Grundbegriffe dse Wechselverkehrs

Da über die Zahlung in Wechseln und in Geld so viele verwirrte Vorstellungen selbst bei Geschäftsleuten sich finden, so glauben wir auf die bereits von Büsch gegebene einfache Feststellung des Begriffs von Wechsel zurückgehen zu müssen. Die Wechsel haben ursprünglich die Bestimmung, die gegenseitigen Forderungen von vier Verkäufern auszugleichen, ohne der Barzahlungen zu bedürfen, wie an einem Beispiel verdeutlicht werden kann.

Der englische Eisenhüttenbesitzer verkauft an den deutschen Schmied für 100 Pfd. Sterl. Eisen und dieser hätte dafür nach dem Wechselkurs 1.200 fl. rheinisch zu bezahlen, die Bezahlung kann erspart werden, wenn zur gleichen Zeit der deutsche Landwirt an den englischen Fleischer für 1.200 fl. oder 100 Pfd. Sterl. Vieh verkauft. Die gegenseitige Abrechnung wird vereinfacht, wenn der Hüttenbesitzer dem englischen Fleischer ebenso viel für Fleisch schuldig ist und der deutsche Landwirt dem deutschen Schmied für Ackerwerkzeuge ebenfalls den gleichen Betrag von 1.200 fl. schuldet. Jeder der 4 Beteiligten kann seine Schuld durch sein Guthaben tilgen, ohne Barzahlung nötig zu haben. Der Hüttenbesitzer trassiert auf den Schmied und bezahlt den Fleischer mit diesem Wechsel, dieser remittiert den Wechsel an den Landwirt, welcher denselben dem Schmied präsentiert und, wenn ihn dieser akzeptiert, seine Schuld damit tilgt. Wir sehen daher mit einem vollständigen Wechselbrief die 4 Verkäufe des Trassanten, des Trassaten, des Präsentanten und des Remittenten ausgegliechen und durch einen solchen Wechselbrief sind 4 Barzahlungen entbehrlich gemacht.


Der Warenumsatz bewegt sich in einem Kreislauf, der Geldumlauf ebenfalls, aber in entgegengesetzter Richtung. Der Hüttenbesitzer hat den Fleischer mit Geld zu bezahlen, der Fleischer den Landwirt, der Landwirt den Schmied und durch den Schmied erhält der Hüttenbesitzer sein Geld wieder zurück, worauf ein ähnlicher Kreislauf beginnt. Denselben Kreislauf macht der Wechselbrief und das Metallgeld ist entbehrlich, jeder der vier Beteiligten hat seine Schuld durch eine Forderung ausgeglichen und alle zusammen haben an Zinsen und Transportkosten erspart, wenn Warenzahlung in 3 Monatwechseln bedungen worden ist. Die vier Beteiligten bedürfen zu dieser Operation keinen Wechsler oder Bankier, wenn ihre Geschäfte sich auf die bezeichnete Weise ausgleichen und der Warenumsatz den gleichen Werten entspricht.

In der Wirklichkeit ist es nun höchst selten der Fall, dass die Gewerbetreibenden auf diese Weise unmittelbar mit einander in Wechselverkehr treten, sie bedienen sich vielmehr der Vermittlung der Bankiers, die Deckung für die umlaufenden Wechsel müssen wir uns aber demuugeachtet durch Waren und andre Werte vorhanden denken, wenn der Wechselverkehr auf einer richtigen Grundlage sich bewegen soll, und wir müssen uns in jedem Wechsel die vier Firmen in Wirkung denken, wenn auch ein Bankier im Auftrag von mehreren Beteiligten handeln kann, wie diess häufig dadurch geschieht, dass der Trassat und der Präsentant in einer Person auf dem Wechsel erscheinen, wodurch das Geschäft nur zwischen drei Personen sich scheinbar hewegt, weil beide mit dem Bankier in Rechnung stehen, und die Zahlungen nach ihrer Konvenienz geleistet und erhoben werden. Es werden somit durch den Wechsel auch in diesem Fall 4 Barzahlungen entbehrlich gemacht, welche innerhalb der Verfallzeit hätten geschehen müssen, und die wichtigsten Wechselgeschäfte werden nach dieser Wechselform abgemacht. Der Wechsel kann aber bis zum Verfalltermin von Hand zu Hand durch Girieren gehen und ebenso viel Barzahlungen entbehrlich machen.

Wir sehen, dass bei diesem Gang der Geschäfte die Wechselzahlung dazu dient, die Verkäufe auf dieselbe Weise abzumachen, wie dies bei dem Tauschhandel geschieht, bei welchem ebenfalls das Metallgeld ganz entbehrt werden kann. Statt 4 Käufen könnten 3 Tauschverträge genügen. 1) Der englische Hüttenbesitzer tauscht von dem deutschen Landwirt Vieh gegen Eisen ein, 2) der Hüttenbesitzer tauscht in England von dem Fleischer Fleisch gegen Vieh ein, und 3) der Schmied tauscht in Deutschland von dem Landwirt Eisen gegen Ackerwerkzeuge ein. Es ist aber einleuchtend, dass sich die 4 Verkäufe bei einem durch den Verkehr belebten Marktgebiet leichter ausführen lassen, als die 3 erforderlichen Tauschgeschäfte, besonders wenn die Zahlungen durch Wechsel ausgeglichen werden. Anders verhält sich die Sache bei Marktgebieten, welche auf größere Entfernungen getrennt und durch Schifffahrt in Verbindung sind. Dasselbe Schiff, welches das Eisen von England bringt, kann als Rückladung denselben Wert an Vieh zum Austausch zurücknehmen und bei größeren Entfernungen ist für die Schifffahrt der Austausch der Waren auch bei der gegenwärtigen Ausbildung des Handels die Aufgabe.

Der Vorteil und die Unentbehrlichkeit des Wechselverkehrs ist um so einleuchtender, wenn Barzahlungen zwischen Geschäftsleuten in verschiedenen Marktgebieten mit verschiedenen Münzen auszugleichen sind, aber auch innerhalb desselben Marktgebietes sind die Vorteile augenscheinlich und je lebhafter der Warenumsatz ist, desto mehr wird der Wechselverkehr belebt, aber um so einladender ist auch die Gelegenheit, sich durch Wechsel Geld zu machen, und der Missbrauch ist nur bei reeller Geschäftsbehandlung zu vermeiden. In unserem obigen Beispiel ist jeder von den 4 Beteiligten in der Lage, auf denselben Warenabsatz einen Wechsel auf den Käufer ausstellen zu können, wenn die Wechselfähigkeit allgemein ausgesprochen und in Anwendung ist. Der Fleischer kann auf den Eisenhüttenbesitzer ziehen, der Landwirt auf den Fleischer, der Schmied auf den Landwirt, und wenn diese 4 Gewerbsmänner mit einander in fortlaufendem Verkehr stehen, so kann dieses recht wohl für die gleiche Ware geschehen, weil im Wechsel nur die Geldsumme genannt ist, die Ware aber in ganz andern Beträgen teils geliefert, teils in Versendung begriffen ist. Es können auf diese Weise auf eine Umsatzsumme statt eines Wechsels 4 Wechsel ausgestellt werden, wenn wir die zulässige äußerste Benutzung des Kredits uns denken, und diese Ausdehnung des Kredits wird durch die als Vermittler tätigen Bankiers noch erleichtert, wenn jeder Gewerbsmann seinen Kredit bei seinem Bankier zu Realisierung seiner Aktivausstände benützt, wobei er seine Passivausstände unberücksichtigt lassen kann, bis auf ihn gezogen wird. Ohne Missbrauch des Kredits können daher die 4 Bankiers im Auftrage von 4 Gewerbsleuten Wechsel auf dieselbe Summe ausstellen, welche bis zum Verfalltermin giriert werden können und alle berichtigt werden, wenn jeder seine Warensendung innerhalb des Termins richtig abliefert; mit welchem Termin auch die vier Wechsel erlöschen. An die Stelle der verfallenen Wechsel treten neue Wechsel und werden eingelöst, wenn der Warenumsatz innerhalb der Verfallzeit wirklich realisirt wird. Auf diese Weise können Wechsel für Warenzahlungen umlaufen, deren Betrag bei ausgedehntem Verkehr sich jeder Schätzung entzieht, wenn nicht die Gewerbtreibenden die nötige Vorsicht üben. Findet ein Preisabschlag oder eine Stockung im Absatz statt, so wird das in Wechseln umlaufende Kapital vermindert und die Verluste von fingierten Werten müssen abgerechnet werden, wenn sie auch mehrere Jahre lang bis zur eintretenden Krise hingehalten werden können.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital