1. bis 30. September 1712

Den 1. September oder des Nachts vorher recognoscirten die Dänen auf dem Galgenberg mit Leuchten. Es kamen wieder 7 Deserteure herein; auch aus dem Holsteinischen fanden sich 2 ein, wurden aber nicht eingelassen.

Den 2. Sept. Morgens ging ein ziemlich starkes Commando aus und nahm den Weg nach Clütz hin, kam aber Mittags wieder zurück, theils weil die Dänen zu stark waren, theils weil es des starken Regens wegen nichts ausrichten konnte.


Den 3. Sept. visitirten die Dänen die Lübsche fahrende Post, welche bisher ganz frei passirte. denn sie vermeinten Geld zu finden, fanden aber nichts; doch wurde dem Postillion befohlen, künftighin nicht mehr zu fahren, so wurde also die Lübsche fahrende Post aufgehoben.

Den 4. Sept. brachten die Unsrigen 2 dänische Unter-Offiziere, welche sie unweit Güstrow gefangen nahmen, herein. Die dänischen Pässe, welche der General Rantzaw unsern Bürgern bis jetzt ziemlich häufig ausgetheilt hatte, wurden jetzt eingezogen. Auch ging heute der hiesige Stück-Major sammt dem Capt. Bock und einiger Mannschaft in 3 Böten zu Wasser und hatten einen Anschlag auf die dänischen Schiffe beim Clützer-Ort im Sinn, kamen aber des folgenden Tages unverrichteter Sache wieder zurück.

Den 5. Sept. nahmen die Dänen 2 Wagen mit Lebensmitteln und andern Sachen, welche von Lübeck herein wollten, weg und brachten sie nach dem Lager, wo die Waaren, obgleich die Leute gleich Pässe gehabt hatten (die gestern widerrufen waren), wo sie preis gemacht wurden, weil General Rantzaw Ordre bekommen hatte, dergleichen nicht mehr einzulassen; die Fuhrleute bekamen ihre Pferde und Wagen nebst 2 Oxhoft Wein, 5 Fäßchen Seife, etwas Gewürz und Farbe wieder zurück. Der General Rantjaw sandte auch einigen Bürgern, welche auf Pässe Geld hinaus gesandt hatten, das Geld wieder und gab weiter keine Pässe. Man hörte jetzt in der Stadt, daß die Dänen Stade, welches sie einige Zeitlang belagert hatten, erobert und man besorgte daher, es käme die Reihe nun auch an uns.

Den 6. Sept. Mittags näherten sich einige Schiffe, welche von Einigen für schwedische angesehen wurden, weil von dem Anlaufen der schwedischen Flotte bisher viel geredet wurde und der Wind nun gut geworden war, aber man gewahrte endlich, daß es Dänen waren, abends ließ der General Rantzaw unserem General-Major anzeigen, daß den 4. Sept. eine Parthei der Unsrigen unter Capitän Bülow, welche in Holstein gewesen war und einige 1000 Rthlr. eingetrieben hatte, unweit Ratzeburg auf einem Hofe, Böckcn genannt, von den Seinigen aufgehoben worden war. Man erfuhr bald, wie es zugegangen: Die Unsrigen, welche etwa 60 oder 70 Mann stark waren, wurden von einigen 100 Dänen zu Pferde und zu Fuß attaquirl, hatten sich aber beinahe 2 Stunden tapfer gewehrt und nachdem sie ihre Munition verschossen, auch 10 bis 12 Mann, unter welchen der commandirende Capitän, auf dem Platze geblieben waren, machten sie sich auf die Flucht, doch wurden 1 Capitän, 2 Lieutenants, 2 Fähnrichs und etwa 30 Mann gefangen, die übrigen waren entkommen und kamen nach und nach wieder herein. Die Dänen sollen bei dieser Recontre über 40 Todte und Verwundete gehabt haben, worunter 1 Rittmeister todt geblieben, 1 Major 7 mal und 1 Lieutenant tödlich blessirt waren. Erwähnte Partei hatte auch schon einige Tage früher in Reinbeck eine dänische rencontrirt, wobei auch einige Leute erschossen wurden.

Den 8. Sept. brachte ein dänischer Trompeter den von unserer Partei bei Böcken gebliebenen Capitain herein.

Den 9. Sept. feierte man in Wismar den letzten Bettag dieses Jahres, die Dänen aber im Lager machten sich den ganzen Tag über lustig mit Trompeten, Heerpauken und dergleichen. Gegen Abend schossen sie Salven aus Kanonen und kleinen Gewehren, vermuthlich wegen der Eroberung der Stadt Stade. In der Nacht wurde ein Commando zu Roß und zu Fuß hinaus gesandt, um zu erfahren, ob nicht etwas außergewöhnliches im dänischen Lager vorgegangen war.

Den 10. Sept. Morgens kam ein Packetboot aus Pommern und mit demselben ein General - Atjutant und des Grafen Steinbocks Secretär, welche berichteten, daß Ihre Excell. der Herr Graf und Feldmarschall glücklich in Pommern angelangt sei. Desgleichen brachten sie sichere Nachricht, daß die schwedische Flotte die dänische, welche bisher auf den pommerschen Küsten gelegen hatte, verjagte, und 2 Schiffe davon genommen hatte, welche nach dem Transport aus Schweden mit göttlicher Hülfe ohne alle Hinderniß folgen würden. Des Abends wurde die Bülowsche Leiche im Schwarzen Kloster begraben, auch ging der aus Pommern angekommene General-Adjutant nebst dem Secretär wieder weg, weil sie nach Bender zum König zu reisen beordert waren; es ward ihnen eine Escorte von 40 Mann bis Plau mitgegeben.

Den 13. Sept. brachte eine Partei zu Roß einen dänischem Unteroffizier herein, welchen sie in Warin gefangen genommen hatten.

Den 15. Sept. ging das dänische Kriegsschiff, welches bisher vor dem hiesigen Hafen gelegen hatte, hinweg, worauf unsere Fregatten ausliefen. Aus dem dänischen Lager wollte man Nachricht haben, daß vor dasselbe viele Fachinen gehauen und angeschafft werden würden. Dem General Rantzaw wurden abermals, weil er wieder einige Wagen mit Lebensmittel hereingelassen hatte, 4 Tonnen Bier hinaus gesandt.

Den 16. Sept. gingen unsere Kaper abermals aus, kamen aber bald wieder mit der Nachricht, daß das große dänische Schiff nach der Insel Femern sich begeben und daselbst angelegt hatte.

Den 17. Sept. des Morgens vernahm man, daß die Dänen einige 20 Wagen mit Korn, Aepfel etc, die vor Tage in die Stadt fahren wollten, nahe vor der Stadt, wegnahmen, doch kamen noch einige glücklich herein.

Den 18. Sept. ging noch vor Tage ein starkes Commando von etwa 200 Mann zu Pferde und zu Fuß aus, denn man hatte erfahren, daß eine dänische Partei von Rostock aus nach dem Lager etwas Geld bringen sollte, doch kamen sie gegen Mittag im größten Regen und ärgsten Wetter wieder und brachten einige wenige Pferde und Wagen mit Leuten, die sie für dänische Commissarien angesehen hatten, mit. Gegen Abend kamen unsere Kaper wieder ein und brachten ein kleines Schiff von Apenrade, welches mit Flachs, Eisen, Zucker etc. beladen war, mit, welche Güter hernach preis gemacht wurden, das Schiff aber kam wieder frei.

Den 19 Sept. wurde, weil man die verlangte Contribution in der Stadt nicht zusammen bringen konnte, das Dorf Lütken-Rogahn an Ihre Hochfürstl. Durchl. von Mecklenburg-Schwerin, mit Genehmhaltung des königl. hohen Tribunals und Consens des königl. Consistorium hieselbst, für 3500 Rthlr. erbeigenthümlich verkauft. Das Dorf Bentz wurde für 3000 Rthlr. auf 12 Jahre versetzt, mit der Bedingung, es im bisherigen Zustande zu erhalten.

Den 20. Sept. brachte eine Partei der Unsrigen 43 Wagen mit Heu herein, welche in das dänische Lager geliefert werden sollten. Auch kam Nachricht von dem Commando des Capit. Bucken; derselbe hatte 5 Mann von den Seinigen detachirt, welche die Dänen zersteut, nachdem sie zuvor den Unteroffizier erschossen hatten. Auch wurde heute den Soldaten in der Stadt die erste Löhnung von den zusammengebrachten Geldern ausbezahlt und zwar für 10 Tage 1500 Rthlr. Um diese Zeit rissen unter der Milize in der Stadt verschiedene Krankheiten ein, und es wurde derselben in einigen Corps de Guardes, die man eben nicht gebrauchte, wie auch in einigen andern Häusern alle mögliche Pflege.

Den 21. Sept. ward eine kleine Mine vor dem Alt-Wismarschen Thor von einem kürzlich angekommenen Mineur zur Probe angesteckt.

Den 22. Sept. brachte ein dänischer Trompeter einen bei Böcken gefangen genommenen schwedischen Unteroffizier herein, gegen welchen der am 13. eingefangene dänische Unteroffizier ausgewechselt wurde.

Den 23. Sept. kam ein Expresser aus Pommern mit der Nachricht, daß die Moskowiter auf die Insel Rügen einen Versuch machen wollen, und sich schon auch wirklich mit allerhand Fahrzeugen der Inseln genähert hatten, die Unsrigen ihnen aber mit Trompeten und Pauken entgegengegangen waren und als sie mit Kanonen unter sie zu feuern anfingen, sind sie wieder umgekehrt.

Den 24. und 25. Sept. kamen einige Schiffe mit Butter, Käse, Salz etc. von Lübeck hier an, was bisher, weil die Dänen den Hafen versperrt hielten, schon lange nicht geschehen war; es wurden daher folglich diese Waaren wieder etwas wohlfeiler.

Am 24. schickte auch eine Partei zu guß einen Wagen mit Kaufmannswaaren und einigen 100 Rthlrn Geld herein, doch kamen die meisten Waaren nebst etwas Geld wieder frei.

Den 26. Sept. endlich kam Capitän Bock mit seiner Partei, welche beinahe 3 Wochen aus gewesen waren, wieder zu Hause und brachte 8 Wagen mit Fourage, die nach dem dänischen Lager wollten, mit. Auch hatten sie unweit Rostock einen sächsischen Obersten und einen Major, welche in wichtigen Affairen nach dem hiesigen Lager gehen wollten, in einer Kutsche angetroffen, bei denen auch eine kleine Escorte war; da sie sich nicht gefangen geben wöllten, wurden sie von den Unsrigen angegriffen, der Major erschossen und der Oberst tödlich verwundet; durch diesen Schuß wurden die Pferde scheu gemacht und gingen mit der Kutsche durch, welcher die Unsrigen, da noch eine stärkere Partei der Feinde vorhanden war, nicht nachsehen konnten. Endlich wurde heute mit der Anction der Güter, die in dem aufgebrachten Schiffe gesunden wurden, der Anfang gemacht und man schätzte die Ladung auf etwa 1000 Rthlr.

Den 27. Sept. kamen unsere Kaper, welche einige Tage aus waren, wieder zurück, aber ohne Prise und brachten die sichere Nachricht, daß sie von verschiedenen Schiffern in der See vernommen, daß die schwedische Cavallerie, welche von Einigen auf 8000 Mann geschätzt wurde, in Pommern glücklich gelandet sei.
Den 29. Sept. sandte der General Rantzaw noch einige in der unglücklichen Action bei Boeck Blessirte und Gefangene in die Stadt.

Den 30. Sept. brachte die Brigantin 3 kleine dänische Fahrzeuge aus, welche mit Gerste beladen waren unter nach Lübeck wollten. Die Leute von diesen Schiffen hatten sich, ehe die Unsrigen noch an Bord gekommen, außer Einem, in ein Boot an’s Land salvirt. Die Waaren sowohl als die Schiffe wurden preis gemacht. Heute wurde abermals der Militz von den in der Stadt zusammengebrachten Geldern eine Löhnung ausbezahlt und zwar diesmal 1000 Rthlr. Des Abends gingen unsere Kaper wieder aus, und nahmen einen Capitän und einige Leute mit, auch gingen des Abends um 10 Uhr 130 Dragoner aus, einer dänischen Partei aufzupassen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar