Fortsetzung VI

Heilige Plätze der Slawen befanden sich vielleicht bei Zwoschwitz und bei Zwötzen. In der Nähe des letzteren Dorfes erhebt sich der Zwots- oder Zots-, d. h. nach Limmer „heilige Berg". Von Gera aus zog sich bis Kronschwitz die Zwotenawe, das „heilige Tal", von welchem der Name des Dorfes abgeleitet wird. (Gesch. d. Vogtl. II. S. 611.) — Hinsichtlich des Dorfes Zwodta mag an das erinnert werden, was bei dem gleichen Flussnamen gesagt wurde; wenn man dabei von Zwotjitj absieht, so schließt man sich vielleicht an jene Ableitung von sweta, d. h. die Heilige, an; im Böhmischen bezeichnet swati bor einen heiligen Hain. Dass die nahe Kutten- oder Kottenheide vielleicht ein heiliger Platz der alten Sorben war, wurde früher schon erwähnt. Bedeutsam ist für jene Gegend der Ursprung zweier Flüsse, der Mulde und der Zwodta, ferner die alte Nachricht, dass daselbst einst eine dem St. Petrus geweihte Kapelle stand. Das Petrusbild verdrängte dort vielleicht das Bildnis eines slawischen Gottes. Erwähnt wird diese Peterskapelle auf der Kuttenheide schon von Paul Niavis, einem Schriftsteller des 15. Jahrhunderts, der auch bereits von Pechsiedern und Potaschbrennern jener Gegend spricht. Nach einer andern, freilich unhaltbaren Meinung (Lex. v. Sachs. 5. B. 113) stand selbst ein Kloster auf der Kuttenheide; „wahrscheinlich", so wird erzählt, „zogen die Mönche des unwirtbaren Klimas wegen aus"; sie hatten angefangen, „die Gegend zu kultivieren, denn überall, oft da, wo die ältesten Bäume stehen, entdeckte man die Spuren von Furchen oder Beeten." Obwohl ich auf das slawische kutlicz, d. h. ausweiden (eine Wurzel, welche wir in „Kuttelhof" für Schlachthof wiederfinden) bei der Deutung des Namens Kuttenheide hingewiesen habe, so will ich doch bemerken, dass „Kutten" auch einige alte sächsische Bergwerke genannt werden. Jedenfalls ist dieses Wort nicht minder von dem slawischen kutlicz abzuleiten; doch dürfte es veranlassen, die Meinung auszusprechen, dass Kuttenheide einen Platz bezeichnet, auf welchem man vor Alters Bergbau trieb. Vielleicht kann man auch eine Ableitung vom slawischen cot (= cusch), der Berg, oder von chod, ein Gang, ein Wallfahrtsweg, versuchen. Dass Einzelne den Namen Kuttenheide von den Kutten der Mönche, welche an dem Platze sich angesiedelt haben sollten, ableiten, will ich als Kuriosum nur erwähnen; eher könnten wir an „Kutter", die im Vogtland noch hin und wieder gebräuchliche Bezeichnung für Rinde oder an das deutsche coth, die Hütte, denken, wenn uns die Ableitung des Namens aus dem Slawischen für gewagt erscheint. — Einen heiligen Platz der Slawen will man auch in Koskau bei Mühltruff wiederfinden (Lex. v. Sachsen, 17. B. S. 533.); den Namen übersetzte man mit Tempelheim, und das böhmische kosti, für Gebeine, Urnen, sowie das schon genannte Kocjel, der Kessel, sind vielleicht damit verwandt. Heilige zum Opferdienst bestimmte Plätze auf Bergen wurden von den alten Slawen köstel oder kosicat genannt. (Ernst a. a. O. S. 20.)

In jener Zeit, als das Christentum bei den slawischen Bewohnern des Landes Eingang gefunden, dessenungeachtet aber noch in einzelnen Bezirken der Glaube an die alten Götter sich erhalten hatte, entstand vielleicht der Name Pahnstange für eine Ansiedelung bei Schleiz. Ursprünglich hieß der Ort. wie Resch (17. Jahresb. d. vogtl. alterth. Vereins, S. 92) vermutet, Pohanistanje, d. h. Heidenstrich; hier hatte sich vielleicht mitten unter den zum Christentum bekehrten Slawen eine heidnische Gemeinde einige Zeit erhalten. In den Kirchbüchern von 1600 bis 1620 wird der Ort „Bahnstany" geschrieben, und nach einer Sage erhielt er seinen Namen davon, dass die ersten Anbauer wegen des sumpfigen Bodens sich von Holzstangen eine Bahn oder einen Weg gebildet haben sollen.


Außer Ortsnamen, welche einen naturbeschreibenden Charakter an sich tragen, oder welche selbst auf den religiösen Kultus des Sorbenvolkes hinweisen, findet man im Vogtlande auch Ortsbenennungen, die sich auf die Kultur des Bodens und auf den alten Straßenbau beziehen. Nach Limmer (Gesch. d. Vogtl. III. S. 840) soll das Vorwerk Zadera bei Plauen die Anlage irgend eines Herrn von Zschadraß sein; in einer Urkunde von 1371 wird ein Dietrich von Zschadraß angeführt. Mir scheint es jedoch wahrscheinlicher, obschon bei jener Ableitung auf Zschadras, ein Dorf bei Colditz, hingewiesen wird, dabei an zagroda, die Verzäunung der Gärten, oder an zawora, das Ackervorende, von zaworary, zupflügen, zu denken. Dieselbe Wurzel hat wahrscheinlich auch der Name Schauderei, welchen ein zu Schloss Berga gehöriges Vorwerk trägt.

Schmorda bei Ranis ist das slawische schmurda, eine Hufe Landes, welche die sorbischen Knechte wegen ihrer Treue von ihren deutschen Herren erhalten hatten und welche sie bebauten. (13. Jahresb. d. vogtl. altertumsf. Vereins, S. 60.) — Raila ist von reju, d. h. ich grabe, abzuleiten und demnach dem deutschen „Reuth" entsprechend. — Röppisch, das früher von räb, das Feldhuhn, abgeleitet wurde, könnte auch auf rab, der Knecht, zurückzuführen sein. An rozka oder roscz, das Korn, vielleicht auch an das Zeitwort rosz — wachsen, erinnert jedenfalls der Name Roschütz für ein Dorf bei Ronneburg. Böhme erwähnt in seiner ronneburgschen Chronik (S. 128) bei diesem Dorfe ein turmähnliches Gebäude, welches im dortigen Rittergute steht und beim Volke „Kempfe" heißt. Dieses ursprünglich slawische Wort lautet in einer Urkunde von 1403: kemenata oder kempte, d. h. ein Schloss oder Haus von Stein. Auf das slawische draga, an der Straße, weisen jedenfalls die Dorfnamen Drochaus, Drogen, Trogenau und vielleicht auch Droßdorf hin, letzterer erinnert wenigstens an Droskau in der Niederlausitz, bei dem dieselbe Ableitung versucht wurde. Möglich ist es auch, dass für genannte Namen die Wurzel in dem slawischen dru oder dreju, d. h. ich haue ab, gefunden wird. — Meerane leitet man vom sorbischen mer, die Grenze, ab, weil die Herrschaft dem Gaue Plisny Pleißengau) angehörte und die Stadt demnach eine Grenzfestung des Pleißnerlands gegen den Zwickauer Gau oder gegen Böhmen war. Andere finden sich bestimmt, den Namen von einem früheren Zusammenflusse vielen Wassers, „Meer" genannt, oder von dem Namen des Flüsschens abzuleiten, das durch die Vereinigung des Dietrichs- und Seisertitzbachs unterhalb der Stadt entsteht, und das noch heutigen Tages „Meerchen" heißt. (Leopold, Chronik von Meerane, S. 5 u. 6.) — Bei solchen Namen, die ihr slawisches Gepräge nicht deutlich an sich tragen, wird eine Ableitung und Deutung immer schwierig bleiben. Unverkennbar slawisch ist der Name Wo ja, sowie Wustuben, für Weiler in der Umgegend von Hof. Der erstere ist vielleicht von wojicz, fangen, der letztere von wustup, der Austritt (z. B. aus dem Hause), abzuleiten. In seiner ersten Hälfte ist auch Moschen- oder Muschendorf an der Saale slawisch; ich würde es mit „Männerdorf" (von muz, der Mann) übersetzen.