An Bord eines englischen Schiffes von London nach St. Helena usw.
Es sind Reisen nach Ostindien und China gemacht worden, ohne so viel Wind, dass es nötig wurde, die Marssegel zu reffen, oder so wenig, dass totale Windstille herrschte; dies sind aber Ausnahmen. Gewöhnlich sind die Grenzen der verschiedenen Zonen auch Stürmen und Windstillen ausgesetzt. Trotz der dort auftretenden Wetterveränderungen gibt im Winter die Breite von Madeira dem von Norden kommenden Seemann das Gefühl der Behaglichkeit. Shawls, Peajaquets, Pelzmützen und Handschuhe verschwinden, Himmel und Meer verlieren die trübe Färbe höherer Breiten und werden ultramarin. — Wenn nicht durch westliche Sturme getrübt, bleibt der Horizont so klar, dass man die Sterne darin auf- und untergehen sieht; unvergleichlich rein ist das Licht des Mondes.
Entzückend ist das Farbenspiel des Gewölks und sein Spiegelbild im Meere beim Untergang, noch mehr beim Aufgang der Sonne. Manches Mal hat die Wacht an Deck ihr Leesegelsetzen mit stillschweigender Bewilligung des Steuermannes unterbrochen, um das Schauspiel gehörig zu fühlen: wenn das Schiff, von ein paar Möwen umkreist, auf ziemlich glatter See sanft schaukelnd, von massigem Winde getrieben, dahinglitt, das Tauwerk von leichtem Taue glänzend: erst sich die Wölkchen oder Wolken in der halben Höhe zum Zenit leicht rot angehaucht zeigten, — gleich darauf sich dem östlichen Himmel eine ähnliche Farbe mitteilte, — dann die dem Horizont näheren Wolken eine tiefere Färbung annahmen, etwas ins Gelbliche spielend, die sich grün im blauen Meere widerspiegelte; immer tiefer, immer greller wird diese rot und gelbe Farbe, sich mehr und mehr an die unteren Ränder der Wolken drängend, die zuletzt wie von Licht getroffene Spiegel blendeten, während die oberen ihre natürliche Farbe behielten, so dass in ihrer Nähe eine Farbenschattierung wie die eines Taubenhalses eintrat. Der Himmel unter ihnen zeigte sich erst matt, dann immer greller gelb, bis mit dem Auge unerträglichem Glänze der obere Rand der Sonne emporstieg, von dem geblendet uns abwendend wir daran dachten, dass Segel zu setzen wären, was denn auch ungesäumt geschah.
Der eigentliche Passat der Tropenzone hat nicht diese Klarheit des Himmels: die Sonnenstrahlen bewirken eine so starke Verdampfung der oberen Wasserschicht, dass die Luft mit einem dünnen weißlichen Dunst (in der Nähe der Gegend der Stillen, die beide Passate trennt, ist er grau und dicht) angefüllt ist; aufsteigend schichtet er sich in leichte Wolken, die Nachts die Sterne mit einem Schleier zu bedecken scheinen und ein schwaches elektrisches Licht ausströmen, das ebenfalls den Glanz der Sterne mindert, aber auch die „dunklen Nächte", die die Gefahren des Frühlings und Herbstes in hohen Breiten vermehren, in den wärmeren Gegenden der Meere nicht stattfinden lässt. Auch muss ich hier die Äußerung Chamissos wiederholen, dass die südliche Himmels-Hemisphäre lange nicht den schönen Anblick der nördlichen gewährt. An dieser ist die größte Anzahl der auffallenden Sternbilder. Am prächtigsten zeigt sich das Firmament auf 20—25° nördlicher Breite, wo alle schönen Konstellationen beider Hemisphären bei großer Reinheit der Luft sichtbar sind. Der Nordost-Passat des atlantischen Ozeans ist nicht immer angenehm, er weht mit ungleicher Stärke, bald kaum die schweren Segel füllend, bald zum Einnehmen der leichteren zwingend; so nimmt er auch nicht immer allmählich ab, wenn man sich der Gegend der zwischen dem Nordost- und Südost-Passat herrschenden Stillen nähert, sondern verschwindet oft plötzlich, unheimliche Stille zurücklassend, in der das Schiff noch einige Zeit durch den ihm gegebenen Impuls und den Seegang mit gegen die Stengen klappenden Segeln weiter taumelt, bis es alle Steuerkraft verliert und dem westlich folgenden Strome überlassen, sich langsam im Kreise drehend, weitertreibt. Sehnsüchtig blickt dann das Auge des Seemanns nach jeder Stelle des Meeres, wo sich der aufgehäufte Dunst zusammenzuziehen scheint: ob ihm von dort keine Bö (Windstoß) komme, die, vorsichtig erwartet, ihm für kurze Zeit Macht über sein Fahrzeug und Gelegenheit gibt, sich seinem Ziele zu nähern, auch durch den sie begleitenden Regen ihm die Wasserfässer füllt, Körper und Kleider wäscht. — Bis man sich daran gewöhnt hat, ist es im höchsten Grade aufregend, zu beobachten, wie verschiedentlich sich solche Bö bildet. Ott kommen in dem schwer auf uns drückenden Dunstkreise langsam ein paar Wolken angezogen, hoch über dem Wasser, das doch sich unter ihrem Druck zu kräuseln scheint. Schon vorher werden die Segel gestellt, sie zu empfangen; leicht neigt sich das Schiff, wenn der Wind, den sie bringen, einfällt: 10—15 Minuten und die Erscheinung ist vorüber, die vorige Stille herrscht. — Da wird der Dunst auf dem Wasser an einer Stelle dichter, darüber fangen Wolkenbildungen an, die oben schneeweiss sich bis unten ins dunkle Schwarz schattieren; immer mehr Wolken ziehen dorthin. Ist es bei Tage, so bricht stechend die Sonne hervor, ist es Nachts, so zeigen sich, unheimlich funkelnd, einzelne Sterne; ein leichtes Lüftchen fächelt, gleichsam täuschend, nach jener Wolkenaufschichtung hin, unter der es dunkler und schwärzer auf dem Wasser wird. — Die Luft fängt an zu kälten, der Schall wird scharf und rein. Da beginnt der vorsichtige Steuermann die leichten Segel einzunehmen, — alle Fallen werden klar gelegt, — jetzt zeichnet sich ein noch dunklerer Rand über dem Wasser aus, ein leichter violetter Blitz zuckt daraus hervor — und die gesamte Masse scheint sich vorwärts zu schieben, sich höher und höher am Himmel aufzutürmen. — Rasch werden die Untersegel aufgegeit; jetzt wird es totenstill; plötzlich legt ein leichter Luftstrom die Marssegel back; man brasst die Raaen herum, und kaum ist es geschehen, so folgt auf einen grellen Blitz, der die ganze Atmosphäre mit elektrischen Funken anzufüllen scheint, ein betäubender Donnerschlag; der Regen fällt in Strömen, mit Sturmesgewalt drückt der Wind in die auf den Rand gevierten Marssegel; bis zum Schanddeckel im Wasser auf die Seite geneigt, wirft das Schiff durch seinen raschen Lauf das phosphorartig leuchtende Element nach allen Seiten. Mit Bangigkeit hat man das Wetter kommen sehen, aber jetzt ist es da, wir haben getan, was wir tun konnten, damit kein Schaden geschehe, nun rasch Alles benutzt, was benutzt werden kann: und unter dem Heulen und Pfeifen der Sturmes, dem Toben des Gewitters wird das köstlich kalte Regenwasser unter und in den Böten aufgefangen, in die geleerten Fässer gefüllt. Hält der Regen länger an, so erscheint „Wäsche", die gesamte Mannschaft verrichtet für sich selbst den Dienst der Waschfrauen. — Oft auch zeigen sich über dem Horizont einzelne weiße Wolkenköpfe, die sich höher und höher schieben, von einer kompakten Masse dunkleren Gewölks gefolgt, das einen Ring zu bilden scheint, dessen innerer Rand gleichsam überkippt. Schwärzlich grau mit gelblicher Schattierung zeigt sich der darunter befindliche Dunst; ein eigentümliches Heulen und Pfeifen beginnt in dem Tauwerk des Schiffes; der unter dem Gewölk fallende Regen lässt ein dumpfes Rauschen hören und gibt dem Wasser eine sonderbare, hüpfende Bewegung. Dünneres Gewölk scheint jenen Wolkenring zu umkreisen; ein leichter Wind strömt von ihm aus, der mit seiner Annäherung stärker wird, und, sobald er über uns ist zu einer guten Kühlte angewachsen, uns viel mehr vorwärts hilft, als jene starken, doch rasch vorübergehenden Böen. Wenn der Regen noch so heftig war, kaum 10 Minuten später sind unsere nassen Segel die einzige Spur davon; die Luft ist wieder so drückend wie vorhin. — Wenn man jeden Lufthauch benutzt, um recht Süd zu machen, zeigen sich bald beständigere südliche Winde, bis man endlich den eigentlichen Südost-Passat bekommt, der viel gleichmäßiger weht als der Nordost-Passat. (Fortsetzung folgt.)
Entzückend ist das Farbenspiel des Gewölks und sein Spiegelbild im Meere beim Untergang, noch mehr beim Aufgang der Sonne. Manches Mal hat die Wacht an Deck ihr Leesegelsetzen mit stillschweigender Bewilligung des Steuermannes unterbrochen, um das Schauspiel gehörig zu fühlen: wenn das Schiff, von ein paar Möwen umkreist, auf ziemlich glatter See sanft schaukelnd, von massigem Winde getrieben, dahinglitt, das Tauwerk von leichtem Taue glänzend: erst sich die Wölkchen oder Wolken in der halben Höhe zum Zenit leicht rot angehaucht zeigten, — gleich darauf sich dem östlichen Himmel eine ähnliche Farbe mitteilte, — dann die dem Horizont näheren Wolken eine tiefere Färbung annahmen, etwas ins Gelbliche spielend, die sich grün im blauen Meere widerspiegelte; immer tiefer, immer greller wird diese rot und gelbe Farbe, sich mehr und mehr an die unteren Ränder der Wolken drängend, die zuletzt wie von Licht getroffene Spiegel blendeten, während die oberen ihre natürliche Farbe behielten, so dass in ihrer Nähe eine Farbenschattierung wie die eines Taubenhalses eintrat. Der Himmel unter ihnen zeigte sich erst matt, dann immer greller gelb, bis mit dem Auge unerträglichem Glänze der obere Rand der Sonne emporstieg, von dem geblendet uns abwendend wir daran dachten, dass Segel zu setzen wären, was denn auch ungesäumt geschah.
Der eigentliche Passat der Tropenzone hat nicht diese Klarheit des Himmels: die Sonnenstrahlen bewirken eine so starke Verdampfung der oberen Wasserschicht, dass die Luft mit einem dünnen weißlichen Dunst (in der Nähe der Gegend der Stillen, die beide Passate trennt, ist er grau und dicht) angefüllt ist; aufsteigend schichtet er sich in leichte Wolken, die Nachts die Sterne mit einem Schleier zu bedecken scheinen und ein schwaches elektrisches Licht ausströmen, das ebenfalls den Glanz der Sterne mindert, aber auch die „dunklen Nächte", die die Gefahren des Frühlings und Herbstes in hohen Breiten vermehren, in den wärmeren Gegenden der Meere nicht stattfinden lässt. Auch muss ich hier die Äußerung Chamissos wiederholen, dass die südliche Himmels-Hemisphäre lange nicht den schönen Anblick der nördlichen gewährt. An dieser ist die größte Anzahl der auffallenden Sternbilder. Am prächtigsten zeigt sich das Firmament auf 20—25° nördlicher Breite, wo alle schönen Konstellationen beider Hemisphären bei großer Reinheit der Luft sichtbar sind. Der Nordost-Passat des atlantischen Ozeans ist nicht immer angenehm, er weht mit ungleicher Stärke, bald kaum die schweren Segel füllend, bald zum Einnehmen der leichteren zwingend; so nimmt er auch nicht immer allmählich ab, wenn man sich der Gegend der zwischen dem Nordost- und Südost-Passat herrschenden Stillen nähert, sondern verschwindet oft plötzlich, unheimliche Stille zurücklassend, in der das Schiff noch einige Zeit durch den ihm gegebenen Impuls und den Seegang mit gegen die Stengen klappenden Segeln weiter taumelt, bis es alle Steuerkraft verliert und dem westlich folgenden Strome überlassen, sich langsam im Kreise drehend, weitertreibt. Sehnsüchtig blickt dann das Auge des Seemanns nach jeder Stelle des Meeres, wo sich der aufgehäufte Dunst zusammenzuziehen scheint: ob ihm von dort keine Bö (Windstoß) komme, die, vorsichtig erwartet, ihm für kurze Zeit Macht über sein Fahrzeug und Gelegenheit gibt, sich seinem Ziele zu nähern, auch durch den sie begleitenden Regen ihm die Wasserfässer füllt, Körper und Kleider wäscht. — Bis man sich daran gewöhnt hat, ist es im höchsten Grade aufregend, zu beobachten, wie verschiedentlich sich solche Bö bildet. Ott kommen in dem schwer auf uns drückenden Dunstkreise langsam ein paar Wolken angezogen, hoch über dem Wasser, das doch sich unter ihrem Druck zu kräuseln scheint. Schon vorher werden die Segel gestellt, sie zu empfangen; leicht neigt sich das Schiff, wenn der Wind, den sie bringen, einfällt: 10—15 Minuten und die Erscheinung ist vorüber, die vorige Stille herrscht. — Da wird der Dunst auf dem Wasser an einer Stelle dichter, darüber fangen Wolkenbildungen an, die oben schneeweiss sich bis unten ins dunkle Schwarz schattieren; immer mehr Wolken ziehen dorthin. Ist es bei Tage, so bricht stechend die Sonne hervor, ist es Nachts, so zeigen sich, unheimlich funkelnd, einzelne Sterne; ein leichtes Lüftchen fächelt, gleichsam täuschend, nach jener Wolkenaufschichtung hin, unter der es dunkler und schwärzer auf dem Wasser wird. — Die Luft fängt an zu kälten, der Schall wird scharf und rein. Da beginnt der vorsichtige Steuermann die leichten Segel einzunehmen, — alle Fallen werden klar gelegt, — jetzt zeichnet sich ein noch dunklerer Rand über dem Wasser aus, ein leichter violetter Blitz zuckt daraus hervor — und die gesamte Masse scheint sich vorwärts zu schieben, sich höher und höher am Himmel aufzutürmen. — Rasch werden die Untersegel aufgegeit; jetzt wird es totenstill; plötzlich legt ein leichter Luftstrom die Marssegel back; man brasst die Raaen herum, und kaum ist es geschehen, so folgt auf einen grellen Blitz, der die ganze Atmosphäre mit elektrischen Funken anzufüllen scheint, ein betäubender Donnerschlag; der Regen fällt in Strömen, mit Sturmesgewalt drückt der Wind in die auf den Rand gevierten Marssegel; bis zum Schanddeckel im Wasser auf die Seite geneigt, wirft das Schiff durch seinen raschen Lauf das phosphorartig leuchtende Element nach allen Seiten. Mit Bangigkeit hat man das Wetter kommen sehen, aber jetzt ist es da, wir haben getan, was wir tun konnten, damit kein Schaden geschehe, nun rasch Alles benutzt, was benutzt werden kann: und unter dem Heulen und Pfeifen der Sturmes, dem Toben des Gewitters wird das köstlich kalte Regenwasser unter und in den Böten aufgefangen, in die geleerten Fässer gefüllt. Hält der Regen länger an, so erscheint „Wäsche", die gesamte Mannschaft verrichtet für sich selbst den Dienst der Waschfrauen. — Oft auch zeigen sich über dem Horizont einzelne weiße Wolkenköpfe, die sich höher und höher schieben, von einer kompakten Masse dunkleren Gewölks gefolgt, das einen Ring zu bilden scheint, dessen innerer Rand gleichsam überkippt. Schwärzlich grau mit gelblicher Schattierung zeigt sich der darunter befindliche Dunst; ein eigentümliches Heulen und Pfeifen beginnt in dem Tauwerk des Schiffes; der unter dem Gewölk fallende Regen lässt ein dumpfes Rauschen hören und gibt dem Wasser eine sonderbare, hüpfende Bewegung. Dünneres Gewölk scheint jenen Wolkenring zu umkreisen; ein leichter Wind strömt von ihm aus, der mit seiner Annäherung stärker wird, und, sobald er über uns ist zu einer guten Kühlte angewachsen, uns viel mehr vorwärts hilft, als jene starken, doch rasch vorübergehenden Böen. Wenn der Regen noch so heftig war, kaum 10 Minuten später sind unsere nassen Segel die einzige Spur davon; die Luft ist wieder so drückend wie vorhin. — Wenn man jeden Lufthauch benutzt, um recht Süd zu machen, zeigen sich bald beständigere südliche Winde, bis man endlich den eigentlichen Südost-Passat bekommt, der viel gleichmäßiger weht als der Nordost-Passat. (Fortsetzung folgt.)
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hansa. Zeitschrift für Seewesen. Zehnter Jahrgang. Hamburg 1873
Abbildung 10. Kreuzmast eines großen Segelschiffes mit allem stehenden und laufenden Gut.
Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.
Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“
Abbildung 16. Fünfmast-Bark mit Dampfhilfsmachine „R. C. Rickmers“.
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