VII. Von noch einigen hieher gehörigen Sachen.

Noch einige Kleinigkeiten sind übrig, welche nicht gänzlich zu vergessen und ehedessen, theils in gewissen Fällen, theils zu gewissen Zeiten in Sicht genommen werden. Zu jenen gehören die Titulatur, deren ehedessen die Stadt in ihrem Schreiben an ihre Landesherren, und diese wieder an jener sich bedient und sonst gebraucht haben, v. gr. an. 1300 hat es geheißen von Seiten der Stadt: Sublimes nostri Domini, Domini Magnopolenses. 1319 Unse Herren van Mecklenborgh. 1323 Dominus noster Magnopolensis. 1354 Dominus Dux Magnopolensis. 1599 Datum in Eurer Fürstl. Gnaden untertänigen Stadt Wismar. Von Seiten der Herrschaft aber hat es geheißen: Consules et Burgenses nostri de Wismar 1260. 1266 hat man geschrieben: Nostia dilecta civitas de Wismaria. 1305 Dilectis nostris Consulibus et universitati civitatis nostrae Wismariae. 1329 Unse leve Rathmanne vnde de gantzen Stadt und der Mannheit tho der Wismar. 1601 den Ehrsamen unseren lieben getreuen Bürgermeistern und Rathmannen, auch verordneten Ausschuß und ganzen gemeinen Bürgerschaft in unser Stadt Wismar etc.

Noch gehört hieher die Abnehmung der rechten Hand derer, welche von andern sind entleibt worden. Wann und woher diese Gewohnheit entstanden, kann man nicht völlig errathen, so viel aber hat man in alten Urkunden gesehen, daß sie wenigstens 1510 ff. durgehends gebräuchlich gewesen. Was sonderliches ist es, daß, da 1559 ein Edelmann auf einer Wismarischen adelichen Hochzeit erstochen worden, und man auch diesem Entleibten die Hand ablösen wollte, die Unverwandten es anregten, daß solches nicht geschehe, indessen aber eine Wächserne anstatt der abzulösenden Hand hingegeben, und dabei in einem weit-läufigen Revers versprochen wurde, E. E. Rath schadlos zu halten, wenn demselben wegen der dem Entleibten nicht abgelösten Hand etwas von anderen sollte angemuthet werden.


Was die’ noch übrigen Wismarischen Gewohnheiten, welche zu gewissen Zeilen in Acht genommen worden, anbelangt, so gehört dazu das tägliche Läuten der Wächterglocke, wie es Abends um 8 Uhr auf dem St. Nicolai-Thurm geschieht. Dies Läuten wird in alten Urkunden von 1373 schon mit berührt, und haben sich nach demselben die Stadtnachtwächter nicht allein, sondern auch andere richten müßen. Die Stadtnachtwächter braucht man jetzt noch und lassen diese des Nachts ihr Wächterliedlein hören; die Wächterglocke hat man seit 1703, da der St. Nicolaithurm vom Winde herunter geworfen und die Glocke mit ruinirt worden, nicht gehört, bis 1727 diese Glocke zu Lübeck umgegossen wurde, wie sie in Wismar wieder angekommen und auf den Thurm gebracht wurde, hat man am 17. April desselben Jahres sie wieder zuerst des Abends der Wächter wegen geläutet.

Daß man in alten Zeilen zum wenigsten des Jahres einmal und zwar um Himmelfahrt die hiesigen Stadt-Statuten der Bürgerschaft von dem Rathhause und zwar von der Löferung aus dem ersten Fenster gegen Abend hinaus publicirt, ist eine unläugbare Sache. Bei dieser Gelegenheit hat der Büttel jährlich auf öffentlichem Markt das sogenannte Tafelschlagen verrichtet, aber beides ist seit 1688 fast nicht mehr geschehen. Nur daß 1694 der damalige Hr. Bürgermeister Joh. Oldenburg solches noch einmal gethan, der aus dem Fenster ein rothes Tuch gehangen, der Scharfrichter aber darauf ein Brett anstatt der Tafel geschlagen. Indessen ist es glaublich, daß diese Gewohnheiten 1266 schon ausgekommen. Diesen ist beizusetzen, dasjenige, welches Hederich von dem Brod, so in Wismar in der Form eines Kreuzes gebacken wird, mit angemerkt, und ist solches allem ansehen nach von einer gewissen Art der sogenannten heißen Wecken gemeint, welche Art Brod schon 1170 der damals ohnweit Wismar häufig getauften Heiden wegen aufgekommen, welchem nach der rechte Name desselben Heyde-Weg mag genannt worden sein. Noch mag mit berührt werden, die Gewohnheit von den St. Martins-Mann, welchen die Wismarischen, eben wie noch heute die Lübecker nach Schwerin senden müssen, da denn dem Herzoge von Wismar aus unter andern ein hölzener Becher mit Spänen soll zugesandt worden sein. Doch von dem Becher mit Spänen wollen andere nichts wissen, vielmehr sagen sie, es sei eine Tonne Flamischer Heringe nach Schwerin gesandt, wofür E. E. Rath aus den Aemtern Redentin und Barpen eine wilde Sau und einen Hirsch bekommen, wie auch dieses Präsent in zwei Jahren nicht erfolgte, sei auch die Tonne Heringe nachgeblieben. Endlich hat man alle 7 Jahre gewisser Aecker wegen in Wismar zu losen gepflegt, wovon jetzt wenig Nachricht zu finden ist, so viel kann man sagen, daß dies Loosen 1336 schon üblich gewesen, daß 1608 dergleichen noch geschehen und vermutlich bis 1630 beibehalten worden, nachgehende aber eingestellt sei.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar