Ein Stotterheilkursus für arme Landkinder im Kreise Worms

Wie bekannt, mehren sieh fortwährend die Städte, welche für ihre sprachgebrechlichen Kinder (Stotterer, Stammler, Lispler usw.) besondere Heilkurse einrichten. Seltener aber dürfte die Einrichtung sein, dass auch arme sprachgebrechliche Kinder eines Kreises, Kinder verschiedener Landgemeinden zu einem Kursus gesammelt werden und Heilunterricht erhalten auf Kosten des Kreises. Darum ist es doppelt hoch anzuschlagen, wenn jetzt die Verwaltung des Kreises Worms einen Stotterheilkursus für Kinder aus verschiedenen Landgemeinden, z. B. Osthofen, Abenheim, Horchheim und Weinsheim, abhalten ließ. Die Leitung des Kursus lag in Händen des Hilfsschullehrers Georg Büttner -Worms. Längere Zeit mußten die Kinder wöchentlich mehrmals nach Worms zur Übung kommen in die Dom-Dechanei-Schule. Der Ankunft der Züge Rechnung tragend, wurden die Stunden von 3 — 5 Uhr gehalten. Der übrige Schulunterricht der Kinder wurde weiter nicht gestört; nur an einem Nachmittag erhielten sie immer Urlaub. Die übrigen Nachmittage waren schulfrei. Die Fahrkosten wurden von einigen Eltern selbst getragen; einigen Eltern wurden sie auch vergütet. Nach einer gewissen Zeit wurde den Eltern Anleitung zur ferneren Behandlung gegeben. Ebenso kamen gegen Schluss des Kursus Kreisschulinspektor Prof. Dr. Frenzel, Schularzt Dr. Fresenius und die Klassenlehrer der Kinder. Dabei wurde gezeigt, welche Erfolge gemacht wurden und welche Behandlung fernerhin Platz greifen muss. Allgemein überraschend waren die guten Resultate des Kursus. Alle Kinder wurden als geheilt bezeichnet, was um so höher anzuschlagen ist, weil die allerstärksten Stotterer ausgesucht worden waren, alles Kinder, die bei Eröffnung des Kursus allgemein das Mitleid im höchsten Grade erregen mussten. Georg Büttner-Worms.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit und Erziehung 1908