Vorschriften über die Diät an den einzelnen Tagen.

Sobald Ihr morgens das Bett verlasst, reckt alle Eure Glieder, denn dadurch werden die Lebensgeister in die Glieder gezogen, das Gehirn erleichtert und der Körper gekräftigt, dann reibt eine Weile mit der flachen Hand sanft Brust, Rücken und Leib, kräftiger mit den Händen oder mit warmen leinenen Tüchern Arme und Beine, den Kopf kratzt gelinde mit Euren Nägeln von vorn nach hinten. Nachdem Ihr Leibesöffnung gehabt, nehmt Kopf, Nacken und Füße vor der morgendlichen Kühle in Acht, denn es unterliegt keinem Zweifel, dass Morgens und in der Abenddämmerung die Kälte, wegen der Schwäche der Sonnenstrahlen, intensiver und schädlicher ist als gegen Mittag; zieht prächtige und reine Kleidung an, die Ihr zur Sommerzeit mit dem vorher erwähnten wohlriechenden Wasser besprengt habt, im Winter aber durchwärmt sie vorher an einem Feuer, das nicht aus übelriechendem Holze, sondern aus Eichen- oder ähnlichem Holz besteht, und bestreicht sie mit Salben. Die Kleidung hat Einfluss auf den Körper, denn ebenso wie Speise und Trank die Kräfte vermehren, erhält die Kleidung die Wärme des Körpers und wehrt die Kälte ab; so dass Lebensunterhalt und Bekleidung gleich wichtig sind. Auf beide müsst Ihr große Sorgfalt verwenden. Im Sommer ziehe ich Kleider voraus Hirschfell oder dem Fell junger Maultiere gefertigt, denn der Hirsch ist ein langlebiges Tier, er hat wirksame Kraft gegen Ansteckung und den Biss von Schlangen, deshalb benutze ich auch im Winter ebensolche Kleider, die aber mit Tuch überzogen sind. Zuträglich sind auch Gewänder aus Seide, Baumwolle oder purpurroter Wolle. Für den Winter halte ich auch solche aus Marder-, Wolfs- oder Fuchsfell für sehr geeignet; Jedoch dürft Ihr zur Zeit einer Pest seidene und Pelzkleidung nicht tragen, weil sie die ansteckende Luft leicht annehmen und sehr lange zurückhalten. Habt Ihr Euch ordentlich angezogen, dann kämmt Euer Haar mit einem Elfenbeinkamm von der Stirn zum Nacken vierzigmal, darauf wascht Augen, Ohren, Nase, Mund, Zunge, Zähne und das ganze Gesicht mit kaltem Wasser, die Augen aber wascht nicht nur, sondern taucht sie einigemale in kaltes Wasser und entfernt die Unreinigkeiten, die an den Wimpern sitzen. Zuweilen besprengt Euch mit Rosen- oder Fenchelwasser und reibt den Nacken mit einem rauhen Tuch, denn dies kräftigt den Körper, macht den Geist frisch und erhält die Augen.

Es folgen Recepte zu Zahn-Wassern und Pulvern. Eines derselben lautet:


Nimm drei Eierschalen, rote Korallen drei Drachmen, weiße Seidenfäden, in einem neuen Kruge zu Asche gebrannt, zwei Drachmen, Zimmet zwei Drachmen, Gewürznägelein eine Drachme, Bertramwurzel zwei Drachmen. Alles zu Pulver gerieben, und morgens und abends die Zähne damit zu putzen.

Dann kommen Recepte die Augen zu kräftigen.

Alle Unreinigkeiten entfernt aus dem Körper, sowohl durch den Harn, als durch den Stuhl, welcher wenigstens einmal täglich erfolgen muss, auch aus Nasen und Lungen durch Schnauben und Husten. Im Gesicht, am Kopf, am ganzen Körper liebt Sauberkeit und Schmuck. Wir verabscheuen Unreinlichkeit in der Wiege aus natürlichem Drang, ohne dass wir da schon Verstand haben. Habt Ihr das getan, dann sendet mit lauter Stimme Euer Gebet zu Gott, dass dieser Tag Euch segensvoll verlaufe, und dass der Herr Euer Tun lenke zu seines Namens Ruhm, zum Nutzen des Vaterlandes und zur Erhaltung Eurer Gesundheit. Darauf macht einen kleinen Spaziergang, wodurch alle Abscheidungen weiter nach unten rücken, die natürliche Wärme erregt wird, und die Ausscheidung besser von statten geht. Eure Angelegenheiten, private wie öffentliche, behandelt mit einer gewissen Würde, und dann macht eine Ausfahrt oder geht auf die Jagd. Alle Vormittagsstunden und von den Nachmittagsstunden drei oder vier vor dem Abendessen widmet Euren Studien und Geschäften. An den Händen sollt Ihr immer entweder Korallen oder Bernstein oder wohlriechende Malachitscheibchen oder wertvolle Steine tragen; am Ringfinger der linken Hand Ringe mit Smaragd, Saphir oder Drachensteinen geschmückt, denn in den Steinen liegt, wie in den Kräutern, eine große Kraft und Wirksamkeit, die uns verborgen ist. Im Munde haltet zuweilen einen Hyazintstein, einen Kristall oder Granatstein, reines Gold oder Silber oder reinen Zucker. Aristoteles und Albertus Magnus versichern, dass ein Smaragd, am Halse getragen, vor Epilepsie schütze.

