II. Von Wismarischen Gewohnheiten bei Hochzeiten und Kindtaufen.

Daß es zu unserer Väter Zeiten mit den Hochzeiten und was demselben anhängig, in einigen Stücken in Wismar es anders gehalten worden als jetzt, davon hat man hin und wieder in alten Urkunden Verschiedenes angetroffen. So hat man z. B., wenn Leute einander heirathen wollen, zuvor eine Zusage und darauf Verlöbniß gehalten, und deshalb besondere Gastmähler angerichtet, aber 1641 sind Zusagen und Verlöbnisse in eins gezogen.

Von den Verlöbnissen wird als etwas besonderes gerühmt, daß selbige vormals immerdar öffentlich in den Kirchen vollzogen worden, worauf denn an solchen Verlöbnißtagen des abends ein Verlöbnißmahl gegeben wurde. Diese Verlöbnißmahle sind 1587 sehr eingeschränkt worden, doch 1602 hat man wieder mehr Personen und Gerichte freigegeben. 1610 sind den geringsten Leuten die Verlöbnißmahle durchgehends verboten worden, und wäre wohl zu wünschen, daß die 1642 auch wegen der Verlöbnisse gemachte gute Ordnung noch heute gelten möchte.


Nach den Verlöbnissen hat man vor den Hochzeiten noch verschiedene Zusammenkünfte angestellt. Man ist zusammengekommen und hat dabei eine Mahlzeil gehalten
1. des Ingedöms oder der Mitgiften wegen, von welchen Ingedömen oder Ingedöms -Zusammenkünften in den alten Statuten dieser Stadt von 1356, 1420, 1421 und in den neuen Ordnungen von 1587, 1602, 1610, 1642 gar merkliche Sachen vorkommen.
2. Der Hochzeits-Lichter wegen, welche Zusammenkünfte 1385 schon verboten und das Lichtmachen damals 4 Beguinen oder 4 anderen Frauen committirt worden.
3. Des Butterschlagens, und
4. des Kuchenbackens wegen, welche Zusammenkünfte 1602 in die Enge gezogen, und darauf jenes theils 1610, theils 1641 abgeschafft worden. Endlich
5. ist des Abends vor der Hochzeit bei der Braut eine besondere Zusammenkunft, vornehmlich von Jungfern angestellt worden, wobei es zuweilen gar lustig herging. Als man aber davon allzuviel machte, hat man sich 1587 desgleichen 1602 einzuschränken gesucht, ja 1610 ist es bei Strafe verboten worden.

Von den Hochzeitsbittern hat man vor Zeiten auch ziemliche Weitläufigkeiten gemacht. 1348 ist in jeglichem Hause der Mann allein und die Frau auch allein gebeten worden, 1373 ff. hat man vier Hochzeitsbitter gebraucht, aus diesen sind 1398 zwei geworden. Neben diesen hat 1587 der Bräutigam selbst mit einem Anverwandten die Hochzeitsgäste genöthigt. Dieß ist noch nicht genug gewesen, besonders hat noch eine Braut-Dirne bitten müssen, und haben-die Hochzeitsbitter acht Tage vor der Hochzeit das Bitten schon verrichtet. Bei solchen Hochzeitsbitten sind besonders Bittel-Kösten angestellt, diese hat man im Jahre 1373 schon abzuschaffen getrachtet, aber man hat mit deren Abschaffung 1602 noch zu thun gehabt, weil sie vermuthlich nach der ersten Abschaffung wieder eingeschlichen. Wie klein die Zahl der gebetenen Hochzeits-Gäste 1351 sein sollen, wie groß sie 1373 geworden, wie sie 1385, 1587, 1602, 1610, 1641 und 1658 bestimmt oder angeordnet worden, das ist aus den Statuten und Verordnungen solcher Jahre mit mehren zu ersehen.

Die Copulationen der Hochzeiten sind anfänglich alle in den Kirchen geschehen. 1420 sind sie schon zum Theil in den Häusern verrichtet, nachgehends ist man wieder in die Kirche gegangen, doch endlich haben die Haus-Copulationen die Oberhand behalten. Die Zeit der Copulation ist auch nicht allemal gleich gewesen, 1373 sind sowohl des Mittags als des Abends Hochzeiten gehalten und Copulationen verrichtet worden. 1388 hat man nur den Vornehmsten Mittags - Hochzeiten gestatten wollen, 1395 hat man verordnet, daß alle Hochzeiten des Abends geschehn sollten, 1587 u. ff. haben Bräutigam und Braut Nachmittags um 3 Uhr in der Kirchen zur Copulation sein sollen, 1578 und 1602 hat man die Sonntags Hochzeiten verboten, 1589 sind die Haus-Copulationen einigen zur Strafe anbefohlen, 1602 sind, wenn keine Feiertage eingefallen, die vornehmsten Hochzeiten auf die Dienstage, und die geringeren auf die Montage verleget, 1602 haben die Hochzeitgäste des Abends 5 Uhr sich einstellen sollen, 1610 haben die Hochzeiten von Ostern bis Michaelis vor 4 Uhr, von Michaelis aber bis zur Fasten vor 3 Uhr angehen, auch Jungfern und Gesellen der Copulation in den Kirchen mit beiwohnen sollen, 1641 hat man die Kirchen-Copulationen Mittags Glock 10 angesetzt, 1683 hat man die Kirchen-Copulationen, welche ganz abgekommen, wieder einführen wollen, 1701 hat man Verordnung gemacht, daß die Mittags-Copulationen Glock 12, die Abend-Copulationen aber Glock 6 im Hause angehen sollten.

Der Hochzeits-Speisen wegen hat man auch Verschiedenes verordnet. Nemlich 1351 haben es nur quatuor fercula sein sollen, und dabei keine puli mit Klot-vyschen (was dieses für Tractamente gewesen, wird heute wohl keiner sagen können), 1587 sind den Vornehmsten 4, den anderen 3 Gerichte verstattet, dieses ist 1602 wiederholt, 1610 haben die Allergeringsten nur 2 Gerichte brauchen sollen, 1610 hat man zuerst Fische auf den Hochzeiten erlaubt, 1641 hat man zuerst etwas von Confekt gegeben, und zwar nur hie und da gewachsene Früchte oder Aufgießel-Kuchel, 1587 haben die Hochzeitsmahle nur zwei Stunden währen sollen, 1602 sind den Vornehmsten drei Stunden zur Abspeisung vergönnt, 1610 sind wieder zwei Stunden gesetzt, zur Beschleunigung der Abspeisung hat man 1587, 1602 und 1610 vier Schaffere verordnet.

Wegen des Tanzens auf den Hochzeiten ist auch Verschiedenes verordnet worden. 1398 hat man das wilde Wendetanzen verboten, 1587 hat man das Tanzen mit den Tartissen abgeschafft wissen wollen, 1602 hat das Tanzen nur bis 12 Uhr währen sollen, 1610 hat man Glock 10 zum Tanzen aufhören sollen.

Von den Hochzeitsgaben findet man auch etwas, als 1398 ist verboten worden den Bräutigams- und Braut-Freunden etwas zu geben, 1587 sind dem Bräutigam und der Braut auch gewisse Gaben, mit welchen sie sich selbst einander beschenken sollten, vorgeschrieben. Eben dergleichen ist weiter geschehen 1602 und 1641. 1610 sind die Gaben, welche die Gäste den Brautleuten geben wollten, auf vier Mark gesetzt, 1641 sind diese Gaben zum Theil gar verboten worden.

Wegen der Nach-Hochzeiten ist 1398 und 1602 etwas angeordnet, ja dieselbe zum Theil verboten worden, 1610 sind alle diese Hochzeiten abgeschafft.

Noch etwas besonderes ist 1398 schon vorgegangen, nemlich man hat damals dem Bräutigam die Braut beigelegt, und dabei einige Hühner zum Scherz gebraucht. Dies hat ziemlich lange gewährt, aber 1602 hat man es dahin geändert, daß die Copulirten gleich nach der Copulation ans Bett geführt werden und 1610 ist dieser Befehl wiederholt worden. Sonst hat man, wie es Mode werden wollte, auf den Hochzeiten mit allerhand Waaren zu handeln, solches Handeln 1587 verboten, von welchem Verbot sich 1602 und 1610 auch etwas findet, nicht weniger hat man 1602 Kinder, ohne die den Brautleuten ganz nahe verwandt, mit zu den Hochzeiten zu nehmen verboten, 1641 hat es hievon geheißen, es sollen keine Jungfern unter 10 und keine Knaben unter 16 Jahren auf Hochzeiten kommen, 1587, 1602 und 1610 hat man Wegschicken der Speisen von den Hochzeiten verboten.

Von den ehedessen in Wismar gebräuchlich gewesenen Catechismushochzeiten wird anderwärts besprochen werden können, deswegen ist jetzt nur noch zu erinnern, daß man vor einigen Jahren zuweilen auf schwedische Art Hochzeit gemacht, und daß seit einigen Jahren die Mode Braut und Bräutigam zur Trauung zu führen, bei den vornehmsten abgekommen ist. Endlich ist auch nicht vorbei zu gehen, daß man denen, die ihre Ehre verscherzt, 1587, 1602 und 1610 ihrer Hochzeiten wegen auch gewisse Gesetze vorgeschrieben.

Nach den Hochzeiten ist der Kirchgang das erste, und man hat auch nicht vergessen, deswegen eines und anderes zu veranstalten, so ist unter andern 1602 die rühmliche Verordnung gemacht, daß des Mittags Niemand mehr als die eine Person, so mit der jungen Frau zur Kirche gegangen, sollte zu Gaste gebeten werden, wer aber wollte, könnte des Abends 8 oder 9 Personen einladen lassen; diese Verordnung wurde 1610 erneuert.

Was weiter auf die Hochzeiten folget, das sind die Kindtaufen, deswegen mag von diesen allhier auch etwas bemerkt werden, nemlich 1373 hat man verboten, auf den Kindelbieren keine Männer mit zu traktiren. 1385 haben nicht mehr als 20 Frauen auf einem Kindelbier sich finden lassen und 6 Frauen mit dem Kinde zur Taufe in die Kirche gehen sollen, 1420 hat man wegen der Wöchnerinnen Putz etwas verordnet, 1426 ist eben dergleichen geschehen, 1427 und 1430 hat man wegen der Speisen bei den Kindelbieren, so auch wegen der Bewirthung der Frauen, die eine Sechswöchnerin besuchen, etwas gewisses gesetzt, 1602 sind die Kindelbier-Tractamente noch weiter in Ordnung gebracht. 1610 sind die Mahlzeiten bei den Kindstaufen abgeschafft, auch ist damals verboten worden, ein Kind nicht länger als 3 Tage ungetauft liegen zu lassen, 1641 ist unter andern das Pathenzeug abgeschafft, 1658 hat man nochmals das Speisen bei den Kindstaufen untersagt.

Das Pathengeld hat 1419 nicht mehr als 4 Schillinge, 1610 nicht mehr als ein Rheinischer, und 1641 nicht mehr als ein ungarischer Gulden sein sollen. 1697 hat man statt der häufig eingerissenen Haustaufen durchgehend das Taufen in den Kirchen wiederum eingeführt, und ist damals die alte Gewohnheit, mit 6 Frauen die Kinder zur Taufe in die Kirche zu begleiten, in ein Hinfahren verändert.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar