Die Zerstreuungspolitik

Die Wurzel alles Übels — behauptet man mit einem richtigen Instinkt — ist das Zusammenleben der Juden in großen Massen, ihre Konzentration. Die geschlossenen Riesengruppen der Juden sind es, die von den umgebenden Nationen lästig empfunden werden und die Juden selbst durch innere Konkurrenz ruinieren. Sie erhalten die Eigenart der Juden, sie hindern sie an der völligen Anpassung an die Umgebung. Daher bleibt das Alpha und Omega der Abhilfeaktion: Zerstreuung!

Ein interessantes Dokument veröffentlichte der „Daily Telegraph“ kurz nach den Judenmassacres von 1905. Ein Hilfskomitee, an dessen Spitze Lord Rothschild stand, gab hier die offizielle Formulierung des allgemein befolgten Systems der repräsentativen jüdischen Kreide.


Lord Rothschild spricht es nachdrücklich aus, dass er die einzige Rettung der bedrängten Judenmassen in ihrer wohltuenden Zerstreuung erblicke, die einzige Aufgabe der jüdischen Hilfskomitees in der schleunigen Hinüberschaffung der jüdischen Flüchtlinge über den Ozean. Um ihr weiteres Schicksal brauche man sich nicht zu bekümmern; insbesondere sei ihre Ansiedlung ein unpraktisches, utopistisches Unternehmen, denn es sei berechnet worden, dass man für die zur Ansiedlung eines einzigen Kolonisten erforderliche Summe sechs Emigranten nach Amerika befördern könne. Kolonisation sei ein langsames und teueres Abhilfemittel für wenige, sie bedeute die Lösung der Judenfrage in ferner Zukunft; Emigration bringe vielen auf billigem Wege sofortige Hilfe.

Die Rechnung ist klar. Auf Grund des Einmaleins kann man sie nicht widerlegen. Aber die Tatsachen widerlegen sie.

Ach ja, es wäre bequem und schön, wenn die Juden sich wirklich zerstreuen ließen; überall nur ein paar Hundert, immer nur ein Körnlein auf jedem Felde des Staatenschachbrettes. Aber dieses störrische Volk hat eben die unausrottbare Tendenz, sich zu Massen anzuhäufen, zu Hunderttausenden und Millionen, wie der Sand am Meere und die Sterne am Himmel. Neben den versprengten Stämmen Israels, die sich immer wieder verlieren, schreitet stets ein festgefügtes, unauflösliches Juda einher. Lord Rothschild kommandiert: „Zerstreuung!“ Die Judenscharen brechen auf, aber siehe da, die Bewegung, die sie ausgeführt haben, ist die entgegengesetzte: „Konzentration!“

In der Tat, was haben die philantropischen Komitees erreicht, indem sie die jüdischen Emigranten auf billigstem Wege über Amerika ausschütteten? Die Judenmassacres im Osten haben nicht aufgehört, aber in der freien Zufluchtstätte der Juden über dem Ozean hat man so gefährliche Judenansammlungen entstehen lassen, dass auch hier der Einwanderung ein Riegel vorgeschoben wird. Und ähnlich stehen die Dinge in England. Man hat die Judenfrage nicht gelöst; aber man hat sie in Gebiete verschleppt, wo sie früher unbekannt war: man hat sie verdreifacht. So sieht die „Zerstreuung“ aus, die man als wohltuend zu bezeichnen behebt. Das magische Wort „Hinüberschaffen“ hat versagt.

Vergeblich bemüht sich heute die Philantropie, unter Anwendung von Riesensummen die Politik der Zerstreuung konsequent durchzuführen und der konzentrierten Judenmassen New Yorks über ganz Amerika zu verteilen. Vergeblich kämpft sie in theoretischer Verblendung gegen die unüberwindliche Tendenz der jüdischen Auswandererlavine, sich zu kompakten Massen zusammenzuballen. Sie kann es höchstens zuwege bringen, dass in den Vereinigten Staaten ein neues jüdisches Russland erwächst, dem ein ähnliches Schicksal bevorsteht, wie drüben im Mutterlande.

Die Philantropie kann die jüdische Frage nicht lösen, weil sie eigensinnig vor den letzten Quellen derselben, aus der sie sich stets neu gebiert, die Augen verschließt. Sie wird immer nur die Chewra Kedischa, die Leichenträgerin des verfolgten jüdischen Volkes sein, die für „schleunige Abhilfe“ nach selbstverschuldeten Massenkatastrophen sorgt.

So tritt es schlagend zu Tage, wie selbst die aktivsten Elemente der emanzipierten Judenheit, die sich zu positiver Wirksamkeit aufgerafft haben und ebenso praktisch wie nüchtern vorzugehen glauben, mit den Tatsachen nicht zu rechnen wissen; wie die erfolgreichsten jüdischen Businessmänner auf dem Gebiete der jüdischen Politik im letzten Grunde unerreichbaren Utopien nachhängen. Sie verstehen nicht die Sprache des Lebens und nicht die viel ausdrucksvollere des Todes. Wir Juden haben im Bereiche unserer eigenen Verhältnisse den wahren politischen Sinn verloren; wir müssen ihn wiedergewinnen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Jüdische Realpolitik