Der Sabbat

Der dritte in der jüdischen Woche ausgezeichnete Tag ist der Sabbat. Wie haben es die Christen mit ihm gehalten? Die Antwort gibt zunächst Sokrates, wenn er schreibt:

„Während in der ganzen Welt die Kirchen am Sabbat nach dem Umlauf der ganzen Woche die Mysterien feiern, weigerten sich die in Alexandrien und in Rom nach alter Überlieferung dies zu tun. Die Ägypter aber, die Nachbarn der Alexandriner sind, und die Bewohner der Thebais veranstalten am Sabbat zwar gottesdienstliche Versammlungen, doch nehmen sie nicht nach Christensitte das Sakrament. Denn nachdem sie reichlich gegessen und sich mit verschiedenen Speisen gesättigt haben, bringen sie gegen Abend das Opfer dar und empfangen dann das Sakrament.“


Die Angaben des Sokrates werden durch zahlreiche Zeugnisse aus Ost und West bestätigt, erläutert und ergänzt; Zahn hat sie z. B. in seiner Geschichte des Sonntags bequem zusammengestellt*). Sie zeigen, dass die Kirche in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts fast allgemein den Sabbat gefeiert hat, und erweisen, dass sie ihn z. T. charakteristischerweise mit nur alttestamentlichen Lektionen gefeiert hat: das Laodicenische Konzil muss ausdrücklich vorschreiben, dass auch die Evangelien verlesen werden sollten. Dass die Sitte der Sabbatfeier alt ist, beweist einmal ihre weite Verbreitung (Alexandrien ist wie so oft von Rom abhängig) und sodann der Umstand, dass schon um 200 sowohl Tertullian als Origenes von einer Auszeichnung des Sabbat durch die Kirche wissen; Tertullian sagt, einige wenige enthielten sich am Sabbat der Kniebeugung (der Tag muss ihnen danach als hoher Fest- und Freudentag gegolten haben) und Origenes fordert, dass man am Sabbat von allen weltlichen Werken Abstand nehme und in der Kirche den geistlichen obliege 2. Trotzdem scheint die Sitte im 2. Jahrhundert nicht allgemein verbreitet bzw. nicht allgemein verbindlich gewesen zu sein, Justin erklärt, die Judenchristen dürften die Heidenchristen nicht zwingen den Sabbat zu feiern 3. Für das 1. Jahrhundert fehlt es an Zeugnissen.

*) Anm. 39. Warum ich mich der hier vertretenen Anschauung der späten Entstehung der Sabbatfeier nicht ohne weiteres anschließen kann, ist im Text ausgeführt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Jüdisches und Heidnisches im Christlichen Kult