Fortsetzung der diplomatischen Verhandlungen mit Frankreich
Im Winter des Jahres 1757/58 hatte Herr von Champeaux, welcher dem Herzog nach Lübeck gefolgt war, auf Befehl seines Hofes die Unterhandlungen wieder aufgenommen. Unter allerlei Ausflüchten, warum die Ratifikation des zweiten Vertrages zur Zeit nicht tunlich sei, suchte er den Herzog zum Abschluß eines dritten Traktats zu bewegen. Der Gesandte einigte sich indessen mit den mecklenburgischen Ministern nicht, - hatte auch wohl nicht die Instruktion, dies zu tun -, vielmehr nahmen die ausgetauschten Communiqués einen sehr erregten Charakter an. „Champeaux verlangt von uns,“ bemerkt Dittmar, „dass wir unterschreiben und damit aufhören, treue Diener unseres Herrn zu sein.“ 1) Durch eine beschwichtigende Erklärung Champeaux wird die Sache beigelegt, aber ein Vertrag kommt nicht zustande.
1) Worin die französischen Zumutungen bestanden haben, ist aus den Akten nicht ersichtlich, da letztere hier lückenhaft sind.
Ganz ohne praktischen Nutzen sind übrigens diese Verhandlungen für Mecklenburg nicht gewesen. In einem Schreiben vom 5. Februar verheißt König Louis XV. dem Herzog, wohl um denselben bei gutem Mut zu erhalten, ohne dafür Gegenleistungen zu fordern, zum Unterhalt der herzoglichen Truppen eine monatliche Subsidienzahlung von 25.000 Livres. Diese Gelder liefen nicht immer regelmäßig ein und hörten um die Mitte des Jahres 1760 gänzlich auf. Wirklich gezahlt ist von Frankreich, laut Empfangsquittungen vom Februar 1758 bis zum Mai 1760, also für 28 Monate, die Summe von 700.000 Livres.
Diese Subsidiengelder, durch welche der König die mecklenburgischen Stände, welche wegen der weiteren Folgen der preußenfeindlichen Politik des Herzogs, die sie nicht billigten, andauernd in Sorgen waren, zu beruhigen und willfähriger zu machen glaubte, flossen übrigens nicht aus französischen Kassen, sondern wurden in den unglücklichen deutschen Ländern erpresst, welche die französischen Truppen besetzt hielten. Es schreibt nämlich der Herzog von Choiseuil an Mr. de Champeaux am 3. Juni 1759: „Ich ermächtige Sie, dem Herzoge zu sagen, dass im nächsten Winter die Kontributionen in Feindesland erheblich vergrößert und die Überschüsse zu Gunsten Mecklenburgs verwendet werden sollen. Seine Majestät hofft, dass es gelingen wird, durch diese Erklärung die Besorgnis der mecklenburgischen Stände, sich im nächsten Winter einer neuen Invasion ausgesetzt zu sehen, zu beseitigen.“
Dem edelmütigen Herzen Herzog Friedrichs war es im höchsten Grade betrübend, aus dieser Quelle Entschädigung zu beziehen. Auch hatte er erst vor kurzem, als der französische Gesandte in Regensburg den Baron Teuffel gefragt hatte, ob es dem Herzog genehm sein würde, wenn seine Regierung Baden und Nassau auf demselben Fuß nähme, wie Preußen die mecklenburgischen Lande? indignirt antworten lassen: ein so odieuses Mittel zur Abwendung der preußischen Gewalttätigkeiten verbitte er sich ernstlich. Indessen nahm er die Gelder, denn die Not im eigenen Lande war ihm die nächste.
Im Sommer 1759 war Mr. de Champeaux nach Versailles gereist, um nämlich Bericht zu erstatten und Instruktionen für weitere Verhandlungen einzuholen. Im November kehrte er nach Schwerin zurück und brachte ein Memoire mit, in welchem die Ratifikation des zweiten Vertrags verheißen wird, wenn der Herzog einen Vertrag, dessen Entwurf er gleichzeitig vorlegte, abschließen wolle. Diesen Entwurf schickte der Herzog an den Baron Dittmar nach Wien zur Begutachtung, mit dem Bemerken, dass er Bedenken trage, denselben abzuschließen, da er die Rechte und Vorteile, welche die beiden ersten Traktate ihm einräumten, abzuschwächen scheine. Der Vizekanzler erklärte sich mit dieser Auffassung völlig einverstanden und der Herzog gab Mr. de Champeaux in einem Gegen-Memoire den Wunsch zu erkennen, dass die weiteren Verhandlungen zwischen dem französischen Botschafter und Baron Dittmar in Wien geführt werden möchten.
Anfang März 1760 erhielt Letzterer den entsprechenden Befehl; allein schon Ende des Monats berichtete er seinem Hofe, der französische Botschafter 1) habe. ihm erklärt, sein Hof werde Entschädigungsverbindlichkeiten, diese hatte die mecklenburgische Regierung in ihrem Gegen-Memoire gefordert, nicht früher eingehen, bis die französischen Waffen glücklich sein würden; deshalb sei ein Traktat mit Frankreich jetzt unmöglich.
1) An Stelle des Herzogs von Choiseuil (Stainville) war dessen Vetter, der Graf von Choiseuil zum Botschafter in Wien ernannt.
Hierdurch gerieten die Verhandlungen völlig ins Stocken. Graf Choiseuil erklärte ohne weitere Instructionen zu sein und Mr. de Champeaux, vom Grafen von Bassewitz lebhaft gedrängt, sich über die mecklenburgischen Gegenvorschläge auszusprechen, kam endlich mit der Erklärung heraus, dass sein Hof ihm befohlen habe, erst dann die Verhandlungen wieder aufzunehmen, wenn die Kaiserin-Königin wiederum der kaiserlichen Deklaration vom 30. Juni 1759 formell beigetreten sein würde.
Von neuem begann Baron Dittmar seine Verhandlungen mit dem Grafen Kaunitz mit unermüdlicher Geduld. Dieselben währten fast ein ganzes Jahr und endlich am 1. Dezember 1760 konnte er seiner Regierung eine Acte von höchst zweifelhaftem Wert zustellen, in welcher der Staatskanzler im Namen Maria Theresias seinen Beitritt zu der kaiserlichen Deklaration erklärte. Als aber trotz dieser Accessionsacte die Verhandlungen mit Frankreich keine Fortschritte machten, beschloss der Herzog auf Anraten des Mr. de Champeaux, seinen Comitialgesandten in Regensburg, den Baron Teuffel, an den Versailler Hof zu senden, um dort weiter zu verhandeln.
Wir wollen hier, um den Zusammenhang in der Erzählung nicht zu unterbrechen, die diplomatischen Unterhandlungen mit Frankreich zu Ende führen.
Den ersten Impuls zur Absendung eines Gesandten nach Versailles hatte der Baron Dittmar gegeben, als er sah, dass man durch die Verhandlungen mit den französischen Gesandten in Wien und Schwerin keinen Schritt weiter kam und er hatte sich selbst zu dieser Mission angeboten. Da aber der Herzog der Ansicht war, der Dienste des Vizekanzlers in Wien nicht entbehren zu können, so zog er es vor, seinen Comitialgesandten in Regensburg nach Versailles zu schicken.
