G. Nachricht von dem grausamen Mord in der hiesigen Frohnerei. 28. September 1624.

Den 28. September 1624 ist in der Frohnerei folgender Mord geschehen: Elisabeth Rathsack, welche in der Frohnerei gedient, hat auf obrigkeitliches Befragen ausgesagt, daß an dem verflossenen Michaelisabend der Frohnerknecht Balg Weichler aus Hamburg, der vor der Hausthüre gesessen, und nachdem er das Zinnenzeug an der Wand angesehen, gesagt, wenn unser Meister stirbt, so werden die Kinder viel Erbgut bekommen, ihn habe Christian Möller, der als ein Gefangener in der Frohnerei nebst Peter Möller gesessen, und damals bei dem Knechte Balg gestanden, geantwortet, ja, dies ist ein hübscher starker Dreifuß, welcher bei dem Knechte an der Wand gehangen, da sei Deponentin auf den Boden gestiegen, und habe die Kinder zu Seite gebracht, und nicht weiter gehört noch gesehen, was vorgegangen. Wie sie die Treppe von dem Boden wieder herunter gekommen, habe sie gesehen, daß Peter Möller, der eine Gefangene, hinter dem Knechte auf der Kellerluke gestanden, und demselben mit der Axt auf den Kopf geschlagen, auch seinen Nebengefangenen Christian Möller ein Beil gereicht, der ihm damit auch einen Schlag gegeben, da wäre Balg der Knecht niedergefallen, und hätte die Glocke eben halb 6 geschlagen. Wie der Knecht also gelegen, wäre Deponentin aus dem Hause gelaufen, und hätte Leute rufen wollen, die Mörder aber hätten die Thüre vor ihr verschlossen, daß sie nicht hinauskommen könnte, da wäre sie nach dem kleinen Boden, nach der Straße belegen, gelaufen, hätte Erhard den Freischuster zwar vorüber gehen sehen hätte aber denselben nicht rufen dürfen, hierauf wäre sie in die Stube gelaufen, und hätte den Meister, welcher mit der Frau auf dem Hofe war, folgender Art gerufen: O Meister kommt herein, hier bringen sie unsern Knecht Balg um, darauf er sich ganz entfärbt, und gefaßt, ja, Ja, ich will jetzt kommen. Die Frau aber hat nichts gefaßt, und ist zuerst herzu gelaufen. Wie sie ins Haus getreten, habe Peter Möller abermals den ersten Schlag gethan, hernach Christian Möller mit dem Beil, daß sie zur Erde fiel, wie Lazarus der Meister kam, und in das Haus treten wollte, da sah er seine Frau auf der Crde liegen. Er wollte zurückspringen und die Thür zustoßen, die Mörder aber hatten die Thüre wieder aufgeklemmt, Meister Lazarus beim Leibe genommen, und ihn mit Gewalt ins Haus geschlept und gesagt: hier mußt du her! Christian Möller habe ihn so lange gehalten bis Peter Möller ihm mit der Axt den ersten Schlag gegeben, wovon er sogleich zur Erde gestürzt, da hatten die beiden Mörder tapfer auf ihm losgeschlagen und gehauen, daß er nicht wieder in die Höhe gekommen. Nachdem dies geschehen, hätten die Mörder Referentin mit den beiden kleinsten Kindern, die noch nicht zu Bette gewesen, in die Stube gejagt und selbige zugemacht. Sie aber hätte durch das Fenster gesehen, daß sie die todten Körper bei den Füßen genommen, nach dem Verhör-Keller geschleppt, und über Hals und Kopf hinein geworfen. Hernach hätten sie alle Lichter aus den Wiemen gestoßen, wären zur Referentin in die Stube gekommen, den Tisch, worunter eine Schublade ist, aufgeschlossen, und die Heldenschlüssel darin gesucht. Unterdessen sei Referentin mit den beiden Kindern in die Stubenkammer gegangen, und als die Mörder die Schlüssel in dem Tische nicht gefunden, wären sie zu ihr in die Kammer gekommen, hätten sie wieder heraus gezogen, ihr die linke Hand zurück gebeugt, und sie so lange gemartert, daß sie sagen müsse, wo die Heldenschlüssel zu finden wären, wie sie nun endlich gesagt, daß die Schlüssel in dem grünen Schrank in der Stube seien, hatten sie denselben aufgebrochen, und den Schlüsselbund herausgenommen, und da sie die rechten Schlüssel nicht gleich finden konnten, so hatten sie zur Referentin gesagt, sie sollte ihnen die Schlüssel zeigen oder sie wollten sie auch umbringen. Endlich hatte Peter Möller gesagt, man müsse nach den Heldenlöchern sehen, wie die gestaltet wären, so wären die Schlüssel auch gestaltet, hätte auch seine Helden bald losgemacht, Christian Möller hatte aber seine Helden nicht gleich ausschließen können, da hatte er zur Referentin gesagt: Du Hure, wo du mir die Schlüssel nicht zeigest, will ich dich mit diesem Messer (welches er ihr zeigte) auch umbringen, Peter Möller hatte abermal zu ihm gesagt, du Narr, du mußt nach den Löchern sehen, wie dieselben sind, so müssen auch die Schlüssel sein, doch endlich fand er seinen Schlüssel und machte sie auch los. Wie sie nun beide los gewesen, rissen sie das kleine erst 5 Wochen alte noch säugende Kind beim Arm aus der Wiege und warfen es in die Koje, und die Wiege hinterher, hieraus polten sie die übrigen schlafenden Kinder aus dem Bette und schlossen diese sowie die Referentin in die Koje. Der siebenjährige Lazarus Conrad berichtet, daß die Mörder vor sein Bett gekommen und ihn nach des Knechts Balg Pulver und Hagel gefragt, er habe aber geantwortet, daß er dies nicht wisse und habe gebeten, sie möchten ihm nichts thun. Hierauf hätten sie ihn beruhigt, so lange er stille sei, wollten sie ihm nichts thun, würde er aber schreien, so würden sie ihn umbringen; die neunjährige Anna hätten sie auf eben diese Weise bedroht. Als die Referentin mit den 5 Kindern eingesperrt war, bat sie die Mörder, daß sie doch dem jüngsten Kinde ein Paar Kissen geben möchten, welches sie auch unter Schimpfen gethan, die Referentin durfte mit den Kindern nicht reden und als sie es doch gethan, riefen ihr die Mörder zu, daß, wenn sie nicht schwiege, sie ihr den Hals umdrehen wollten. Darauf habe Referentin gebeten, die Mörder sollten doch ihr des Kindes Muß-Töpfchen geben, daß sie demselben Essen geben könnte, da hätten sie ihr einen Topf mit abgefülltem Schmalz gelanget, Referentin hätte aber gesagt, das Kind könnte ja solches nicht essen, die Mörder aber antworteten, wenn es die Kinder nicht fressen wollten, so möchten sie hungern; endlich hätten sie ihr den Mußtopf doch gelangt, und wie sie auch Trinken für das Kind begehrt, hätten sie ihr in einem Kännchen etwas gelangt, das mit ihrem Urin vermischt gewesen, hernach gaben sie ihr eine andere Kanne mit Trinken, welches eben so gewesen, daß sie deshalb dem armen Kinde die Nacht über den Durst mit ihrem Speichel stillen müssen, und hätte es vom vielen Schreien den Nabel bald Finger lang ausgeschrien. Referentin hätte ferner in der Nacht gehört, daß die Frau im Keller noch gewinselt und gesagt: O mein Leib! Darauf sind die Mörder im Keller gegangen zu den Todten, und hätte Christian Möller als er die Kellerluke aufheben wollte, gesagt: Ei! wie schwer ist die Luke! Peter Möller geantwortet, ja ich habe auch gezogen, daß mir der Schweiß aus beiden Ohren ging. Was sie in dem Keller gethan, wisse sie nicht, indessen hätten sie doch mit den brennenden Lichtern in der Nacht viel umhergelaufen, bald auf den Hof, bald auf den Boden, bald in die Kammer und durchsuchten alles. Als der Morgen dämmerte und die Leute zur Frühpredigt gingen, sagte Peter Möller: Höre, nun sprechen schon Leute, es ist Zeit, daß wir gehen und sie gingen davon Was sie aber alles mitgenommen, hätte Referentin nicht sehen können, da sie eingesperrt gewesen. Um 6 Uhr kam des Schneiders Lorenz Kohlhasen Dirne, und klopfte an. Referentin rief aus der Koje: Das Volk schläft noch, bat aber zugleich die Dirne sie möchte doch Hans Posts Frau sagen, doch mal her zu kommen. Selbe kam nebst 2 Jungen, die sie bei sich hatte durch den Pferdestall und öffneten die Hausthüre; da kam das Haus in der Eile voller Leute, welche Referentin nebst den Kindern aus der Kose ließen. Vermuthlich sind die Mörder entkommen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar