6. Mai bis 30. Juni 1712

Am 6. Mai brachte eine Partei der Unsrigen einen Wagen mit Kaufmannsgütern, nach Rostock geladen, herein, da aber aus solchem Wagen keine Contrabanden gefunden worden, ward er wieder frei gelassen.

Den 14. Mai wurden wiederum 6 solcher Wagen hereingebracht, die aber wieder frei gegeben wurden; mancher Kaufmann mußte indeß ziemlich viel einbüßen, weil hin und wieder an den Waaren, nachdem sie visitirt worden, etwas mangelte.


Am 17. Mai brachten die Unsrigen 2 Wagen mit geschnittenen Gläsern herein, aber sie ließen solche auch bald wieder fahren.

Am 21. Mai wurden alle hieselbst gefangenen Dänen gegen so viele der Unsrigen ausgewechselt, und gingen selbigen Tages fort; die gefangenen Sachsen aber blieben noch zurück.

Am 25. Mai brachten die Unsrigen 2 sächsische Gefangene herein, welche in Mecklenburg Korn kaufen wollten.

Am 29. Mai brachten sie einen Wagen mit Laken, von Hamburg nach Berlin beladen, herein, welcher aber wieder frei kam.

Den 31. Mai waren die beiden neugebauten Commiß-Fahrer oder Kaper so weit fertig, daß man nun Leute, welche darauf fahren sollten, annehmen wollte, aber man konnte mit denselben ihres Lohnes wegen nicht fertig werden. Aus Stralsund kam heute eine Brigantin von 4 Stücken und 18 Mann in hiesigen Hafen, welche nebst unsern Commiß-Fahrern auf die Dänen passen sollte. Noch ward heute dem Rath und der Bürgerschaft ein gnädiges Schreiben Ihrer Konigl. Majestät außer Bender durch den Hrn. General -Major Schultz überantwortet, in welchem Ihre Majest. Ihr allergnädigstes Wohlgefallen über das Verhalten der Stadt bei der vorhergegangenen dänischen Bombardirung bezeugten und dabei alte königl. Gnade der getreuen Stadt versicherten.

Den 1. Juni brachte eine Partei einen Wagen ein, worauf einige Flinten, Pistolen und Sattel waren, diesen hatten sie bei Gadebufch festgenommen.

Den 3. Juni brachte eine andere Partei zu Fuß 2 Wagen mit Provision, von Rostock nach Anklam beladen. Dabei war ein Bürger aus Anklam, welchem die Waaren zukamen, der dann das Seinige wieder bekam, doch mußte er hier alles verkaufen.

Den 4. Juni kam ein dänisches Schiff, welches schwedische Flaggen führte, nahe an Poel, einige Leute von demselben kamen sogar an’s Land und fingen an, besonders in Timmendorf, allen Muthwillen auszuüben, indem sie Hühnern und Gänsen die Köpfe abhieben, Pferde und Ochsen aber erschossen; sie machten sogar einen Anfang zu plündern und gingen mit dem Raub zu Schiffe. Aus der Stadt ward deshalb ein Commando ausgesandt, aber es kam zu spät; das feindliche Schiff aber legte sich hierauf in unsern Hafen und blieb sehr lange in demselben liegen. Das Flüchten aus der Stadt wurde allgemein.

Den 9. Juni wurden von dem Hrn. General-Major einige von unsern Schiffen in Beschlag genommen, um, wie man sagte, etwas Korn von hier nach Pommern zu führen. An demselben Tage kamen die Dänen von obgedachtern Schiffe abermals auf Poel an’s Land und wollten von der am Strande gehenden Heerde etwas Vieh rauben, aber man empfing sie so, daß 4 oder 5 sogleich erschossen und einige tödlich verwundet wurden, wovon Einer in der Nacht den Geist aufgab; Einer ward gefangen eingebracht. In der Stadt waren die meisten Leute in der höchsten Bestürzung und suchten ihre Güter zu retten.

Den 10. Juni kam die Nachricht, daß mehrere dänische Schiffe bei Poel angekommen, da Einige 5, andere 10 und noch mehr gesehen haben wollten, doch diese gingen den 12. wieder fort; indessen kam doch dann und wann eins wieder zu Gesicht, woraus man annehmen konnte daß die Dänen in der See stark kreuzten.

Den 16. Juni gingen die Feldwachen vom Neuen wieder an, weil man wußte, daß die Dänen sich in Pommern in Bewegung setzten und die in Rostock auch zum Marsch beordert waren, um, wie man hörte, nach Holstein zu gehen; andere aber berichteten, sie würden unweit Wismar stehen bleiben.