Der Baron Teuffel wehrte sich, so lange er konnte, gegen eine Mission, deren Misserfolg er voraus sah. Von der Urgirung der Ratification des Vertrags vom 1. Dezember 1757 riet er unter allen Umständen ab. „Die Sache sei in Frankreich nachgerade adiös geworden.“ Er scheint der einzige mecklenburgische Staatsmann gewesen zu sein, welcher sich von der französischen Hülfe nichts versprach; er riet dringend von der Mission ab. Nichtsdestoweniger wurde dieselbe in Schwerin beliebt; man ging aber auf die Ideen des Gesandten insoweit ein, dass ihm aufgegeben wurde, „am Versailler Hofe nicht von der Vergangenheit, sondern nur von der Gegenwart und Zukunft zu sprechen.“ Seine Instruktion lautete unter einem fremden Namen incognito nach Versailles zu reisen und dort den Abschluß des von Champeaux vorgelegten dritten Vertrags, mit den Abänderungen, welche die Schweriner Regierung in Bezug auf Entschädigungsansprüche gemacht hatte, zu erwirken; ferner in einem geheimen Separat-Artikel festzusetzen, dass der Herzog von Broglio, wenn seine Armee so weit vorgedrungen sein würde, das Herzogtum Lauenburg und die zwölf Ämter für den Herzog besetze.
Als der Baron Teuffel Anfang September in Versailles anlangte, fand er Mr. de Champeaux ebenfalls dort vor, aber Unterstützung konnte ihm derselbe nicht gewähren, denn er war ein in Ungnade gefallener Mann. Er war es gewesen, welcher den Herzog beredet hatte, einen Gesandten nach Versailles zu schicken, und das hatte ihm sein Minister, der durchaus nicht gesonnen war, bei dem damaligen Stand der politischen Angelegenheiten neue Verbindlichkeiten einzugehen, so übel genommen, dass er sogleich seinen Abschied erhalten hatte und es noch fraglich war, ob er Pension bekommen würde. Vertrauenerweckend war dieser Anfang gerade nicht, indessen ging der Baron Teuffel frischen Muts an die Arbeit.
Choiseuil empfing den Abgesandten des Herzogs sehr freundlich und zuvorkommend. Er bedauerte, dass der unglückliche Verlauf der Ereignisse die Ratifizierung des zweiten Traktats unmöglich gemacht; der Herzog solle beim Friedensschluss ganz besonders berücksichtigt werden, aber wie? sei eine pure Unmöglichkeit zu sagen, das hänge lediglich von den Ereignissen ab; Champeaux habe sich auf Negocen eingelassen, zu welchen er keine Ordre gehabt; Versprechungen zu machen sei unmöglich; „aber,“ fügte der Minister mit französischem Pathos hinzu, „es ist nicht die Art der Krone Frankreichs seine Alliierten im Stich zu lassen!“
Als Baron Teuffel sodann fragte, ob man nicht geneigt sei, jetzt den dritten von Frankreich entworfenen Traktat abzuschließen nur mit Hinzufügung eines ganz unverfänglichen Artikels? erwiderte Choiseuil: „Nein, wir müssen das Ende der Campagne abwarten; lassen Sie es sich noch einige Monate bei uns gefallen, ich möchte nicht gerne, dass Sie abreisten, ohne Etwas erreicht zu haben.“
„Wie es denn mit den Subsidien stehe?“ „Ohne Zweifel sollen diese bezahlt werden,“ antwortete der Herzog, „aber es ist unmöglich die Termine innezuhalten, wir haben so viele Depensen.“
„Eure Durchlaucht sehen, wie es steht; brüskieren lässt sich nichts, man muss abwarten. Ich habe genug von dieser Mission abgeraten,“ berichtete Teuffel nach Schwerin.
Bei der nächsten Unterredung war der französische Minister kühler und zurückhaltender; er ging sogar zu Vorwürfen über:
„warum der Herzog denn nicht seine Truppen zu den Schweden stoßen lassen und selbst für die Vorteile kämpfen wolle, die er verlange!?“ Endlich ward der Franzose unverschämt; als von den Subsidiengeldern die Rede war, sagte er: „Seine Majestät hat sich zu keinen Subsidien verpflichtet; was der König zahlt, giebt er dem Herzog als ein Gnadengeschenk - un gratuit - aus générosité.“
Der Baron Teuffel bat den Herzog, ihn aus Paris abzuberufen; dies geschah im November 1761, 1) nachdem auch der Kaiser den Wunsch ausgesprochen, dass der Gesandte auf seinen Posten nach Regensburg zurückkehren möge; jedoch wurde er angewiesen, von dort aus die Verhandlungen mit dem französischen Hof fortzusetzen. Letztere beschränkten sich aber lediglich auf die Auszahlung der rückständigen Subsidien. Im Februar 1762 schrieb er an den österreichischen Gesandten in Paris, den Grafen Starhemberg: wenn Frankreich nun nicht zahle, sähe sich der Herzog genötigt, seine 3.000 Mann starken Truppen abzudanken, welche dann sämtlich in den hannoverschen Dienst treten würden. Mit einer vertröstenden Antwort, die hierauf erfolgte, erreichten die Verhandlungen mit Frankreich völlig ihren Abschluß.
1) Der Baron Teuffel erhielt bei seiner Abreise als Geschenk eine prachtvolle Tabatière mit dem Bildnis Louis XV.
Es ist ein kunstvolles Gewebe von Perfidie und Niedertracht, welches uns die französischen Verhandlungen zeigen. Rekapitulieren wir: Zuerst verleitete der König von Frankreich den Herzog Friedrich zum Abschluß des Traktats vom 1. April 1757, welcher demnächst zu dem zweiten Vertrage vom 1. Dezember desselben Jahres führte. Letzterer räumte dem König große Vorteile ein, namentlich den, sich durch Übergabe der Festung Dömitz an der Elbe festsetzen zu können. Als die französische Armee sich Ende 1757 von der Elbe zurückziehen mußte und der Plan mit den Schweden und demnächst mit den Russen zu kooperieren, aufgegeben wurde, schickte der Marschall Richelieu den vom König ratifizierten Vertrag, welchen er dem Herzog übergeben sollte, seinem Hofe zurück. Von diesem Augenblick an haben die französischen Staatsmänner nicht mehr die Absicht gehabt, dem zweiten Vertrag eine verbindende Kraft zu verleihen. Dies hinderte sie jedoch nicht, weiter zu verhandeln. Unter den verschiedensten Ausflüchten hielten sie den Herzog und seine Räte hin. Zunächst sollte die Schweriner Regierung einen Vertrag mit Maria Theresia und dem deutschen Kaiser schließen, durch welchen beide Monarchen dem französisch-mecklenburgischen Vertrage beizutreten erklärten. Dies geschah, aber die Ratification des zweiten französischen Traktats, ohne welche die beiden Wiener Verträge null und nichtig waren, erfolgte nicht. Dann legte Champeaux einen neuen Vertragsentwurf in Schwerin vor und machte den Abschluß eines dritten Traktats von der Beitrittserklärung Maria Theresias zu der Deklaration abhängig, welche zwischen ihrem Gemahl, dem Kaiser, und dem Herzog von Mecklenburg stipulirt war. Auch dies geschieht, aber wieder dasselbe Ränkespiel, der Abschluß des Vertrags erfolgt nicht.
Endlich reißt dem Herzog die Geduld, nachdem er sich vier Jahre lang hat täuschen lassen. Er schickt einen Abgesandten nach Paris, auf Anraten Mr. de Champeaux. Dies ist dem französischen Minister im höchsten Grade unbequem; Champeaux fällt in Ungnade. Der Herzog von Choiseuil, anfangs höflich und zuvorkommend, wirft bald die Maske ab und beendet die Verhandlungen in brüsker Weise.
Der Grund für das französische Verhalten liegt auf der Hand. Häufige Gerüchte waren aufgetaucht, der Herzog wolle sich Preußen in die Arme werfen; dies wollte man verhindern, um nicht die wertvolle Stimme Mecklenburgs in Regensburg einzubüßen und sich auf alle Fälle die in dem Vertrage vom 1. Dezember 1757 stipulirten Vorteile zu sichern.
Auffallender ist das Benehmen des Wiener Hofes. Die Kaiserin-Königin und der Kaiser traten durch drei Staatsverträge dem französisch-mecklenburgischen Traktat bei, obgleich ihre bevollmächtigten Minister, die Grafen Kaunitz und Coloredo genau wussten, dass derselbe, weil nicht ratifiziert, ohne alle rechtsverbindliche Kraft war. Spielten sie dieselbe Komödie wie die französischen Staatsmänner, oder wurden auch sie dupirt wie die mecklenburgischen?
1) Worin die französischen Zumutungen bestanden haben, ist aus den Akten nicht ersichtlich, da letztere hier lückenhaft sind.
Ganz ohne praktischen Nutzen sind übrigens diese Verhandlungen für Mecklenburg nicht gewesen. In einem Schreiben vom 5. Februar verheißt König Louis XV. dem Herzog, wohl um denselben bei gutem Mut zu erhalten, ohne dafür Gegenleistungen zu fordern, zum Unterhalt der herzoglichen Truppen eine monatliche Subsidienzahlung von 25.000 Livres. Diese Gelder liefen nicht immer regelmäßig ein und hörten um die Mitte des Jahres 1760 gänzlich auf. Wirklich gezahlt ist von Frankreich, laut Empfangsquittungen vom Februar 1758 bis zum Mai 1760, also für 28 Monate, die Summe von 700.000 Livres.
Diese Subsidiengelder, durch welche der König die mecklenburgischen Stände, welche wegen der weiteren Folgen der preußenfeindlichen Politik des Herzogs, die sie nicht billigten, andauernd in Sorgen waren, zu beruhigen und willfähriger zu machen glaubte, flossen übrigens nicht aus französischen Kassen, sondern wurden in den unglücklichen deutschen Ländern erpresst, welche die französischen Truppen besetzt hielten. Es schreibt nämlich der Herzog von Choiseuil an Mr. de Champeaux am 3. Juni 1759: „Ich ermächtige Sie, dem Herzoge zu sagen, dass im nächsten Winter die Kontributionen in Feindesland erheblich vergrößert und die Überschüsse zu Gunsten Mecklenburgs verwendet werden sollen. Seine Majestät hofft, dass es gelingen wird, durch diese Erklärung die Besorgnis der mecklenburgischen Stände, sich im nächsten Winter einer neuen Invasion ausgesetzt zu sehen, zu beseitigen.“
Dem edelmütigen Herzen Herzog Friedrichs war es im höchsten Grade betrübend, aus dieser Quelle Entschädigung zu beziehen. Auch hatte er erst vor kurzem, als der französische Gesandte in Regensburg den Baron Teuffel gefragt hatte, ob es dem Herzog genehm sein würde, wenn seine Regierung Baden und Nassau auf demselben Fuß nähme, wie Preußen die mecklenburgischen Lande? indignirt antworten lassen: ein so odieuses Mittel zur Abwendung der preußischen Gewalttätigkeiten verbitte er sich ernstlich. Indessen nahm er die Gelder, denn die Not im eigenen Lande war ihm die nächste.
Im Sommer 1759 war Mr. de Champeaux nach Versailles gereist, um nämlich Bericht zu erstatten und Instruktionen für weitere Verhandlungen einzuholen. Im November kehrte er nach Schwerin zurück und brachte ein Memoire mit, in welchem die Ratifikation des zweiten Vertrags verheißen wird, wenn der Herzog einen Vertrag, dessen Entwurf er gleichzeitig vorlegte, abschließen wolle. Diesen Entwurf schickte der Herzog an den Baron Dittmar nach Wien zur Begutachtung, mit dem Bemerken, dass er Bedenken trage, denselben abzuschließen, da er die Rechte und Vorteile, welche die beiden ersten Traktate ihm einräumten, abzuschwächen scheine. Der Vizekanzler erklärte sich mit dieser Auffassung völlig einverstanden und der Herzog gab Mr. de Champeaux in einem Gegen-Memoire den Wunsch zu erkennen, dass die weiteren Verhandlungen zwischen dem französischen Botschafter und Baron Dittmar in Wien geführt werden möchten.
