Älteste Geschichte. Kämpfe mit den Deutschen

Die hiesigen Wenden erscheinen zuerst auf dem historischen Schauplatz, als Karl der Große die Gaue des Sachsenlands (d. h. Norddeutschland vom Rhein bis zur Elbe) dem weitläufigen Frankenreiche beizufügen strebte. Die Stämme der Wilzen waren um diese Zeit (777) den Obotriten feindselig. Karls Hilfe verschaffte hem Obotritenfürsten Witzan den Sieg, der dagegen jenes Bundesgenosse im Sachsenkriege ward. Hier fiel Witzan in der Schlacht bei Luini (Kloster Lüne im Hannöverschen) 795.

Drei Häuptlinge, Thrasiko, Gottlaw und Slaomir, standen nun an der Spitze. Sie kämpften, getreu dem Bunde mit Karl'n, tapfer gegen die Sachsen, wofür sie im Frieden zu Selz (803) das Nordalbingische Sachsenland*) erwarben und dem Thrasiko auf dem Reichstage zu Oldenstädt (im Hannöverschen) von Karl'n selbst die Königswürde über die nördlichen Wenden erteilt ward. Gottlaw blieb in einem Kriege gegen die Dänen, welche in diesem Kriege auch die alte obotritische Handelsstadt Rerech (Mikilinburg) zerstörten. Fränkische Hilfe verschaffte jedoch den Obotriten die Oberhand, wie auch den Sieg über die aufrührischen Smeldinger und Linonen. Thrasikos Laufbahn endete 809 dänischer Meuchelmord. Slaomir, nun Alleinherr, verweigerte Thrasikos Sohne, dem Ceodrach, die Teilnahme an der Regierung; aber von Karls Nachfolger, Ludwig dem Frommen, besiegt, musste er Nordalbingien den nunmehr dem Kaiserreiche einverleibten Sachsen wieder einräumen und ward nach Aachen ins Exil geführt. (819).


*) d. h. Stormarn, Holstein und Ditmarsen.

Dieser Ceobrach, ein kühner, staatskluger Herrscher, führte 819 20 Jahre hindurch mit Glück das Szepter Slawaniens. Sein Bund mit den Dänen hätte 839 den Franken verderblich werden können, wenn nicht gegenseitige Missgunst und innerer Zwist die Wirkung geschwächt hätte. Slaomirs wieder geltend gemachte Ansprüche beseitigte dessen Tod. Den erregten Zorn des eitlen und schwachen Kaisers wenden Geschenke und verstellte Unterwürfigkeit ab. — Um diese Zeit (833) predigte Anschar in Nordalbingien und gründete, unter Ludwigs des Frommen Schutze, die erste christliche Kirche zu Hochbuchi (Hamburg).

Sein Nachfolger Gozzomvil suchte 839 vergeblich der Abhängigkeit vom deutschen Reiche sich ganz zu entschlagen; von Ludwig dem Deutschen gedemütigt, musste er aber die Oberherrschaft des Herzogs Ludolf von Sachsen anerkennen. Glücklicher war, während der Zwistigkeiten der Söhne Ludwigs, Tabamvizil, der, seit seinem Siege über den Sachsenherzog Otto, 860, völlige Unabhängigkeit errang. Dieser, aber auch gänzlicher Vergessenheit, erfreuten sich seitdem die hiesigen Wenden unter ungenannten Herrschern bis ins dritte Jahrzehnt des 10ten Säculums, während welches Zeitraums von 70 Jahren es an allen historischen Angaben gänzlich mangelt.