Klopstock und Meta

Autor: Brunier, Ludwig (1825-1905) Schriftsteller und Historiker, Verfasser zahlreicher Biographien und Reisebeschreibungen, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Klopstock und Meta, deutsche Dichtung, Reisebeschreibung, Biographie, Ludwig Brunier, Friedrich von Hagedorn, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Friedrich Gottlieb Klopstock
        Vorrede.

Vorreden leiden in den Augen der Leser meist unter der Voraussetzung der Langweiligkeit, werden mithin fast regelmäßig überschlagen. Es ist folglich ein Gebot der Klugheit für den Verfasser, wenn eine Vorrede sich eben als unerlässlich herausstellt, sie so kurz als möglich einzurichten. Wir sagen demnach nur, dass ein Lebensbild zweier echt deutschen und tief christlichen Charaktere, wie Klopstock und Meta es waren, uns, wenn auch immer erquickend und erhebend, doch in jetzigem Zeitmomente ganz besonders am Platze erscheint. Der eroberungslustige Gallier streckt wieder seine gierige Hand nach dem linken Rheinufer aus und Deutschland hat deshalb den dringendsten Beruf, sich auf sein eigenstes Wesen zu besinnen und sich in entschiedenem und wahrlich nicht unvorteilhaften Gegensatze zu dem Franzmanne zu erkennen. Möge das deutsche Volk in diesem Gegensatze beharren, ihn wo möglich noch entschiedener ausbilden! Wo der deutsche Charakter aber trauriger Weise verwischt ward, möge man sich eifrig bemühen, ihn in eigenster Gestalt wiederherzustellen! — Weil Klopstock und Meta nun alle Tugenden, die den Deutschen kennzeichnen, so schön und reich in sich vereinigen, glauben wir, dass das Hinblicken auf diese reinen und edlen Charaktere von großem Nutzen sein werde. Überdies lastet es auf dem Herzen der meisten Deutschen wie ein Vorwurf, von Klopstock verhältnismäßig so wenig zu wissen. Wir schmeicheln uns, ein treues Lebensbild von dem Verfasser der Messiade gegeben zu haben, und verhehlen nicht, dass bei den im Ganzen so spärlich fließenden Quellen unsere Arbeit keine leichte war. Aber die Liebe zu unserem Volke und der Wunsch, in einer schweren und verhängnisvollen Zeit auch eine kleine Gabe auf dem Altare des Vaterlandes niederlegen zu können, stählte unsere Kraft. Wir wünschen, dass an dem Patriotismus Klopstocks sich unzählige deutsche Herzen entzünden mögen und dass die Liebe zu Deutschland in der Brust jedes Germanen ganz so feurig und opferdurstig sei, wie die des Sängers war, der die Ruhmestaten des Cheruskerfürsten feierte, und der schon als Jüngling sich mit dem Gedanken umhertrug, Heinrich den Städtegründer, den Besieger der Ungarn, in einem Epos zu verherrlichen.
Inhaltsverzeichnis
  1. Ein Dichterfürst in Hamburg
  2. Klopstocks erster Besuch bei Meta Möller?
  3. Klopstocks Frauen-Bedürftigkeit und sonstiges Charakteristische
  4. Liebte Klopstock mehr, als einmal?
  5. Klopstocks und Metas Briefwechsel vor ihrer Verlobung
  6. Klopstocks dänischer Mäzen und seine Pensionsbeflissenheit
  7. Klopstocks Verlobung und Liebesleben
  8. Gleims Benachrichtigung von Klopstocks Verlobung
  9. Klopstocks und Metas erste Trennung nach ihrer Verlobung
  10. Meta in ihrer bräutlichen Einsamkeit
  11. Ein kurzes Wiedersehen vor langer Trennung
  12. Das durch Meere getrennte Brautpaar
  13. Metas Beziehungen zu Gleim
  14. Klopstocks Verheiratung. Das Klopstock'sche Ehepaar in Quedlinburg
  15. Das Klopstock'sche Ehepaar in Dänemark
  16. Die Reise des Klopstock'schen Ehepaars von Kopenhagen nach Hamburg
  17. Der Besuch des Klopstock'schen Ehepaars in Hamburg
  18. Die Rückreise des Klopstock'schen Ehepaars nach Dänemark
  19. Meta Klopstock in großer Bekümmernis
  20. Der Tod von Klopstocks Vater
  21. Metas Briefwechsel mit Richardson
  22. Metas Persönlichkeit
  23. Klopstocks Persönlichkeit
  24. Der letzte Abschied vor ewiger Trennung
  25. Der Tod der Gerechten
  26. Die Trauer um die Dahingeschiedene
  27. Die Gruft zu Ottensen
Also deutsches Lob und deutscher Preis durchglühte schon die Brust des Jünglings.

Seien wir vor Allem, wie Klopstock, von dem hohen Werte unserer Sprache durchdrungen! Wahrlich, sie verdient nicht die Schmach, dass Deutsche bei der verhältnismäßig so armen französischen Sprache sich Mundvorrat suchen. Halten wir sie ganz so hoch, wie unser Odendichter sie hielt!

Er singt von ihr:

„Dass keine, welche lebt, mit Deutschlands Sprache sich
In den zu kühnen Weltstreit wage!
Sie ist, damit ich’s kurz, mit ihrer Kraft es sage,
An mannigfalter Uranlage
Zu immer neuer und doch deutscher Wendung reich;
Ist, was wir selbst in jenen grauen Jahren,
Da Tacitus uns forschte, waren,
Gesondert, ungemischt und nur sich selber gleich!“

Je mehr Klopstock nun von dem hohen Werte der deutschen Sprache überzeugt war, desto empörter fühlte er sich, wenn Deutsche französisch plapperten, statt deutsch zu reden. Als ein junger Herr in einer deutschen Lesegesellschaft zu Hamburg, die Klopstock errichtet hatte, fortwährend mit den Damen französisch sprach, so trat unser in seinem Patriotismus beleidigte Dichter mit sehr ernster Miene auf ihn zu und bemerkte bedeutungsvoll:

„Mein Herr, Sie haben die Ehre, ein Deutscher zu sein.“

Als man später in einem kleineren Kreise sich über diesen jungen Mann unterhielt und Einige gegen Klopstock äußerten, der eitle Narr möge wohl noch nicht geheilt sein, so sprach unser patriotische Dichter mit großem Eifer:

„Wenn ich ihn dem ungeachtet wieder einmal hier sich dieser Zunge bedienen höre, so werde ich ihm sagen: „Mein Herr, Sie verdienen die Ehre nicht, ein Deutscher zu sein!“

Niemand erglühte so, wie Klopstock, von dem Wunsche, Deutschland groß und geachtet in Europa dastehen zu sehen. Dass die Uneinigkeit der deutschen Fürsten die größte Schuld an Deutschlands Schwäche trage, erkannte er klar und deutlich. In seinem Bardiete „Hermann und die Fürsten“ stellte er aufs Anschaulichste die Gefahren dar, die aus dem heimischen Zwiste für Deutschland erwachsen, und wie dadurch dem gierigen Eroberer Tor und Tür geöffnet werde. Wahrlich, Deutschland hat Grund, bei so bedenklichen Zeitläufen auf die warnende Stimme seines treuesten Sohnes zu hören!

Seien wir, wie Klopstock seine Zeitgenossen und das nachkommende Geschlecht wünschte: ähnlich den Germanen des Tacitus, tapfer, keusch und großmütig! Seien wir des Christentums treueste Anhänger, aber so, wie Luther und Klopstock es auffassten und in ihrem Leben ausprägten! Das Christentum gibt Freiheitsmut, nicht Knechtsinn; es lehrt Demut vor Gott, aber Selbstgefühl vor den Menschen. Sind wir doch alle die gleichgeliebten Kinder eines gleichliebenden Vaters.

Erquicken wir uns jetzt an dem friedlichen Bilde eines echt deutschen Mannes und einer echt deutschen Frau! Sollte der Gallier aber uns aus unserem Frieden aufschrecken und in seiner Raublust sich deutschen Grund und Boden aufs Neue zueignen wollen, dann seien wir jenem Ideale ähnlich, was Klopstock sich in seinen stolzen und glücklichen Stunden von seinen Landsleuten gebildet hatte:

„Eichen, die dem Orkane stehen!“

Hamburg, im Mai 1860.
Der Verfasser.

Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724-1803) deutscher Dichter, Freimaurer

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Sulzer, Johann Georg (1720-1779) schweizer Professor, Theologe, Philosoph, Übersetzer und Publizist

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Hagedorn, Friedrich von (1708-1754) deutscher Dichter

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Gleim, Johann Wilhelm Ludwig (1719-1803) deutscher Dichter der Aufklärungszeit

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Bodmer, Johann Jakob (1698-1783) Schweizer Philologe, Übersetzer, Historiker und Mäzen

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Klopstock, Margareta geb. Moller, Meta (1728-1758) deutsche Schriftstellerin

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