Invalidenkasse.

Am 15. Juli 1907 trat eine andere Kasse der Gesellschaft, die Arbeiterinvalidenkasse, ins Leben. Der Arbeiterinvalidenkasse kann jeder Arbeiter der Linie, dessen Beschäftigung nicht im voraus auf einen kleineren Zeitraum als eine Woche beschränkt ist und der der reichsgesetzlichen Invalidenversicherungspflicht unterworfen ist, beitreten. Der Zweck der Kasse ist, den Mitgliedern für den Fall dauernder Dienstunfähigkeit eine Pension zu gewähren. Steigt der Lohn eines Mitgliedes über 2.000 Mk., ist er berechtigt die Versicherung fortzusetzen.

Der Beitrag beträgt 15 Pfg. für die Woche. Den gleichen Betrag zahlt die Linie für jedes Mitglied. Die Rente beträgt nach Zurücklegung von 5 Dienstjahren 200 Mk. jährlich. Sie steigt für jede weitere Beitragswoche um 20 Pfg. bis zur 1000. Woche, von da bis zur 1520. Woche um je 10 Pfg. Eine weitere Steigerung findet nicht statt. Reichen die Bestände der Kasse nicht aus, so sind Zuschüsse aus der Veteranenstiftung der Linie zu leisten, welche aber 3.500 Mk. jährlich nicht übersteigen dürfen. Scheidet ein Mitglied aus, so erhält es je nach der Dauer seiner Versicherung vom 1. bis zum 15. Jahr 70— 100 % seiner Beitragssumme zurückerstattet. Eine Rückerstattung tritt nicht ein bei Entlassung wegen Vertragsbruchs oder wegen Verbrechens und vorsätzlicher Vergehen und bei Selbstverstümmelung oder bei Verletzungen, die bei Begehung eines Verbrechens erfolgt sind. Der Anspruch auf Rente ruht bei einer Freiheitsstrafe über einen Monat. Die Rente wird entzogen, wenn die dauernde Dienst- und Erwerbsunfähigkeit nicht mehr vorhanden ist. Bei Wiedereintritt der Erwerbsunfähigkeit wird die früher bezogene Rente wieder gewährt.


Die Verwaltung der Kasse liegt in den Händen des Vorstandes und der Generalversammlung. Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, dessen, Stellvertreter und dem Kassierer, alle drei werden von der Linie ernannt, und aus drei von der Generalversammlung gewählten Vertretern der Versicherten als Beisitzer. Die Generalversammlung besteht aus den Vertretern der Kassenmitglieder und den Vertretern der Gesellschaft. Auf je 100 Mitglieder ist ein Vertreter und ein Ersatzmann auf der Wahlversammlung zu wählen. Gegen die Entscheidungen des Vorstandes können die Versicherten Berufung einlegen beim Schiedsgericht. Dies besteht aus drei Personen, von denen jede Partei eine zu ernennen hat. Sind sich die Parteien über den Obmann nicht einig, so soll der älteste Sekretär der Handelskammer als Obmann gebeten werden.

Beschlüsse über Abänderungen der Satzungen oder die Auflösung der Kasse bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Mehrheit von 3/4 sämtlicher in der Generalversammlung abgegebenen Stimmen.

Die Zahl der Mitglieder beträgt ca. 10.000, diese Zahl wird aber nur erreicht, da die Seeleute gezwungen sind, dieser Kasse beizutreten. Sie ist für diese also eine Zwangskasse *),

*) Von den 10.283 Mitgliedern im Mai 1908 sind über 10.000 Seeleute.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen