Fortsetzung VII

Früher wurde darauf hingewiesen, dass die Sorben im Vogtlande hin und wieder Bergbau getrieben haben mögen. Darf man den Namen des Dorfes Röttis, in dessen Nähe noch heute Eisenstein gegraben wird, von ruda, das Eisenerz, ableiten? Schloditz bei Plauen erinnert uns an sloto oder swoto, das Gold, welches Metall vielleicht daselbst wie in der Göltzsch und Zwodta gesucht wurde. Unterstützt wird diese Ansicht durch den Schloditzbach, der sich bei Tharand in die Weißeritz ergießt, und der in seinem Sande nach sagenhaften Überlieferungen, die jedenfalls ganz unabhängig von dem Namen gebildet wurden, Goldkörner enthalten haben soll.

Alle Ortsnamen, welche auf die Kultur des Landes und auf frühere heilige Plätze bezogen werden müssen, stammen jedenfalls aus jener Zeit, während welcher das Sorbenvolk in Ruhe auf dem neugewonnenen Heimatboden wohnen konnte. Die Zeit des Kampfes und der Unterdrückung nahte nur zu bald, und es erhoben sich Befestigungen, damit man innerhalb der Landesgrenzen das Volt durch Schrecken zügeln und nach Außengegen seine Feinde drohend dastehen konnte. Die slawischen Namen Greiz und Hrarschin bezeichnen einfach Burgen. Des erstern Wortes wurde schon gedacht; der Name Hradschin, vom tschechischen hrad, die Burg, wurde dem auf einer Höhe gelegenen Schlosse in Plauen entweder schon in der Slawenzeit, oder durch Heinrich von Gottes Gnaden oder dessen Vater Heinrich den Feldhauptmann, erst im 13. Jahrhunderte gegeben. Beide Vogte waren jedenfalls wegen ihrer Verhältnisse zu den Böhmen der tschechischen Sprache mächtig.


Schließlich mag noch darauf hingewiesen werden, dass, wie in den Benennungen fließender Gewässer, auch in Ortsnamen die Erinnerungen an die Namen slawischer Volksstämme erhalten worden ist. Serba bei Eisenberg, in Urkunden Sörbow genannt, Serbitz bei Altenburg, sowie Sorne bei Mosbach, die Sorbenburg bei Saalfeld und die Sormitzburg bei der Schlingenmühle nicht weit von der Saale, weisen auf die Sorben hin. (13. Jahresb. d. vogtl. alterth. V. S. 57.) Wilsch- oder Weilschberg. Meilitz oder Mihlitz und Mildenfurth dagegen sollen ihre Namen von dem Stamme der Milzen oder Milczener tragen; an letzterm Orte soll über die Weida ein Übergangspunkt des genannten Volksstammes gewesen sein. (13. Jahresb. d. v. a. V. S. 58.) Auch Wünschendorf bei Berga, welches früher Oberwyndischdorf geheißen hat, sowie Rottmannsdorf bei Planitz, das zum Unterschiede von dem Dorfe gleichen Namens in der Nähe Neumarks Wendisch-Rottmannsdorf genannt wird (Lex. v. Sachs. 9. B. S. 513), mögen von den Slawen angelegte und den Volksnamen der Winden oder Wenden tragende Orte sein. Die Kirche des letztgenannten Dorfes bestand schon vor der Reformation und wurde 1545 als Filial zu Ebelsbrunn geschlagen. Erinnern will ich auch an Wendshaus zwischen Reiboldtsgrün und Rautenkranz. Dasselbe soll nach einer Mitteilung zwar neuern Ursprungs sein, denn es wird erzählt, dass sich der Vater des jetzigen Besitzers, ein geborener Wende, welcher in der Gegend diente, hier später angesiedelt habe; doch dient es immerhin, wenn diese Angabe die richtige ist, zur Unterstützung der Behauptung, dass alle Orte, welche die Bestimmung „Wendisch" vor ihren Namen tragen, wirklich von den Slawen (Wenden) gegründet worden sind. Die Volksbezeichnung „Wenden" ist überdies im Vogtlande auch in Familiennamen noch erhalten; in Reichenbach gibt es eine Familie Windisch.

Ich will bei dieser Gelegenheit noch darauf hinweisen, dass Limmer, mehr seiner Phantasie, als geschichtlicher Begründung folgend, die vogtländischen Sorben zu einem großen slawischen Stamm der Rußen oder Reußen, d. h. nach ihm Steppen- oder Heidebewohner, zählt, und dass er damit nicht bloß den Fürsten- und Landesnamen Reuß, sondern auch die Benennung des Dorfes Reuße bei Plauen in Verbindung bringt. Was letzteren Namen anlangt, so wird von Resch (17. Jahresb. d. vogtl. alterth. Vereins, S. 27) dabei aufs slawische ros und das germanische risz, welche Wörter die Bedeutung teilen oder reißen haben und häufig in der Benennung fließender Gewässer wiederkehren, hingewiesen. Der Fürstenname Reuß dagegen, welcher 1289 zuerst gebraucht wird, steht allerdings mit „Ruße" in Verbindung, ohne jedoch, wie schon sein späterer Gebrauch beweist, irgend eine Stammbezeichnung des Sorbenvolkes anzugeben. Im obengenannten Jahre werden in einer Urkunde des Heinrich, Vogt von Plauen, dessen zwei Söhne Heinrich, genannt der Böhme, u. Heinrich, genannt der Ruße, als Zeugen angeführt. Da nun die Mutter dieser beiden jungen Vogte aus Böhmen, die Großmutter aber aus Russland gebürtig gewesen war, so ist es wahrscheinlich, dass die Söhne und Enkel vorzüglich diese beiden Länder besucht hatten. Ja, es kann vermutet werden, dass sie in ihrer Jugend in beiden Ländern Kriegsdienste genommen und in der Folge zum Andenken ihre Beinamen erhalten oder freiwillig angenommen hatten. Die Sitte, nach dem Lande, in welchem man gelebt und Waffentaten verrichtet hatte, sich zu benennen, war damals unter dem höheren Adel nicht ganz ungewöhnlich. (15. Jahresb. d. vogtl. alterth. Vereins, S. 63— 79.) Mit dieser Angabe mag die Reihe der slawischen Lokalnamen geschlossen sein. Manche derselben sind so germanisiert worden, dass unter dieser Umgestaltung die Wurzel nur mit Schwierigkeit noch zu entdecken war; in vielen Fällen konnte sie auch nur vermutungsweise angegeben werden. Andere Namen tragen ihre Abstammung noch deutlich an sich, und besonders gehören hierzu alle Ortsbenennungen auf itz, eine Silbe, die man fälschlich von wjas und wjcs, das Dorf, ableitete und so auch übersetzte. Es muss vielmehr das itz oder witz als die bekannte wendische Pluralform jice angesehen werden. (N. laus. Magazin. 20. B. 1. H. S. 67.)