Kulturarbeiten - Band 1 - Hausbau

Autor: Schultze-Naumburg, Paul (1869-1949), Erscheinungsjahr: 1912

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Wertung zum Autor

Der frühe Schultze-Naumburg hat als Reformer einen Beitrag zur Lebensreform und zur Reformkleidung geleistet. Als Architekt übte er großen Einfluss auf den Heimatschutz, das Bauschaffen und die Denkmalpflege in Deutschland aus. Durch seine Mitgliedschaft in der NSDAP, seines Reichtagsmandates, aus Teilen seines schriftstellerischen Werkes (Kampf um die Kunst) und mittels seiner Kontakte zur nationalsozialistischen Prominenz war Paul Schultze-Naumburg ein aktiver Wegbereiter des Dritten Reiches. Aufgrund seiner Aktivitäten im „Block“, seiner Mitgliedschaft und seiner Funktion als Vorsitzender im Kampfbund für deutsche Kultur war er einer der Mitinitiatoren und Mitverantwortlichen für die Schließung des Dessauer Bauhauses (1932) und für die Bücherverbrennungen von 1933. Mit seinem Buch Kunst und Rasse als Vorlagenlieferer der Ausstellung „Entartete Kunst“ von 1937, sowie der entsprechenden Kontakte (Alfred Ploetz, Hans F. K. Günther), seiner Propagierung eines direkten Zusammenhanges zwischen Kunst und Rasse und seinem Verhalten als Direktor der Weimarer Kunsthochschule war Paul Schultze-Naumburg führender Wegbereiter und Mitwirkender der nationalsozialistischen Kulturideologie.

Quelle: Paul Schultze-Naumburg bei Wikipedia



Wenn es mein Leitmotiv ist, dass man an das Wohnhaus vom Anfang des 19. Jahrhunderts anknüpfen musste, um die abgerissene Entwicklung weiterzuführen, so meinte ich einen ganz bestimmten Typus, den man in allen Gegenden Deutschlands noch oft genug findet. Unsere Kenntnis vom nordischen Wohnhause datiert allerdings bis zum Mittelalter zurück. Soviel wir heute noch davon kennen, waren es Bauten, die ihre Zeit vortrefflich zum Ausdruck brachten. Jedes Haus war eine Festung, die Mauern dick, die Fenster klein, mächtige hohe Dächer mit Pfannen gedeckt, angebaute Treppentürme mit Wendeltreppen, so stehen die vereinzelten Überreste als trotzige und charaktervolle Gesellen da. Allmählich entwickelte sich das Städtewesen zu immer imposanterer Machtentfaltung. Das Haus der Renaissance ist das Patrizierhaus, wie es in der Front der Strasse mit aufragender Giebelfassade oder hohem Dach steht. Die Fenster sind breit und groß geworden, Reichtum drängt nach üppigem Schmuck, große Speicher, Höfe und wohl auch ein Gärtchen schließen sich auf der Rückseite des Hauses auf dem langgestreckten Grundstück an.

Im 18. Jahrhundert ist nicht mehr der Patrizier die „aktuelle Figur“. Der Bürger ist der Träger der beginnenden politischen und geistigen Freiheit geworden, und mit ihm zieht das Bürgerwohnhaus ein — das, was wir heute noch ersehnen, dessen Erfüllung heute da sein müsste, dessen Entwicklung aber unterbunden wurde. Das Bürger-Wohnhaus setzt im 18. Jahrhundert in derselben einfachen Schönheit ein, die stets im vollkommenen Ausdruck des vollkommenen Zwecks liegt. Wir besitzen es noch in zahlreichen Exemplaren, aber seltsam: auch die Architekten scheinen es kaum zu sehen. Ja, es sind ganz gute Häuser, meinen sie, aber es ist nicht viel „Architektur“ an ihnen. Dass gerade darin, dass es gute Häuser sind (vielleicht auch, dass so wenig „Architektur“ daran ist), das unsagbar Wichtige liegt, das beachtet man nicht. Man reißt sie ein wie altes Gerumpel, und setzt schauderhafte Protzenbauten an ihre Stelle. Man schaut mit aufgerissenen Augen nach England hinüber und meint: von da muss uns das Heil kommen, denn alle Wetter, was baut man da nicht allein moderne, sondern auch gemütliche und wohnhafte Häuser! Ja, allerdings, von den Engländern kann uns das Heil kommen, aber nicht, indem man ihnen so weiterschielend Motive abguckt, sondern indem man dieselbe Methode aufnimmt, durch welche die Engländer ihr heutiges Wohnhaus gewonnen haben. Indem man nämlich an unser Wohnhaus vom Ende des 18. Jahrhunderts und vom Beginn des 19. Jahrhunderts anknüpft und es den veränderten Bedingungen gemäss weiterführt.

Der Bürger war frei geworden, er zog aus der engen Strasse, aus der Fassade heraus vor das Tor, das keine Festung mehr verschloss. Rechts und links von den Landstrassen wachsen die traulichen Gärten mit den freistehenden Häusern empor. Am liebsten umschloss man den Garten mit einer hohen Mauer, damit der Besitzer sich darin wie in seinem kleinen Paradiese ganz nach eigenem Gefallen ergehen konnte, behaglich und unbelauscht. Manchmal freilich öffnete sich auch in der Mauer ein breites Stück und ließ einen Einblick in eine besonders dazu geschaffene Stelle oder auf die Front des Hauses. Aber bald schlossen sich wieder die Umzäunungen, sie ließen das trauliche Gartenleben den Draußenstehenden nur ahnen, man zerstörte es nicht, indem man es den Blicken preisgab. An der Mauer angebaut stand oft ein kleines Gartenhaus, dessen Dach über sie hinausschaute und dessen breite lichte Tür aus dem Sälchen über ein paar flache Stufen unmittelbar in den Garten führte. Die Wege waren nicht in der beliebten Brezelform unserer heutigen Gartenkünstler angelegt, sondern meist geradlinig, mit einer reizvollen Perspektive, von Buchsbaum und Zwergobst eingefasst. Dichte, kühle Lauben aus Lattenwerk, mit Efeu oder wildem Wein umsponnen, gaben wirklichen Schutz vor der Sonne.

Da es hier ganz und gar auf die unmittelbare Anschauung ankommt, habe ich das Beste dessen, was uns hier erhalten geblieben ist, in Abbildungen festgehalten. Und zwar zum Teil auch gleich mit den Gegenproben, d. h. mit dem, was heute an seine Stelle oder doch daneben gesetzt ist. Abb. 1 und 2 mögen als Gegenstücke dienen. Das eine ein ganz einfaches Gartenwohnhaus, gewiss kein architektonisches Meisterstück, sondern nur eben ein freundliches und schlichtes Haus, wie es im 18. Jahrhundert selbstverständlich war. Aber welche Anmut, welches Daseinsbehagen und welche Wahrhaftigkeit im Ausdruck von der Tür bis zum obersten Dachziegel hinauf! Es ist ganz ohne Schmuck, — der Besitzer wollte keinen Reichtum erheucheln, wo nur leidliche Wohlhabenheit vorhanden war, er begnügte sich mit dem lebenden Schmuck des wilden Weins, der das Haus umrankt. Trotzdem bedeutet das Haus, so wie es dasteht, einen Schmuck des Gartens, ja der ganzen Gegend. In ihrer Einfachheit entzückend ist die Silhouette des Daches mit dem einfachen Dachreiter. Denn das ist keines von den heute so sinnlos aufgeleimten Türmchen und Zinnen und Zacken, die vollkommen überflüssig sind, mit dem Bewohner in gar keinem Zusammenhang stehen und im Grunde nichts als eine kindische Protzerei verbunden mit Butzenscheibensentimentalität bedeuten. Sondern es ist durchaus Ausdruck des Zwecks, nämlich der Träger eines luftigen, hochgelegenen und benutzbaren Sälchens mit einem Ausblick über Fluss und Tal. Deswegen ist das Türmchen so hoch hinaufgeschoben, um über Bäume und Dächer der Nachbarschaft zu sehen. Das schlichte Dach mit der einfachen Wetterfahne schließt ohne jede Stilfexerei ab. Als charakteristische Zutat der neuen Zeit bemerke man, dass im ersten Stock das zweite und fünfte Fenster aufgemalt sind.

Abbildung 1 : Gartenwohnhaus in Jena
Abbildung 2 : Gegenbeispiel

Und nun unser Gegenstück, Abb. 2. — Warum lachen wir denn? Das ist gar nicht komisch, sondern tieftraurig. Es ist nicht das Haus meines Feindes, dem ich einen Schabernack spielen will, sondern es ist eben der Typus des Hauses, wie wir es heut überall, zu Dutzenden, zu Hunderten, zu Tausenden emporschießen sehen auf den Ruinen der Ansätze einer feinen, echten und wahren bürgerlichen Kultur. Es ist das „elegante“ kleine Haus, wie es gradso in den Vorstädten Berlins, wie hier, wie sonstwo steht. Ich weiß sehr gut und bin gewiss einer derjenigen gewesen, die es immer mit froher Hoffnung betont haben: gewiss, es wird besser. Ich werde auch davon Beispiele bringen. Aber was wollen diese, fast immer noch als Ausnahmen erkennbaren Vorläufer bedeuten gegen die zahllosen — nennen wir es nur beim rechten Namen: Schwindelhäuser, die in Deutschland überall aus dem Boden schießen. Sie sind, nicht dank eigner Würdigkeit, aber dank der modernen Baupolizei, leider Gottes dauerhaft, und so schänden sie das Bild unseres schönen Landes auf unberechenbare Zeiten hinaus. Geht es so weiter, dann ist der Begriff ein „schönes Stadtbild“, ein „idyllisches Land“ bald abgestorben im ganzen Vaterlande. Die Welt wird aus Proletarierkasernen und aus „eleganten Villen“, wie unsere Abb. 2, bestehen. Man sehe sie sich mal genauer an. Im Grunde sind die Zimmer viel kleiner als früher, und die Treppe ist enger und steiler. Aber die Fenster haben Putzumrahmungen, die offenbar an einen Palazzo erinnern sollen. Das Dach-Giebelzimmer ist winzig, aber ein herrlicher Schnörkel sitzt oben drüber! Gibt es in der ganzen Welt einen Menschen, dem diese Karikatur wirklich gefällt, nachdem er sie erst einmal „verstanden“ hat? Ich glaube nicht. Die Menschen bilden sich alle nur ein, „so was“ sei eben schön, und nehmen es als gegeben an, weil es der Nachbar ja auch hinnimmt, und weil es, wenn es überall so gemacht wird, doch wohl so sein muss.

Endet bei den wohlfeileren Bauten heute fast alles in ein trostloses Proletariertum, wo früher jede Köhlerhütte ein Stück wirklichen Gestaltens zeigte, so läuft bei den kostspieligeren Anlagen der Witz des „schönen Bauens“ in eine kopflose Zusammenhäufung von Motiven aus. Als uns damals der deutsche ästhetische Schulmeister die Tradition zerbrach, schenkte er uns dafür ein Lehrbuch der historischen Stile oder genauer gesagt: ihrer Schmuckformen. Und in der Zusammenhäufung dieser Stilmotive in der verkümmerten Form schlechter Kopien sieht man von damals bis heut Alpha und Omega der landesüblichen Bauerei. Dank der Vorlagewerke kann man heut beim kleinsten Maurermeister in der Provinz alles bestellen: gotisch, romanisch, deutschen Reichs- oder „Sezessionsstil“ — auf dieselbe kubische Inneneinteilung wird dann das entsprechende Ornament aufgeklebt, und der höhere oder niedere Preis bestimmt die Menge der „Motive“. Bildet in alten Bauten hier einmal ein Erker, dort einmal eine durch das Treppentürmchen begründete Haube eine malerische Bereicherung der äußeren Erscheinung, so bilden heute unsere Villen-Vorstädte illustrierte Musterkataloge von missverstandenen alten oder neuen Formen.

Abbildung 3 : Sogenanntes „Prinzessinnenpalais“ in Jena
Abbildung 4 : Gegenbeispiel

Auch da, wo man im vorigen Jahrhundert ein Haus bauen wollte, das man heute ein kleines Palais nennen würde, machte man nicht den Versuch, äußerlich so zu tun, als ob es im Grunde eine Ritterburg wäre, sondern man blieb beim schlichten Wohnhaus. Auch der vornehme Mann wollte den Ausdruck der Behaglichkeit nicht entbehren, besonders wenn er vor die Stadt zog und ein Stück Etikette zu Hause lassen durfte. Unsere Abb. 3 kann als ein gutes Beispiel für ein solches Heim dienen. Es ist ein schon ganz stattliches Haus und enthält viel mehr Raum, als man ihm so äußerlich ansehen dürfte. Auch hier wird man nach Zieraten vergeblich suchen. Und doch verrät die bloße äußere Erscheinung ohne weiteres ein selbstbewusstes Auftreten und eine beträchtliche Wohlhabenheit. Der Bewohner brauchte nicht zu fürchten, dass man ihn nach seinem schlichten Hause unterschätzte. Wie einfach sieht dagegen Abb. 1 aus; schon die mit dichtem wildem Wein umwachsene Vorfahrt gibt diesem Hause auf Abb. 3 ein ganz anderes Gepräge. Die Fenster sind groß und hell und beleuchten aufs behaglichste die Innenräume. Und nun sehe man sich Abb. 4 an. Auch das ist ein Haus, wie es sich nur ein wohlhabender Mann bauen kann. Es war aber einer aus unsern Tagen. Beschauen wir es uns recht. Wird uns warm ums Herz? Empfinden wir überhaupt etwas? Motive, Motive, sinnlos zusammengetragene Motive von allem möglichen, was als mustergültig in den Bauschulen gelehrt wird. Deutsche Renaissance ist mustergültig, hier hast du Motive aus deutscher Renaissance. Italienische Renaissance ist auch mustergültig, es kann auch damit gedient werden. Ist es ein Bau, der gewachsen ist? Ein Bau, der sich einer menschlichen Existenz um- und anschließt wie ein Kleid? Ist es aber etwa ein Monstrum, das selten zu finden wäre? Steht es denn nicht an allen Strassen?

Wenn die Häuser, die zwischen 1870 und 1900 gebaut sind, in ihrer Mode wechseln, so dass man fast ohne weiteres die Jahreszahl der Erbauung erraten kann, so zeigen uns die Reste unserer wirklichen Kultur ein viel größeres Beharren. Beileibe nicht etwa Einförmigkeit; im Gegenteil, der Phantasiereichtum bei ihnen ist ein so fabelhaft großer, dass jedes Haus fast ein anderes Gesicht hat. Man sehe sich Abb. 5 an. Hat es nicht ein breites, gutes, ehrliches Gesicht? Und ist ein ganz einfaches städtisches Gehöftgebäude. Aber es hat Charakter, hat Wahrhaftigkeit. Und das reißt man nieder, nicht, weil es baufällig wäre, sondern weil die Stadt verschönert werden soll. Und wie verschönert man? So wie Abb. 6 zeigt, das Haus, das man daneben gebaut hat. Man kann wohl ziemlich sicher sein, dass seine inneren Qualitäten seinen äußeren entsprechen werden und keine Spur von der sonnigen Behaglichkeit zeigen, die ältere Zeiten ihren zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden mitgaben. Wäre das neue Haus behaglich, dann würde es auch behaglich aussehen.

Abbildung 5 : Gehöftgebäude in Jena
Abbildung 6 : Gegenbeispiel

Man sagt heute so oft: das Volk müsse zur Kunst erzogen werden. Das klingt mir mit der Zeit ganz verdächtig. Ich glaube fast, es würde grad genügen, die Kinder daran zu gewöhnen, einfach die Augen aufzumachen, anstatt sie einmal zu dem und zu dem und ein andermal wieder zu etwas anderem zu erziehen. Dann stände es ganz gewiss nicht so schlimm um unsere Kultur des Sichtbaren.

Denn — das ist meine Hoffnung: so geradezu gemein, wie es die Wege, Strassen, Brücken, Häuser, Gärten, Denkmäler und Kirchen in der eindringlichen Sprache ihres Äußeren erzählen, so gemein können ja all die Menschen, die sie schufen und die für sie einstehen, gar nicht sein.

Es gibt drei Möglichkeiten. Entweder, es deckt sich das Sichtbare ganz genau mit dem Charakter unserer heutigen Menschheit. Dann könnten wir von heute alle verzweifeln. Denn dann stände das Ethos der Gegenwart auf einer so tiefen Stufe gegenüber aller Vergangenheit, dass wir am besten Schluss wünschen müssten. Oder aber: sichtbare Erscheinung und tatsächliches Wesen hätten überhaupt nichts miteinander zu tun, — „der Schein trügt“, heißt ein alter Gemeinplatz. Dann könnte man mit Recht fragen, wie überhaupt das Äußere zustande kommt und welchen Zweck die Natur verfolgte, als sie uns mit Fähigkeiten ausrüstete, es wahrzunehmen und zu „beurteilen“. Oder aber, die dritte Möglichkeit: infolge einer sonderbaren Funktionsstörung ist die Beziehung „innerlich“ auf „äußerlich“ unterbrochen worden. Das geht nur auf kurze Zeit, denn es besteht Wechselwirkung. Über lang oder kurz wird dann das Äußere im Innern wahr machen, was es jahrzehntelang verkündet: die Menschheit wird dann wirklich so gemein sein, wie sie jetzt nach ihrer sichtbaren Betätigung nur zu sein scheint. Das ist unsere Sorge und unsere — Hoffnung. Denn wir wünschen: macht endlich einmal die Augen auf, ihr müsst ja sehen, was da so klar, so leuchtend klar jedem Haus, jedem Tor und jedem Dach im Gesicht geschrieben steht, gegen das unsre Schriftzüge dunkle Hieroglyphenzeichen sind!

Aber man macht vorläufig die Augen eben noch nicht auf. Man hat Geschäfte und Eile und kann nicht groß zur Seite schauen. Unsere Trottoirs sind ja so gangbar.

Das kann einer, dem die Augen stets Gefühlsvermittler für das Unaussprechbare gewesen sind, schwer begreifen. Und doch muss man es jeden Tag neu erfahren. Bis zu welchem Grade das gehen kann, habe ich diesen Sommer beobachtet.

Ich besuche von Zeit zu Zeit eine alte Universitätsstadt in der Nähe. Es ist schwer, mit wenigen Worten zu sagen, was mich zu ihr zieht, aber ich verlebe in ihr Tage von traumhafter Schönheit. Es sind nicht die Berge und der Fluss und das Tal, die mich so anziehen, denn in diesen verbringe ich das ganze Jahr. Sondern es ist die Atmosphäre der Stadt, die eng mit allen Steinen, Ziegeln, Brettern, Balken, Erde und Pflanzen verwachsen zu sein scheint. Unsere ganz Großen im Geiste waren es, die hier wandelten und sich ihre Stätten schufen.

Die ganze wundervolle geistige Kultur, die einst Deutschland hervorbrachte, hatte sich hier gleichsam zu greifbarer Form verdichtet. Nicht die großen Kunstwerke, die sie schufen, finden wir, sondern das Milieu, das sie sich in der Harmonie ihres Lebens bildeten. Überall war geweihte Stätte, aber: man wusste es nicht allein, sondern man sah es, man fühlte es mit seinen Augen. Und ich ging von Ort zu Ort, nicht um Totenkultus zu treiben, sondern um bereichert im eigentlichsten Sinne des Wortes dann wieder weiterzugehen. Denn die geistige Kultur, die sich dort in sichtbarer Form niedergeschlagen, barg Werte, die noch nicht ausgeschöpft sind für das deutsche Volk. Wir haben sie noch lange nicht in uns aufgenommen und noch lange nicht sind sie als Leben in uns aufgegangen. An einem Hause blieb ich immer stehen. Es bedeutete einen Denkstein in der Geschichte der deutschen Studentenschaft. Aber mehr noch: der deutsche Genius selber hatte es geweiht, und die Worte, die er dort gefunden, sind Eigentum der Welt geworden. Das Haus stand an einer alten ehrwürdigen Brücke, und Fluss, Brücke und Haus bildeten ein Ganzes, das nicht gebaut, sondern gewachsen zu sein schien. Das mag eine Empfindung sein, die man allen allseitig harmonischen Anlagen gegenüber haben kann. Die Brücke, eine der wenigen, die von Hochwasser und Restaurierung verschont geblieben war: eine sehr einfache alte Brücke, die nicht eine einzige Verzierung aufwies, die sie „gefälliger“ hätte gestalten können. Welch eine Monumentalität, welch ein Ausdruck in ihrem schweren Bau mit ihren gedrungenen Pfeilern, die den Zug der Heerstrasse auf ihren Rücken tragen! Und daneben die Herberge, in der Goethe selbst in jungen Jahren oft Gast gewesen war. Allmählich wurde mir Fluss, Haus und Brücke zu einem Symbol der großen Zeit selber, das als Mikrokosmos die Welt spiegelte, die jener gesehen und sehen gelehrt hatte.

Und als ich wieder einmal hinkam, fand ich die vertrauten Züge verwischt und ein leeres Gesicht an ihre Stelle getreten. Unsere Bilder 7 und 8 erzählen besser als Worte von der Veränderung. Zufällig bewahrte ich von dem Orte eine Skizze und konnte deshalb das alte Haus in das eine Bild so hineinzeichnen, dass es, wenn auch nicht auf architektonische Korrektheit, so doch auf Richtigkeit des Eindrucks Anspruch machen kann.

Aber, fragt man, empörte sich denn nicht die ganze Studentenschaft, tat sich nicht die Gesamtheit der akademischen Lehrer zusammen, um mit allen Mitteln solche Barbarei zu verhindern? Ich habe nichts davon gehört.

Abbildung 7 – Saalebrücke mit dem ehemaligen Gasthof „Zur Tanne“ in Jena.
Abbildung 8 – Gegenbeispiel: Saalebrücke mit dem Gasthof „Zur Tanne“ nach dem Umbau.

Wo einst Goethescher Geist ausging, da herrscht jetzt unangefochten Maurermeisterschablone und Restaurateurgeschmack.

Wahrscheinlich — sie hatten es gar nicht gesehen. Hatten es gar nicht gemerkt, wie man sie bestohlen. Sie hatten es ja nie besessen. Ich machte die Probe. Ich holte mir den und jenen Bekannten und führte sie hin. Die meisten merkten gar nicht, dass das Haus ein anderes geworden war!

Die Gedenktafel hing ja wieder dran ....

Man betrachte die Bilder 9 und 10. Wieder das alte Haus an der Heerstrasse und das neue. Jenes nach dem Typus gebaut, den wir häufig finden im 18. Jahrhundert: den Mittelbau hervorgehoben durch den Risaliten mit dem Giebel, die Fensterachse durchgeführt, das gebrochene Mansardendach. Puristen sagen hier: Sehen Sie, da beginnt der Verfall. Hier schiebt sich in unsere heimische mittelalterliche Bauweise, die aus dem Material hervorging und individualisierend (soweit das beim Bauen überhaupt möglich) war, zuerst das fremde Moment des klassizistischen Gedankens hinein, der der Urheber allen Unheils wurde. Hier beginnt die Regel das Leben zu ersticken. Der Fassade zulieb wird eine vorbestimmte Fensterachse innegehalten, die Symmetrie wird wichtiger als die Sachlichkeit; hier beginnt die Zerlegung der großen einheitlichen Lichtquellen nach einem vorgefassten Schema.

Zugegeben: hier sind die Quellen dessen, was später zu einem so breiten See von Unheil auslief. Aber war dieser Anfang einer, der die Notwendigkeit zu solchem Ende schon in sich trug? Ich glaube nicht. Hätte sich nicht unter anderen Einflüssen alles genau so gut aus diesen Anfängen zu ausgezeichnetem Weitergedeihen fortentwickeln können? Der klassizistische Zusatz ist eng mit unserem deutschen Geistesleben verwurzelt. Könnte oder wollte man ihn je wieder ausscheiden?

Alle großen Kultur-Entwicklungen entstehen aus der Befruchtung zweier an sich entgegengesetzten Prinzipien, wie aus Vater und Mutter, die zusammen das neue Kind zeugen. Nordischer Geist und antiker Geist gingen hier eine Ehe ein, und die Kinder, die damals aus ihr hervorgingen, waren schöne Geschöpfe. Prinzipienreiterei sollte uns nicht blind dagegen machen. Man sehe sich doch ein Haus wie auf Abb. 9 (auch 11, 13, 15 und andere) ganz vorurteilsfrei an und lasse es auf sich wirken. Spricht hier nicht alles vom Ernst der Lebensauffassung, die sich mit Heiterkeit gesellt, von vornehmer Würde, von Selbstsicherheit, von Anstand, von Gemessenheit und von Nachdenklichkeit, die den höchsten Gütern des Lebens Raum gibt? Von dem Erfüllen der sachlichen Forderungen später einmal bei einem weniger ruinösen Beispiel.

So wie auf Abb. 10 ist dann endlich alles ausgegangen. Hier haben wir die vollständige Narrheit!

Abbildung 9 – Gasthaus in Neuflemmingen
Abbildung 10 – Gegenbeispiel, Gasthaus „Zum grünen Thale“

Auf den Mittelgiebel ist die Schweizerhausphantasie eines Mannes geklebt, der sicher nie in der Schweiz gewesen ist, denn der tut man mit dem Namen „Schweizerhausarchitektur“ unrecht. Das Dach, die hohe Stirn, ist weg, und das ganze Haus macht ein Gesicht, wie ein dummer Junge, der sich irgendeinen albernen Kopfputz aufgesetzt hat, die Augen aufreißt, das Maul aufsperrt und nun seiner nicht ganz sicher die Welt anstiert.

Auch in Zeiten gefestigter Überlieferung verwendete man Formen, die nicht der direkten Überlieferung angehören. Doch ist es in vielen Fällen schwer zu unterscheiden, ob es sich um Übernahme oder eigene Erfindung handelt. Es gibt eben gewisse Bauglieder, die sich dem Überlegenden von selbst einfinden und auf die man logischerweise kommen müsste, wenn auch vorhergehende Zeiten sie noch nicht gehabt hätten. Will man etwas Freistehendes tragen lassen, so bleibt einem nichts anderes übrig, als eine Säule darunter zusetzen, und die runde Form ist vermöge ihres einfachsten Querschnittes die nächstliegende. Das dorische Kapital ist der einfachste und logischste Abschluss nach oben in solchem Masse, dass man ihn schließlich auch ohne die Vorarbeit des Altertums ähnlich hätte finden müssen. Es ist deshalb ein recht törichter Vorwurf, den man den von klassizistischen Momenten durchsetzten guten Bauten vom Ende des 18. und vom Anfang des 19. Jahrhunderts macht, der Vorwurf, dass sie undeutsch wären. Verkörpert sich doch trotz dieser klassizistischen Momente gerade in jenen Bauten das Wenige, was wir vom echten deutschen Bürgerhause haben, denn eben nach ihnen ward die Überlieferung abgebrochen. Bis zu welch phantasievoller Anmut und innerer Harmonie trotz einzelner, wenn man will, griechischer Bauglieder man damals gekommen ist, das zeigt z. B. der kleine Pavillon auf Abb. 11, den man sich freilich ohne die Verkürzung vorstellen möge, die sich bei der photographischen Aufnahme nicht vermeiden liess. Das ist durchaus kein griechischer Tempel und auch kein Sammelsurium aus fremden Schmuckformen, sondern ein Bau aus einem Guss, dem sein schöner Zweck klar und rein auf der Stirn geschrieben steht. Und diesen hohen Grad von Entwicklung lies man dann verkümmern! Man verlies ihn, um sich einem traditionslosen Bauwahnsinn in die Arme zu werfen. Sind Bauten wie Abb. 15a etwa Seltenheiten bei uns? Man borgt sich breite romanische mächtige Bogen, auch wenn sie durchaus nicht schwere Massen zu tragen haben, man bringt Schiesscharten an, obgleich der Bau nichts weniger als eine Festung ist, Zinnen, obgleich kein Wehrgang da ist, Treppentürme, wo keine Treppenbauten vorhanden sind, Giebel, wo nichts zu decken ist, Turmspitzen, wo nichts gen Himmel zu ragen braucht! Auf solchen Wahnsinn aber kommen die sich selbst oder einer Überschwemmung von verwirrenden Vorlagen überlassenen Baumeister, während sie auf den sicheren Bahnen der Tradition zu so schönen Leistungen gelangen könnten wie die Tausende ihrer Vorfahren im Handwerk! —

Abbildung 11 - Weinbergpavillon in Rossbach a. S.

Zwei weitere Pavillons aus älterer und neuer Zeit zeigen Abb. 13 und 14. Auch der erstere zeigt durchaus die Formensprache der „Renaissance“, während die Formen des andern halbe Narrheit bedeuten, obgleich solches auf unseren öffentlichen Bauschulen gelehrt wurde.

Ich zeige noch einige Beispiele von anmutigen und guten Bauwerken, welche ausgesprochen antike Bauglieder besitzen und dabei doch durchaus deutsch wirken. So ist Abb. 15 geradezu der Typus des kleinen Lusthauses, wie ihn sich das behagliche Bürgertum des 18. Jahrhunderts zu Schützenhäusern oder zu Stätten anderer ländlicher Freuden schuf. Trotz der Säulen, die die schlichte Front so gut gliedern, wird niemand auf den Gedanken kommen, das Häuschen wollte sich als Tempel aufputzen, und das flache Delta des Giebels ergibt sich aus dem Mangel eines hier unnötigen hohen Bodenraums ganz von selbst. Allerdings liegt ja bei unserem Klima in einem solchen flachen Dache eine gewisse Gefahr, da der Schnee nicht genügend abrutscht. Aber wenn man die Dächer, die ja im übrigen einen immer noch weit stärkeren Neigungswinkel hatten als unsere „flachen Dächer“, so gut eindeckte und die Stellen, wo verschiedene Dachflächen zusammenstoßen, so sorgfältig verkehlte, wie es damals die Handwerker noch taten, dann ging sogar das. Unsere heutigen Dächer sind zumeist auch nicht steiler, ja oft flacher, aber sie sind dafür mit Dachpappe gedeckt oder bei massiver Deckung die Kehlungen mit Zink gemacht!

Abbildung 13 - Gartenpavillon in Kassel
Abbildung 14 - Gegenbeispiel
Abbildung 15 - Schützenhaus bei Arnstadt
Abbildung 15a – Gegenbeispiel (In früheren Auflagen Abbildung 12.)
Abbildung 16 - Vorhalle des Schützenhauses bei Arnstadt

Die überdachte Terrasse, die dem Eingang (Abb. 16) vorgelagert ist (es ist die Rückseite von 15), zeigt freistehende, ebenfalls dorische Säulen. Niemand wird leugnen können, dass diesem Eingang nicht allein der Ausdruck schlichter Würde innewohnt, sondern dass er hinter dem einfachen Stabwerk des Geländers auch äußerst anmutige und behagliche Gelegenheit zum Sitzen bietet.

Ein ähnliches Bild bietet die Vorfahrt auf Abb. 17. Auch hier habe ich schon den Vorwurf der „Undeutschheit“ laut werden gehört. Und trotzdem lösen sich bei näherer Betrachtung alle Formen in die schlichte Beantwortung von Nützlichkeitsfragen auf. Das Ganze gehört zu einem Sudwerk, also einer Fabrikanlage, wie sie das 18. Jahrhundert schuf. Schon der erste Blick überzeugt, dass man damals den Zuchthausausdruck noch nicht für eine notwendige Begleiterscheinung für jedes Gebäude hielt, das industriellen Zwecken diente. Leider ist dieses schöne Beispiel für gute alte Bauart vor kurzem zum Teil einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen und recht schlecht — natürlich, wie könnt’s denn anders sein — wieder aufgebaut. Doch fügte es sich gut, dass ich kurz vorher noch eine Reihe von Aufnahmen davon gemacht hatte, die ich in einem andern Bande der „Kulturarbeiten“ zeigen kann.

Unsere Abbildung zeigt die Vorfahrt. Die Aufgabe war, nicht allein den Wagen der Direktoren usw., sondern auch wartenden Lastwagen eine geschützte Wartestelle zu schaffen, denn der eine Raum rechts von der Tür beherbergte die Salzwaage. Eine weit vorspringende und breite Verdachung ergab sich also von selber. Da auf dieser Verdachung ein Balkon keinem Zwecke gedient hätte, weil er auf den Speicher hätte führen müssen, auch wohl keine Beamten hier wohnten, musste man die Platte vor dem Regen mit einem Dach schützen. Um den hierbei entstehenden Bodenraum gut zu beleuchten und dadurch nutzbar zu machen, lies man die Vorderwand in einen Giebel endigen, den man mit einem großen ovalen Fenster versah. Um das Dach zu tragen, fügte man Stützen vorn unter und es mussten ganz von selbst Säulen werden, da hier keine Mauer den Blick der Beamten nach außen hindern und den Raum verdunkeln sollte, auch genügend Ausgänge nach vorn (man sieht im Bilde noch den Ansatz einer Treppe auf eine höhere Terrasse des Gebäudes) bleiben mussten. Da man mit Holz arbeitete, musste der Architrav ziemlich hoch werden, um die große Spannweite zu tragen, besonders, da ja der Bodenraum vielleicht noch mit Salz belastet wurde. So fügte sich aufs natürlichste eins dem andern und indem man nur mit aufmerksamem Sinn dem Diktat der sachlichen Forderungen folgte, entstand bei der feinen Artung der Ausführenden, welche von der Hand einer Tradition sicher geleitet wurden, ein höchst anmutiges Gebilde.

Sieht nicht eine Vorfahrt wie die auf Abb. 18 im höchsten Grad unwürdig aus? Ganz abgesehen von dem unechten Aufputz des Hauses selbst, steht denn das kümmerliche Glasdach mit dem übrigen Aufbau des Hauses auch nur in der leisesten Verbindung und sieht es nicht vielmehr aus, als sei das Ganze angeklebt?

Aber reißt man nicht alle guten alten Anlagen mit dem Bemerken, sie taugten nichts mehr, nieder, um sie durch Kopflosigkeiten und Gemeinheiten zu ersetzen, die man für den Ausbund von Sachlichkeit und Eleganz hält?

