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Das Donnerkraut (Sedum telephium), die fette Henne, bei uns Heil aller Wunden, dänisch Tordensur, französisch Joubarbe des Vegnes genannt. Außer Wunden soll es auch Brandschaden, Geschwüre und Hautflecken heilen. Die Donnerbohne (Ophrys ovata, auch die Orchis?), sonst Wundkraut, Bruchkraut, Knabenkraut. Der Donnerflug (Fumaria officinalis), der Erdrauch, soll auch Albrauch und Albraute genannt werden. Heilkräftig gegen Milzkrankheiten, Gelbsucht, Blattern und Scorbut (Scharbock). Mädchen stecken die zufällig gefundene Pflanze in den Busen, dann begegnet ihnen der künftige Geliebte. Aber auch die Osterluzei (Aristolochia), sonst Fieberwurz, Hohlwurz, führt diesen Namen. Sie ist gleichfalls ein vielgebrauchtes Heilmittel gegen Wunden, Geschwüre, Krätze, Feuermale, Augenübel, die fallende Sucht, Schlag und Krämpfe. Die Wurzel um die Hüfte gebunden, befördert die Geburt u. s. w. Die Donnerdiestel (Eryngium campestre). Die Donnernelke, Bartnelke (Dianlhus barbata?). Die Donnerrebe (Hedera terrestris), Erdepheu, auch Grundrebe, Gundelrebe und Gundermann genannt. Sie ist heilkräftig gegen Wunden, Lungen- und Nierenübel, Gelbsucht, Taubheit u. s. w. Ihr Geruch, wenn man sie in den Händen zerreibt, schützt in Pestzeiten gegen Ansteckung und stärkt das Gedächtniß. Wenn im Frühling die Kühe zuerst ausgetrieben werden, soll man sie durch einen Kranz von Gundermann melken. Wer Walpurgis einen solchen aufsetzt und damit zur Kirche geht, kann alle Hexen sehen (Gr., Aberglaube Nr. 462 und 463). Der Donnerbesen ist ein struppiges, nestartiges Gewächs auf den Baumästen, welcher dem Blitze zugeschrieben wird. Das dänische Tordenskraeppe versteht Grimm von der Klette (Aretium Lappa); nach andern Angaben ist es der Lattich (Tussilago, von tussis, der Husten), eine officinelle Frühlingsblume, besonders bei Brustkrankheiten, Entzündungen und Fieber; eine Art derselben (Petasites) galt für ein Pestmittel und wird daher Pestilenzwurz genannt. Uebrigens ist auch die Klette officinell. - Hieran schließen sich endlich die nach den Thorsthieren genannten Pflanzen. Bocksbart ist der deutsche Name verschiedener Pflanzen: 1) Tragopogon ist officinell, besonders gegen Brustübel; 2) Origanum vulgare, der Majoran oder Dost, auch Wohlgemuth, gleichfalls officinell; 3) Spiraea aruncus, Waldbocksbart, Geisblatt. Die Bocksbeere, die Ackerbrommbeere und andere Berren tragende Sträuche. Die Bocksbohne (Menyanthes trifoliata), auch Bocksklee, Fieberklee, Bitterklee und Lungenkraut, officinell gegen Fieber, Brustübel, den Scharbock u. s. w. Bocksdiestel (Astragalus tragacantha), auch Bocksdorn, Tragant, officinell gegen Brustübel und Augenkranheiten, Bocksdorn (Lycium); eine Art (L. europaeum) gilt in Italien für den Strauch, woraus die Dornenkrone Christi gflochten war, - der heilige Dorn. Bockshorn (Foenum graecum sativum), auch Schön-Margarethe, eine Schotenfrucht, officinell, gegen Brustübel, Augenübel, Geschwulst. Bockspeterlein (Sanguisorba officinalis, auch Saxifraga?), Bockspimpinell, Bockspetersilie, das Blutkraut, Sperberkraut, Wiesenknopf; an der Wurzel soll mitunter eine rothe Beere wachsen. Officinell, gegen ansteckende Krankheiten, vertreibt Sommerflecken, Zahnschmerz., vortreffliches Wundkraut. Das Bocksgeil und Bockskraut weiß ich nicht zu bestimmen. Der Beifuß (Artemisia) heißt auch der rothe und weiße Buck (Bock?) oder St. Johannisgürtel. Officinell gegen Mutterbeschwerden und allerhand Frauenkrankheiten. Ein Kranz um den Nabel der Wöchnerin, hilft in Kindesnöthen. Im Schuh der Reisenden schützt es gegen Müdigkeit. Das Salz der Asche ist ein Pestmittel. An der Wurzel des Krauts liegt eine Kohle, welche gegen Epilepsie hilft. Geisfuß (Aegopodium). - Nach dem Storche werden in Meklenburg genannt: die Adebarsblom, auch in andern niedersächsischen Gegenden Heilebartsblom, Aebérsblom, die Storchblume (Iris palustris, auch Pseudo - Acorus und Acorus adulterinus), die Schwertlilie. Die Slaven nannten die Iris überhaupt perunica, nach dem Donnergotte Perun. Adebarsbrod (Geranium Robertianum), das Ruprechtskraut. Der allgemeine Name für Geranium ist Storchschnabel, nach der Gestalt der Saamenkapsel. Adebarsnippen (Delphinium consolida), Rittersporn, auch Lerchenfuß, Lerchenklaue, ist heilkräftig. - Schwalbenkräuter sind: Schwalbenwurz (Asclepias Vincetoxicum), auch Heilkraut (Gr., Aberglaube Nr. 217) und Schwalbenkraut (Chelidonium), auch Maikraut, bei uns Schöllkraut, gleichfalls heilkräftig. - Unter den Hahnkräutern hat der Hahnenkamm (Rhinanthus) seinen Namen nur seiner Gestalt zu verdanken; ebenso vielleicht der Hahnenkopf (Hedysarum). Der Hahnenfuß (Ranunculus) dagegen hat wohl andere Bedeutung; eine Art (R. bulbosus) heißt Brennkraut, Brennwurz, wegen des scharfen, Blasen ziehenden Saftes. Der Hühnerdarm, auch Hühnerbiß und Hühnersalbe (Alsine media), ward früher gegen Entzündung, Ausschlag und Milchbeschwerden der Frauen gebraucht.


Diese Beispiele genügen, um den innigen Zusammenhang der alten Arzneikunde mit dem heidnischen Götterglauben, namentlich mit dem Thorcultus, darzuthun. Aber auch hier, wie in Bezug auf die Heilkraft des Feuers, bestätigt sich die voran-gestellte Bemerkung, daß es nur bestimmte Gattungen von Krankheiten waren, gegen welche man bei diesem Gotte Hülfe suchte, weil man grade ihn als den Urheber derselben betrachtete, so daß er also nicht etwa als ein nordischer Aesculap aufzufassen ist. Noch eine letzte Bestätigung findet diese Ansicht dadurch, daß auch dem Blitze selber und dem nach dem Glauben des Volkes als Kern des Blitzes zur Erde niedergeschleuderten Donnersteine, also dem unmittelbaren Einschreiten des Gottes, dieselben Wirkungen zugeschrieben werden, als den unter seiner Herrschaft stehenden irdischen Elementen, Thieren und Pflanzen. Dieser Stein, auch Donnerhammer, Donneraxt oder Donnerkeil genannt, ferner Albgeschlost und Teufelsfinger, Strahlstein, Schürstein u. s. w., dänisch Tordensteen und Storksteen, d. i. der Belemnit 1), soll sich bei jedem neuen Donnerschlage allmählich wieder aus der Tiefe der Erde empor heben und nach sieben Jahren die Oberfläche wieder erreichen. Sein Schwitzen verkündet das Herannahen eines Gewitters; er schützt nicht nur das Haus, in welchem er aufbewahrt wird, gegen den Blitz, sondern auch den, der ihn in der Tasche trägt, jedoch nur den Keuschen; er widersteht ferner allen Zaubereien und befreiet vom Albdrücken; auch verleiht er seinem Besitzer Stärke und läßt ihn im Kampfe überwinden; Kindern in die Wiege gelegt, befördert er den Schlaf und schützt sie gegen Brüche; als Pulver zerrieben, ward er früher von den Aerzten als Wundmittel, gegen den Stein, Milzstechen, Gelbsucht u. s. w. empfohlen. Eben so lindert ein Splitter des vom Blitze getroffenen Baumes den Zahnschmerz, also immer und immer wieder dieselben Uebel, die wir überall in dem Bereiche des Wirkungskreises dieser Gottheit gefunden haben.





1) Hin und wieder hält man auch die Feuerstein-Keile in den heidnischen Gräbern für solche Donner-Keile.