Den 20. Juni ward die obige Nachricht von dem Aufbruch der Dänen nicht allein bestätigt, sondern man hörte auch, daß sie den 21. oder 22. aufbrechen würden, desgleichen auch, daß den Beamten in der Wismarschen Nachbarschaft angesagt wurde, die nöthige Fourage herbei zuschaffen; es verließen deshalb viele die Stadt.

Den 21. ging ein starkes Commando Cavallerie aus und wurden deshalb die Thore zugehalten; auch ward Ordre gegeben, keine Mannsperson, besonders keinen Handwerksburschen herauszulassen. An Fachinen ward um diese Zeit eine große Menge zusammengefahren.

Den 23. Juni gingen noch mehr Parteien aus, weil von dem wirklichen Anmarsch der Dänen aus Pommern sichere Nachricht kam, anderwärts reiseten noch mehr Frauen und Kinder fort; auf der Rabens-Wisch, wo es bisher ziemlich offen gewesen war, ward eine neue Schanze aufgeworfen um die Fortification zu verbessern.

Den 24. Juni kamen einige von den Auscommandirten wieder; eine Partei brachte 8 Wagen mit Holz mit, welches den Dänen, die nun schon diesseits Rostock standen, bestimmt war, andere brachten verschiedene Packete dänischer Briefe, darunter einen vom dänischen General Kragge an den König, worin er den schlechten Zustand seiner Leute und daß er mit Unwillen des moscowitischen Generals aus Pommern marschiret, berichtete. Auch fand sich ein Brief vom König selbst, in welchem des Marsches wegen Ordre ertheilet ward und aus welchem man sah, daß einige Gruppen vor Wismar stehen bleiben sollten. In der Stadt vermehrte sich die Alteration bei vielen, besonders da keine Mannsperson, welche zur Zeit der Noth irgend Gewehr tragen konnte, hinaus gelassen ward.

Den 25. Juni wurden die Gärten vor dem Pöler Thore unter Wasser gesetzt. Doch verlief sich das Wasser bald wieder.

Den 26. Juni zogen die Bürger zuerst wieder auf die Wache, und zwar die erste Compagnie, welche die inneren Wachen am Mecklenb., Alt-Wismar, und Pöler Thore und den dazu gehörigen Posten versehen mußte, weil die Milice mit aller Macht, besonders auf der Raben-Wisch, arbeiten mußte.
Den 27. Juni kamen über Land Briefe aus Pommern, bei welchen auch einige schwedische waren, die gute Nachricht von einem baldigen Transport brachten und besonders berichteten, es würde der König Stanislaus selbst mitkommen, wie er auch schon in Schweden allenthalben Abschied genommen hat. Aus der Stadt reisten der ankommenden Dänen wegen noch viele Frauen und Kinder fort. Den 28. Juni kam Nachricht, daß die Dänen, welche bisher nahe vor Rostock gestanden, bis Retschau avancirt sind. Dänische Deserteurs fingen auch wieder an herein zu kommen, es wurden heute derer 10 gezählt. Die Unsrigen brachten heute 6 Wagen mit Heu und 3 mit Stroh herein, welche für die Dänen bestimmt waren.

Den 29. Juni ward ein Commando zu recognosciren ausgeschickt, welches bald wieder kam und berichtete, daß die Dänen im Neuen-Klosterschen stünden. Hierauf ward ein Tambour aus der Stadt an den dänischen General mit Briefen gesandt, durch welchen man Sicherheitsbriefe für die Stadt-Dörfer erbat, welche auch ertheilt und, nachdem sie in der Stadt gedruckt, im dänischen Lager versiegelt und überall ausgetheilt wurden. Um diese Zeit hatte die große Stadt-Schule, da alle Schüler weggereist waren, so sehr abgenommen, daß keine Sänger mehr übrig waren; es wurde deshalb von nun an auf den Gassen des Mittwochs nicht mehr gesungen, auch in der Kirche nicht weiter musicirt.

Den 30. Juni des Mittags konnte man in Wismar allenthalben die Dänen marschiren sehen. Es ließ sich zwar ansehen, als wenn sie vorbeigehen wollten, allein sie näherten sich der Stadt, und schlugen gegen Abend ihr Lager an eben dem Ort auf, wo sie es vorhin gehabt hatten und blieben unter Commando des Generallieut. Kragge stehen (in den Advisen schrieb man, sie hätten Wismar rund herum belagert, welches aber nicht geschehen). Von unseren Parteien waren viele aus, konnten aber dem Feinde füglich nicht beikommen. Hiebei rühmten die Neuen-Klosterschen der Dänen überaus gute Ordres und sagten, daß sie für ihr Geld bei ihnen gezehrt und kein Huhn gekränkt hätten, ja den Leuten von selbst Wachen gegeben, damit sie vor den Marodeurs sicher sein sollten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar