Fortsetzung VIII

Bei der nun folgenden Besprechung deutscher Lokalnamen halte ich dieselbe Anordnung wie bei den slawischen Namen ein. Wir richten unsere Aufmerksamkeit deshalb zuerst auf die Benennungen von Bergen, Hügeln oder Felsgebilden.

Das alte duren, das Hohe oder das Gebirge, welches dem Worte „Tauern", als Bezeichnung der höchsten Kämme der Tiroler Alpen, und dem Volksnamen „Teuriochaimen" zu Grunde liegt, kann auch in Höhennamen innerhalb des alten Vogtlands und seiner angrenzenden Bezirke nachgewiesen werden. Ich erinnere an die Teure oder Teuriche, eine Hügelkette zwischen Gräfendorf und Ranis, und an den Teurichberg bei letztgenanntem Orte und zwischen Colba und Neuenhofen. Eine Gegend bei Neuenhofen nennt man ebenfalls die Teure.


Der Name Pöhl und Bühl, ursprünglich Bühel oder nach dem Theuerdank auch Pühel, kommt als veraltete Benennung eines Hügels häufig vor. Gewöhnlich treten nähere Bestimmungen, die entweder von Bäumen, Tieren oder von Besitzern entlehnt wurden, hinzu. Ein Birkpöhl (Pirkpöhl, von dem Dorfe Pirk?) findet sich bei Planschwitz, ein Fuchspöhl bei Bösenbrunn, ein Hasen- und ein Lerchenpöhl bei Ölsnitz und ein Wolfsbühl bei Burgk. Es ist auch möglich, dass der letztere nicht auf das Tiergeschlecht hinweist, sondern die nähere Bestimmung von einem Besitzer Namens Wolf erhalten hat. Auf die Besitzer weisen der Schilbachspöhl bei Lauterbach, der Adlersbühl bei Mißlareuth und der Engelhardtspöhl bei Ölsnitz hin. Ein Eisenpöhl, auf oder an dem früher Eisensteine gegraben wurden, findet sich bei Selbitz, ein Steinbühl bei Conradsreuth. Bei Planschwitz liegen noch ein Unglücks- und ein Großpöhl; einen Floßpöhl finden wir bei Schönbrunn, und auf dem mit drei bis vier Kiefern bewachsenen Herrnpöhl, südöstlich von Bergen, wird als besondere Merkwürdigkeit ein altes Wasserloch mit ungefähr drei Ellen Wasserstand gezeigt, welches selbst in trocknen Sommern nicht leer geworden ist. Der höchste am Dorfe Würschnitz liegende Berg heißt bloß der Pöhl, hin und wieder auch Husarenberg. Den letzten Namen soll er seit dem 30jährigen Kriege erhalten haben, und es wird erzählt, dass die Schweden im nahen Elstertale ein großes Lager hatten. Als Beweis dafür werden von dem Volke die hin und wieder in der Gegend aufgefundenen „kleinen Hufeisen von besonderer Form", sogenannte Schwedeneisen (richtiger wohl Sueveneisen) angeführt.

Die Form der Höhen, die Neigung oder schroffere Stellung ihrer Abhänge sind ebenfalls in manchen Namen ausgesprochen. Unter Leite bezeichnet man nicht bloß die sanfte Abdachung, sondern zuweilen auch den Hügel selbst, insofern der Neigungswinkel seiner Oberfläche ein sehr kleiner ist. Es haben diese „Leiten" noch nähere Bestimmungen erhalten. So finden wir zwischen Raasdorf und Unterwürschnitz eine Hallerleite, bei Unterhermsgrün eine Kühleite und bei Reichenbach die Hutleite. Die Luchs leite in der Herrschaft Burgk schreibt sich aus jener Zeit her, da man im Vogtlande noch Jagd auf Luchse machen konnte. Eine Bergwand in der geraischen Gegend, die sich vom „Heidengottesacker" bis nach Pfordten zieht, bezeichnet man als Mönchsleite, weil sich nach einer Sage daselbst in früherer Zeit ein Klausner aufhielt. (Hahn, Gesch. v. Gera II. S. 1137.) Eine Hesenleiten, die vom Gotte Hesus ihren Namen haben soll, findet sich im Stübacher Forst in der Höfer Gegend (Ernst a. a. O. S. 19.), und bei Schwarzenbach an der Saale wird eine Örtlichkeit bloß Leiten genannt. Eine schwarze Leite, die vielleicht vom Boden oder von früherem Nadelholzbestaude ihren Namen erhalten hat, gibt es bei Dobeneck. Es muss hier auch die Schmalzleite, d. h. die Fluren, welche sich vom Lauterbacher Magneteisenstein-Bergwerke bis zur Fuchsmühle hinziehen, genannt werden. In manchen Gegenden nennt man die Butter „Schmalz", so dass wir figürlich unter Schmalzleite einen fruchtbaren und fetten Weideplatz, der sich zu einträglicher Viehzucht eignet, zu verstehen haben. Der an der Straße zwischen Adorf und Schöneck liegende Leitersberg kann ebenfalls hierher gezählt werden.

Der Wendelstein bei Falkenstein, welcher zu 2.278 Fuß über den Meeresspiegel aufsteigt, trägt in seinem Namen den Begriff des hohen, schroffen Felsen. Das Wort, welches in den südwestlichen Alpen als „Wandelgebirge", und in der Bezeichnung senkrecht aufgestellter Grenzsteine als „Wandelsteine" wiederkehrt, erscheint mit dem Gebirgsnamen: „die hohe Veen" verwandt. Etymologisch stützt es sich auf das im Französischen und Englischen noch vorhandene Zeitwort vanter, to vaunt, sich rühmen, brüsten, hochragen, wovon die Gebirgsbenennungen Veen, Vinne nur Diminutiven sind. (V. Resch in der Variscia, 5. Lief. S. 62.) Unterstützt wird diese Ansicht dadurch, dass der Wendelstein auch Winnerstein genannt wird. (Lex. v. Sachsen, 16. B. S. 555. u. 15. B. S. 747.) Limmer vermutet, dass auf ihm ein Versammlungsplatz des Freigrafen und der Schöffen der Vehm gewesen sei und erzählt, dass in den letzten 20 Jahren des vorigen Jahrhunderts daselbst ein Stein mit den eingegrabenen Insignien der Vehm: „Undis, Laqueo, Ferro, Veneno, d. h. durch die Fluten, mit dem Stricke, mit dem Dolche und durch Gift", gefunden worden sei. „Aus einer Urkunde, durch welche Kaiser Karl IV. das Kloster Corvey zur Errichtung von „Vryen Dinkstühlen“ oder Vehmgerichten und zur Besetzung solcher mit Freigrafen berechtigt, geht hervor", so sagt Limmer anderwärts, „dass der Kaiser die westfälischen Vehmgerichte begünstigt hat, und es mag wohl sein, dass er in seinem neuerworbenen Gebiete Schöneck die Errichtung von Freistühlen ebenfalls gestattete (Gesch. d. Vogtl. I. S. 188. III. S. 649).

Vom Wendelstein setzt sich bis Auerbach ein Zug von schroffen Felsen fort. Einer dieser Felsengipfel heißt im Volksmunde der „Bennelstein", nach Schiffner (Lex. v. Sachsen, 15.B. S. 747.) „Bendelstein". Ich fühle mich versucht, dem Namen gleiche Deutung wie dem Wendelstein zu geben, wenn man bei ihm nicht auf das niedersächsische „Behnd" oder „Bend", eine Art kleiner Binsen, hinweisen will. Wuchs dieses Pseudogras vielleicht in Menge auf dem teilweise heut noch feuchten Abhange von dem Felsen nach dem Auerbacher Tale?

Ein hoher, einzeln stehender Fels heißt in Norddeutschland Klint. Davon schreibt sich jedenfalls der Name Klintig, wie man einen Berg bei Ranis und einen anderen bei Obernitz an der Saale nennt, und ebenso der Klintigberg bei Neulsdorf und der Klintigfelsen mit einer Klintighöhle unweit Ranis her. — Wenn man Bedenken trägt, das erste Wort in „Schneckenstein" aus dem Slawischen abzuleiten, so kann auch dieser Name hier mit genannt werden. Zu seiner Deutung ist dann das englische snag herbeizuziehen, welches nicht bloß die Bedeutung einer Schnecke oder eines Spitzzahns, sondern auch die eines spitzen Höckers, einer Zinke oder eines Knorren hat.

Da mit dem Worte Kiel der Begriff der Länge, oft auch der der Schärfe verbunden ist, so kann man einen so genannten Berg nördlich von Klingental mit unter den Anhöhen nennen, deren Namen zugleich auch ihre Formen aussprechen. — Die besondere Beschaffenheit des Bodens ist vielleicht im ersten Worte des Namens Fullberg ausgesprochen. Der Fullberg, eine Felswand, zieht sich oberhalb Walterdorf am Knottengrunde hin. Vielleicht befand sich einst in seiner Nähe eine Walkmühle und es wurde dort ein weißer Ton, der sich zum Walken und Waschen wollener Tücher eignete, gegraben. In einigen Gegenden bezeichnet man mit „Fuller" einen Walkmüller, mit „Fullerde" (niedersächsisch Vullerde) dagegen die Walkerde; das englische to füll heißt walken. — Auf Bergbau oder Hüttenwesen weisen die Namen folgender Berge hin: Zinnreuth, eine Höhe an der Göltzsch, deren schon gedacht wurde, der Goldberg bei Klingental, der Eisen-, Docks- (Docklars-, und vielleicht auch der Öschberg. Auf und an dem Eisenberge bei dem Dorfe Pöhl wird noch heute Bergbau auf Eisenstein getrieben; dasselbe geschah in früherer Zeit auf dem Docksberge bei Raschau, und derselbe erhielt wahrscheinlich von gewissen Hölzern in den Bergwerken seinen Namen; nach Adelung sind Docken kurze, dicke Säulen. In Schumanns Lexicon von Sachsen (17. B. S. 395.) heißt der Sachsenberg bei Klingental auch Oeschberg. Wahrscheinlich soll der Name „Aschberg" lauten, wie der des Dorfes, das auf der höchsten Spitze des Sachsenberges von böhmischen Exulanten im 17. Jahrhunderte gegründet ward. Nach einer Überlieferung sollen die ersten Anbauer des Ortes Asche für die nahe Glashütte gebrannt haben; man nannte den Ort in Folge dessen Aschberg (Wolf, geschichtliche Nachrichten über das Klingentaler Kirchspiel. 1. H. S. 16.); doch ist zu vermuten, dass vor dem Orte bereits der Berg denselben Namen trug.