Verleihung des Eisernen Kreuzes am Neujahrstag.

Brief des Gefreiten Fritz Herz, Wiesbaden.

Vor Reims, 20. 9. 1914.


Meine Lieben alle!

Gestern erst schrieb ich Euch, das soll mich aber nicht abhalten, Euch heute etwas Erfreuliches mitzuteilen. Ich erhielt soeben 10 3/4 Uhr vormittags mit noch vier anderen des Bataillons das Eiserne Kreuz. Heute, am Neujahrsfest. Jetzt sollt Ihr aber auch wissen weshalb:

Am 21. August hatten wir bei Bertrix in Belgien eine große Schlacht in einem sechs Kilometer grßen Wald. Es war fürchterlich. Sofort fielen verschiedene Offiziere. Gegen 5 Uhr nachmittags, nach ungeheuren Verlusten, gewahrte ich mitten im Wald eine feindliche Batterie, die heftig feuerte. Da keine Offiziere oder Unteroffiziere zur Stelle waren, sammelte ich ungefähr 40 — 50 Mann von verschiedenen Regimentern um mich und teilte sie zu einem Zuge zu fünf Gruppen ein, den ich führte. Es gelang mir tatsächlich, die feindliche Batterie mit diesen paar Mann zu stürmen. Außerdem machte ich noch 67 Gefangene. Es waren dies die ersten eroberten feindlichen Geschütze der Kompagnie bzw. des Regiments.

Diese Tat hatte ich deshalb nicht berichtet, weil ich mich nicht mit ihr brüsten wollte. So aber, nachdem ich dafür das Eiserne Kreuz erhalten habe, sollt Ihr auch wissen warum. Meine Freude ist groß, besonders da ich es gerade an unserem Neujahrsfest erhalten habe.

Einliegend sende ich Euch das Eiserne Kreuz, damit — nein, ich habe es anders überlegt, ich trage es. Der liebe Gott wird seine schützende Hand über mich halten, auf dass ich wieder zu Euch, meine Lieben, zurückkomme. Dann will ich es aber auch anhaben. Unser Regimentskommandeur, ein Oberstleutnant (da der Oberst verwundet ist) hielt eine Anfprache, die sehr kernig war: es würde in der Geschichte des Regiments mein Name noch bestehen, wenn wir alle schon nicht mehr wären usw. usw.

So, jetzt habe ich Euch damit wohl etwas Freudiges mitgeteilt und bleibe mit vielen Grüben

Euer Fritz.