Admiral Sspiridow

Die schlimmen Vorahnungen meines Admirals bewahrheiteten sich. Unter dem Vorwande einer Einladung zum Tee ließ mich der neuernannte Kommandant Gorbuntzow zu sich bitten und teilte mir mit, daß ihm ein Feldjäger zugeschickt sei mit dem Auftrage, meinen Admiral mit sich zu nehmen. Gorbuntzow gehörte zwar auch zu den „Gatschinaschen“, war aber ein Mann von Gefühl und lauterer Gesinnung. „Suchen Sie das irgendwie einzurichten,“ sagte er zu mir, „daß Ihr Admiral sich wegen seiner Reise nach Petersburg, die laut Befehl in einem einfachen Wagen zurückgelegt werden soll, nicht allzu sehr aufregt, und teilen Sie ihm dieses Malheur mit.“ Ich ersuchte ihn dringend, sich persönlich zum Admiral verfügen zu wollen, da ich es nicht über mich gewinnen konnte, ihm auch nur Andeutungen darüber zu machen. „Nun gut,“ sagte der Kommandant, „der Feldjäger, welcher in betrunkenem Zustande angekommen, muß eingeschläfert werden.“ Er rief einen Offizier herbei und erteilte ihm einen Befehl. Ich begleitete den Kommandanten auf seiner Fahrt und betrat mit ihm zugleich das friedliche und glückliche Haus, das sich alsbald in eine Stätte des Jammers und der Trauer verwandeln sollte.

„Melden Sie mich,“ sagte der Kommandant. Ich trat in das Kabinett und wahrscheinlich muß ich sehr traurig ausgesehen haben, denn der Admiral ließ mich gar nicht zu Worte kommen, sondern fragte gleich: „Nun, was ist passiert?“ Die Thronen traten mir in die Augen und nur mit Mühe konnte ich hervorbringen: „Der Kommandant Gorbuntzow ist da.“ Der Admiral stand auf, ging einmal im Zimmer auf und ab, blieb darauf stehen, seufzte und schien mit diesem Seufzer seine Fassung wiedergewonnen zu haben. „Bitte, lassen Sie den Kommandanten näher treten,“ sagte er in seinem gewöhnlichen freundlichen Ton zu mir, „Sie selbst bitte ich zu Jekaterina Fedorowna (seiner Frau) zu gehen, lassen Sie sich aber nicht im geringsten anmerken, daß Sie etwas davon wissen.“


Der Kommandant trat ein und ich leistete dem Befehle des Admirals Folge. Die Frau Admiralin fand ich mitten unter ihren Kindern sitzend. „Was macht Aleksej Grigorjewitsch?“ fragte sie mich. — „Der Kommandant ist bei ihm.“ — „Was ist der Zweck seines Besuches?“ fragte sie mich erregt. „Ich weiß es nicht.“ Der Ausdruck ihres Gesichtes und ihre Bewegungen ließen eine furchtbare Unruhe erkennen. Ist es möglich, vor einem liebenden Weibe etwas geheim zu halten! Die Stimme des Herzens spricht vernehmlich. „Gewiß ist was Besonderes vorgefallen?“ fügte sie hinzu. „Ich glaube, nichts. Vermutlich macht der Kommandant seine Aufwartung.“ — „Mein Gott!“ rief sie aus, „was sind jetzt für schreckliche Zeiten! Man muß sich jeden Augenblick auf ein Unglück gefaßt machen.“ ,Ich war froh, als der Admiral mich zu sich rufen ließ. Gorbuntzow war schon fort. „.Ich muß Jekaterina Fedorowna vorbereiten, bleiben Sie hier, ich werde Sie rufen lassen, wenn es nötig ist.“ Das hastige Hinundherlaufen und die Absendung eines Boten nach der Apotheke ließen mich erraten, was in den Zimmern der Hausfrau vor sich ging; da ich aber Jekaterina Fedorowna als eine vortreffliche, kluge Frau kannte, die ein edles Herz und einen ungemein lebhaften Charakter besaß, so war ich davon überzeugt, daß der erste Augenblick für sie entsetzlich schwer sein mußte, daß sie sich aber bald darauf in ihrer ganzen Größe zeigen würde. Eine Stunde später trat der Admiral heraus. „Gott sei Dank,“ sagte er zu mir, „sie hat sich beruhigt, gehen Sie zu ihr und helfen Sie, die nötigen Vorbereitungen für meine Reise zu machen.“