Einfuhrhandel

Doch würde der Handel von Libau noch weit bedeutender sein, wenn die Rechte der Stadt in Bezug auf den Import nicht so sehr beschränkt wären. Hering, Salz, Weine und noch einige solche Artikel sind das Einzige, was hier eingeführt werden darf. Da nun die meisten Schiffe, die Korn holen wollen, daher hier nur mit Ballast ankommen dürfen, so wählen sie natürlich lieber einen solchen Hafen, wo sie zugleich die Produkte ihres Landes absetzen können, und es leidet daher dei dieser Beschränkung der Einfuhr auch Libaus Ausfuhr*). – Dennoch nimmt Libau unter allen den kleinen Ostseeplätzen Russlands entschieden den ersten Rang ein und überflügelt selbst noch Reval, Abo und Helsingfors. Die Anzahl der einlaufenden Schiffe steigt gewöhnlich auf 300 bis 350, und die Größe des jährlich vom Handel beschäftigten Kapitals beträgt über 6 Millionen Rubel Banko. Der Handel Libaus verhält sich also zu dem von Riga ungefähr wie 1 : 8, zu dem von Reval, Abo, Helsingfors wie 1 : ½, zu dem von Pernau, Narwa usw. wie 1 : 1/6.

*) Nur Petersburg darf Alles einführen, was überhaupt nach dem russischen Zolltarif nicht Contrebande ist. Bei Riga ist schon Vieles ausgenommen, bei Libau, Newal usw. noch mehr, und eine vierte Klasse von Städten endlich darf bloß Salz und Heringe importieren. Die Einfuhr dieser beiden letzten Artikel ist aber allen Städten gestattet, weil Salz ein allgemeines Bedürfnis der baltischen Provinzen ist, und Heringe eine der Hauptspeisen des Landvolkes sind. – Aus den großen Privilegien, die Petersburg genießt, erklärt es sich daher auch, dass man in fast allen kleineren Städten der Ostseeprovinzen Magazine für Galanteriewaren und Luxusartikel findet, welche Filialanstalten jener großen und brillianten Petersburgischen Magazine sind, und aus denen man sich nun zu bedeutend hohen Preisen mit dem Nötigsten versorgen kann.


Der westliche Teil von Kurland und der nördlich von Lithauen (das sogenannte Samogitien oder Schamaiten) bilden das Handelsgebiet Libaus, das aus diesen Gegenden hauptsächlich Getreide und Flachs zur Ausfuhr bezieht und sie mit Wein, Heringen und Salz versorgt. Samogitien würde seiner natürlichen Lage zufolge offenbar nach Memel gehören. Allein die, politischen Grenzen sind so ungünstig für diese Stadt gestaltet, dass ihr ein großer Teil ihres natürlichen Handelsgebiets entzogen wird. Sollten einmal Libau und Memel mit ihrer Umgegend einem und demselben Staatskörper anheimfallen, so lässt sich voraussehen, dass Memel sich heben und Libau fallen wird.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen Bd1