ssaltykowschen Portal. Der Feldjäger sprang aus dem Schlitten und half mir aussteigen. Wir traten in einen geräumigen, warmen Flur; vor uns war eine Glastür, vor der ein Posten stand. Der Feldjäger legte unsre Mützen und Pelze neben ihn hin und öffnete die Tür. Wir stiegen eine mit goldenem Geländer versehene Marmortreppe hinauf, die auf einen kleinen Vorraum mündete. Der Feldjäger klopfte an die Tür mit drei magischen Schlägen, was mich in großes Erstaunen versetzte. Man hörte aufschließen und ein Mann im grünen Kaftan, mit rotem Kragen und weißer Einfassung steckte seinen Kopf heraus; er warf einen Blick auf uns und schloß darauf sofort die Tür wieder zu. Bald darauf öffnete sich die Tür und in derselben stand der Kaiser, er gab dem Feldjäger mit dem Finger das Zeichen, hinunterzugehen, und winkte mir mit der Hand, einzutreten.

Kaum war ich eingetreten, so schloß der Kaiser die Tür ab und ging mit großen Schritten eilig vorwärts, so daß ich mich sputen mußte, um ihm nachzukommen. Wir durchschritten mehrere Zimmer, schließlich blieb der Kaiser in einem kleinen, grünen Gemach, wo alle Möbel mit grünem Atlas überzogen waren, stehen; zwischen den beiden Fenstern stand ein großer Spiegel und an dessen Nahmen zwei Kandelaber mit je sechs Lichtern. Der Kaiser stellte sich mitten in das Zimmer und gab mir mit der Hand das Zeichen zum Nähertreten, wobei er sagte: „Sie haben mich sprechen wollen; da bin ich.“


Ich verneigte mich.

„Ich habe Ihre Papiere gelesen und bedaure, daß Sie mir nicht früher geschrieben haben.“

„Ich hatte das Glück, zweimal an „Eure Kaiserliche Hoheit zu schreiben und habe vom Grafen Benkendorf eine Antwort erhalten.“

„Ich habe nichts erhalten.“

Ich nahm die beiden Briefe des Grafen Benkendorf aus der Mappe und reichte sie dem Kaiser.

„Das kommt bei diesen Herren vor; sie halten alles geheim und antworten an meiner Stelle. Ich habe Ihr Gutachten über die Gensdarmen gelesen; auch die Resolution meines Bruders habe ich gesehen; das ist seine Hand; was gab die Veranlassung dazu?“

„Marquis Pigniatelli hatte aus Wien dem verstorbenen Kaiser einen Entwurf über die Einrichtung der Gensdarmerie in Russland zugeschickt. Der Kaiser beauftragte mich damit, mein Gutachten darüber abzugeben, welches Eure Majestät durchzulesen geruht haben.“

„Ja, Sie sind kein Freund von diesem Kommando. Wie denken Sie über unsre Gensdarmerie?“

„Ich kenne nicht die Einzelheiten dieser Einrichtung und habe daher kein Urteil darüber.“

„Sie weichen einer Antwort aus; Sie können ganz offen Ihre Meinung sagen.“