An Bord eines englischen Schiffes von London nach St. Helena usw. (Fortsetzung)
Eines Sonntags besuchte ich Napoleons Grab. Die Gegend, in der es liegt, ist so reizend, dass ich mir keinen schöneren Platz zum Leben wünschte, als man ihm zum Hinsiechen und Sterben gab. In einem Tale, von hohen Bergen umgeben, das aber noch über den tiefsten Schluchten derselben liegt, standen vierzehn Zypressen innerhalb eines Zaunes; eine große Weide beschattete die Gruft; das Grab selbst war von einem niedrigen doppelten Zaun eingefasst, zwischen denen rote Blumen standen und blühten, über dem inneren war ein Dach von geteertem Segeltuch; unter ihm führte eine Treppe von 10 Stufen 10' tief in einen Raum, 7’ lang und 5' breit, der im Boden einen Platz 6' lang, 4' breit, 1' tief zeigte, wo der Sarg gestanden. Jeder Stein war mit Namen bekritzelt, das Ganze zerfallen. Da ich dem Grabe nicht noch mehr Steine rauben wollte, so pflückte ich eine der Blumen und ein Zypressenblatt. Das Wohnhaus wurde damals als Pferdestall und Dreschhaus benutzt. Eine nahe Quelle wurde gezeigt, da er das Wasser aus ihr getrunken. Man forderte von jedem Besucher 2 sh. der Eigentümer hatte es an zwei junge Damen verpachtet. Grab und Haus von Fürsten, selbst, wenn sie in Gefangenschaft sterben, pflegen sonst besser gehalten zu sein. — Der Reeder mit seiner Frau verließ uns hier; das war eine große Erleichterung für uns. In den 75 Tagen unserer Reise hatte sie nie eine Beschäftigung vorgenommen, als Lesen; keine Nadel, kein Strickzeug, kein Häkel- oder Filetstock war in ihrer Hand gewesen. In schlechtgeordneter Toilette, mit dem Buch in der Hand kam sie auf Deck, wies mit dem Finger den Ort, wo sie den Stuhl hinwünschte, den zu platzieren der Herr Gemahl eifrig rannte, gehorsam und demütig. Sie erhob sich zum Essen, Schlafen etc. und erschien wieder. Damals (mit 21 Jahren) war ich viel lieber Matrose als Ehemann. — Eine tätige, ordentliche Frau, die etwas Gene erzeugt ohne zu genieren, ist eine große Wohltat an Bord, ihr Gegenteil unendlich widerlich. Da die Jugend nicht hat Tugend, so ist es leicht denkbar, dass unsere Schiffsjungen jene Lady zur Zielscheibe des Spottes machten, der so derb wurde, dass sie eine unserer Grunzer gewöhnten, auf ihren abgekürzten Namen Betty zu hören.
Nach England zurückgekehrt, verheuerte ich mich auf einem Schiffe, das mit Queens Emigrants, armen Leuten, die auf Kosten der Englischen Regierung nach Australien geschickt werden, nach Sidney ging. — Bis zur Südgrenze des SO-Passats war unser Weg derselbe wie nach St. Helena; von da aber führte er südlicher. Bis in Sicht von Tristan d'Acunha und ihren Nachbarinseln hatten wir gutes, angenehmes Wetter, dort aber fingen die fast wöchentlich wiederkehrenden, westlichen Stürme an, die in den Breiten von 42—45° S. so vorherrschend sind, dass sie Seen, oder wie man an Land sagt, Wogen von 30—40' Höhe, 300 und mehr Fuß Länge aufwälzen. Diese Wassermassen laufen natürlich in viel größeren Zwischenräumen als kleinere, und wenn die Schiffe in ihren Höhlungen auch stark rollen, ihre schäumenden Kämme beim Überstürzen auch viel Wasser auf Deck werfen, so leiden die Fahrzeuge hier doch seltener Schaden, als in den kurzen, weniger hoch, aber „spitz" laufenden Wellen niedrigerer Breiten. Die vom Südpol kommenden Eisberge, die zuweilen bis nördlich vom Cap der guten Hoffnung treiben und großenteils ostwärts davon angetroffen werden, sollen größer sein, als die vom Nordpol kommenden, ich habe keine von beiden gesehen. — Robbenschläger und Walfischfänger nähern sich dem Südpol mehr als auf 55° Breite, andere Kauffahrer kommen selten tiefer als 50°. Dichte, schwere Nebel lagern hier den größten Teil des Jahres. Oft ist die Luft so mit Elektrizität erfüllt, dass sich Nachts durch ihre Reibung (?) mit den feuchten Holzenden der Masten und Raaen sichtbare, elektrische Flämmchen (St. Elmsfeuer) ablösen und ein paar Fuß weit abflackern; beim Holen an den Brassen und anderen Tauen streicht man Funken heraus, dem Meerleuchten ähnlich, und doch hört man nicht, dass dort der Blitz eingeschlagen. Die Gewitterböen sind oft von Schnee und grobem Hagel begleitet; kometengleich oder wie die Mollusken im Meere kreisförmig leuchtend, zeigen sich manchmal die Sterne; am grausigsten schön aber ist es, wenn man unter Sturmsegeln lenssend (mit dem Winde recht von hinten laufend) momentan auf dem breiten Kamme einer hohen Woge, den untergehenden Vollmond hinter sich, taumelt. In allen Blöcken, Winkeln und Löchern der Takelage heult und pfeift der Sturm; so straff konnte kein Tau geholt werden, dass seine Bucht nicht webte (fortwährend gegen das nächste klappte), die See, die rundum leuchtend braust und donnernd bricht, wirft so viel Wasser über das ächzend und knatternd dahineilende Schiff, dass es mehrere Zoll, oft über einen Fuß hoch von einer Seite des Decks zur andern wäscht, ein unausstehliches Geräusch. — Graubraun ist die Luft gefärbt; der Mond hinter uns, fahlgelb im großen Hofe, erzeugt in den dunklen Wolken und Nebelmassen vor uns einen zur halben Himmelshöhe reichenden, falben Regenbogen, auf den wir loszusteuern scheinen, der aber mit der darunter liegenden dunklen Ferne, obgleich feststehend, doch unerreichbar ist. Sehnlichst auf Ablösung harrend, wendet der Mann am Ruder all' seine Kraft an, das vom Seeschlag bebende Ruder zu drehen das Schiff vom Beiklappen abzuhalten; aufmerksam sich balancierend, aber doch leise singend oder sein Pfeifchen rauchend, geht der wachthabende Steuermann auf dem „hohen" Deck hin und her; nicht gleichgültig, aber abgestumpft sitzen und schlafen die „Leute", tief in Ölzeug gepackt, in einem trocknen Eckchen hinter den Masten, oder in den „Buchten" des laufenden Tauwerks, durch Gewohnheit bei jedem Rufe oder Glockenschlage munter.
Auf einer späteren Reise glaube ich in jenen Gegenden die Erklärung der alten Fabel vom Rolf Krake gefunden 'zu haben. Ich sah braune Flecken im Wasser, anscheinend große Büschel Seekraut, das aber keine Blätter hatte, sondern nur dicke Stengel und die langen, gurkenähnlichen Früchte, wie man sie in diesen Breiten daran findet; am ähnlichsten waren sie Resten von Wurzeln, die aus dem Erdboden gerissen und mürbe geworden, nach allen Richtungen schlugen. Später sah ich in einem Aquarium Seenelken und seitdem ist meine feste Überzeugung, dass jenes nicht Seekraut war, sondern solche Tiere von 3—5 Fuß Durchmesser, die von ihren Steinen losgerissen, an die Oberfläche kamen und mit Wind und See weiter trieben; eine Zeichnung, wie der Rolf Krake ein Schiff angreift, hat mich in dieser Meinung bestärkt.
So kamen auf einer Reise von Singapore nach Shanghae im großen Ozean nördlich von den Pellew-Inseln meine Malayen gelaufen, eine große Schlange käme auf uns zu; es waren große Massen einer Art Weichtiere, die einzeln von der Größe einer Erbse bis (selten) zu der einer kleinen Walnuss, weiß durchsichtig mit einem braunen Stippchen sind. Hier waren sie von der See zu großen schlangenähnlichen Massen zusammengerollt, eine davon war wohl über 50' lang u. 2—3'dick, die übrigen höchstens 20—30'; jene zerriss auch bald zum großen Entsetzen der Leute, die keine Erklärung dafür hatten. Als ich durch mehrere segelte und Tiere daraus in einem Eimer heraufholte, lachten sie über ihren Schrecken, werden aber doch später allerhand Schlangengeschichten erzählt haben. Merkwürdiger Weise waren keine Fische in der Nähe. Ich habe dieses Zusammenhäufen in Raupen- oder Schlangenform öfter bemerkt, aber nicht wieder in solchen Größen.
Wir waren glücklich in Sidney angelangt. Dort empfing uns die Nachricht von neu entdeckten Goldfeldern am Fitzroy-Fluss. Die Seeleute, welche irgendwie an Land kommen konnten, liefen davon, ließen ihre sämtliche Heuer im Stich, um in den Goldgruben unerhörte Schätze aufzulesen — wie man gefallenes Obst aufliest, das bildeten sie sich wenigstens ein. Mich packte der Goldteufel ebenfalls, nur war ich nicht so töricht davon zu laufen, sondern leichte Schmerzen im Arm, die mir schon oft am Bord Vorwand gegeben hatten, krank zu sein, wenn die Reihe an mir war, wurden so arg, dass ich ins Hospital gehen musste. Dort beflasterten die Doktoren meinen Arm und Schulter ganz gehörig, aber mit so wenig Erfolg, dass ich, als mein Schiff segelfertig war, zurückblieb. Dann aber ging meine Besserung merkwürdig rasch vor sich; nach 14 Tagen verlies ich das Krankenhaus, nahm beim Hafenmeister meine rückständige Heuer in Empfang und kaufte mir davon in Compagnie mit einem Irländer Zelt, Handwerkszeug, Wirtschaftssachen, Proviant und Waffen. Wir gingen mit einem Schiffe nach Rockhampton, marschierten durch die Wildnis und langten endlich glücklich im Goldtale an, hoffend in wenigen Wochen steinreich nach Sidney zurückzukehren.
Die Bäume im Tale standen weniger Waldung als Obstgärten ähnlich, nur schade, sie trugen kein Obst: die unter ihnen von 500 Mann aufgestellten Zelte sahen recht malerisch aus, d. h. jetzt in der Erinnerung, damals hatte ich nur Sinn für den Glanz des Goldes und jeder Anwesende mehr schmälerte meinen Anteil. Die erste Nacht unter meinem Zelte schlief ich sanft und träumte süß: ich war in Sidney zwar nur einfach gekleidet, nur mit zwei mittelgroßen Koffern versehen, die meine Sachen enthielten und Gold: Gold in Staub, Gold in Körnern, Gold in Klumpen; einer — (ich war auch im Traume bescheiden) nur einer so groß wie meine Faust. Meine Überfahrt nach Europa war bezahlt, ich war natürlich Kajütspassagier. Wie gemütlich war es in der Koje zu liegen, wenn die Matrosen reften; wie schön schmeckte mir die Zigarre auf dem Kajütsdeck, das die gentleman apprentices eben abgescheuert hatten. Ich langte in Englana an, wie entzückte ich Mr. R. durch meinen Beitrag in die Kasse seiner Anstalt, wie erstaunt stand meine englische Mama, da ich mich als reicher Mann präsentierte: wie hübsch sah E. als meine Braut aus, es war so angenehm, ihr deutsche Redensarten zu lehren, womit sie meine Eltern begrüßen sollte. Wir reisten zusammen zu ihnen, ich war freigebig. Im Traume gefiel ich mir so darin an alle Geschwister, Verwandte, Freunde und Bekannte Schätze auszuteilen, um von ihnen angestaunt zu werden, dass alles Gold, das je am Fitzroy gegraben worden ist, nicht hingereicht haben würde, um solche Auslagen zu decken. Indes, ich war doch einmal, wenn auch nur im Traume, reich und glücklich gewesen, und so nahm ich ihn als gute Vorbedeutung und besann mutig am nächsten Morgen mein hartes Tagewerk. Zwei Tage brauchten wir, einen Brunnen herzustellen, d. h. ein Loch, in das wir bequem hineinsteigen konnten und das bei ca. 4 Fuß Länge, 2 ½ Breite, 5 Fuß Wasser enthielt. Dann suchten wir uns einen schönen Platz aus, kauften das Eigentumsrecht dazu, von dem was darauf und darunter, und fingen an zu graben. (Fortsetzung folgt.)
Nach England zurückgekehrt, verheuerte ich mich auf einem Schiffe, das mit Queens Emigrants, armen Leuten, die auf Kosten der Englischen Regierung nach Australien geschickt werden, nach Sidney ging. — Bis zur Südgrenze des SO-Passats war unser Weg derselbe wie nach St. Helena; von da aber führte er südlicher. Bis in Sicht von Tristan d'Acunha und ihren Nachbarinseln hatten wir gutes, angenehmes Wetter, dort aber fingen die fast wöchentlich wiederkehrenden, westlichen Stürme an, die in den Breiten von 42—45° S. so vorherrschend sind, dass sie Seen, oder wie man an Land sagt, Wogen von 30—40' Höhe, 300 und mehr Fuß Länge aufwälzen. Diese Wassermassen laufen natürlich in viel größeren Zwischenräumen als kleinere, und wenn die Schiffe in ihren Höhlungen auch stark rollen, ihre schäumenden Kämme beim Überstürzen auch viel Wasser auf Deck werfen, so leiden die Fahrzeuge hier doch seltener Schaden, als in den kurzen, weniger hoch, aber „spitz" laufenden Wellen niedrigerer Breiten. Die vom Südpol kommenden Eisberge, die zuweilen bis nördlich vom Cap der guten Hoffnung treiben und großenteils ostwärts davon angetroffen werden, sollen größer sein, als die vom Nordpol kommenden, ich habe keine von beiden gesehen. — Robbenschläger und Walfischfänger nähern sich dem Südpol mehr als auf 55° Breite, andere Kauffahrer kommen selten tiefer als 50°. Dichte, schwere Nebel lagern hier den größten Teil des Jahres. Oft ist die Luft so mit Elektrizität erfüllt, dass sich Nachts durch ihre Reibung (?) mit den feuchten Holzenden der Masten und Raaen sichtbare, elektrische Flämmchen (St. Elmsfeuer) ablösen und ein paar Fuß weit abflackern; beim Holen an den Brassen und anderen Tauen streicht man Funken heraus, dem Meerleuchten ähnlich, und doch hört man nicht, dass dort der Blitz eingeschlagen. Die Gewitterböen sind oft von Schnee und grobem Hagel begleitet; kometengleich oder wie die Mollusken im Meere kreisförmig leuchtend, zeigen sich manchmal die Sterne; am grausigsten schön aber ist es, wenn man unter Sturmsegeln lenssend (mit dem Winde recht von hinten laufend) momentan auf dem breiten Kamme einer hohen Woge, den untergehenden Vollmond hinter sich, taumelt. In allen Blöcken, Winkeln und Löchern der Takelage heult und pfeift der Sturm; so straff konnte kein Tau geholt werden, dass seine Bucht nicht webte (fortwährend gegen das nächste klappte), die See, die rundum leuchtend braust und donnernd bricht, wirft so viel Wasser über das ächzend und knatternd dahineilende Schiff, dass es mehrere Zoll, oft über einen Fuß hoch von einer Seite des Decks zur andern wäscht, ein unausstehliches Geräusch. — Graubraun ist die Luft gefärbt; der Mond hinter uns, fahlgelb im großen Hofe, erzeugt in den dunklen Wolken und Nebelmassen vor uns einen zur halben Himmelshöhe reichenden, falben Regenbogen, auf den wir loszusteuern scheinen, der aber mit der darunter liegenden dunklen Ferne, obgleich feststehend, doch unerreichbar ist. Sehnlichst auf Ablösung harrend, wendet der Mann am Ruder all' seine Kraft an, das vom Seeschlag bebende Ruder zu drehen das Schiff vom Beiklappen abzuhalten; aufmerksam sich balancierend, aber doch leise singend oder sein Pfeifchen rauchend, geht der wachthabende Steuermann auf dem „hohen" Deck hin und her; nicht gleichgültig, aber abgestumpft sitzen und schlafen die „Leute", tief in Ölzeug gepackt, in einem trocknen Eckchen hinter den Masten, oder in den „Buchten" des laufenden Tauwerks, durch Gewohnheit bei jedem Rufe oder Glockenschlage munter.
Auf einer späteren Reise glaube ich in jenen Gegenden die Erklärung der alten Fabel vom Rolf Krake gefunden 'zu haben. Ich sah braune Flecken im Wasser, anscheinend große Büschel Seekraut, das aber keine Blätter hatte, sondern nur dicke Stengel und die langen, gurkenähnlichen Früchte, wie man sie in diesen Breiten daran findet; am ähnlichsten waren sie Resten von Wurzeln, die aus dem Erdboden gerissen und mürbe geworden, nach allen Richtungen schlugen. Später sah ich in einem Aquarium Seenelken und seitdem ist meine feste Überzeugung, dass jenes nicht Seekraut war, sondern solche Tiere von 3—5 Fuß Durchmesser, die von ihren Steinen losgerissen, an die Oberfläche kamen und mit Wind und See weiter trieben; eine Zeichnung, wie der Rolf Krake ein Schiff angreift, hat mich in dieser Meinung bestärkt.
So kamen auf einer Reise von Singapore nach Shanghae im großen Ozean nördlich von den Pellew-Inseln meine Malayen gelaufen, eine große Schlange käme auf uns zu; es waren große Massen einer Art Weichtiere, die einzeln von der Größe einer Erbse bis (selten) zu der einer kleinen Walnuss, weiß durchsichtig mit einem braunen Stippchen sind. Hier waren sie von der See zu großen schlangenähnlichen Massen zusammengerollt, eine davon war wohl über 50' lang u. 2—3'dick, die übrigen höchstens 20—30'; jene zerriss auch bald zum großen Entsetzen der Leute, die keine Erklärung dafür hatten. Als ich durch mehrere segelte und Tiere daraus in einem Eimer heraufholte, lachten sie über ihren Schrecken, werden aber doch später allerhand Schlangengeschichten erzählt haben. Merkwürdiger Weise waren keine Fische in der Nähe. Ich habe dieses Zusammenhäufen in Raupen- oder Schlangenform öfter bemerkt, aber nicht wieder in solchen Größen.
Wir waren glücklich in Sidney angelangt. Dort empfing uns die Nachricht von neu entdeckten Goldfeldern am Fitzroy-Fluss. Die Seeleute, welche irgendwie an Land kommen konnten, liefen davon, ließen ihre sämtliche Heuer im Stich, um in den Goldgruben unerhörte Schätze aufzulesen — wie man gefallenes Obst aufliest, das bildeten sie sich wenigstens ein. Mich packte der Goldteufel ebenfalls, nur war ich nicht so töricht davon zu laufen, sondern leichte Schmerzen im Arm, die mir schon oft am Bord Vorwand gegeben hatten, krank zu sein, wenn die Reihe an mir war, wurden so arg, dass ich ins Hospital gehen musste. Dort beflasterten die Doktoren meinen Arm und Schulter ganz gehörig, aber mit so wenig Erfolg, dass ich, als mein Schiff segelfertig war, zurückblieb. Dann aber ging meine Besserung merkwürdig rasch vor sich; nach 14 Tagen verlies ich das Krankenhaus, nahm beim Hafenmeister meine rückständige Heuer in Empfang und kaufte mir davon in Compagnie mit einem Irländer Zelt, Handwerkszeug, Wirtschaftssachen, Proviant und Waffen. Wir gingen mit einem Schiffe nach Rockhampton, marschierten durch die Wildnis und langten endlich glücklich im Goldtale an, hoffend in wenigen Wochen steinreich nach Sidney zurückzukehren.
Die Bäume im Tale standen weniger Waldung als Obstgärten ähnlich, nur schade, sie trugen kein Obst: die unter ihnen von 500 Mann aufgestellten Zelte sahen recht malerisch aus, d. h. jetzt in der Erinnerung, damals hatte ich nur Sinn für den Glanz des Goldes und jeder Anwesende mehr schmälerte meinen Anteil. Die erste Nacht unter meinem Zelte schlief ich sanft und träumte süß: ich war in Sidney zwar nur einfach gekleidet, nur mit zwei mittelgroßen Koffern versehen, die meine Sachen enthielten und Gold: Gold in Staub, Gold in Körnern, Gold in Klumpen; einer — (ich war auch im Traume bescheiden) nur einer so groß wie meine Faust. Meine Überfahrt nach Europa war bezahlt, ich war natürlich Kajütspassagier. Wie gemütlich war es in der Koje zu liegen, wenn die Matrosen reften; wie schön schmeckte mir die Zigarre auf dem Kajütsdeck, das die gentleman apprentices eben abgescheuert hatten. Ich langte in Englana an, wie entzückte ich Mr. R. durch meinen Beitrag in die Kasse seiner Anstalt, wie erstaunt stand meine englische Mama, da ich mich als reicher Mann präsentierte: wie hübsch sah E. als meine Braut aus, es war so angenehm, ihr deutsche Redensarten zu lehren, womit sie meine Eltern begrüßen sollte. Wir reisten zusammen zu ihnen, ich war freigebig. Im Traume gefiel ich mir so darin an alle Geschwister, Verwandte, Freunde und Bekannte Schätze auszuteilen, um von ihnen angestaunt zu werden, dass alles Gold, das je am Fitzroy gegraben worden ist, nicht hingereicht haben würde, um solche Auslagen zu decken. Indes, ich war doch einmal, wenn auch nur im Traume, reich und glücklich gewesen, und so nahm ich ihn als gute Vorbedeutung und besann mutig am nächsten Morgen mein hartes Tagewerk. Zwei Tage brauchten wir, einen Brunnen herzustellen, d. h. ein Loch, in das wir bequem hineinsteigen konnten und das bei ca. 4 Fuß Länge, 2 ½ Breite, 5 Fuß Wasser enthielt. Dann suchten wir uns einen schönen Platz aus, kauften das Eigentumsrecht dazu, von dem was darauf und darunter, und fingen an zu graben. (Fortsetzung folgt.)
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hansa. Zeitschrift für Seewesen. Zehnter Jahrgang. Hamburg 1873
Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“
Abbildung 15. Vollschiff „Großherzogin Elisabeth“ des Deutschen Schulschiffvereins.
Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.
Abbildung 16. Fünfmast-Bark mit Dampfhilfsmachine „R. C. Rickmers“.
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