Liebesgaben.

Den 21. September.

Meine lieben, lieben Eltern!


Wie meine Gedanken am gestrigen Abend bei Euch waren, um Euch meine aufrichtigen Glückund Segenswünsche für das neue Jahr zu bringen, so waren wohl die Euren bei mir. Ich weiß nicht, wie es mir gegangen wäre, wenn nicht der rettende Engel in Gestalt des Feldpredigers Herrn Dr. Emil L., Charlottenburg — den ich ja von Herrn M. her kenne — gekommen wäre und uns im kleinen Kreis — zwei Unteroffiziere und ein Mann von uns, zwei Unteroffiziere vom Divisionsbrückentrain — einen, wenn auch nicht religiösen, so doch familiären Rauschhaschonoh- Abend verschafft hätte. So ging es aber recht gut. Wir haben uns gemütlich eineinhalb Stunden unterhalten, haben natürlich am meisten vom Krieg gesprochen. Herr Dr. L., der erst am vorhergehenden Sonntag Berlin verlassen hat, hat uns berichtet, wie es zu Hause steht. Wir haben uns gefreut, dass zu Hause alles in Ordnung ist, dass Deutschlands finanzielle und wirtschaflliche Rüstung sich ebenso glänzend bewährt wie seine militärische. Und wir sind weggegangen, froh und munter, und haben wohl auch etwas Gottgefälliges getan; denn sonst wäre uns nicht so leicht ums Herz gewesen. Ich will noch sagen, dass uns Herr Dr. L. Liebesgaben in Form einer Kiste Zigarren und Schokolade verehrte; ich konnte für jeden ein Glas guten alten Rotwein aus meiner Feldflasche spenden, von dem ich gestern ein ganzes Fass für meinen Zug in einer Weinhandlung requiriert hatte. Überhaupt möchte ich das ausdrücklich schreiben, Überfluss haben wir an Geld — ganz nutzlos — Wein, auch Sekt . . . Für alle Eure Sendungen danke ich Euch recht, recht sehr. Besonders gefreut habe ich mich über die Sendungen von Z. und A. Ich bitte Euch recht sehr, nicht auf den Kostenpunkt zu achten, da ich hier zweifellos verhältnismäßig viel Geld übrig habe. Besitzstand . . . und monatliche Löhnung . . ., die ich mich weiter vergeblich bemühen werde, auszugeben. Eine Überhäufung mit Liebesgaben ist gänzlich ausgeschlossen, das Teilen mit den Kameraden ist selbstverständlich. Du, liebe Mutter, hast uns allen eine riesengroße Freude mit Deinem Kriegsbericht gemacht. Zu bewundern und zu verehren sind unsere hohen und höchsten Führer, die von ungeheurer Aufopferung erfüllt sind und so viel gute Worte noch für jeden übrig haben, daß sie selbst den Schwerverwundeten ihr Los erleichtern. Es ist eine Lust zu kämpfen, wäre zuviel gesagt, aber auch der letzte Mann spürt die Größe der Sache, um die es geht; und wenn ein kaiserlicher Prinz selbst die Trommel zum Sturm rührt, wie bei . . ., dann wird auch Übermenschliches geleistet. Gute Feiertage, leichtes Fasten! Möge Gott Eure Gebete am heiligsten Festtag erhören!

E. B.