Und dieses klägliche Schauspiel wiederholt sich in derselben Weise überall und überall vor unsern Augen, in Stadt und Land, Gärten und Strassen, bei Kirchen und Brücken. Das schlichte einfache Fronthaus, wie man es bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts fast überall hatte — es war doch ein anständiges und würdiges Glied im Stadtbild, und wenn wir es noch heute besäßen, d. h. wenn sein Wert heute bei uns noch allgemein lebendig wäre, wäre es ein leichtes, es den Bedingungen der heutigen Zeit gemäss weiterzuführen. Denn auch das ist nichts als ein Wahn, dass der entsprechende heutige Wohnhaustypus an sich in irgendeiner Beziehung bequemer oder behaglicher wäre. Denn den relativ größeren Komfort verdanken die neuen Häuser lediglich unserer Technik, die in Heizungen, Wasserzu- und -abführung und sonstigen hygienischen Einrichtungen Hervorragendes leistet, nicht der Architektur. In Abb. 19 zeige ich ein sehr einfaches Haus in der beschriebenen Art, in Abb. 20 ebenfalls einen Typus, wie man ihn in jeder Stadt an allen Ecken findet, der sogar dieselben Grundformen zeigt wie 19, die jedoch überall verkümmert erscheinen und deren schmückende Zutaten einen recht ärmlichen Eindruck erzeugen.

Abbildung 17 - Ehemalige Form der Salzwaage Sudwerk Sulza
Abbildung 18 - Gegenbeispiel
Abbildung 19 – Bürgerwohnhaus in Naumburg a. S.
Abbildung 20 - Gegenbeispiel

Man vergleiche doch die beiden Giebel, mit und ohne Zacken. Der Augenschein wird überzeugen ! Wie sinnlos das oft gehörte Wort von der Luft- und Lichtfeindlichkeit der alten Zeit ist, wenn man es ohne weiteres verallgemeinern will, das zeigt neben Abb. 19 auch die Fensteranordnung auf Abb. 21, die mit ihrer langen Reihe hoch im Zimmer liegender Fenster eine starke Lichtflut in die Räume bringt. Wie angenehm, breit und bequem sind in diesen einfachen Häusern die Treppenanlagen, wie behaglich noch ihre Mansardenzimmer! Ich hätte schönere, imposantere Beispiele für Fronthäuser bringen können; ich wähle dieses schlichte, um zu zeigen, wie sicher die einfachste Anlage auch dem bescheidensten Handwerker damals geriet, weil er innerhalb der festgefügten Grenzen der Überlieferung schritt. Wohin der Architekt oder Bauunternehmer aber heute gerät, wenn ihm nicht die Tradition sagt: so machst du es und nicht anders, sondern Bauschulen und Bildung mit tausend Bauformen, die er nicht versteht und die er nicht braucht, ihn überschütten und verwirren, das sieht man an Abb. 22, dem Hause, wie es überall auf den Ruinen von Häusern wie auf Abb. 21 entsteht. Was ist da nicht alles zusammengestohlen, aus Florenz, Athen und Paris; nicht einmal aus innerem Drange, sondern rein aus Torheit, weil man dem armen Manne seine Tradition kurz und klein geschlagen und ihm dafür ein Ansichtsalbum fremder Länder in die Hand gedrückt hat. Aber in welcher Verbindung steht der brave Kleinstädter, der in dem Hause wohnt, in der ersten Etage mit der florentinischen Pseudo-Palastfassade und seinen sinnlosen Gurtgesimsen, mit der Imitation der römischen Kaiserpaläste in der zweiten Etage und der Attika über dem Hauptgesims, das von irgendeinem Barockschloss abgeguckt ist und besser einem anständigen Dach Platz machen sollte. Der Augeneindruck allein lehrt uns hier, dass sich die fremden Bauglieder oder richtiger, ihre verkümmerten Reste nicht von selbst eingefunden haben, sondern dass sie ohne jede innere Verbindung mit dem Hause stehen, nur auf dasselbe aufgeklebt und durch ihre Verkümmerung sogar den eigenen ursprünglichen Ausdruck verloren haben.

00 Saaleck bei Bad Kösen

00 Saaleck bei Bad Kösen

01 Gartenwohnhaus in Jena

01 Gartenwohnhaus in Jena

02 Gegenbeispiel

02 Gegenbeispiel

03 Sogenanntes Prinzessinnenpalais in Jena

03 Sogenanntes Prinzessinnenpalais in Jena

04 Gegenbeispiel

04 Gegenbeispiel

05 Gehöftgebäude in Jena

05 Gehöftgebäude in Jena

06 Gegenbeispiel

06 Gegenbeispiel

07 Saalebrücke mit dem ehemaligen Gasthof Zur Tanne in Jena

07 Saalebrücke mit dem ehemaligen Gasthof Zur Tanne in Jena

08 Saalebrücke mit dem Gasthof Zur Tanne nach dem Umbau

08 Saalebrücke mit dem Gasthof Zur Tanne nach dem Umbau

09 Gasthaus in Neuflemming

09 Gasthaus in Neuflemming

10 Gasthaus Zum grünen Thale

10 Gasthaus Zum grünen Thale

11 Weinbergpavillon in Rossbach

11 Weinbergpavillon in Rossbach

13 Gartenpavillon in Kassel

13 Gartenpavillon in Kassel

14 Gegenbeispiel

14 Gegenbeispiel

15 Schützenhaus bei Arnstadt

15 Schützenhaus bei Arnstadt

15a Gegenbeispiel

15a Gegenbeispiel

16 Vorhalle des Schützenhauses

16 Vorhalle des Schützenhauses