Anfang März 1760 erhielt Letzterer den entsprechenden Befehl; allein schon Ende des Monats berichtete er seinem Hofe, der französische Botschafter 1) habe. ihm erklärt, sein Hof werde Entschädigungsverbindlichkeiten, diese hatte die mecklenburgische Regierung in ihrem Gegen-Memoire gefordert, nicht früher eingehen, bis die französischen Waffen glücklich sein würden; deshalb sei ein Traktat mit Frankreich jetzt unmöglich.
1) An Stelle des Herzogs von Choiseuil (Stainville) war dessen Vetter, der Graf von Choiseuil zum Botschafter in Wien ernannt.
Hierdurch gerieten die Verhandlungen völlig ins Stocken. Graf Choiseuil erklärte ohne weitere Instructionen zu sein und Mr. de Champeaux, vom Grafen von Bassewitz lebhaft gedrängt, sich über die mecklenburgischen Gegenvorschläge auszusprechen, kam endlich mit der Erklärung heraus, dass sein Hof ihm befohlen habe, erst dann die Verhandlungen wieder aufzunehmen, wenn die Kaiserin-Königin wiederum der kaiserlichen Deklaration vom 30. Juni 1759 formell beigetreten sein würde.
Von neuem begann Baron Dittmar seine Verhandlungen mit dem Grafen Kaunitz mit unermüdlicher Geduld. Dieselben währten fast ein ganzes Jahr und endlich am 1. Dezember 1760 konnte er seiner Regierung eine Acte von höchst zweifelhaftem Wert zustellen, in welcher der Staatskanzler im Namen Maria Theresias seinen Beitritt zu der kaiserlichen Deklaration erklärte. Als aber trotz dieser Accessionsacte die Verhandlungen mit Frankreich keine Fortschritte machten, beschloss der Herzog auf Anraten des Mr. de Champeaux, seinen Comitialgesandten in Regensburg, den Baron Teuffel, an den Versailler Hof zu senden, um dort weiter zu verhandeln.
Wir wollen hier, um den Zusammenhang in der Erzählung nicht zu unterbrechen, die diplomatischen Unterhandlungen mit Frankreich zu Ende führen.
Den ersten Impuls zur Absendung eines Gesandten nach Versailles hatte der Baron Dittmar gegeben, als er sah, dass man durch die Verhandlungen mit den französischen Gesandten in Wien und Schwerin keinen Schritt weiter kam und er hatte sich selbst zu dieser Mission angeboten. Da aber der Herzog der Ansicht war, der Dienste des Vizekanzlers in Wien nicht entbehren zu können, so zog er es vor, seinen Comitialgesandten in Regensburg nach Versailles zu schicken.
Der Baron Teuffel wehrte sich, so lange er konnte, gegen eine Mission, deren Misserfolg er voraus sah. Von der Urgirung der Ratification des Vertrags vom 1. Dezember 1757 riet er unter allen Umständen ab. „Die Sache sei in Frankreich nachgerade adiös geworden.“ Er scheint der einzige mecklenburgische Staatsmann gewesen zu sein, welcher sich von der französischen Hülfe nichts versprach; er riet dringend von der Mission ab. Nichtsdestoweniger wurde dieselbe in Schwerin beliebt; man ging aber auf die Ideen des Gesandten insoweit ein, dass ihm aufgegeben wurde, „am Versailler Hofe nicht von der Vergangenheit, sondern nur von der Gegenwart und Zukunft zu sprechen.“ Seine Instruktion lautete unter einem fremden Namen incognito nach Versailles zu reisen und dort den Abschluß des von Champeaux vorgelegten dritten Vertrags, mit den Abänderungen, welche die Schweriner Regierung in Bezug auf Entschädigungsansprüche gemacht hatte, zu erwirken; ferner in einem geheimen Separat-Artikel festzusetzen, dass der Herzog von Broglio, wenn seine Armee so weit vorgedrungen sein würde, das Herzogtum Lauenburg und die zwölf Ämter für den Herzog besetze.
Als der Baron Teuffel Anfang September in Versailles anlangte, fand er Mr. de Champeaux ebenfalls dort vor, aber Unterstützung konnte ihm derselbe nicht gewähren, denn er war ein in Ungnade gefallener Mann. Er war es gewesen, welcher den Herzog beredet hatte, einen Gesandten nach Versailles zu schicken, und das hatte ihm sein Minister, der durchaus nicht gesonnen war, bei dem damaligen Stand der politischen Angelegenheiten neue Verbindlichkeiten einzugehen, so übel genommen, dass er sogleich seinen Abschied erhalten hatte und es noch fraglich war, ob er Pension bekommen würde. Vertrauenerweckend war dieser Anfang gerade nicht, indessen ging der Baron Teuffel frischen Muts an die Arbeit.
Choiseuil empfing den Abgesandten des Herzogs sehr freundlich und zuvorkommend. Er bedauerte, dass der unglückliche Verlauf der Ereignisse die Ratifizierung des zweiten Traktats unmöglich gemacht; der Herzog solle beim Friedensschluss ganz besonders berücksichtigt werden, aber wie? sei eine pure Unmöglichkeit zu sagen, das hänge lediglich von den Ereignissen ab; Champeaux habe sich auf Negocen eingelassen, zu welchen er keine Ordre gehabt; Versprechungen zu machen sei unmöglich; „aber,“ fügte der Minister mit französischem Pathos hinzu, „es ist nicht die Art der Krone Frankreichs seine Alliierten im Stich zu lassen!“
Als Baron Teuffel sodann fragte, ob man nicht geneigt sei, jetzt den dritten von Frankreich entworfenen Traktat abzuschließen nur mit Hinzufügung eines ganz unverfänglichen Artikels? erwiderte Choiseuil: „Nein, wir müssen das Ende der Campagne abwarten; lassen Sie es sich noch einige Monate bei uns gefallen, ich möchte nicht gerne, dass Sie abreisten, ohne Etwas erreicht zu haben.“
„Wie es denn mit den Subsidien stehe?“ „Ohne Zweifel sollen diese bezahlt werden,“ antwortete der Herzog, „aber es ist unmöglich die Termine innezuhalten, wir haben so viele Depensen.“
„Eure Durchlaucht sehen, wie es steht; brüskieren lässt sich nichts, man muss abwarten. Ich habe genug von dieser Mission abgeraten,“ berichtete Teuffel nach Schwerin.
Bei der nächsten Unterredung war der französische Minister kühler und zurückhaltender; er ging sogar zu Vorwürfen über:
„warum der Herzog denn nicht seine Truppen zu den Schweden stoßen lassen und selbst für die Vorteile kämpfen wolle, die er verlange!?“ Endlich ward der Franzose unverschämt; als von den Subsidiengeldern die Rede war, sagte er: „Seine Majestät hat sich zu keinen Subsidien verpflichtet; was der König zahlt, giebt er dem Herzog als ein Gnadengeschenk - un gratuit - aus générosité.“
Der Baron Teuffel bat den Herzog, ihn aus Paris abzuberufen; dies geschah im November 1761, 1) nachdem auch der Kaiser den Wunsch ausgesprochen, dass der Gesandte auf seinen Posten nach Regensburg zurückkehren möge; jedoch wurde er angewiesen, von dort aus die Verhandlungen mit dem französischen Hof fortzusetzen. Letztere beschränkten sich aber lediglich auf die Auszahlung der rückständigen Subsidien. Im Februar 1762 schrieb er an den österreichischen Gesandten in Paris, den Grafen Starhemberg: wenn Frankreich nun nicht zahle, sähe sich der Herzog genötigt, seine 3.000 Mann starken Truppen abzudanken, welche dann sämtlich in den hannoverschen Dienst treten würden. Mit einer vertröstenden Antwort, die hierauf erfolgte, erreichten die Verhandlungen mit Frankreich völlig ihren Abschluß.
1) Der Baron Teuffel erhielt bei seiner Abreise als Geschenk eine prachtvolle Tabatière mit dem Bildnis Louis XV.
Es ist ein kunstvolles Gewebe von Perfidie und Niedertracht, welches uns die französischen Verhandlungen zeigen. Rekapitulieren wir: Zuerst verleitete der König von Frankreich den Herzog Friedrich zum Abschluß des Traktats vom 1. April 1757, welcher demnächst zu dem zweiten Vertrage vom 1. Dezember desselben Jahres führte. Letzterer räumte dem König große Vorteile ein, namentlich den, sich durch Übergabe der Festung Dömitz an der Elbe festsetzen zu können. Als die französische Armee sich Ende 1757 von der Elbe zurückziehen mußte und der Plan mit den Schweden und demnächst mit den Russen zu kooperieren, aufgegeben wurde, schickte der Marschall Richelieu den vom König ratifizierten Vertrag, welchen er dem Herzog übergeben sollte, seinem Hofe zurück. Von diesem Augenblick an haben die französischen Staatsmänner nicht mehr die Absicht gehabt, dem zweiten Vertrag eine verbindende Kraft zu verleihen. Dies hinderte sie jedoch nicht, weiter zu verhandeln. Unter den verschiedensten Ausflüchten hielten sie den Herzog und seine Räte hin. Zunächst sollte die Schweriner Regierung einen Vertrag mit Maria Theresia und dem deutschen Kaiser schließen, durch welchen beide Monarchen dem französisch-mecklenburgischen Vertrage beizutreten erklärten. Dies geschah, aber die Ratification des zweiten französischen Traktats, ohne welche die beiden Wiener Verträge null und nichtig waren, erfolgte nicht. Dann legte Champeaux einen neuen Vertragsentwurf in Schwerin vor und machte den Abschluß eines dritten Traktats von der Beitrittserklärung Maria Theresias zu der Deklaration abhängig, welche zwischen ihrem Gemahl, dem Kaiser, und dem Herzog von Mecklenburg stipulirt war. Auch dies geschieht, aber wieder dasselbe Ränkespiel, der Abschluß des Vertrags erfolgt nicht.
Endlich reißt dem Herzog die Geduld, nachdem er sich vier Jahre lang hat täuschen lassen. Er schickt einen Abgesandten nach Paris, auf Anraten Mr. de Champeaux. Dies ist dem französischen Minister im höchsten Grade unbequem; Champeaux fällt in Ungnade. Der Herzog von Choiseuil, anfangs höflich und zuvorkommend, wirft bald die Maske ab und beendet die Verhandlungen in brüsker Weise.
Der Grund für das französische Verhalten liegt auf der Hand. Häufige Gerüchte waren aufgetaucht, der Herzog wolle sich Preußen in die Arme werfen; dies wollte man verhindern, um nicht die wertvolle Stimme Mecklenburgs in Regensburg einzubüßen und sich auf alle Fälle die in dem Vertrage vom 1. Dezember 1757 stipulirten Vorteile zu sichern.
Auffallender ist das Benehmen des Wiener Hofes. Die Kaiserin-Königin und der Kaiser traten durch drei Staatsverträge dem französisch-mecklenburgischen Traktat bei, obgleich ihre bevollmächtigten Minister, die Grafen Kaunitz und Coloredo genau wussten, dass derselbe, weil nicht ratifiziert, ohne alle rechtsverbindliche Kraft war. Spielten sie dieselbe Komödie wie die französischen Staatsmänner, oder wurden auch sie dupirt wie die mecklenburgischen?
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und der 7jährige Krieg