1. Juli bis 30. Juli 1712

Den 1. Juli Morgens brachte eine von unsern Parteien einen dänischen Lieutenant gefangen ein, den sie in Grese festnahmen. Die Bürgerschaft bekam, wie auch im vorigen Jahre geschehen, wieder Gewehr aus dem königl. Zeughause, um die Wachen versehen zu können.

Den 2. Juli brachte die pommersche-Brigantin, welche die vorige Nacht ausgelaufen war, ein Lübsches Schiff ein, welches 50 Last Schiffsbier, das für die dänische Flotle gebraut war, enthielt; das Bier ward alsobald preis gegeben, das Schiff aber kam mit dem Versprechen frei, daß wenn die Admiralität in Schweden es für confiscabel erklären würde, die Rheder 930 Rthlr. dafür bezahlen sollten, wofür sie hier Caution stellen mußten. Unsere beiden Commiß-Fahrer hätten auch wohl einiger solcher Schiffe habhaft werden können wenn sie draußen gewesen wäre, allein es ging fast langsam mit denselben zu, doch kamen sie heute so weit, daß sie ausliefen, nachdem sie einige Tage auf der Rhede gelegen hatten; es waren auf dem einen 12, aus dem anderen 10 Stücke und auf jedem einige 30 Mann; das eine commandirte Capitän Hinrich Stöfer, das andere Capitän Hans Kahl, zwei Wismarsche-Bürger, die ganze Ausrüstung dieser beiden Schiffe hatte (ohne Ammunition) 5888 Rthlr. gekostet.


Den 3. Juli brachten die Unsrigen 1 dänischen Reiter gefangen ein; dem dänischen Generallieut. Kragge wurden auf sein Ansuchen 6 Tonnen Bier hinaus gesandt nebst 60 Ducaten von den sogenaunten Fourage-Geldern, der erhaltenen Sicherheitsbriefe wegen. Einige unserer Bürger erhielten auch heute aus dem dänischen Lager Pässe, in welchen ihnen erlaubt wurde, die Märkte im Lande zu besuchen, worauf sie auch abreisten.

Den l. Juli brachten unsere beiden Commiß-Fahrer eine kleine dänische Prise auf, welche von Koeg nach Lübeck wollte, um daselbst Safj zu holen, sie hatte nichts als Ballast ein; ein anderes dänisches Schiff hatten sie an den Strand gejagd. Heute kamen 4 dänische Deserteurs zu Pferde an.

Den 7. Juli brachten einige von der Freicompagnie, desgleichen einige von einer andern Partei, 4 dänische Marketender und 3 leere Wagen nebst 7 Pferden herein, welche Provision im Lande kaufen wollten. Da sie sich den Unsrigen widersetzen, war ein Marketender wie auch einer von den Unsrigen erschossen worden. Die von der Freicompagnie hatten auch Tags vorher mit einer dänischen Partei von 50 Pferden in einem Dorfe ein Zusammentreffen; da die Unsrigen, weil sie zu schwach waren, anfänglich in ein Haus retirirten und einigemal unter die Dänen gefeuert hatten, auch einen erschossen, zuletzt aber ihre Retirade in ein Holz nehmen mußten, so bekamen die Dänen einen Unteroffizier und einen Geineinen gefangen, von welchen man sagte, daß sie im dänischen Lager aufgeknüpft wurden, weil sie vorhin von den Dänen desertirten. Auch ist heute ein Dragoner von den Bassewitzschen zu den Dänen übergegangen, dagegen aber einige dänische Deserteurs wieder herein gekommen.

Den 8. Juli ging eine Veränderung im dänischen Lager vor, indem dasselbe zum Theil höher hinaufrückte; einige wollten wissen, daß mehr Truppen ins Lagen zukamen; des Abends wurden alle Dragoner in der Stadt beordert, die Nacht über in den Kleidern zu bleiben und ihre Pferde bereit zu halten, um auf den Nothfall disponibel zu sein.

Den 9. Juli kamen einige leere dänische Marketender-Wagen herein, welche nebst den Pferden öffentlich verkauft wurden. Heutige Briefe aus Lübeck wollten berichten, daß einige 1000 Dänen die Passage über die Lübsche Fähr in das Mecklenburgische verlangten, andere versicherten, das dänische Vorhaben wäre auf Bremen gemünzt, noch andere wollten wissen, es würde aus Bremen und Wismar zugleich losgehen.

