Ludwigslust, am zweiten Christtag (26.12) 1810

n Karl

An dem gestrigen Fest, bei stürmischem, feindseligem Himmel und beständigem Regen, kam Abends der freundlich und sehr willkommne Bote aus Jena, fast wie einst das liebe, unvergessliche Botenmädchen. Er brachte das schöne Geschenk für Prinzess, und mir Dein liebes Paketchen. Da ich mich eben noch zu Haus befand — denn ich war im Begriff, an Hof zu gehen —, so ließ ich ihn eintreten und unterhielt mich freundlich mit ihm; denn es war mir süß, von Dir zu hören. Nun kam ich ins Schloss. Die Kiste wurde ausgepackt und der prächtige Tisch herausgebracht. Die liebe Prinzess war freudig gerührt. Bald versammelte alles sich herum und bewunderte die vortreffliche Arbeit. Der gute Herzog machte ordentlich die Honneurs davon und bemerkte jede Schönheit. —


Da pocht es eben an meinem Fenster. Es ist unsre Prinzess, die mich im Vorbeigehen begrüßt. Sie geht, mitten im Schmutz, mit dem Gemahl ein wenig spazieren, um die Luft zu genießen. Auch hat sie die lieben Pferde aus Weimar besucht, die ihr selbst das angenehme Geschenk zugeführt haben. Der Erbprinz hat eine ganz unbeschreibliche Freude an der schönen Toilette. —
Kürzlich hatte ich eine sehr angenehme Unterhaltung mit dem Minister Brandenstein aus Schwerin, ein sehr braver und gerechter Mann, von großen Verdiensten für das hiesige Land. Er ist aus dem Braunschweigischen, aber seit 36 Jahren hier in Diensten. Er versicherte mich, dass man sich im übrigen Deutschland gar keine Vorstellung machen könnte von der Güte und Treue des Volkes und von der Milde, mit der sie gewohnt sind, beherrscht zu werden. Harte Strafen kämen gar nicht vor, so wenig als dergleichen Verbrechen. Schmerzlich sagte er, dass er es nicht zu erleben wünschte, dass es jemals anders werden könnte. Dasselbe sagt mir auch Minister Plessen. So gefällt mir auch die vertrauliche Art und Sprache und die Liebe und Achtung, mit denen der Herzog sowohl als der Erbprinz mit ihren Leuten umgehen, außerordentlich. Auch keine Spur von Missgunst oder knechtischer Unterwürfigkeit ist hier anzutreffen. Bei Tafel ist man nicht stumm, und der Generalsuperintendent wie der jüngste Lieutenant sagen ihre Meinung mit eben so viel Freiheit als Anstand und Schicklichkeit. Jetzt, da ich die Sprache besser verstehe, freue ich mich immer darüber. In Weimar verlernte ich auch das Hören ganz; denn nur wenige sprachen da mit Ruhe und Ordnung. Ich rede vom Hof. —

Die gute Prinzess sieht wieder ganz schmal und mager aus. Die politischen Händel beunruhigen sie auch. Durch die Besitznehmung der Seestädte ist es, als hätte man den Mecklenburgern einen Strick um Hals geworfen. Die Städte Rostock und Wismar sind in einer gefährlichen Lage. Über die Frage, die Goethes Frau an Dich getan hat, habe ich mich bei Prinzess erkundigt. Der Herzog von Weimar sagte damals dem Erbprinzen von Mecklenburg, er hätte nur ein Geschenk, an Voigt, zu machen. Dafür bekam denn auch hiesigerseits nur Herr von Brandenstein ein Präsent und Herr von Plessen nichts. —