Schwerin - Der Dom zu Schwerin

Nachdem der Herzog Heinrich der Löwe, der gewaltige Eroberer des Wendenlandes, im J. 1167 auf Rath und Wunsch des Bischofs Berno, des Apostels der Wenden, den Bischofssitz im Lande der Obotriten von Meklenburg nach Schwerin verlegt hatte, gründete er hier im J. 1171 am 5. September (daher noch der September-Jahrmarkt oder die Kirchgründungsmesse) den Dom und bewidmete das Bisthum Schwerin. Von der ersten christlichen Kirche in Schwerin steht lange nichts mehr, obgleich noch einzelne Alterthümer und geschichtliche Nachrichten dafür zeugen, daß neben der jetzigen Kirche ein noch älteres kirchliches Gebäude gestanden habe. Bald aber ward der Grundstein zu der noch stehenden großen Domkirche gelegt, namentlich nachdem der glorreiche Graf Heinrich I. von Schwerin einen Tropfen des Heiligen-Blutes von seinem Kreuzzuge nach Palästina heimgebracht, denselben der Domkirche am grünen Donnerstage 1222 (daher noch der Jahrmarkt am Donnerstage vor Palmarum) geweiht und ein Drittheil der Gaben der Gläubigen zum Dombau bestimmt hatte. Jetzt konnte der Bau kräftig betrieben und schon am St. Bitustage, den 15. Juni (daher noch der Jahrmarkt der Kirchweihmesse), im J. 1248 mit großem Pomp in Gegenwart vieler Prälaten unter dem Bischofe Wilhelm eingeweiht werden. Jedoch ward Sie erst nach und nach vollendet und erst im Anfange des 15ten Jahrhunderts ward das Schiff von den Stralsundern zur Lösung vom Banne, der wegen der Ermordung dreier Priester im J. 1407 über sie verhängt war, gewölbt. Damit ward der Bau der Kirche vollendet; für die Einrichtung derselben that noch der ehrwürdige Bischof Conrad Loste (1482–1503) sehr viel. Nachdem schon seit dem Jahre l526 durch Martin Oberländer in der St. Georgen-Hospital-Kirche in der Vorstadt und dem nächst seit l529 durch den Magister Aegidius Faber in einer neu erbaueten Kapelle in der Salzstraße die evangelische Lehre gepredigt war, vernichtete der Herzog Johann Albrecht I. im J. 1552 das Heilige Blut und bestellte zwei evangelische Prediger am Dom, und damit ward dem Papismus am Bischofssitze ein Ende gemacht, wenn auch das Dom-Kapitel noch bis zur Aufhebung des Bisthums durch den westphälischen Frieden im J. 1648 dem Namen nach bestand. Schon im J. 1583 wurden die Chore, Chorgitter und Altäre des katholischen Gottesdienstes entfernt. Eine große Umwandelung erlitt die Kirche aber im J. 1815, als bei den nöthigen Reparaturen nach den trüben Kriegsjahren auch eine sogenannte Restauration vorgenommen und dabei der Boden der Kirche gleichgelegt, die Einrichtung neu geschaffen und manches ehrwürdige Kunstwerk alter Zeit entfernt ward. Seit dem J. 1840, in welchem Jahre das zweite norddeutsche Musikfest in der Kirche gefeiert ward, ist man bemüht, die wenigen Zierden des Doms aus alter Zeit nach ihrem Geiste wiederherzustellen und dem Ganzen nach und nach eine würdevollere Einrichtung zu geben.

Die Kirche ist eine Kreuzkirche von großer Ausdehnung im Spitz-bogenstyl von sehr großartigen und erhabenen Formen, welche durch die Harmonie ihrer Verhältnisse und die Reinheit ihrer Glieder in hohem Grade befriedigen. Die Gewölbe erheben sich 98 Fuß über dem jetzigen erhöheten Fußboden der Kirche, sind früher aber im Schiffe wohl an hundert Fuß hoch gewesen.


An alten Kunstwerken besitzt die Kirche nicht sehr viel, jedoch ist sehenswerth: die in der Reformationszeit zum fürstlichen Erbbegrab-nisse umgeschaffene Heilige-Bluts-Kapelle hinter dem Altare mit den im J. 1400 ausgeführten und im J. 1841 restaurierten Wandgemälden von 6 Grafen von Schwerin und 2 Herzogen von Meklenburg; das von dem berühmten Rothgießer Peter Bischer zu Nürnberg gegossene Epitaphium auf die Herzogin Helena († 1524), zweite Gemahlin des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, hinter dem Altare, der Heil. Bluts-Kapelle gegenüber; die marmornen Bildsäulen des Herzogs Christoph († 1592) und seiner Gemahlin Elisabeth, des Königs Gustav I Wasa von Schweden Tochter († 1597), in der fürstlichen Begräbnis-Kapelle neben dem Altare; die zwei bewundernswerthen, gravirten Messingplatten aus dem 14ten Jahrhundert auf den Gräbern der 4 Bischöfe aus dem Hause von Bülow vor dem Altare, und die herrliche, von Antonius Mörß aus Antwerpen im J. 1557 erbauete Orgel.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1842