Den 11. Juli kamen Briefe aus Bender mit expresser königlicher Ordre, den Fischerhof vor dem Alt-Wismarschen Thore und andere Gebäude in der Gegend wegzubrechen. Es geschahen aber deshalb einige Gegenvorstellungen nach Bremen und die Stadt suchte solches zu erbitten. Die Fouragegelder wurden jetzt mit Beschlag genommen, weil die Dragoner aus dem Bremischen wenig Geld mehr zu hoffen hatten. Es wurde auch den Herren des königlichen hohen Tribunals ihre Gage aus dem Bremischen nicht gereicht, weil die Dänen allem Ansehen nach in das Bremische zu gehen gesonnen wären. Die Schwerinsche Post, welche heute ankam, berichtete, daß die Dänen die Briefe und andere Sachen visitirt, aber doch alles ohne Schaden wieder zugestellt hätten und sich dabei vernehmen ließen, sie wollten keine Straßenräuber werden. Eine Partei der Unsrigen schickte 4 dänische Pferde herein, welche bei Woltersdorf im Grase gegangen; hierauf kamen 4 dänische Escadrons bei Clützmühl auf unsere Feldwachen, weil diese aber nicht über 12 Mann stark waren, zogen sie sich über die Brücke zurück; die Dänen gaben Feuer und schossen das Pferd des Hrn. Obersten Bassewitz Dieners, welcher mit seinem Herrn noch etwas zurück geblieben war, zu nichte, und zogen sich alsbald wieder zurück.

Den 12. Juli wurde die Hamburger Post von einer Partei des Generals Rantzow, der sich mit 2 Regimentern zu Pferde aus Holstein näherte und schon zu Grevesmühlen angekommen war, angehalten, die Briefe wurden durchgesehen, die nach Stade gehörigen eröffnet, zuletzt aber doch wieder zurückgestellt. Heute desertirten 2 Dragoner aus der Stadt, weil sie nicht allzu richtig jetzt bezahlt wurden.

Den 13. Juli wurden zwei von den gefangenen Marketendern durch unseren Tambour nach dem Lager gesandt, und gegen einen unlängst gefangen genommen Unteroffizier von den Unsrigen wieder ausgewechselt. Heute gegen Abend kamen wieder einige Dänen auf unserer Feldwache bei der Clütz-Mühle an, weil aber die Unsrigen sich in gute Positur gestellt hatten, gaben sie zwar einigemal Feuer auf einander, doch aber ohne Schaden. Ein Dragoner desertirte heute wieder von den Unsrigen, doch tat men auch einige von draußen in die Stadt.

Den 14. Juli rückte der Hr. General Rantzaw mit den Dewitz’schen und Brockdorff’schen Regimentern zu Pferde in’s Lager vor Wismar ein, wobei man des Abends die dänischen Trompeter in der Stadt hören konnte. Er ließ selbigen Tages durch einen Major unserm Vice-Gouverneur anzeigen, daß er das Commando im Lager von nun an führen würde. Heute sind abermals 2 Dragoner aus der Stadt dersertirt.

Den 15. Juli ging der Generallieutenant Kragge mit dem größten Theil der Infanterie, welche bisher vor Wismar gestanden, nach Holstein. Um diese Zeit wurde kein Salz, Malz, Brod und dergl. aus der Stadt gelassen.

Den 16. Juli kamen wieder einige Eescadrons Dänen auf unsre Feldwache, um dieselbe zu atlaquiren; die Unsrigen, deren nur 12 Mann waren, zogen sich über die Brücke hinter den daselbst aufgeworfenen Wall zurück und nahmen die Brücke hinter sich ab. Mittlerweile gaben die Dänen Feuer und schossen einem Cornet von den Unsrigen durchs Bein. Hierauf,wurden sogleich 40 Mann zu Pferde und 60 zu Fuß auscommandirt, welche, nachdem sie die Brücke übergelegt und die dänischen Vorposten weggejagt hatten, von Weitem mit Flinten chargirten, auch 2 Dänen erschossen. Doch weil die Feinde nicht Stand halten wollten, kam dieses Commando des Abends wieder; vor dem Hafen fand sich ein dänisches Kriegsschiff ein.

Den 17. Juli oder in der Nacht vom 16. auf den 17. ruinirten die Dänen die Clütz- und Hoickendorffs-Mühlen und plünderten dieselben aus. Hierauf wurden in derselben Nacht gegen 500 Mann zu Pferde und zu Fuß hinaus gesandt, die aber nichts ausrichten konnten, weil theils die Brücke, welche sie passiren sollten, von den Dänen abgenommen war, theils aber in der Stadt gleich nach dem Ausmarsch der Unsrigen 2 Raketen angesteckt und ausgeworfen wurden und so das Vorhaben den Dänen verrathen worden war. Hierauf wurde bei Tage (weil es eben Sonntag war) in allen Kirchen ein Placat von den Kanzeln abgelesen, in welchem alle Correspondenz mit dem Feinde und aller Verrath bei Leib- und Lebensstrafe verboten wurde. Eben an diesem Tage war zwischen den Feldwachen wieder Lärm, doch ohne Jemandes Schaden.

Den 18. Juli ward das gestern abgelesene Placat unter Trommelschlag allenthalben publicirt; die Feldwachen jagten sich wieder mit einander bei Clütz-Mühle. Des Abends wurde ein Spion arretirt, doch weil man ihm nichts beweisen konnte, wieder losgelassen.

Den 19. Juli gingen über 1000 Dänen nach Wolterstorff, mähten das Korn daselbst ab und führten es weg, was man aus der Stadt nicht verwehren konnte. Doch wurde sogleich der Oeconomus mit 60 Ducaten nach dem General Rantzau gesandt, die Sicherheitsbriefe, welche der General-Lieut. Kragge ertheilt hatte, bestätigen zu lassen oder um neue zu ersuchen. Er kam wieder mit der Nachricht, der General hätte versprochen, es sollte den Häusern und Leuten kein Schade geschehen, aber das Korn würde man, weil man es nöthig hätte, wegnehmen. Er brachte auch noch Pässe für einige Bürger der Stadt mit, welche zu verreisen Ursache hatten.

Den 20. Juli wurden 2 Soldatenweiber, welche den Dänen etwas Proviant hinausgetragen hatten und darüber ertappt wurden, im Stockhause gepeitscht und aus der Stadt gejagt. Der Oeconomus ward abermals nach dem Lager geschickt, einige Vorschläge wegen der von den Dänen angefangenen Fouragirung zu thun, fand aber kein Gehör. Deserteure wollte man um diese Zeit kaum mehr einlassen, weil denselben nicht zu trauen war. Sonst mähten die Dänen heute hin und wieder alles weg was ihnen vorkam. Des Abends um 7 vernahm man einen harten Schuß und erfuhr, daß die Unsrigen, welche sich schon einige Tage im Kanonenschießen und Bombenwerfen geübt, eine Bombe geworfen hatten, die aber in die Stadt gefahren und über der St. Georgs-Kirche zerplatzt ist.

Den 21. Juli erfuhr man sogleich des Morgens, daß die Dänen um Wenddorf wieder zu mähen angefangen, welches sie den folgenden Tag anderswo thaten.

Den 23. Juli wurden 3 Dragoner und 4 Musketiere von den Unsern, welche von dem Feinde in Pommern gefangen genommen worden waren, durch einen dänischen Trompeter hereingebracht, wogegen viele gefangene Sachsen wieder hinaus gesandt wurden.

Den 24. Juli brachte unsere Frei-Parthei 4 Moskowiter, welche sie bei Demmin festnahm, gefangen herein.

Den 25. Juli des Morgens ganz früh ging ein starkes Commando zu Pferde und zu Fuß hinaus, um den Dänen, wenn sie näher an der Stadt Korn abmähen würden, aufzupassen; es wurden dieserhalb auch die Thore bis Mittag zugehalten. Nachmittags kam das Commando unverrichteter Sache wieder zurück, denn die Dänen kamen nicht so nahe als man vermuthete. Ein Tambour von hiesiger Garnison, der für einen Spion angesehen werden wollte, wurde arretirt, aber es fehlte an genügenden Beweisen, deshalb kam er wieder frei.

Den 26. Juli früh Morgens nahmen, die Dänen einigen Wismarschen Bauernleuten ihre Pferde, etwa 20 an der Zahl, vor dem Alt-Wismarschen Thore weg; es wurde deshalb das übrige Vieh hereingetrieben und zweimal mit Kanonen unter die Dänen geschossen, auch eine Anzahl Dragoner hinaus gesandt, die aber nichts ausrichten konnte. Bei der Critzauer und Hornstorffer Burg fouragirten die Dänen heute fast alles hinweg.

Den 27. Juli ganz frühe ging ein neues Commando aus. Gleich darauf wurden 2 Raketen gesehen und gehört, man entdeckte den Thäter zwar, aber es hieß, dies wäre mit Fleiß geschehen um zu sehen, wie wachfam diejenigen sind, die auf dergleichen Acht haben sollen; desgleichen aber auch um die Dänen heraus zu locken, denn die Auskommandirten hatten die Ordre sich wohl in Sicht zu nehmen und wer irgend aus dem dänischen Lager zu recognosciren käme, festzunehmen; allein die Dänen kamen nicht aus dem Lager, deshalb recognoscirten die Unsrigen das Lager und fanden Alles in Ordnung. Desselben Tages kam die Nachricht, daß die Dänen Bentz und andere Oerter, die doch mit Sicherheitsbriefen von ihnen versehen waren, ausplünderten; ebenso setzten sie auch noch das Abmähen des Korns an verschiedenen Orten fort.

Den 28. Juli brachten die Unsrigen einen dänischen Reiter, den sie bei Sternberg festnahmen, gefangen herein. Auch kamen 4 Deserteure von den Rangaw’schen Truppen in voller Montur herein; zwei andere, welche aus Glückstadt kamen, fanden sich am Lübschen Thor ein, aber weil daselbst die Pest grassirte, wurden sie nicht eingelassen. Der Oeconomus war wegen der hin und wieder geschehenen Plünderung hinaus, brachte aber keine vergnügte Antwort zurück. Gegen Abend war der ganze Rath und Ausschuß der obgedachten Rakete wegen beisammen, auch merkte man durchgehend in der Stadt ein Mißvergnügen darüber, besonders da einige von der Miliz die Bürgerschaft in Verdacht bringen wollten und vorgaben, es wären einige darunter die es mit dem Feinde hielten. Es wurde zugleich beschlossen, dem Gener. Rantzaw noch etwas zu präsentiren, um zu sehen, ob man weitere Plünderung verhüten könnte. Von den Frauen und Kindern, die vorhin geflüchtet wahren, kamen jetzt wieder einige zu Hause, weil die große Gefahr zu verschwinden schien.

Den 29. Juli wurden dem General Rantzaw aus sein Gesuch 2 Tonnen Bier und 4 Tonnen Tafelbier hinaus gesandt. Auch kam die Nachricht von der dänischen Armee, daß dieselbe zum Theil zu marschiren anfing und dabei Miene mache, als sollte es in’s Mecklenburgische gehen. Deshalb war man in Wismar so viel man konnte auf seiner Huth und fing unter andern an für die Miliz Korn in Vorrath zu mahlen und in Tonnen zu packen, auch wurden noch mehr Fachinen angefahren, wozu die Vornehmsten in der Stadt ihre Pferde bereitwilligst hergaben. Desselben Tages ging der Oeconomus wieder hinaus und kam mit der größten Versicherung wieder. Allein

den 30. Juli erfuhr man schon, daß man ihn mit leeren Worten abgespeist hatte, denn gleich Morgens fouragirten die Dänen bei der Horenstorfer und Critzower Burg und kamen auch der Stadt so nahe, daß man sie beinahe mit den Kanonen erreichen konnte. Hierauf wurden gleich 200 Mann von der Infanterie nebst 40 Dragonern hinauscommandirt; sobald sich diese hinter dem Lehmberg sehen ließen, gingen die dänischen Fouragiere zurück, auch ließen sich auf einen Kanonenschuß von den Unsrigen 4 dänische Escadrons sehen. Auf diese wurde aus der Festung einigemal gefeuert, aber ohne Erfolg; es wurde auch der Rest der Cavallerie hinauscommandirt, aber die Dänen zogen sich nach der Critzower Burg zurück. Endlich rückte der Oberst Bassewitz mit 4 Kanonen und unserer Cavallerie nebst 80 Mann Infanterie allmälig auf den Feind an, die übrige Infanterie nebst den Kanonen blieb am Wege hinter einem Busch verdeckt. Sobald der Feind dieses merkte, ging er Spornstreichs bei benannter Burg durch das Gebüsch oder den sogenannten Stadtgraben und stellte sich daselbst wieder auf, während unsere Vortruppen mit Flinten auf ihn chargirten. Eine Escadron der Unsrigen ward beordert, hinter das Haus durch den Stadtgraben zu gehen und dem Feind daselbst eine Diversion zu machen, wodurch dieser bewogen ward nach dem Dorfe Critzow zu retiriren. Mittlerweile entstand ein schweres Gewitter mit starkem Regen, daher sich ein Jeder nach seinem Quartier umsah. Von den Unsrigen war Niemand getödtet oder verwundet worden, nur ein Pferd wurde blessirt und eins erschossen; von den Dänen war ein Oberstlieut., 1 Officier und 2 Gemeine blessirt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar