Abschnitt 7

Mecklenburg unter Wallenstein - Der Usurpator als Landesherr


Ruhig und gefaßt empfing Wallenstein in Memmingen die Anzeige seiner Absetzung vom Kommando und erklärte sogleich, er werde, wie jeder andere Reichsfürst, sein Herzogthum Mecklenburg gegen die Schweden vertheidigen. Die Kurfürsten bestritten ihm jedoch das Besitzrecht an diesem Lande, da die Absetzung der Herzöge ungerecht sei; er müsse Mecklenburg wieder herausgeben, wenn nicht die Herzöge durch regelrechten Prozeß des criminis laesae majestatis überführt würden. Der Kaiser ertheilte ihm auf seine Bitte um eingehenden Bescheid überhaupt keine Antwort und grollend zog sich der Herzog auf seine böhmischen Besitzungen zurück. Seine Ansprüche und Pläne auf Mecklenburg aber ließ er darum doch nicht fallen. Er überwachte weiterhin von Gitschin und Prag aus scharfen Auges die Verwaltung und die Zustände seines norddeutschen Herzogthums, dessen Schutz gegen die Schweden er seinem Statthalter dringend ans Herz legte. Daneben forderte er eingehende Berichte über Alles und schärfte dem Regenten Kustoß besonders pünktliches Einsenden der monatlich fälligen Summe im Betrage von 20 000 Thalern ein. In den zwischen Wallenstein und dem König Gustav Adolf von Schweden, bezw. zwischen Heinrich Matthes von Thurn und dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna in den Jahren 1631-1633 gepflogenen, jedoch resultatlosen Friedens-Verhandlungen, an deren Authenticität man seit den Forschungen Rankes und seit den Publikationen Hildebrands aus den Akten des schwedischen Reichs-Archivs nicht mehr zweifeln kann, stand Mecklenburg, sein Besitz oder die betreffende Entschädigung bei dauerndem Verlust des Landes im Vordergrunde. Um so auffallender ist es allerdings, sagt Krabbe mit Recht, daß er Tilly, der Mecklenburg gegen Gustav Adolf vertheidigen sollte, fast gar nicht unterstützte, ja sogar an Wingersky die Weisung gab, alles überflüssige Getreide zu verkaufen und den Erlös nach Prag zu schicken. Tilly, dessen Heer durch diese Maßregeln großen Mangel litt, da er fest auf Zufuhr aus Mecklenburg gerechnet hatte, beklagte sich bitter beim Kaiser darüber, und dies ist vermuthlich der Grund der im Jahre 1631 erfolgten Abberufung des Statthalters Wingersky und der bereits erwähnten Ernennung des Grafen Berthold von Wallenstein zu dessen Nachfolger gewesen.


Auch in den Verhandlungen Wallensteins mit dem Kaiser über die Wiederannahme des Generalates, die Ende 1631 begannen, spielte die Sicherstellung des mecklenburgischen Besitzes eine große Rolle. In der Anstellungsurkunde vom 6./16. April 1632 bestätigte der Kaiser dem Herzoge sein Recht auf Mecklenburg und gewährte ihm, da dieses von den Feinden besetzt sei, als Unterpfand das Fürstenthum Groß-Glogau. Für den Fall, daß Mecklenburg endgültig verloren ginge, versprach ihm der Kaiser ein anderes Reichs-Fürstenthum gleichen Ranges und Ertrages.

Wallenstein führte auch stets noch im brieflichen Verkehr, in Urkunden und auf Münzen den Titel eines Herzogs von Mecklenburg fort. Sogar der Kaiser hielt bis zu Wallensteins Tode daran fest; obwohl er ihm durch Patent vom 14./24. Januar 1634 wiederum das Oberkommando genommen und interimistisch an Gallas übertragen, auch den Herzog von jeglichem Pardon wegen der Vorgänge bei dem Gastmahl zu Pilsen (am 2./12. Januar) ausgeschlossen hatte, adressierte er dennoch ein vertrauliches Schreiben.

an ihn vom 3./13. Februar 1634: "An den Herzog zu Mecklenburg etc..".

Hatte auch Wallenstein schließlich, durch die Macht der Ereignisse dazu gezwungen, wohl den Gedanken an den Besitz von Mecklenburg aufgeben müssen, so hatte er doch niemals den Anspruch auf eine Entschädigung dafür fallen lassen. Somit befreite erst der am 15./25. Februar 1634 erfolgende gewaltsame Tod Wallensteins die mecklenburgischen Herzöge endgültig von den drohenden Ansprüchen des mächtigen Mannes.

Im Separatfrieden des Kurfürsten von Sachsen mit dem Kaiser, abgeschlossen zu Prag, am 20./30. Mai 1635, gab auch) der Kaiser nach und erklärte, er wolle die beiden Herzöge, wofern sie diesen Frieden acceptirten und einem für sie besonders entworfenen Memorial nachkämen, um des allgemeinen Friedens willen und wegen der beharrlichen Interzessionen des Kurfürsten von Sachsen wiederum "zu Hulden und Gnaden aufnehmen und bei Land und Leuten ganz ruhig verbleiben lassen." Schon die dem Frieden voraufgehenden pirnaischen Punktationen hatten diesen Wortlaut enthalten, und die Herzöge, zu ihrer Annahme aufgefordert, waren in der ersten Freude über die bevorstehende Ruhe geneigt gewesen, Frieden und Memorial sofort zu acceptieren. Doch die inzwischen erlangte Kenntniß des letzteren, das eine erniedrigende Abbitte und die Zahlung von 100 000 Thalern innerhalb dreier Jahre von ihnen forderte, bewog die Herzöge, zunächst mit den protestantischen Fürsten des niedersächsischen Kreises und den Schweden, die durch die Besetzung von Wismar und Umgegend einen schweren Druck auf die freie Entschließung der Herzöge ausübten, in Unterhandlung zu treten. Das Resultat davon war ein Schreiben an den Kurfürsten von Sachsen, in dem sie den Frieden annahmen, des schwedischen Bedranges in Wismar wegen aber um Fortsetzung der Friedens-Unterhandlungen mit der Krone Schweden baten, und in einer Nachschrift zusagten, "was sönst der Friedensschluß erfordert" durch eine eigene Gesandtschaft überreichen zu lassen. Unter dem 1./11. September 1635 erfolgte darauf die zugesagte kaiserliche Huldversicherung, die ihnen verhieß, "es solle dasjenige alles, was fürüber gangen, gänzlichen vergessen sein". Mit den Schweden im Lande fertig zu werden, wurde den Herzögen selbst überlassen.

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Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein