I. Von den Dörfern etc., die ehemals mit Wismarischen Leuten besetzt waren.

Wie alle und jede ansehnliche Stadt ihre Vorwerke, ja ihre Ländereien um und neben sich zu haben pflegt, die noch ihrer Art besetzt und bewohnt sind, so hat auch unser Wismar immer dergleichen gehabt. Diejenigen, welche solche Vorwerke und Ländereien bewohnten, wurden mit zu Wismar gerechnet, und hießen Wismarische Leute oder Wismarische Landunterthanen, wenigstens in Ansehung der höchsten Landesobrigkeit. Einige von diesen sind jetzt gar nicht mehr vorhanden oder werden nicht mehr bewohnt, andere sind von Wismar wiederum abgekommen.

Zu jenen, die jetzt gar nicht mehr vorhanden oder bewohnt werden, gehören außer den Dörfern oder Höfen Cysmarsdorf und Cessin die Inseln Lyps und der Wallfisch, einige alte Mühlen, Häuser etc. und was sich sonst noch von Einwohnern darauf mag befunden haben. Zu diesen, die zwar noch vorhanden, aber doch von Wismar (zum wenigsten den Einwohnern nach) wiederum abgekommen sind, außer etwas in dem Closterschen und Pölischen, wovon § 3 u. 4. gehandelt werden wird, Lütken Rogahn, und etwas in Hornstorff.


Anlangend das Dorf Cysmarsdorf, so kann man jetzt nicht einmal sagen, wo selbiges vormals mag gelegen haben, doch muß es wohl nicht weit von der Stadt entfernt gewesen sein, weil man, nachdem mans 1379 von den Stralendorfern für 2500 Mark Lübeckischer Pfenninge gekauft, die Wohnung daselbst hernach eingehen lassen mußte, und das Land zu den Wismarischen Lott-Ackern (wovon unten Näheres steht) mitgenommen wurde.

Ebenso ist es dem Hof Cessin ergangen, dessen damalige Stelle ungewiß ist und der i. J. 1382 von der Stadt für 1000 Mark lübisch erhandelt und zu den Lott-Ackern ebenfalls geschlagen wurde.

Von der ehemaligen näheren oder großen Flöthe kann man nur sagen, daß sie unweit der noch vorhandenen kleinen Flöthe gewesen ist.

Eine ganz andere Beschaffenheit hat es mit den in den Wismarischen Hafen gelegenen Inseln, dieselben sind zwar noch vorhanden, aber sie sind jetzt wüste, oder von Einwohnern ganz entblößt. So steht es mit der Insel Lyps, welche die Stadt 1266 von Henrike Hierosolymano erhalten (vid. sect. 2. c. §). Wie groß sie dazumal gewesen, ist jetzt unbekannt. Etwa 1600 hat sie noch zwei Hufen Landes ausgemacht (vid. Latom. Geneal. ad an. 1266), jetzt steht sie fast immer unter Wasser und kann also nicht mehr bewohnt werden. Man will indeß berichten, daß in alten Zeiten eine Feuer-Backe darauf gestanden habe. Im J. 1682 hat man eine neue Backe, den Seefahrenden zum besten, daselbst aufrichten wollen, aber das Werk ist nicht vollendet worden.

Die andere Insel, welche der Wallfisch heißt, weil sie einem im Wasser schwimmenden Wallfische ähnlich steht, ist auch gar klein und mag in alten Zeiten ganz unbewohnt gewesen sein. Doch nachdem man zur Beschirmung des Wismarischen Hafens eine Fortification darauf angelegt (vid. Sect. IV. cap. 1, § 6), ja eine Conciderabele Citadelle darauf baute, (vid. ibid.) hat man eine Besatzung hinzu thun müssen, welche in den folgenden Jahren auf 100 und zuweilen auf noch mehr Mann angewachsen ist, die ihren eigenen Commandanten gehabt hat. Weil aber 1718 nebst der ganzen Wismarischen schönen Fortification auch diese Fortresse gänzlich ruinirt worden ist (s. ebend.), so ist jetzt weiter nichts übrig, als ein kleines wüstes Ländchen, und man muß erwarten, ob selbiges jemals wiederum bewohnt werden wird.

Daß sonst mehr Mühlen vor Wismar gewesen sind, als jetzt, erhellt aus vielen alten Urkunden. In diesen findet man Nachricht:

1. Von der alten Wismarischen Mühle (molendinum antiquae Wismariae heißt es in alten Schriften) an dem Lehmweg vor dem Alt-Wismarischen Thore;
2. von einer Wind-Mühle eben daselbst, bei welcher ein Haus und eine Scheune gestanden hat;
3. von einer Wind-Mühle, nebst Haus, Hof und Scheune vor dem Lübschen Thore;
4. von einer Wind-Mühle vor dem Harolds-Thor;
5. von einer Wind- oder Pferde-Mühle auf dem Burgwall vor dem Alt-Wismarischen Thor. Außer welchen man
6. von einer Säge-Mühle noch etwas gefunden, ohne daß man gewiß sagen kann, ob diese in oder außer der Stadt war etc. (vid. infr. Sect. IV. cap. 3. § 11.)

Wer von den ehemaligen Höfen oder Häusern vor Wismar (welche allem Ansehen nach jetzt nicht mehr vorhanden sind, vielweniger jetzt noch bewohnt werden) etwas wissen will, der merke, daß, alten Urkunden nach, ehemals gewesen sind:

1. Conrad Renolds Hof vor dem Harolds-Thor;
2. Hrn. Gerds de Bulowen-Hof aus dem Weberkamp vor dem Alt-Wismar. Thor;
3. desselben Hof vor den Hardigs-Thor;
4. der Ziegelhof vor dem Lübschen Thor über der Wisch;
5. der Ziegel-Hof auf dem Reisser-Wall;
6. ein Hof vor dem Mecklenburgischen Thor bei der Mühle;
7. der Küter-Hof vor eben demselben Thore;
8. der Hl. Geist-Hof vor dem Münchs-Thor;
9. Hrn. Dietrich Venkohls Hof vor dem Mecklenburgischen Thore;
10. die Ziegel-Scheune vor dem Mecklenburgischen Thore;
11. St. Marien-Hos (curia ecclesiae B. Mariae Virginia) hinter jetzt gedachter Ziegel-Scheune;
12. Marquard Hildebrands Hof vor dem Lübschen Thor;
13. Hinrich Schwartzkopfs Hof vor dem Pöler-Thore;
14. Johann Wysens Hof bei dem Bach Ovgant;
15. Marquardi Hannemans Hof vor dem Alt-Wismarischen Thore;
16. Niclas Broders Hof vor dem Pöler-Thore;
17. der Thiergarten vor dem Alt-Wism. Thore;
18. das Hospital auf dem Kruckower-Felde;
19. St. Jürgens Hospital zwischen dem Mecklenburgischen und Lübschen Thore;
20. das Hospital zu St. Jakob;
21. der Seifensieder-Hof vor dem Lübschen Thore;
22. der Rentmeister-Hof oder die vormaligen Bürgermeister-Gärten vor dem Alt-Wism. Thore;
23. der vorige Fischcr-Hof eben daselbst.
24. der Schweinkrug vor dem Mecklenb. Thore;
25. die Ravensburg vor dem Pöler-Thor;
26. das Küter-Haus vor eben demselben etc.

Und so viel von den Dörfern, Mühlen, Höfen, Häusern etc., welche jetzt nicht mehr vorhanden, oder nicht mehr bewohnt werden. Was die noch vorhandenen oder veräußerten Wohnungen betrifft, so ist bekannt, daß Lütcken Rogahn, ein Dorf, etliche Meilen von Wismar gelegen, desgleichen einige Bauern-Höfe in Hornstorff, ehedessen auch zur Stadt gehörten; dieselben wurden 1712 der damaligen großen Ausgaben wegen verkauft.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar