1) Schulvorsteher, Schulgemeinden.

Wie noch bis auf den heutigen Tag bei den ritterschaftlichen, war früher auch bei den domanialen Landschulen jegliche Teilnahme der Schulgemeinde selbst ausgeschlossen und letztere hier nur einseitigen Anordnungen des vorgesetzten Amtes unterworfen, dessen Sitz wiederum oft weit vom Schulorte entfernt lag. Manche Unregelmäßigkeiten waren dadurch unvermeidlich.

Um diese zu beseitigen, das Interesse der Gemeinde zu wecken, dadurch das domaniale Schulwesen selbst und seinen Einfluss auf die Volksbildung zu fördern, wurden durch Verordnung1) vom 19. September 1842 für jede Dorfschulgemeinde2) und aus deren Mitte zwei Schulvorsteher befohlen. Sie müssen verständige, gut beleumdete Männer evangelisch-lutherischer Confession3) sein, auch beide am Schulorte selbst wohnen, woneben auch wol noch selbst in den bloß eingeschulten Ortschaften Schulvorsteher angesetzt werden, deren Wirksamkeit sich dann aber nicht auf den Schulort selbst, sondern hauptsächlich nur auf Kontrolle des Schulbesuches und Betragens der Kinder ihres eigenen Wohnsitzes erstreckt.4) Erster Schulvorsteher ist in der Regel der Dorfschulze, während für die zweite Stelle die Bauern und Büdner der Schulgemeinde zwei ihrer Mitglieder dem Amte vorschlagen sollen, welches dann nach Verständigung mit dem kompetenten Prediger die Wahl trifft, zu deren unentgeltlicher Annahme während mindestens fünf Jahre jeder verpflichtei ist. Auf Höfen ist wohl der Inhaber, wenn willig und qualifiziert, alleiniger Schulvorsteher.5) Die neuen Schulvorsteher pflegen durch die Prediger in ihre Schulen eingeführt, auch am nächstfolgenden Sonntag nach der Predigt von der Kanzel der Gemeinde als solche verkündet zu werden. Ihre, auch auf die Industrieschulen ausgedehnte, Kompetenz6) ist allseitig vorgeschrieben; im Allgemeinen sollen sie die beaufsichtigenden und vermittelnden Organe sowol der Gemeinde selbst als der Schulbehörde sein.


Durch die domaniale Gemeindeorganisation von 1869 sind sowohl hinsichtlich der Schulvorsteher selbst als betreffs ihrer Wirksamkeit mehrfache Veränderungen herbeigeführt. In erster Beziehung geschieht jetzt der Vorschlag der zweiten Schulvorsteher nicht mehr ausschließlich durch die Bauern und Büdner, sondern durch die Dorfversammlungen der Schulgemeinden7). In den Domanialflecken sind nach deren neuen Schulordnungen die Schulvorsteher meistens mit der Ortsschulbehörde verschmolzen, nur in Zarrentin zur ferneren Unterstützung der Ortsschulbehörde geblieben, werden aber hier beide von der Gemeindevertretung gewählt. Für die Insel Poel gelten hier die vorstehenden Grundsätze der übrigen Landschulen. — Die Kompetenz der Schulvorsteher ferner anbelangend, so ist dieselbe durch §§ 1 und 10 nebst Anlage A der Gemeindeschulordnung vom 29. Juni 1869 bedeutend geschmälert, weil hiernach die ganze Leitung der gemeindlichen Beteiligung an dem, durch die Gemeindeordnuug vom gleichen Datum § 6 in gewissen Gränzen in die Gemeindeverwaltung übergegangenen Schulwesen dem Gemeindevorstande, resp. bei Zusammenlegung mehrerer Dorfschaften zu einem gemeinschaftlichen Schulverbande den mehreren Gemeindevorständen nach deren unter sich zu treffenden Einigung gebührt und hier nur Beirat der Schulvorsteher reserviert ist. — Eine selbständige Cognition werden dieselben also fortan nicht mehr ausüben bei Gebäuden und Baubetrieb der Dorfschulen, Ländereien und deren Bestellung, Schulwegen, Inventar, Lehrmitteln, Fuhren, weil dies Alles wesentlich Objekte der Gemeindeadministration geworden ist. Dagegen sind ihnen von ihren früheren regulativmäßigen Rechten und Pflichten verblieben: Sorge für regelmäßigen Schulbesuch (§ 20), Aufmerksamkeit auf das Betragen der Jugend außer der Schulzeit (§ 15), Anzeige von Unregelmäßigkeiten in Lebenswandel und Amtsführung der Lehrer, Teilnahme an Schulprüfungen, an Einführung neuer Lehrer, an Beratungen mit dem Prediger über Schulzeit, Dienstscheine, Versäumnislisten, endlich an der Auseinandersetzung der Lehrer. Die Prediger sollen ihre Schulvorsteher halbjährlich bei sich versammeln, um mit ihnen Schulangelegenheiten zu besprechen, auch sie mit den neuen Schulgesetzen bekannt zu machen. — Wo, wie in den Domanialflecken, Schulvorsteher und Ortsschulbehörde vereinigt sind, gehen auch auf letztere die Befugnisse jener über. —

Bei den ständischen Landschulen ist die Bestellung von Schulvorstehern freilich schon in den Verhandlungen von 1821 als Bedürfnis erkannt8), jedoch bis jetzt gesetzlich nicht bestimmt.

1) Vgl. Frahm, Schulgesetze S. 41 ff.
2) Die hier aufgenommene Beschränkung auf Dorfschulen ergibt sich aus dem Inhalt der Verordnungen.
3) auch nach ausdrücklichem Wortlaut der Flecken- Schulordnungen (§ 1 cit. a. E.)
4) nach einzelnen Ministerialrescripten.
5) ebenso.
6) Indust. Schulregulativ v. 12. August 1869, § 12, Rgbl. Nr. 70.
7) C. des Unterrichtsminist. v. 6. Dezember 1873.
8) Archiv für Landeskunde 1867, S. 73.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landschulwesen in Mecklenburg-Schwerin