Der Umsatz der Kapitalien mittelst Wechselbriefen

Um die Übertragung der Kapitalien zu bewerkstelligen, sind statt der Barzahlungen verzinsliche und unverzinsliche Schuldverschreibungen erforderlich, welche das Kapital in dem Geld jeden Landes ausdrücken. Wie jede Ware wechselt das Kapital fortwährend seinen Wert und nur im Augenblick des Tausches ist der Preis in dem gesetzlichen Zahlungsmittel des Marktes ausgedrückt. Schuldverschreibungen mit einer gewissen Verfallzeit oder Kündigungsfrist erscheinen zwar hinsichtlich ihrer Summe genau bestimmt, es kommen aber die Zinsen bis zur Verfallzeit in Rechnung. Die Kapitalien können nur Zinsen tragen, wenn sie auch verdient werden, wozu in der Regel Zeit gehört: ist die Zeit zu kurz, so kann ein Zins nicht verdient und also auch nicht bezahlt werden, Schuldverschreibungen auf kurze Sicht sind daher unverzinslich und können an demselben Geldmarkt keinen höhern Wert haben als die in dem gesetzlichen Zahlungsmittel oder in Wechselgeld ausgedrückte Summe ausweist, wenn der Schuldner ganz zuverlässig ist, wenn sie auch einen niedrigen Wert bei schlechten Schuldnern aus Mangel an Deckung repräsentieren. Jeder gute Haushalter behält nur so viel unverzinsliche Kapitalien in Besitz, als er für seinen Bedarf unumgänglich nötig hat. Der vermögende Mann benutzt lieber seinen Kredit und nimmt im eintretenden Fall eine verzinsliche Schuld auf, durch welche er die Barzahlung ersetzt. Die im Handel gebräuchlichste Form ist der Wechselbrief, welcher früher sich nur auf den Handelsstand oder auf die Wechselbefähigten beschänkte, neuerdings aber für alle Bürger Anwendung findet, welche Kredit gemessen, das heißt Deckung für ihre Wechsel besitzen. Die Wechselforderungen erhöhen die Sicherheit des Gläubigers bei Beobachtung der bestimmten Vorschriften, und es sind bei dem Handelsstande diese Schuldscheine als besonders sichernd geachtet, wenn gute Unterschriften auf dem Wechsel sich finden; um aber zu beurteilen, in wie ferne die Übertragung von Kapitalien durch Wechselbriefe vermittelt werden kann, müssen wir auf die ersten Grundbestimmungen der Wechselbriefe zurückgehen.

Nach dem Begriff des Wechsels dient derselbe dazu, die gegenseitigen Schuldigkeiten und Forderungen auszugleichen, und es ist wohl zu unterscheiden, dass die besten Wechselbriefe nur Zahlungsversprechungen, nicht wirklich bezahlte Schuldbriefe darstellen, und dass mit dem Verfalltermin und mit der Bezahlung des Wechsels das Papier erlischt, weil die gegenseitigen Forderungen ausgeglichen sind. Auch der solideste Kapitalist oder Gewerbsmann macht sich bei der Ausstellung eines Wechsels die Barzahlung entbehrlich und gewinnt die Zinsen, wenn seine Schuldverschreibung von seinem Gläubiger als bare Zahlung angenommen wird, wie bei Warenzahlungen dieses häufig nicht nur bei kurzsichtigen, sondern bei 3 Monatwechseln geschieht. Er schafft ein Geldsurrogat für sich und alle Giranten begnügen sich mit diesem Wertzeichen statt der anzusprechenden Barzahlung unter Vorbehalt des Rückgriffs. Diese Warenzahlungen in Wechseln mit Verfallzeit von mehreren Monaten wären als ein Nachteil für die produzierenden Arbeiter anzusehen, wenn beim Warenverkauf bare Bezahlung die Regel bildete, bekanntlich aber wird der größte Teil der Warenerlöse angeborgt und zwar gar häufig in sehr unsichern und schwer einzutreibenden Posten, so dass die Bezahlung in 3 Monatwechseln von soliden Abnehmern nicht als Verlust für den Produzenten sich darstellt.


Der Wechsel bleibt so lange nur ein Zahlungsversprechen für den Empfänger, bis er wirklich einbezahlt ist, wenn er ihn nicht früher verwerten kann. Diess geschieht auf zweierlei Art, indem der Besitzer des Wechsels seine Warenschulden damit bezahlt und den Wechsel überträgt oder giriert oder wieder für andere Zahlungsverbindlichkeiten den Wechsel diskontieren lässt, das heißt sich gegen bare Bezahlung von einem Dritten den bis zum Verfalltermin auflaufenden Zins in Abzug bringen lässt. Beide Arten der Verwertung sind nun von sehr verschiedenem Einfluss auf den Geldmarkt. Werden die umlaufenden Wechsel zu Warenzahlungen unter den Handeltreibenden ohne Diskonto verwendet, so vertreten diese Zahlungsversprechungen das Geld und es werden Baarzahlungen und somit Zirkulationsmittel dadurch entbehrlich gemacht. Der Wechsel geht als Zahlungsversprechen von Hand zu Hand und dient nach dem ursprünglichen Begriff des Wechsels zur gegenseitigen Ausgleichung der Forderungen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital