Klopstocks und Metas Briefwechsel vor ihrer Verlobung

Bei dem überaus günstigen Eindrucke, den Meta auf Klopstock während seines Hamburger Aufenthaltes hervorgebracht hatte, ist es sehr begreiflich, dass mit seiner Abreise nach Kopenhagen das Band nicht zerrissen ward, das sich zwischen diesen beiden sympathischen Naturen geknüpft hatte. Im Anfange des April 1751 war Klopstock in Hamburg gewesen und am 24. Mai desselben Jahres hatte er nach Friedensburg schon vier Briefe von ihr gesandt erhalten, die er wieder und immer wieder lesen musste, wenn er auf einsamen, schonen Plätzen, an denen jene Gegend so reich ist, der Rückerinnerung lebte.

Klopstock preist die Schönheiten Friedensburgs dort, wo er sich über seine Liebe zur Natur ausspricht, in folgender, etwas dithyrambischer Weise:


„Schön war ihm, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, auf die Fluren verstreut; sie stand, da sie aus reicher Hand über Hügel und Tal lebende Schönheit goss, mit verweilendem Tritte Friedensburgs Täler zu schmücken still. Mit heiligem Schauer brach er die Blum' ab; Gott machte sie, Gott ist, wo die Blum' ist.“

Ein Orthodoxer könnte hier einen Anflug von Pantheismus wittern.

Wir kommen jetzt auf den Briefwechsel zurück, den Klopstock und Meta vor ihrer Verlobung führten, und wir wollen hier das Urteil erwähnen, das der nie leichtfertig lobende, sondern alles gewissenhaft abwägende Messiasdichter über den Styl der geistreichen Hamburger Jungfrau zu fällen sich gedrungen fühlte. Klopstock urteilt hierüber gegen Gleim folgendermaßen:

„Sie schreibt so natürlich wie Babet. Wenn man das Mädchen sieht, und wenn man Briefe von ihr erhält, so sollte man eher Sulzer für parteiisch halten, als glauben, dass das Mädchen noch über das Französische, Italienische und Englische Lateinisch oder wohl gar Griechisch kann. Kleiner Gleim! ich wollte, dass Sie auch einen Briefwechsel mit ihr anfingen. Sie könnten nur sagen: ich hätte Sie darum gebeten, und sie wäre ja ein liebes Mädchen.“

Der Briefwechsel Klopstocks und Metas hatte die glückliche Folge, dass die Hamburger Jungfrau, deren Geist ebenso anmutig war, wie ihr Körper, durch jedes neue Schreiben dem Herzen des Messiasdichters werter und teurer wurde, und dass Fannys Bildnis zu immer schwächern und schwächern Umrissen verblasste, bis es zuletzt ganz und gar auf der Tafel der Erinnerung ausgelöscht ward. Klopstock äußert sich über dies gänzliche Schwinden seiner melancholischen Stunden, die ihm die unerwiderte Liebe zu Fanny seit Jahren bereitet hatte, in einem Briefe an Gleim mit einer sehr erwünschten Ausführlichkeit. Denn was ist willkommener, als die Herzensergießungen eines berühmten Mannes, der von so zartbesaiteter Natur war, im innersten Heiligtume beobachten zu dürfen? Klopstock schreibt nun an Gleim den 8. April !752, also nachdem seine Bekanntschaft mit Meta gerade ein Jahr alt war, folgendes:

„Aber wo soll ich nun anfangen, mit Ihnen auch ein Bisschen lange schwatzen? Wenn ich's nur wüsste, wo? Davon, dass ich ganz und gar nicht mehr unglücklich bin? Ja, davon will ich immer anfangen. Denn ich weiß, dass es meinem Gleim sehr lieb ist, Dieses zuerst zu wissen. Wie aber Dies alles zugegangen ist, sag' ich Ihnen jetzt noch nicht ganz. Um ab ovissimo anzufangen, muss ich Ihnen etwas von meinem Charakter sagen, das Sie vielleicht schon wissen. In so wichtigen Sachen der Glückseligkeit, als die Liebe und die Freundschaft sind, kann ich unmöglich halb glücklich oder nur halb unglücklich sein. Daher bin ich so lange traurig gewesen, und daher, da ich aufgehört habe, traurig zu sein, habe ich auch ganz und gar aufgehört. Aber ist Dies allein, werden Sie vielleicht sagen, durch die Länge der Zeit und durch Überlegungen geschehen? Ich weiß es nicht, mein liebster Gleim, ob es allein dadurch geschehen ist. Genug, ich bin jetzt unter Allem, was ein ehrlicher Mann sein kann, nichts weniger als unglücklich. Grübeln Sie nur nicht weiter nach, denn ich kann Ihnen doch jetzt nichts weiter sagen. Das war Eins, mein lieber Gleim. Und Sie sind doch ein Bisschen freudig mit mir?“

Spricht Klopstock es hier auch gerade nicht deutlich aus, so ist es doch klarer, wie der Tag,, dass seine Liebe zu Fanny nur aufhören konnte, weil Meta, die des Platzes in seinem Herzen würdiger war, jetzt all' sein Denken und Sehnen ausfüllte. Wenn die Briefe der anmutigen und geistreichen Hamburger Jungfrau in Friedensburg anlangten, so war es immer ein Festtag für Klopstock. Er las sie zu wiederholten Malen und presste die Schriftzüge der ihm so teuren Hand mit Inbrunst an seine Lippen. Dass ihm Schwierigkeiten in Bezug auf seine Verlobung von Metas Verwandten gemacht werden könnten, davon hatte er in dem Jubel seines Herzens keine Ahnung. Da er der Gegenliebe Metas sicher war, so dachte er an keine Hindernisse. Aber er empfand eine unbeschreibliche Sehnsucht, das holde Mädchen wieder von Angesicht zu Angesicht zu sehen und ihr den süßen Namen „Braut“ geben zu dürfen.

Die Reise des dänischen Königs nach Holstein im Sommer des Jahres 1752 vergönnte ihm endlich, nach dem durch Metas Gegenwart für ihn zum Mecca gewordenen Hamburg zu wallfahrten, wo er mit Romeo zu sprechen gedachte:

„Entweihet meine Hand verwegen Dich,
O Heil'genbild, so will ich's lieblich büßen.
Zwei Pilger, neigen meine Lippen sich,
Den herben Druck im Kusse zu versüßen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Klopstock und Meta