Beginn der Seereise. Fahrt durch Frankreich.

Nun sollte ich aber doch noch erzählen, wie ich aufs Schiff gekommen bin. Die Fahrt nach Paris verlief ohne Abenteuer. Die Zollbeamten in Pontarlier waren die Liebenswürdigkeit selbst und fanden auch mit der langen Eisenstange nichts, mit der sie unter den Sitzen hinfuhren. Soviel ich bemerkt habe, hat der Wagen zwischen Pontarlier und Paris gar nicht gehalten. Auf der Strecke bis Paris sowohl als heute von Paris bis Cherbourg erschien mir alles wie eine Spazierfahrt durch ein gottgesegnetes Land. Die Leute, die hier so fleissig den Boden bestellen, die freundlichen, sauberen Ortschaften bewohnen, können eigentlich gar nicht anders, als friedliebend sein. Sie werden nichts Besseres wünschen, als dass sie sich ungestört dieses köstlichen Besitztums freuen dürfen, und werden aus eigenem Antrieb keinen Krieg führen. Könnten doch die Völker sich selbst gegenseitig kennen lernen, nicht durch die in den Hauptstädten von Leuten, die ganz andere Zwecke verfolgen, geschriebenen Zeitungen, so wären wir vor künftigen Kriegen sicher.

Zwischendeck (Foto)


Paris (Foto)

Ein köstlicher, frischsonniger Morgen war es, als ich durch das eben erwachende Paris fuhr, durch den östlichen Teil des Boulevard-Bogens von der Gare de Lyon über den erinnerungsreichen Bastillenplatz, die Place de la Republique, an der ich einst so glückliche Tage verlebt, bis zum Boulevard Poissonniere, wo die Strasse abzweigt durch die man zur Rue de l’Echiquier mit dem Hotel du Pavillon gelangt. Mein erstes war, das definitive Billet an der Rue Scribe auf dem Lloyd-Bureau einzutauschen. Wie haben die Boulevards ihr Aussehen geändert, seit ich sie 1900 zuletzt sah! Ein Auto folgt dem andern. Auch die alten Omnibusse sind durch Benzin-getriebene ersetzt. Auf Umwegen, von der Place de la Concorde zurück bis zu den Tuilerien, dann an der Seine entlang zog es mich zu dem Gelände der internationalen Ausstellung von 1900, wo das Grand Palais noch steht und von der Ausstellung des Salon angefüllt war. Ich hätte nicht geglaubt, dass die alte Schule in Paris noch so viele Anhänger zählt. Kein frischer Luftzug, kein neuer Gedanke, keine Originalität, von revolutionärer Auflehnung gegen Althergebrachtes gar nicht zu reden. Recht enttäuscht ging ich nach mehrstündiger Müdelauferei meiner Wege. Vermutlich sind die Jungen auch irgendwo zu finden. Sie zu suchen, dazu reichte dieser eine Tag nicht mehr. So pilgerte ich, nachdem ich mich beim Duval gestärkt, die Champs Elysés hinaus und bestieg den Arc de Triomphe. Paris aus der Höhe ist ein majestätischer Anblick. Es wehte stark. Dunkle Wolken zogen über den Himmel. Nur durch eine Öffnung sandte die Sonne einen breiten Strahl, der zuerst den alles überragenden Montmartre mit seiner Herz Jesu-Kirche traf und von dort langsam über das Häusergewirr hinglitt, bis er endlich bei der Notre-Dame anlangte. Zwölf breite Alleen strahlen vom Are de Triomphe nach allen Richtungen aus. Ich schlug die nach dem Bois de Boulogne ein. Die Anlagen mit ihrem durch künstlichen Sprühregen frisch gehaltenen Sammetrasen sind gewiss so schön wie in alten Zeiten, aber anstatt der von edlen Rossen gezogenen Karossen diese Töfftöffs, — o alte Herrlichkeit, wohin bist du entschwunden! Schon auf dem Triumphbogen hört man von allen Seiten ihr Getute, als ob man von Kuhherden umgeben wäre. Hier unten aber kam noch der Gestank hinzu, der sich sogar sichtbar als blauer Dunststreifen auf der Strasse lagerte. Was man von Damen sieht, ist auch nicht gerade zum Entzücken. Ungeschminkte habe ich, glaube ich, überhaupt nicht erblickt.