Zweimal am Tage sollt Ihr essen, wenn Ihr das mannbare Alter erreicht habt. Leute, die gallsüchtig sind, können öfter Speise zu sich nehmen. Beim Mittag- und beim Abendbrod fangt immer mit flüssigen Speisen, niemals mit Trinken an. In der Zeit zwischen Mittag- und Abendbrod trinkt nicht, wenn es nicht die Notwendigkeit gebietet. Habt Ihr Euch daran gewöhnt, so gebt diese Gewohnheit auf, denn sie ist schlecht. Ihr sollt keine bestimmten Stunden zu den Mahlzeiten haben, wie ich schon vorher auseinandergesetzt, damit nicht die tägliche Gewohnheit Euch zur Natur werde, und Euch später die Unterlassung dieser Gewohnheit nicht schade. Im Sommer speist in kühlen Räumen, im Winter in warmen, am hellbrennenden Kamin. Das Speisezimmer soll vorher durch Räucherungen gereinigt werden, Ihr dürft dasselbe aber nicht betreten, bevor nicht der Rauch sich vollständig verzogen hat, damit Ihr nicht statt des Wohlgeruches Rauch einatmet. Da nicht Allen ein und dasselbe Essen zusagt, so macht es mit den Speisen so, wie ich oben ausgeführt habe. Zuweilen fastet einen ganzen Tag, weil durch Fasten Magenbeschwerden, die man durch einen Rausch oder sonst woher bekommen hat, verschwinden. Auf diese Weise wird Euer Körper sich daran gewöhnen, den Hunger auf Reisen und im Kriege auszuhalten. Die Abendmahlzeit sei reichlicher als das Mittagessen, wegen der längeren Enthaltsamkeit nach derselben, außer, wenn Ihr an Albdrücken leidet und den Schnupfen habt. Nach dem Essen sollt Ihr weder körperlich noch geistig arbeiten. Das Gesicht und den Mund wascht mit kaltem Wasser, die Zähne reinigt mit einer Bürste aus Elfenbein, Hörn, oder aus reinem Silber oder Gold. Eine auch zwei Stunden verbringt mit angenehmen Gesprächen oder benutzt die Zeit zu einem gemächlichen Spaziergange. Wacht nicht bis in die Nacht hinein, sondern geht zwei Stunden nach dem Essen zu Bett; zwingt Euch aber die Notwendigkeit. ehrenvolle Dinge zu erledigen, länger aufzubleiben, so müsst Ihr dafür auch länger schlafen, damit das Wachbleiben durch einen ausgedehnteren Schlaf wieder gut gemacht werde. Bevor Ihr in’s Bett steigt, lasst Euch von einem Diener, Kopf, Arme, Rücken und den übrigen Körper leicht abreiben und klopfen. Manche lassen dies am Morgen machen, von der Ansicht ausgehend, dass es dann besser auf die Verteilung der Säfte wirke. Im Winter zieht Eure Kleidung am Kamine sitzend aus und trocknet Eure Küsse. Rauch und zu große Hitze vermeidet, da dies Augen und Lungen schädigt. Zu Winterszeiten müsst Ihr Euer Deckbett, Laken und Unterbett über einem Kohlenbecken trocknen und wärmen, denn durch die äußere Wärme wird die innere erhalten, die Verdauung unterstützt und alle Feuchtigkeit fern gehalten. Mein Vater missbilligte übrigens diese Vorschrift und sagte: Ein kräftiger Mann, der zur Tätigkeit geboren, dürfte sich nicht so verweichlichen, da ein solches Vorgehen den Körper schwächte. Nachdem Ihr alle Eure Kleidungsstücke ausgezogen habt, bedeckt den Körper mit einem Hemde aus Wolfsfell, denn diese Art Felle nimmt keine schädlichen Tierchen, wie Flöhe, Läuse und ähnliche auf und erhält am besten die Wärme. Aus diesem Grunde ist der Gebrauch eines solchen Hemdes vorzüglich im Kriege, auf Reisen und auf der Jagd zu empfehlen, und es kann auch zuweilen das fehlende Bett ersetzen. Habt Ihr das Hemd angezogen und Euch zu Bett gelegt, so hört auf, Euch schwere Gedanken zu machen sowohl über öffentliche Angelegenheiten als auch über Eure privaten, denn wenn Euer Körper, frei von allen Sorgen, sich dem Schlafe hingibt, werden Verdauung und die übrigen natürlichen Verrichtungen am besten gefördert. Wenn Ihr früh am Morgen aufsteht, so nehmt mit Eurer Kleidung die Gedanken von gestern wieder auf, diese Vorschrift pflegte mein Vater mir zu geben, und ich halte sie deshalb großer Beachtung wert und empfehle sie Euch. Vor dem Einschlafen sollt Ihr Gott mit inbrünstigem Gebet anrufen, dass Er Euch eine glückliche Nachtruhe verleihe, dass Er Euch schütze vor der Macht böser Geister und Euch an Körper und Geist gesund erhalte. Jede Nacht sollt Ihr einmal Harn lassen, das Nachtgeschirr aber sofort wieder leeren, den am Morgen gelassenen Urin müsst Ihr aufbewahren, um durch seine Betrachtung zu sehen, ob Euer Körper gesund ist. Ihr sollt mit offenem Munde schlafen, den Kopf wegen der Kälte mit einer leichten Nachtmütze bedeckt. Auf der rechten Seite liegend sollt Ihr den Schlaf erwarten, auf der linken aber die Nacht hinbringen. Vor niedrigem Liegen müsst Ihr Euch in Acht nehmen, denn das sieht aus, als ob der Mensch tot sei, und hat gefährliche Krankheiten im Gefolge.

Es ist hier der Ort, darüber zu sprechen, welche Säfte im Körper am Tage und welche in der Nacht vorherrschend sind, um sich ein Urteil über die Ursache entstehender Krankheiten zu bilden. Das Blut hat von der neunten Stunde der Nacht bis zur dritten des Tages das Übergewicht, die gelbe Galle von der dritten bis zur neunten Stunde des Tages, die schwarze Galle von der neunten des Tages bis zur dritten der Nacht, und von der dritten des Nachts bis zur neunten der Schleim, so dass bei Tage das Blut und die gelbe Galle, bei Nacht die schwarze Galle und der Schleim vorwiegen. Im Frühling nimmt das Blut zu an Menge, im Sommer die gelbe Galle, die schwarze im Herbst und im Winter der Schleim. Ich erwähne dies deshalb, damit, wenn Jemand von Euch erkrankt, und Ihr die Stunde der Erkrankung kennt, Ihr die damals herrschende Feuchtigkeit wisst und daraufhin leichter das Heilmittel finden könnt.

Da die kritischen Tage bei Kranken und Verwundeten große Veränderungen und Anzeichen für Leben oder Tod hervorbringen, will ich einige Worte über den Gegenstand anführen. Ein kritischer Tag ist ein solcher, an welchem eine plötzliche Veränderung eintritt, entweder zur Besserung oder zum Tode. Die Krisis tritt meist am siebenten, vierzehnten oder einundzwanzigsten Tage ein. Nach dem schnelleren oder langsameren Lauf des Mondes geben der vierte, elfte, siebenzehnte, einundzwanzigste Tag, vom Beginn der Erkrankung an gerechnet, Anzeichen, ob die folgende Krisis eine gute oder schlechte sein wird. An kritischen Tagen sollt Ihr keine Purgirmittel, oder stark wirkende Medicamente nehmen, auch nicht zu Ader lassen oder schwitzen. Manche legen auch den ägyptischen Tagen Bedeutung bei, die von den Aegyptern zuerst angenommen, welche meinten, dass, wer an solchen Tagen erkrankte, schwer oder niemals gesunden könnte, was ich jedoch nicht glaube. Da aber Beda dieselben anführt, muss ich ihrer Erwähnung tun. Es sind dies der 1. u. 7. Januar, 3. u. 4. Februar, 1. u. 4. März, 8. u. 10. April, 3. u. 7. Mai, 10. u. 13. Juni, 10. u. 13. Juli, 1. u. 2. August, 3. u. 10. September, 3. u. 10. Oktober, 3. u. 5. November, 7. u. 10. Dezember.