Schwerin - Die Stadt Schwerin

Die eigentliche alte Stadt Schwerin, später im Gegensatze zur Neustadt, die Altstadt genannt, war sehr klein und umfaßte im Mittelalter auf dem Raume zwischen dem Dom und der Burg einen kleinen Marktplatz und ungefähr 12 enge Straßen, welche größten-theils von Handwerkern und Krämern bewohnt wurden, außer dem Domgebiete für die Wohnungen der zahlreichen Geistlichkeit und der Burgfreiheit vor der Burg; die nördliche Stadtmauer gegen die spätere Neustadt stand dort, wo jetzt die Friederichs- und die Scharfrichterstraße gehen. Schon im ersten Jahrhunderte der Stadt erwarb das Bisthum nach und nach das nördlich vor der Stadt gelegene Feld, die Schelfe oder kleine Schelfe genannt, und im J. 1228 ward hier die St. Nicolai-Kapelle an der Stelle der jetzigen Schelfkirche gegründet. Bald ward auch der Raum von der Altstadt bis zu dieser Kapelle in drei Straßen: der Pfasten-, der Stein- (und Ritter-) und der Fischer- (jetzigen Münz-) Straße, angebauet und mit dem Namen der Schelfe oder kleinen Schelfe oder Neustadt Schelfe belegt, wenn auch mitunter den später angebaueten Straßen auf dem Moorgrunde der Altstadt, jetzt der große und der kleine Moor, der Name Neustadt gegeben ward; die alte Neustadt Schelfe ward von Domherren, als den Grundherren, und den zahlreichen untergeordneten Geistlichen, von Rittern, welche nicht unter dem Stadt-Regiment leben wollten, und von Fischern, deren Gewerbe eine freiere Bewegung außerhalb der in alten Zeiten strenger verschlossenen Stadt forderte, bewohnt: daher die Namen der Straßen in der alten Neustadt Schelfe. Bis iiber die St. Nicolai-Kapelle dehnte sich jedoch in alter Zeit die Neustadt gegen Norden nicht aus. Nachdem durch den westphälischen Frieden im J. 1648 das Bisthum Schwerin weltlich geworden und an das regierende Fürstenhaus gefallen war, wandte sich zu verschiedenen Zeiten die Sorgfalt der Landesherren mehr auf die Hebung der Hauptstadt. Vorzüglich war es der wohlmeinende Herzog Friederich Wilhelm, welcher durch Beförderung der Gewerbthätigkeit das Vaterland und namentlich die Stadt Schwerin zu heben suchte. Er erweiterte daher die Vorstadt Schelfe in der bedeutenden Ausdehnung bis zum Ziegelsee, ordnete den Grundplan des großen neuen Stadttheils, gab diesem unter dem Namen der Neustadt im J. 1705 eine Stadtverfassung und bauete an der Stelle der St. Nicolai-Kapelle in der Mitte der Neustadt die Schelfkirche, welche er sich auch zur Ruhestätte erkor. Noch in demselben Jahrhundert war die Neustadt , welche die Altstadt an räumlicher Ausdehnung übertrifft, in freundlichen, regelmäßigen Straßen bebaut. Kaum war aber die Neustadt geordnet, als ein fürstliches Jagdschloß beim Dorfe Klenow 1731 -1735 gegründet ward, aus dessen Umgebungen sich unter dem Herzoge Friederich seit dem J. 1756 unter dem Namen Ludwigslust eine Residenz entwickelte, welche fast ein Jahrhundert hindurch der Hauptstadt die besten Kräfte entzog. Erst unter dem regierenden Großherzoge Paul Friederich nahm die Stadt Schwerin wieder den ihr gebührenden Rang ein, indem dieser Fürst bald nach seiner Thronbesteigung im J. 1837 das Großherzogliche Hoflager wieder nach Schwerin verlegte. Mit glühender Begeisterung verwandelte er durch seine Thätigkeit nicht allein die Altstadt und deren Umgebungen aus fast wunderbare Weise zu einem, der reizenden Lage angemessenen Orte, sondern erweiterte auch die Stadt um einen bedeutenden Raum, dessen Ausdehnung im J. 1841 durch Wall und Graben begrenzt und demnächst mit neuen Choren geziert ward; er legte nicht allein die Vorstadt, welche sich erst seit ungefähr einem Jahrhundert ausgebildet hatte, zur Stadt, sondern gründete auch auf dem Felde längs dem ganzen westlichen Ufer des Pfaffenteiches einen neuen Stadttheil, die Paulsstadt. Durch diese Paulsstadt, welche den übrigen Stadttheilen an Größe nicht nachsteht und ohne Zweifel der schönste Theil der Stadt zu werden verspricht, kommt ein großes Seebecken, der Pfaffenteich, innerhalb der Stadt zu liegen, und die Ausführung dieses Gedankens gibt Aussicht zu einer der reizendsten Stadtanlagen in Norddeutschland. Schon im J. 1841 war mit bisher unerhörten Anstrengungen der ganze Boden der Paulsstadt in zwei Terrassen geebnet, mit gepflasterten Straßen durchschnitten und ungefähr zum Drittheil bebauet. Am 3. Mai 1841 wurden den Straßen in der Paulsstadt und andern neuen Straßen, sowie den neuen Thoren Namen gegeben.

Auf unserm Bilde sehen wir von der wismarschen Chaussee im Vorgrunde den Pfaffenteich, im Hintergrunde die Altstadt mit dem Dome , links die Neustadt mit der Schelfkirche, rechts die Paulsstadt mit dem neuen wismarschen Thore und rechts vor dem Thore die sogenannte Bischofsmühle unter dem Schatten einer sehenswerthen Weide, und hinter der Paulsstadt die Vorstadt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1842
Schwerin

Schwerin

Die Neustadt

Die Neustadt

Die Paulsstadt

Die Paulsstadt

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