III. Von den ehemals in Wismar gebräuchlichen Kleidern.

Wie man ehemals in Wismar verschiedene Kleider getragen, die jetzt nicht mehr Mode sind, so hat man im Gegentheil in alten Zeiten von vielen jetzt sonderlich beliebten gar nichts gewußt, besonders wo man an diesen Orten so nackt einhergezogen, wie Cluverus von den alten Deutschen melden will, wobei man es auch dahin gestellt sein läßt, wieweit der Habit, welchen ein Wende auf dem Titelblatt des von Bangerto erläuterten Helmold trägt, gegründet sei. Von den in der Dobranischen Kirche zum Theil noch vorhandenen Gemälden möchte man wohl ein besseres Muster nehmen können, Jedoch wir bleiben bei dem, was sich in Wismar findet und hiehergehört; es ist hauptsächlich folgendes:
Auf den Köpfen haben die Mannspersonen anstatt der gegenwärtig platten Hüte, vor etwa 50 Jahren die hohen und ziemlich spitzen getragen, und da sind einige Wismarische Männer circa 1640 so weit gegangen, daß sie auf solchen Hüten goldene und mit Perlen besetzte Hutschnüre haben tragen wollen, welches im jetztgedachten Jahre verboten worden. Ehe die Perruque aufgekommen (welches 1600 zuerst in diesen Ländern geschehen) oder völlig gemein geworden (welches 1680 sich zugetragen), haben auch die ansehnlichsten Männer kleine lederne Mützen oder Colotschen unter den Hüten getragen. Die Jungfern haben circa 1350 auf ihren Köpfen gewisse Kruspelcken gebraucht, welche von den Vidummen, Stülpen und Flechten, von welchen in den folgenden Jahren Verschiedenes vorkommt, nicht gar sehr unterschieden mögen gewesen sein. Auf diesen hat man viele Perlen und goldene Stifte in den alten und neuesten Zeiten vielerlei Bänder angetroffen, bei welchen bie krausen Haare auf allerlei Art und Weise das ihrige haben thun müssen. Einige von diesen Moden, die circa 1554 in Brauch gewesen, kommen auf den alten Gemälden, besonders in den hiesigen Kirchen noch hin und wieder vor, die heute sehr seltsam aussehen. Inzwischen ist aus alten Kleiter-Ordnungen bekannt, daß 1640 den Jungfern, ohne an ihren Hochzeitstagen mit Perlen und goldnen Stiften die Köpfe zu schmücken, sei verboten worden, welches denn auch bis 1660 beibehalten wurde. Die übrigen Flechten aber haben seit 1690 sich in so vielerlei Fontangen Patenillen, Kappen und Nacht-Zeugen verändert, daß man die mannigfachen Moden wohl kaum wird zählen können. Wer von den Mützen auf der grauen Köpfe etwas haben will, den verweiset man gleichermaßen auf die noch hie und da vorkommenden Gemälde, welche zur Genüge, bezeugen, wie die alte Einfalt seit 1580 je länger, je mehr sich verloren, und anstatt der alten kleinen weißen Mützen, desgleichen der alten kleinen schwarzen Rummelpötte, anfänglich allerhand Paustkappen und Schiffs-Mützen, hernach allerhand Fontangen und endlich allerhand ander Zeug eingeführt worden, mich noch täglich mehr eingeführt werden.

Um den Hals haben nicht nur die Männer, sondern auch die Frauens-Personen, selbst die kleinen Mädchen, wenn sie kaum gehen können, die runden Krausen oder Wolkenkragen, so heute Priesterkragen heißen, viele Jahre getragen. In Anon. Chron. Wism. Manusc. will berichtet werden, daß diese Art Kragen circa 1596 in Wismar aufgekommen, aber man findet Gemälde von 1565, 1554 ja 1547, auf welchen sie schon zu sehen, hat auch sonst angemerkt, daß sie 1587 den gemeinen Dirnen zu tragen verboten worden. Daß 1630 noch Männer sowohl als Frauen dergleichen Krausen oder Kragen um den Hals gehabt, bezeugen die Gemälde solcher Jahre, und die folgende beweisen, daß die Männer sie eher abgelegt als die Frauen nemlich circa 1650, damals sind die kleinen Platten ober Ueberschläge unter den Männern Mode geworden, doch wenig Jahre hernach, etwa 1655, haben die Frauenspersonen auch die platten Kragen ihnen mehr als die krausen gefallen lassen. Indessen kommt doch circa 1587 vor, von sammtnen, seidenen, seiden-grob-grünen, Nacheierschen, einfachen, auch doppelten, gedruckten und ungedruckten, gebrämten und ungebrämten platten Frauenkragen etwas vor, es findet sich auch etwas von krausen Kragen, die mit Spitzen besetzt gewesen sind etc. Daß seit 1690 die kleinen Platten der Männer mehr und mehr sich verloren, dagegen aber die Halstücher, bald mit, bald ohne Spigen, bald kurz, bald lang, bald mit, bald ohne Bänder, bald ausgenäht, bald unausgenäht und sonst gebraucht worden; daß das Frauenzimmer von eben der Zeit an immer was neues von Tüchern, Kragen und dergleichen zugeleget, ist eine bekannte Sache. Wie die krausen Kragen noch gebräuchlich gewesen sind, haben sich Männer sowohl als Frauen vielfältig mit goldenen Ketten geschmückt, die auf der Brust ziemlich weit herunter hingen. Dergleichen Ketten haben die Männer mit den Krausen auch bald abgelegt, die Frauen aber haben Halsketten daraus gemacht, welche nachgehends bei einigen in Perlen- bei anderen in Corallen-Halsschnüren sich verändert, diese haben bei den vermöglichsten diamantne Bruststücke oder Kreutze nach sich gezogen, zu welchen leiblich außer den mannigfaltigen Ohrgehängen kleine diamantene Dolche oder Stecknadeln gekommen, bis endlich einige mit diamantenen Halsschnüren einherzugehen angefangen haben.


Es mögen folgen die übrigen Männerkleider und so vor allen Dingen die Röcke; diese hat man 1382 mit Spitzen oder mit Seiden bebremen wollen. Ungefähr 1640 sind die kurzen Wämser (dergleichen die Holländer noch vielfältig tragen) gebräuchlich gewesen, die vornehmsten Männer sind damals in Sammt gegangen, die andern haben Seiden grob-grün, Floret, Triep, Vierdrat, Baumseide, Over-Kiecker etc., noch anderes schlechtes Gewand, Spiresch, Yren, Schwesterdock, Sagen, Dorlecei, Sardekop, Tirleteis etc. gebraucht. Die Näte an den Wämsern und Röcken sind zuweilen aus den Röcken offen gestanden, zuweilen sind sie nicht nur zugenäht, sondern auch noch überdieß mit Band und Schnüren bedeckt gewesen. Unter den Wämsern und Röcken haben die meisten Männer ihre weiten Hosen gehabt, die manchmal mit einer großen Menge Bänder, Schnüren, Nesteln etc. besetzt gewesen. Die Füße sind gestiefelt und bespornt gewesen, und haben circa 1641 einige in Wismar gar goldene Sporen anlegen wollen; oben in den Stiefeln hat man weiße leinene Canonen gemacht. Die welche Schuhe getragen, haben in besonderen Schuhrosen eine Zierde gesucht. Ueber alle diese Kleider haben die Männer ihre Mäntel gehabt, die sämmtlich so bewant gewesen wie die jetzigen großen Priesterröcke, mit der Zeit aber kürzer geworden sind; diese Mänteln sind vorne vielfältig mit Peltz bebremt gewesen, wie aus den noch vorhandenen Gemälden wahrzunehmen ist. Sie haben etwa seit 1650 ihre hohe Gestalt verloren, und einen sehr breiten Kragen auf dem Rücken dafür angenommen, und wie die breiten Mäntelkragen auch zu altväterlich aussehen, sind die gegenwärtigen kleinen Mäntelkragen dafür eingeführt. Doch seit 1700 hat man lange nicht so viel an den Mänteln sich gekehrt als vorhin, sondern es für anständlicher gehalten, wenn man einen Degen ansteckte, wobei nicht zu vergessen, daß die Unterkleider oder die Cammisohle und Westen der Mannspersonen etwa nur seit 1680 in Wismar in völligen Gebrauch gewesen sind.

Was die noch übrigen Frauenskleider anbelangt, so sind die Faltenröcke außer Zweifel viel einfacher gewesen, als die Mantoven, welche seit 1690 völlig Mode geworden, oder die gefalbulirten Kleider, oder die mit allerlei Tressen bebrämte, oder die ausgenähte, imgleichen als die Steifen- oder Reifröcke, die Caftans, die Schlafröcke, die Adriens u. dgl. Geschlepp, bei welchen man zuweilen selbst nicht weiß, was man vor Stoff oder Taffet, oder Seide, oder Damast, oder Mohr, oder Broccade dazu gebrauchen will, davor man in alten Zeiten sich gutentheils mit Säyen, Wollen grobgrün und gemein Tuch, Wollen Dammast, Polmiet u. dgl. beholfen. Indessen haben die Frauen vor Zeiten schon allerhand Veränderung in den Kleidern gemacht. Im Jahre 1345 sind die Mauen in den Kleidern derselben enge gewesen und bis auf die Hände hinab gegangen, und hat man Schmiede an demselbigen gebraucht. Im Jahre 1420 sind die Mauen sonderlich weit gewesen, 1587 haben Einige Mauen von allerlei Farbe getragen, wie lang und wie enge dieselbe 1630 wieder gewesen und was damals für Ueberschläge aus selbigen gesessen, geben die alten Gemälde, und man hat damals keine Untermauen, viel weniger kostbare Armbänder, Brasiletten. Manschetteil u. dgl. nöthig gehabt. Noch haben in alten Zeiten die Frauen mit Mänteln sich behangen, die hinten ein Nackenstück oder eine Gestalt von ungemeiner Höhe gehabt und im Jahre 1609 bis an die Knie gingen, wie besonders das Dinggrafische Gemälde in der hiesigen St. Marienkirche es ausweift. Diese Mäntel sind im Jahre 1680 so klein und kurz geworden, daß sie nicht höher bis mitten an den Hals gingen, von einer Schulter kaum zu der andern reichten und nicht länger als bis an den Ellbogen herunter hingen und haben darauf 1690 sich ganz und gar verloren, allein bei den Vornehmsten haben seit 1700 an statt der Mäntel die kostbaren Scherpen, ingleichen die Nachtmäntel sich eingestellt, aus welchen letztern nachmals allerlei gefütterte Mäntel, Hans-Michelckens und dergleichen wurden.

Was es sei, wenn in alten Urkunden etwas von vierkanten Schmiede ohne Lob oder mit Lob, so auf den Frauen Mänteln gesessen, wie die Blackmolden Schmiede auf solchen Mänteln ausgesehen, wo die großen silbernen Knöpfe, deren auch Erwähnung geschieht, auf selbigen gesessen, das kann jetzt wohl keiner sagen. Ebenso unbekannt ist es auch außer Zweifel, was die Spunt-Knöpfe gewesen, welche die Frauen im Jahre 1395 auf ihren Röcken getragen. Und wer will sagen, wie die Perlen-Stricke, die Gürtel und die Lahnen, deren sich die Frauen 1580 bedienten, beschaffen gewesen sein; genug, daß man noch anzeigen, kann, schon im Jahre 1350, 1382, 1395, 1421 etc. sei man in Wismar darauf bedacht gewesen, wie man den übermäßigen Kleiderstolz Einhalt thun möchte, und i. J. 1587, 1641 und 1661 sei auch noch erwas geschehen. Aber von der Zeit an hat man es auch für unmöglich gehalten, sich demselben weiter zu widersetzen. Ebenso sieht es aus, was die Kleider ehrlicher und un-ehrlicher Frauenspersonen anbelangt, nämlich i. J. 1373, 1420 etc. hat man den Huren verboten, sich in allen Stücken so wie ehrliche Frauen zu kleiden, daß aber in den folgenden Zeiten dergleichen geschehen, hat man bisher nirgends gelesen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar