Fortsetzung. Von der Kirchen-Reformation in Mecklenburg (bis 1552)

Die Wahrheit des schönen Beinamens „der Friedliche“, den die Geschichte unserem Heinrich gibt, bewährte derselbe nirgends mehr, als in den bewegten Zeiten der Kirchenreformation Luthers, dessen kühne Aufdeckung tief eingewurzelter Irrtümer und verjährter Missbräuche auch in unserm Vaterland bald Anklang und Nachfolge fanden. Ohne dem Entstehen und Fortschreiten der Reformation überhaupt zu folgen, begnügen wir uns, kurz den Gang anzudeuten, den dieselbe in Mecklenburg genommen.

Die nächsten Ursachen der damaligen Unzufriedenheit mit dem Zustande des Religions- und Kirchenwesens, Verderbtheit und schlechter Lebenswandel der Welt- und vornehmlich der Klostergeistlichen, so wie ganz besonders die jedes religiöse Gefühl empörende käufliche Sündenvergebung, waren auch hier im hohen Grade vorhanden. Gegen den schamlosen Ablasshandel insonderheit, den Arcimboldo zu Lübeck und Wismar betrieb, eiferten schon 1516 in Rostock der Priester Nic. Ruß und der Professor Conrad Pegel, dessen Schrift: „Gespräch von der wahrhaften Buße“ großes Aufsehen erregte. Von demselben Geiste geleitet, predigten 1523 in Rostock Joachim Slüter, Luthers würdiger Schüler, ungeschreckt durch die vielen Verfolgungen der erbitterten papistischen Geistlichkeit, die ihn 1532 durch Gift aus dem Wege zu räumen wusste; ferner Möllens, der Hofprediger Herzog Heinrichs, Revers und Timm in Wismar, Lönnies in Parchim, Jochim in Güstrow, und andere. So war denn schon 1527 Wismar ganz evangelisch, mit Ausnahme des noch ferner geduldeten Franziskanerklosters, und auch zu Rostock, wo 1530 eine von Luther und Melanchthon selbst verfasste, so einfache, als sinnige Kirchenordnung angenommen wurde, feierte das Licht der Wahrheit 1534, durch Verwandlung der Klöster in Schulen und Hospitäler, den vollständigsten Triumph. Etwas langsamer schritt das Reformationswerk im übrigen Lande fort, denn wenn gleich Herzog Heinrich, der im Namen seines, zum Bischof postulierten, minderjährigen Sohnes Magnus die Administration des Stifts Schwerin führte, im Herzen eifrig der reineren Lehre zugetan war, und schon 1532 das verlassene Franziskanerkloster in Schwerin den Anhängern Luthers zur eigenen Kirche eingeräumt hatte, so achtete er sich doch durch die beschworene Wahlkapitulation gebunden, und begnügte sich, im Geiste seines großen Ahnherrn, Heinrichs des Obotriten, den Fortschritten der neuen Lehre keine Hindernisse in den Weg zu legen, wogegen Herzog Albrecht, wie wir gleich sehen werden, teils mit auswärtigen Kriegshändeln beschäftigt war, teils auch noch dem alten Glauben zugetan war, wenn er sich gleich öffentlich zu dem neuen bekannte. Beide Fürsten nahmen daher zwar an dem 1526 zur Beschützung und Beförderung der evangelischen Lehre in Torgau geschlossenen Bunde Teil, fehlten aber bei den wichtigeren Verbindungen der protestantischen Reichsstände zu Speier (1529), Augsburg (1530) und Schmalkalden (1536). So blieb das Luthertum sich im Anfange in Mecklenburg fast selbst überlassen, und die schnelle Verbreitung desselben legt kein ungünstiges Zeugnis ab über die Aufklärung und den gesunden Sinn des Volkes.

Heinrichs Sohn, Magnus, ein durch Talente und Kenntnisse höchst ausgezeichneter Prinz, trat 1532 (noch mit päpstlicher Bestätigung) die bischöflichen Funktionen an. Der Reformation eifrig zugetan, bekannte er sich auf dem Landtage zu Parchim, 1538, öffenlich zur evangelischen Lehre, und drang auf Einführung einer verbesserten Kirchenordnung. Diese, von dem aus Braunschweig berufenen Superintendenten Riedling abgefasste Agende wurde jedoch, wegen Widerspruchs des Herzogs Albrecht, der 1541 wieder in die katholische Kirche zurücktrat, nicht ausgeführt. Indessen geschah doch, auf Betrieb des Bischofs Magnus, der sich 1543 mit einer dänischen Prinzessin vermahlte, von 1544 an eine allgemeine Kirchenvisitation, und die den Pfarrern gestellte Alternative, ihre Kökeschen (Concubinen) zu heiraten, oder ihr Amt niederzulegen, verringerte beträchtlich die Zahl der päpstlich gesinnten Geistlichen, so dass, als nach dem unglücklichen Kampfe der schmalkaldischen Bundesgenossen (1574) der Kaiser Karl V. das berüchtigte Interim bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung publizierte und allenthalben in Kraft gesetzt wissen wollte, und notgedrungen unsre Regenten dieses den 1549 zu Sternberg versammelten Landständen vorlegten, alle einstimmig ausriefen: ,,Kein Interim, wir bleiben bei dem apostolischen Glauben!“ Die Herzoge sandten nun als Erwiderung an den Kaiser nach Brüssel ein vom Domprobste Ömichen zu Güstrow abgefasstes Glaubensbekenntnis. Dieser Schritt bezeichnet demnach die verfassungsmäßige Einführung des Luthertums in Mecklenburg.


Befremdend erscheint es, dass bei dieser wichtigen Angelegenheit die Landesuniversität nicht, nach dem Beispiele anderer Hochschulen den Herd- und Zentralpunkt bildete, von wo aus das Licht der Aufklärung seine Strahlen entsandte; allein dies lag an dem traurigen Zustande fast gänzlichen Verfalles, in dem dieselbe sich, hauptsächlich in Folge der Misshelligkeiten zwischen der Stadt Rostock und der Regierung, in dieser Periode befand, aus dem sie erst später durch landesherrliche Bemühungen 1550 und 1564 neu gestaltet, zu fröhlicherem Gedeihen hervorblühte.

Herzog Albrecht der Schöne nahm, wie schon bemerkt, an den Reformen der kirchlichen Zustände wenig Teil: ja er suchte denselben eher Hindernisse zu bereiten. Sein ehrgeiziger, tatendurstiger Charakter trieb ihn dagegen leichtsinnig zur Teilnahme an Tatkraft und Macht nicht zweifelhaft sein konnte. Die Grausamkeit König Christierns hatte nämlich nach dem großen Blutbade, welches er 1520 zu Stockholm unter den schwedischen Großen hatte anrichten lassen, nicht nur die hartbedrückten Schweben unter Gustav Wasa zur Empörung und Befreiung vom dänischen Joche gebracht, sondern auch in Dänemark selbst seine Entthronung 1523 bewirkt. Der vertriebene König suchte die Krone wiederzugewinnen, und Herzog Albrecht, der mit ihm verwandt war, ließ sich nicht zur Teilnahme an diesem Feldzuge, der nach manchen Unglücksfällen 1533 mit der Gefangennahme Christierns endete, verleiten, sondern machte sogar, durch die Vorspiegelungen Kaiser Karls V., der alle Kosten zu erstatten versprach, so wie durch die Verheißung der Thronfolge bewogen, von der Hansa und dem Grafen von Oldenburg unterstützt, 1533 neue Anstrengungen zur Befreiung und Restitution Christierns. Er war zwar anfangs glücklich und machte große Eroberungen, aber, nachdem er das Schlachtfeld von Assens auf Fühnen verloren, wurde er in Kopenhagen eingeschlossen. Eine zum Entsatz herbeieilende städtische Flotte wurde geschlagen, und da inzwischen die Partei des lübischen Bürgermeisters Wullenweber, der Seele der ganzen Unternehmung, gestürzt war, so sah sich Albrecht genötigt, seinem Gegner Urphede zu schwören und mit einer Schuld von 300.000 rhein. Gl. belastet heimzukehren. Die vom Kaiser verheißene Entschädigung blieb aus; ist auch wohl nie ganz erfolgt. Der Titel eines Reichserbvorschneiders war der einzige Gewinn des getäuschten Albrecht.

Diese bittere Erfahrung hatte ihm dennoch nicht die Augen geöffnet. Auch auf den schwedischen Thron hatte er bei den öfteren Insurrektionen wider Gustav Wasa sein Augenmerk gerichtet, und unternahm planlos kostspielige und erfolglose Streifzüge, bis der Tod allen seinen leidenschaftlichen Entwürfen ein Ende machte. Bald folgten ihm Bischof Magnus (1550) und Heinrich der Friedfertige (1552) in die Ewigkeit nach.